Tokina RMC 2,8 / 28 an Fuji X-E2 und Reparaturbericht
In diesem Bericht geht es um ein etwa 45 Jahre altes Manuellfokus-Weitwinkelobjektiv für das Minolta MD-System, adaptiert an die spiegellose 16-Megapixel APS-C Systemkamera Fuji X-E2. Das Objektiv wurde vom Hersteller auch mit anderen Bajonettanschlüssen verkauft. Minolta führte den zweiten „Tab“ am Blendenring 1977 ein, mit Hilfe dessen die damals neuen Kameras erkennen, daß das Objektiv auf kleine Blende geschlossen ist, um nur dann Programm- und Blendenautomatik zu erlauben. Ältere Minoltakameras benötigen das nicht, weil sie nur mit Zeitautomatik oder manueller Nachführmessung arbeiten.
Für die Adaptierung auf spiegellose Systemkameras sind beide „Tabs“ nicht erforderlich, die jeweils eingestellte Blende muß man sich merken oder aufschreiben, um sie später den Aufnahmen zuordnen zu können; die Brennweite trägt die Kamera in die EXIFs ein, sofern sie im Menu korrekt eingestellt wurde.
Reparatur
Mein Exemplar hatte mit zwei Probleme: Der Entfernungsring ließ sich nur schwer und kratzend bewegen, die Blende hingegen hing in der Offenblendenstellung fest. Bei Minolta-Objektiven hat der im Bajonett sichtbare Blendenbetätigungshebel keine direkte Verbindung mit dem Blendenantriebsmechanismus, sondern der Hebel „eilt vor“, der Blendenantrieb „folgt nach“, weil er durch eine Zugfeder gegen den äußeren Hebel gezogen wird. Klemmt nun die eigentliche Blende, so kann der äußere Hebel so oft bewegt werden, wie man will, die Blende folgt nicht nach. Ein Lösen des verklemmten Antriebs ist ohne Zerlegen eines Teils des Objektivs nicht möglich.
Mir war klar: Das Fett des Schneckenganges ist gealtert und hat sich in mindestens zwei Komponenten getrennt: eine flüssige Phase ist auf die Blendenlamellen gekommen und hat diese verklebt, so daß der Springblendenmechanismus die Lamellen nicht mehr schließen konnte. Und einer der Vorbesitzer hat mit dem Objektiv einen Strandausflug o. Ä. gemacht, die Schmierung von Blenden- und Entfernungsring war mit feinstem Sand verunreinigt, eine gründliche Reinigung war nötig.
Das Objektiv läßt sich recht einfach zerlegen, die Optik besteht aus zwei festen Baugruppen, die vordere kann nach Abdrehen des Beschriftungsrings demontiert werden, die hintere nach Abschrauben des Bajonettrings und Abnehmen des Blendenrings. Hinweis: es sind verstellbare Spezialwerkzeuge notwendig, mit haushaltsüblichen Schraubenziehern gelingt die Demontage nicht. Und es muß auf die winzige Kugel geachtet werden, die die Rastung des Blendenrings ermöglicht. Fällt diese heraus, dürfte sie vermutlich nicht mehr auffindbar sein, denn eine 2mm-Stahlkugel springt extrem weit und ist auf Tischdecken oder in Teppichen praktisch unsichtbar. Ersatz ist im Modellbauhandel verfügbar, im Zehnerpack werden dort 2mm Stahlkugeln für den Selbstbau von Kugellagern verkauft.
Sind alle Linsen ausgebaut, kann der Blendenmechanismus mit Isopropanol gereinigt werden, das habe ich insgesamt viermal machen müssen, bis keine Ölreste aus dem Objektiv mehr austraten und die Lamellen erneut verklebten. Der Zusammenbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge, eine fehlerhafte Montage ist fast unmöglich, denn beide Linsengruppen müssen nur wieder in ihre Befestigungsgewinde hineingedreht und „handfest“ angezogen werden, dann sollte die Linsenjustage wider stimmen.
Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik und Blende 8, gespeichert als RAF, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.
