Logi Fotoman 1991, 2024 Wiederbelebungsversuch

Geschichte

1991 gab es mit dem Logitech Fotoman in Deutschland die erste Kamera mit digitaler Bildspeicherung zu kaufen, die für Heimanwender bezahlbar und auch für die private Nutzung gedacht war. 1993 folgte der Logitech Fotoman Plus. Boris schrieb dazu: 

"Der Fotoman Plus ist Logitechs Lizenznachbau der Dycam Model 3. Gegenüber der ersten Fotoman-Kamera hat sich nicht viel geändert. Bauform, Abmessungen und Bedienkonzept sind unverändert. Das Gehäuse ist nun schwarz statt weiß und die Auflösung des Sensors ist leicht gewachsen. Die Kamera arbeitet weiterhin nur mit 256 Graustufen. Optional war ein Farbfilter-Set erhältlich. Damit konnte man mit Hilfe eines Stativs nacheinander drei Aufnahmen des gleichen Objekts machen, je einmal mit einem roten, einem grünen und einem blauen Filter. Am Computer konnten die drei Einzelbilder dann zu einem Farbfoto verrechnet werden. Da die Dycams ihre Firmware in einem statischen RAM speichern, konnte diese relativ leicht ausgetauscht werden. Ein Teil der Kameras wurde daher von größeren Abnehmern mit einer eigenen Software und teilweise auch einem eigenen Gehäuse und/oder Objektiv ausgestattet. So waren die Kameras auch für industrielle Aufgaben geeignet oder konnten als Überwachungskameras eingesetzt werden. Leider gelang es Dycam nicht, das Design der Modelle 1 bis 4 entscheidend weiterzuentwickeln. Die letzte Kamera von Dycam war das Modell 10-C, das aber weitgehend baugleich mit der Kodak DC-50 war und nicht mehr selbst gefertigt wurde. Etwa um 1997 stellte Dycam die Geschäftstätigkeit ein, wobei offenbar die Homepage vergessen wurde. Bei meinem letzten Besuch war www.dycam.com noch online - auch als wunderschönes Beispiel für das Webdesign Mitte der 90er Jahre."

Mit der Dycam 10C/Kodak DC50 schließt sich dann auch der Kreis der abgehandelten baugleichen/ähnlichen Klone Chinon ES-3000, Apple Quicktake 150 und Logi Fotoman Pixtura!

Ich kam 2017 mit dem Fotoman in Berührung und habe damit sogar fotografiert.

Zum Glück, wie wir im Verkauf dieses Beitrags noch sehen werden … Alles zur ersten Berührung im Beitrag: "Als die Pixel laufen lernten: Der 0,1 MP Logitech Fotoman"

1991 stellte das 1988 gegründete US-Unternehmen Dycam auf der CeBIT die erste Consumer-Digitalkamera des Weltmarktes vor. Das „Model 3/4“ (376×284 Pixel) wurde in Europa von Logitech als „Fotoman“ vertrieben. – Ein Zeitsprung, zurück zu jenen Tagen, da die Digitalfotografie sich anschickte, den Massenmarkt zu erobern: Oft wird der Beginn der digitalen Fotografie auf 1981 datiert. Bei der in diesem Jahr präsentierten, aber nie in Serie gegangenen, Sony MAVICA (MAgnetic VIdeo CAmera) handelte es sich um eine Still(bild)-Videokamera. Die MAVICA-Fotos wurden in analoger Form auf ein diskettenähnliches Medium geschrieben. Doch erst mit dem Logitech Fotoman, der heute den Charme futuristischer Gerätschaften früher Star-Trek-Staffeln verströmt und damals rund 2000 DM (100 Euro) Mark kostete, begann der Siegeszug digitaler Kameras für Heimanwender. Der circa 170x80x30 mm große und 300 Gramm schwere Fotoman besitzt die „sagenhafte“ Auflösung von 376×284 = 106784 Pixeln bei 256 Graustufen und eine Sensorempfindlichkeit von ISO 200. Neben baugleichen, in schwarzer Gehäusefarbe gehaltenen, Dycam-Modellen gab es noch ein Modell ADC. Mit der Agriculture (Landwirtschaft) Digital Camera sollte mit Hilfe der IR-Fotografie das Wachstum von Pflanzen besser kontrolliert werden können. Bestückt ist der Fotoman mit einem 4,5/65 mm (bezogen auf Kleinbild) Fixfokus-Objektiv. Alles zwischen 1 m und Unendlich wird scharf erfasst. Bei zu wenig Licht schaltet sich der Blitz automatisch zu. Die Verschlusszeit wird per Zeitautomatik zwischen 1/30 – 1/1000 s geregelt. Bei hellem Tageslicht oder Blitznahaufnahmen muss ein 4x Neutralgraufilter aufgeschraubt werden, was die einzige Eingriffsmöglichkeit in die Belichtung darstellt. Betrieben wird der Fotoman über NiCd-Akkus, deren Ladezustand über Sein oder Nichtsein der geschossenen Fotos entscheidet! Denn um das Kamera-Betriebssystem (die Firmware) und die maximal 32 Aufnahmen im flüchtigen DRAM Speicher zu halten, müssen die gespeicherten Daten- und Bildinformationen von Zeit zu Zeit aufgefrischt werden, da sich Kondensatoren mit der Zeit selbst entladen. Sind die Akkus/Kondensatoren leer, sind alle Fotos weg. Spätestens nach 24 Stunden muss der Fotoman ans Ladegerät. 

