Niedergang?

Avatar of Ralf JannkeRalf Jannke - 10. Juli 2018 - Wissen, Sammeln

Frisch vom Flohmarkt: Nikon D3000, Vorstellungsjahr 2009

Den Gehäuse-Preis für die 10 Megapixel D3000 nenne ich am Schluss… Das lichtstarke 1,8/35 mm AF-S DX Nikkor passt nicht so ganz zum von Nikon einst wohl gedachten D3000-Kundenkreis. Ein übrigens völlig unterschätztes Objektiv. Eigentlich eine furchtbare Plastik-Anmutung, aber die inneren Werte! Obwohl nur für den 15 x 23 mm APS-C-/DX-Sensor gerechnet, zeichnet das 1,8/35 problemlos den 1,2-Crop Bereich einer Vollformat-Nikon aus. Im Notfall geht mit geringen Abstrichen sogar 24 x 24 mm Vollformat! Schärfe? Kein Thema – exzellent!

Zurück zur D3000

Die rot markierte Einstellmöglichkeit „GUIDE“ auf dem Programmwahlrad der D3000 zeigt einen Grund, warum das Smartphone jetzt auch beginnt Einsteiger-Systemkameras das Leben schwer zu machen.

Kamerakiller Smartphone

Welcher mäßig an Fotografie interessierter Gelegenheitsknipser geht wirklich in diese Menüs?

Als 2009 vorgestellte Einsteiger-DSLR konnten/sollten Anfänger mit dem GUIDE-Modus lernen, „wie kreatives Fotografieren“ geht… Ah ja ;-) Mit einem sozusagen in die Kamera eingebauten Fotolehrbuch und anschließenden  Bildbearbeitungsmöglichkeiten direkt in der Kamera. Ganz ohne zusätzliche EBV-Investitionen und Kenntnisse. Die anderen Hersteller bieten Vergleichbares.

Ich will doch nur ein bisschen knipsen…

Für eine Vielzahl Menschen, die ihre Freizeit- und Urlaubserinnerungen vollkommen unkompliziert und ohne Nachzudenken festhalten woll(t)en, ist eines vollkommen überflüssig, ja lästig: Bedienungsanleitungen oder gar überteuerte Kamerabücher. Auch wenn die Bedienungs-/Fotografieranleitung  in der Nikon D3000 und vergleichbaren Kameras der Mitbewerber gleich gratis mit eingebaut sind. 

Bildnachbearbeitung? Was ist das? Das akzeptiert heute kein Smartphonebenutzer mehr.

Das Bild soll, hat spätestens nach dem Auslösen auf dem Monitor so zu erscheinen, wie der/die FotografIn es gerade gesehen hat. Details, Gesichter im Schatten hat das Gehirn „aufgehellt“, also muss die Kamera das automatisch machen. Ohne an einer Kamera zu fummeln, um zuvor übers Programmwahlrad der Kamera die richtige Motivautomatik zu wählen oder im Menü die gut „versteckte" Schattenaufhellung zu finden. Den blassblauen Himmel vor Ort hat das Gehirn in einen blauen Postkartenhimmel „verwandelt“. Auch das soll die Kamera "merken" und entsprechend regeln. Und aus dem auf dem zur Kamera vergleichsweise großen Smartphone-Monitor gezeigten Foto interpoliert das Gehirn gleich die gewünschte 10 x 15 cm „Postkarte“ von früher. Die direkt in die sozialen Netzwerke „geschickt“ werden kann. All das erledigt das (gute) Smartphone! Wie sollen da einfache Kameras und mittlerweile sogar Einsteiger Digital-Spiegelreflexkameras wie eine Nikon D3000 mithalten?"