RMC Tokina 1:2,8 28 mm
Das Tokina RMC 2.8/28 wurde etwa von 1979 bis 1985 hergestellt (sofern die ersten beiden Zahlen der Seriennummer für das Produktionsjahr stehen, wovon auszugehen ist). Es ist ein „Hidden Champion“, das wesentlich besser ist, als man anfangs glauben mag. Die Schärfe auf Film dürfte zu Zeiten von 100 und 400 ASA-Filmen mehr als ausreichend gewesen sein, bei heutigen Vollformat-Sensoren schwächelt es an den Bildecken. An der Vollformatkamera Z5 ist der Effekt sichtbar, die Halbformatkamera X-E2 schneidet die Problemzonen einfach weg.
Einen großen Nachteil hat das Tokina jedoch: es ist extrem streulichtempfindlich, nicht nur direkt auf die Frontlinse strahlende Sonne oder helle Lichtquellen „vagabundieren“ im Inneren des Objektivs herum, wodurch die Bilder flau werden. Auch seitlich auftreffendes Licht vom bedeckten Himmel kann bei dunklen Motiven bereits als unerwünschtes Streulicht das Bild wie mit einem Nebel überziehen. Ohne Streulicht ist das Bild sofort erheblich schärfer und kontrastreicher. An der APS-C-Kamera habe ich eine sehr groß dimensionierte Gummiblende für ein Normalobjektiv verwendet, diese hat die Frontlinse für die Beispielaufnahmen gut „abgeschirmt“.
„RMC“ in der Bezeichnung steht für die Tokina-Mehrschichtvergütung (Rainbow Multi Coating).
Der mit geriffeltem Gummi überzogene Entfernungsring geht bei meinem Exemplar inzwischen ein wenig zu stramm, das dürfte auf Alterung des Schmiermittels zurückzuführen sein. Die Materialpaarung ist Aluminium-in-Aluminium, darum ist das Schmiermittel essentiell nötig, um die Friktion der Verstellung zu gewährleisten.
Der Entfernungs-Einstellweg ist mit ca. 240° sehr feinfühlig einstellbar, die Naheinstellgrenze von 0,3m ist gut. Die Blende rastet leider nur in ganzen Stufen. Das nicht mitdrehende Filtergewinde beträgt 52mm, das Objektiv hat einen Durchmesser von 64mm, eine Baulänge von 40mm ab Bajonett und wiegt 240 Gramm. Beim Fokussieren wird das Objektiv ca. 4mm länger. Es ist größtenteils aus Metall gebaut. Die originale Streulichtblende fehlt mir, wie üblich tut es eine preiswerte aus dem aktuellen Zubehörhandel. Allerdings sollte sie möglichst „eng“ sein oder sogar blütenförmig, denn wie erwähnt ist das Objektiv extrem streulichtempfänglich.
Der originale Deckel ist ein Aufstülptyp, er klemmt sich in das Filtergewinde. Da der Kunststoff des Deckels gealtert ist, hält er nicht mehr gut, er sollte zur Sicherheit durch einen preiswerten 52mm-Snap-In-Deckel aus der Zubehörindustrie ersetzt werden.
Die optische Leistung entspricht bis auf die Streulichtempfindlichkeit durchaus den Originalhersteller-Weitwinkel-Objektiven der 1980er Jahre, das Objektiv ist am Vollformat-Sensor der Z5 und Offenblende an den Bildrändern recht unscharf und vignettiert leicht, Abblenden auf 8 steigert die Schärfe und beseitigt die Vignettierung.
Das 2,8/28 RMC Tokina ist heutzutage oft preiswert zu bekommen, je nach Zustand, Bajonettanschluß und Lieferumfang liegt es zwischen 1 und 30 Euro, weil es recht oft angeboten wird.
Ich erhielt das gezeigte Exemplar im Spätsommer 2024 dankenswerterweise vom Editor dieser Zeilen geschenkt, er hatte es für „kleinen Euro“ auf einem Flohmarkt mitgenommen, weil die Blende defekt war.
Fazit
Wie erwähnt it das Tokina RMC 2,8/28 ein „verborgener Diamant“, es ist besser, als sein Preis vermuten läßt. Allerdings schränkt seine extreme Streulichtempfindlichkeit die praktische Verwendbarkeit stark ein, nicht nur im Bild sichtbare Lichtquellen verflauen das Bild, auch außerhalb des Bildes auftretende helle Stellen legen sich wie ein Nebel über Teile des Motivs oder gar das gesamte Bild. Die Nutzung einer großen Streulichtblende ist dringend angeraten.
Christian Zahn, Oktober 2024
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Autor: | Ralf Jannke |
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Erstellt: | 17.10.2024 |
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