Um diese Zeiten zu verlängern, gab es eine Lademöglichkeit über den Zigarettenanzünder eines PKWs. Seinerzeit berichtete eine Internetseite über einen „digitalen“ Motorradtrip, wo die Logi-Bilder abends per Laptop ins Internet gestellt wurden. Nichts Besonderes? 1995 schon!

Jetzt war es an der Zeit, den Fotoman nochmal in Betrieb zu nehmen. Nachdem die im Blog und im Beitrag "Zurück auf Anfang, Back to the Beginnings" genannte Grundvoraussetzung geschaffen war. In Form eines HP Laptops OmniBook XE3 mit dem Betriebssystem Windows 98!

Logi Fotoman außen und innen

Der im Foto noch leere Akkuhalter muss mit zwei 1,2 Volt NiCd-Akkus der Größe Mignn/AA bestückt werden. NiCd – NickelCadmium! Mit anderen Akkutypen läuf der Logi Fotoman nicht!

Startvorbereitungen für einen Fotorundgang

Bevor es überhaupt losgeht, müssen die beiden Akkus ausreichend, im Idealfall 100 Prozent. Am Ladegerät hängend muss der Logi Fotoman an den Rechner. In den folgenden Screenshots der Windows 98 Bedienoberfläche zu sehen.

  • 1. Schritt: Verbindung zur Kamera wird hergestellt. Bitte warten …
  • 2. Schritt: Kamerainterne Software (das Kamerabetriebssystem, die Firmware!) wird instlliert. Bitte warten …

Damit ist man startklar, und kann zum Fototrip losziehen. Aber immer im Hinterkopf habend: Gehen die Akkus unterwegs leer, sind alle Fotos weg :-( Also muss der Logi Fotoman zwischendurch zumindest ans Ladegerät! Wenn die maximal 32 Fotos nicht eh den Speicher schon vollgemacht haben.

Zum zweiten Screenshot der Bedienoberfläche geht es unter den Screenshots weiter …

Fotodatenübertragung unter Windows 98, Logi-Software

Und die interessanten bunten Bilder einer reinen SW-Kamera im Fenster der Bedienoberfläche?

Ich hatte die schwache Hoffnung, dass die frisch aufgenommenen Logi Fotoman Bilder nicht korrekt in SW dargestellt werden. Eine Hoffnung, die schnell zerstört wurde. Meine beiden Exemplare Logi Fotoman haben sich bald 30 Jahre nach Produktion und bei mir in den rund 7 Jahren Nichtgebrauch totgelegen. Es muss garnicht unbedingt der Bildsensor sein, es genügt, wenn ein Kondensator o.ä. ausgefallen ist. Boris hatte mir freundlicherweise seinen Logi Fotoman zugeschickt. Auch hier: Bunte Bilder, NULL Fotos. Oder genauer wie bei mir: Fotos mit nichts drauf. Der gleiche Ausfall, Fehler.

Zum Glück habe ich mit dem noch funktioniertenden Fotoman nicht nur ein paar Bilder in Südschweden aufgenommen, sondern auch einen kleinen Rudgang im Areal des Bonner Kunstmuseums gemacht. Diese Fotos habe ich jetzt so gut wie möglich aufgehübscht und zu Tableaus zusammengestellt. Aus Einzelbildern der Logi Fotoman Auslösung 376x284 Pixel, um diese Tableaus mit Hilfe von Topaz Gigapixel AI zu vergrößern.

Beispielfotos Südschweden: Original, Topaz 2x, Topaz 4x

Adobe Lightroom Interpolation 2x vs. Topaz Gigapixel AI 2x: Topaz gewinnt!

Tableau Südschweden, bestehend aus 376x284 Pixel Einzelfotos, links 1:1, rechts 2:1 (Topaz)

Beispielfotos Kunstmuseum Bonn Links Einzelblder in Originalgröße 376x284 Bildpunkte, rechts Topaz Gigapixel AI Verdopplung

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Qualität? Auch hier kann ich wieder "Copy-and-Paste" aus der Beurteilung der Casio QV-10 machen: Hier von Qualität zu reden, verbietet sich. Es war für 1995 eine faszinierende technische Spielerei, ein Gadget eben;-) Wobei ich nicht ausschließen möchte, dass der Fotoman auch bei ein paar ernsthafteren Gelegenheiten zum professionellen Einsatz kam! Die Topaz Gigapixel AI Vergrößerung ist auf jeden Fall interessant, wenn jemand im Archiv noch alte Fotos hat, die mit dem Logi Fotoman aufgenommen wurden.

Und ja, zum Schluss

Würden Sie allen Ernstes 500 — FÜNFHUNDERT — Euro für einen originalverpackten, wahrscheinlich nie benutzten Fotoman bezahlen? Von fünf sind drei Logis im Bestand des Digicammuseum.de defekt. Boris hat noch einen Fotoman Plus und die Original Dycam. Er wird nachsehen, ob davon eine noch Leben hat.

Ralf Jannke, März 2024

PS.: Unbedingt hier mal reinklicken: "My Little History of Digital Compacts"

 

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