Das iPhone 2G wurde 2007 vorgestellt, das iPhone 3g 2008 und die Nikon D3000 2009. „Mein“ iPhone 4 ist von 2010. Da konnte (wollte?) wohl noch keiner der Kamerahersteller erkennen, wohin die Reise geht. Zumindest in der Konsumer- und DSLR-Einsteigerklasse. Wenn schon keine direkte Sendemöglichkeit der Bilder direkt aus der Kamera per Email oder in soziale Netze – dann könnte ich mit der Kamera ja auch telefonieren, was bis heute nicht geht –, dann aber WLAN-Anbindung/WiFi. Den richtigen Ansatz fand die Nikon Coolpix S800c von 2013, sowie die im gleichen Jahr vorgestellte Nikon D7100. Für die D7100 gib es den Adapter WU-1a, der für ca. 60 Euro Kamera mit Tablet oder Smartphone verbindet. Aber das kam bereits zu spät, und diese Fummelei akzeptiert kein Smartphone-Knipser. 

60 Euro sind vergleichsweise preiswert, denn der Nikon WT-1 (WirelessTransmitter) zur drahtlosen Bildübertragung, den es seit der Nikon D2H und entsprechend für die Nachfolger für D3 bis D5 gibt, kosten weit jenseits der 500 Euro. OK, das ist Profiequipment, was keine(n) SmartphonebesitzerIn tangiert. Diese aus falscher Sparsamkeit fehlende Übertragungsmöglichkeit hat aber die Konsumer- und zunehmend Einsteiger DSLR-/DSLM-Klasse ihrer Daseinsberechtigung beraubt. 

Nun ja, mir ist es egal, ich habe eine neun Jahre alte, äußerlich in bestem Zustand befindliche Nikon D3000 für unglaubliche 10 Euro bekommen. Wirklich neu ist sie nicht, denn die D3000-"Uhr" zeigt ca. 8500 Klicks (Auslösungen). Wie lautete die Überschrift in einem Blogbeitrag: „Eine DSLR für 5 Euro, geht das?“ Geht! Geht auch zwei Mal! Der D3000 musste ich nur noch 9 Euro zusätzlich für den fehlenden Akku spendieren…

Wer weiß wie es geht, kommt natürlich auch so weiter:

SD-Karte der Nikon D3000 (oder einer anderen Kamera) in den Adapter und schon sind die Fotos im iPad oder iPhone und können bei Bedarf bearbeitet und versandt werden.

In der Android-Welt, wo ich diese blödsinnige (NoName-)Mac-Adapter-Krücke nicht benötige, würde ich der Kamera eine Micro-SD-Karte im SD-Adapter spendieren und dann so in das Android Smartphone oder Tablet MIT Micro-SD-Einschub bringen. Bearbeitung ist kein Problem – hier Filterstorm – aber welcher Smartphoneknipser würde das machen?

Der Kreis derer, die Freude an Fotografie mit "richtigen" Kameras und späterer Bildbearbeitung haben, scheint immer kleiner zu werden. Mir ist es vollkommen egal, wer mit welcher Kamera gerade hantiert. Digital, analog, Polaroid, ja sogar mit dem Smartphone... Aber nur mit dem Smartphone? Wenn ja, nur ganz gezielt zum Beispiel mit der großartigen Retro-App Hipstamatic. Ansonsten für mich: Nein danke Smartphone. Ich habe auch das Gefühl, dass dieser kleiner gewordene Kreis wirklich Fotointeressierter sich auch nicht mehr jeden gebrauchten Mist und vor allen Dingen nicht mehr jede Neukamera zu Preisen andrehen lässt, die wenig später als so genannter Grauimport so unterboten werden, dass man sogar das Risiko eingeht, auf die offizielle Landesgarantie zu verzichten. Wo soll das enden? Ich bin gespannt wie das weitergeht!

Eine echte Daseinsberechtigung haben moderne Bridgekameras. Sie stellen eine Bereicherung dar. Was sogar eine überzeugte Smartphone-Anwenderin wie meine Schwester erkannt hat. (M)eine gar nicht so alte Nikon P510 bietet nun mal ein stabilisiertes 24-1000 mm Zoom. Was meine Schwester gerne nutzt. Denn da kann kein Smartphone mithalten! Wenn WLAN ein Thema wäre, müsste es der Nachfolger P520 sein, der per Adapter WLAN-fähig wird oder eine P600, die das WLAN eingebaut hat. Oder die obengezeigte Lösung fürs iPhone/Smartphone bzw. iPad/Tablet. Statt der Nikon Bridge darf es gerne auch eine entsprechende Canon Fuji, Panasonic, Olympus oder Sony sein…

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Was ist digicammuseum.de?

