G-A-S

Avatar of Ralf JannkeRalf Jannke - 10. September 2018 - Wissen

Eine (un)heilbare Krankheit?

G-A-S?

Ursprünglich Guitar-Aquisitation-Syndrome, heute Gear-Aquisitation-Syndrome. Zu Deutsch: Gitarren-Anhäufungs-Syndrom oder aktuell Ausrüstungs-Anhäufungs-Syndrom. Salopp gesagt: Ist deine Musik nicht gut, liegt es an der Gitarre, sind deine Fotos schlecht, liegt es an der Kamera… Statt sich sein eigenes (Nicht-)Können einzugestehen und umso mehr zu üben, wird es eben auf die Aufrüstung geschoben. Dieses menschliche Verhalten hat die Fotoindustrie nicht nur schamlos ausgenutzt, sondern auch noch nach Kräften befeuert.

Das von der Foto-/Kameraindustrie etwa zum Jahrtausendwechsel freigesetztes G-A-S-Virus konnte ohne wirksames Gegenmittel rund zwei Jahrzehnte grassieren. Es „zwang“ in dieser Zeit Fotograf*innen ständig neues Gerät zu kaufen. Und brav folgte der willige Konsument der Industrie bis hin zur Verschuldung. 

Konnte man das um das Jahr 2000 rum ja noch plausibel mit der ständigen Zunahme an Bildpunkten erklären, ist mittlerweile Stillstand erreicht. Als aktive(r) Fotograf*in kann ich mich aktuell entscheiden zwischen einer hochwertigen digitalen Spiegelreflexkamera oder einer spiegellosen Systemkamera. Bei Bedarf sogar mit 24 x 36 mm Vollformatsensor. Aber muss es immer die aktuellste Kamera sein? Das hätten die Hersteller natürlich gern.

Gegen das G-A-S – für mich noch viel passender besser "Geld-Ausgeb-Syndrom" – gibt es mehrere Therapien:

  1. Frust, Verkauf der kompletten Ausrüstung = Hobbyaufgabe, Fotos nur noch mit dem allgegenwärtigen Smartphone knipsen. Wurde massenhaft vollzogen, wenn man sich die Mengen an Gebrauchtkameras in eBay anschaut. Diese Aussteiger sind für die Fotoindustrie für immer verloren :-(
  2. Einfach die mal gerade ein paar Jahre alte DSLR/DSLM behalten und damit weiter fotografieren und trainieren, trainieren, train… Und bei Erfolg Neuvorstellungen erst kaufen, wenn sie sich zwei Jahre etabliert haben oder wenn vorhanden, den Vor-Vorgänger der gewünschten DSLR/DSLM erwerben.
  3. Oder bei fortgesetztem G-A-S die Ersatzdroge (ur)alte Digitalkamera konsumieren…

Ich habe mich für Lösung zwei und drei entschieden. Auch so habe ich dann ständig "neue" Kameras, ohne zu oft hohe vierstellige Euro-Summen in Fotoequipment zu investieren ;-) Für ein Zehntel, ja manchmal sogar ein Hundertstel der zwei-/drei-/viertausend Euro teuren Neuvorstellungen lässt sich unglaublich viel Spaß haben, Fotografierfreude regelrecht wiederentdecken. Hat bei mir, der vor Jahren die Canon EOS D30, D60, 10D, 20D, 30D und weiter Nikon D200, D300, D700 und so weiter und so weiter immer neu kaufte, hervorragend gewirkt. 

Canon hat seine 30 MP Vollformat DSLM EOS R vorgestellt, Nikon seine 24 und 45 MP Pendants Z6/Z7, Fuji seine X-T3. Ob Sony auf der Photokina dann mit der Alpha 7(R) Mark IV überrascht? Einem Gerücht nach soll auch Panasonic an einer Vollformat-DSLM arbeiten. Das Gerücht wird als „odd but possible“ – „skuril/merkwürdig aber möglich“ bezeichnet. 

Analoge 24x36 mm „Vollformat“ SLR von 1972

1972 soll die Olympus OM-1 mit 136 x 83 x 50 mm und 510 g die kleinste und leichteste SLR-Kamera der Welt gewesen sein.

In einem uralten Gerücht von 2016 ist die Rede von einer „Olympus Full-Frame Mirrorless Camera“. Nun ja, Olympus feiert 2019 sein 100-jähriges Bestehen. 

Beides wäre bei Olympus und Panasonic aber ein lang hinausgezögertes Eingestehen des Scheiterns des 4:3/micro/FourThirds-Formats. Nichts gegen die sehr guten Videofähigkeiten einer Panasonic Lumix DMC-GH5, die rund 2000 Euro kostet. Mit 20 MP ist der kleine 13x17 mm mFT Sensor offensichtlich ausgereizt. Auf 24 x 36 mm Vollformatsensorfläche hochgerechnet, wären das 78 Megapixel!

Mit der unlängst erworbenen 16 MP Vollformat-DSLR Nikon D4 und der ebenfalls 16 MP auflösenden Olympus DSLM OM-D E-M1 müsste ich mein persönliches G-A-S eigentlich auskuriert oder wenigstens in ein "G-A-S light" umgewandelt haben – hoffentlich ;-)

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