Die analoge Fotografie blickt auf eine etwa 170-jährige Geschichte zurück, seit etwa 100 Jahren sind Fotoapparate auch für Privatleute erschwinglich. Trotzdem sollte es noch Jahrzehnte dauern, bis die Fotografie zu einem Hobby für Millionen von Menschen wurde und der Fotoapparat zum selbstverständlichen Accessoire jeder Urlaubsreise.

Um so überraschender ist es zu sehen, mit welcher Geschwindigkeit die etablierte Technik in wenigen Jahren nach der Jahrtausendwende in eine Nischenexistenz zurückgedrängt wurde. Ersetzt wurde sie durch Digitalkameras. Diese haben in kürzester Zeit eine atemberaubende Evolution durchlaufen und haben ihre analogen Vorfahren weitgehend überflüssig gemacht. In fast allen Haushalten wurde die alte Spiegelreflex- oder Kompaktkamera durch ein digitales Modell ersetzt.

Während die meisten analogen Kameras viele Jahre, teilweise auch Jahrzehnte lang genutzt wurden, landen die meisten Digitalknipsen nach drei bis vier Jahren in der Schublade und müssen einem leistungsfähigeren Modell weichen. Die technischen Fortschritte werden jedoch immer kleiner. Digitalkameras haben einen Stand erreicht, der keine drastischen Verbesserungen mehr zulässt. Der Boom fand seinen Höhepunkt um die Jahre 2008-2010 und hat seither deutlich nachgelassen.

Das ist auch schon rein äußerlich zu erkennen: In den ersten Jahren war bei den Herstellern von Digitalkameras der Wille zu beobachten, die neue Technik auch für Innovationen in Design, Bedienung und Funktionalität zu nutzen. Inzwischen ist diese Phase weitgehend vorbei und die Hersteller haben zu den aus analoger Zeit bekannten Kameratypen zurückgefunden: Kompaktkameras auf der einen und Systemkameras auf der anderen Seite.

Die in Smartphones eingebauten Kameras sind inzwischen jedoch so gut, dass sie Kompaktkameras die Existenzberechtigung geraubt haben. Wozu ein separates Gerät kaufen, wenn man vergleichbare Bilder auch mit dem Handy hinbekommt, das man zudem immer in der Tasche hat?

Es entsteht so im Moment die paradoxe Situation, dass so viel fotografiert wird, wie noch nie in der Geschichte - und gleichzeitig immer weniger "richtige" Kameras verkauft werden. Mag sein, dass die Ära der Fotoapparate für jedermann zu Ende geht und bald nur noch Hobbyfotografen und Profis als Kamerakäufer übrig bleiben. Deswegen ist nicht zu früh, die "wilden Jahre" der Digitalkamera-Entwicklung zu dokumentieren.

Diese Homepage war anfangs vor allem als virtuelles Museum meiner Kamerasammlung gedacht. Inzwischen ist daraus ein Projekt geworden, bei dem ein wachsender Kreis von Autoren tolle Beiträge zur Digitalkamera-Geschichte beisteuert. Den weitaus größten Anteil daran hat Ralf Jannke, der mit seinen Praxisbeiträgen die verschiedensten Themen detailliert behandelt und großartig bebildert. Was sich allerdings nicht geändert hat: Die Homepage ist ein reines Hobby- und Spaßprojekt. Wir freuen uns über den Austausch mit anderen Sammlern und Fotobegeisterten. Es gibt keine Werbung und wir sind auch keine bezahlten Influencer. Falls Sie allerdings noch eine spannene Kamera herumliegen haben, die Sie nicht mehr brauchen - wir sind immer auf der Suche nach weiteren Exponaten.

Boris Jakubaschk