ZeissIkonVoigtänder Icarex 35S BM 50 mm Tessar an Nikon Z5 (mit Adapterbau) Christian Zahn

In diesem Erfahrungsbericht geht es um ein etwa 70 Jahre altes Manuellfokusobjektive adaptiert an die spiegellose 24-Megapixel-Systemkamera Nikon Z5.

Das Objektiv wurde von 1966 an für die ZeisIkonVoigtländer Icarex 35 BM gebaut. Diese Kamera wurde von Voigtländer in Braunschweig hergestellt. Allerdings erst etwa drei Jahre zu spät, denn die Entwicklung war bereits 1961 oder 1962 abgeschlossen und die Kamera sollte eigentlich als Bessaflex auf den Markt kommen. Aber ZeissIkon als damaliger Besitzer von Voigtländer wollte, daß die Kamera anders aussah und so mußte das Gehäuse passend zur ZI-Formensprache wesentlich kantiger gestaltet werden. Die 35S BM erschien 1969, die Kameras von 1966 hatten keinen eingebauten Belichtungsmesser bzw. nur einen ungekuppelten.

Das „S“ in der Typenbezeichnung steht für einen eingebauten Belichtungsmesser mit Arbeitsblendenmessung, das „BM“ für „Bajonettmount“, also den Anschluß des Objektivs über ein Bajonett. Ab 1967 gab es die Kamera auch in einer Version mit M42 Schraubgewinde, diese Version trug „TM“ = „Threadmount“ auf dem Typenschild. Der Grund für das „Nachschieben“ der Version mit Schraubanschluß dürfte die Tatsache gewesen sein, daß die Variante mit Bajonett wie Blei in den Auslagen der Fotohändler herumstand, kaum ein Kunde wollte in das exotische Bajonett investieren, zumal es nur wenige Objektive mit Brennweiten von 50 bis 90 gab, 35mm und Teleobjektive von 135 bis 400 erscheinen erst 1968, das 25er sogar erst 1972. Somit war der klassische Objektivdreiersatz 35/50/135 zum Verkaufsstart nicht möglich!

Daß ZeissIkon die Kamera auf M42 umkonstruierten konnte, liegt an zwei Dingen: Der Bajonettanschluß ist ein Ring, der an das Gehäuse geschraubt wird und vom Auflagemaß her mit M42 „so in etwa“ paßt, also mußte nur ein anderer Ring mit M42-Gewinde hergestellt und an die Kamera geschraubt werden. Und die Springblendenbetätigung des Icarex-Bajonetts ist ein Stift, der im Bajonett nach vorn schnellt und einen Stift am Objektiv eindrückt. Dort mußte die Kamera etwas modifiziert werden, indem der Stift durch die Betätigerwippe für M42 ersetzt wurde.

Aber auch die Kamera mit M42 war nicht sonderlich erfolgreich und 1972 stellte Zeiss den Kamera- und Objektivbau komplett ein. Die Kamera- und Objektivfertigung in Braunschweig wurde durch Rollei übernommen, die dadurch in der Lage waren, endlich selbst Objektive zu fertigen und diese nicht mehr von Schneider Kreuznach oder Zeiss zukaufen zu müssen, denn auch die Namensrechte für Tessare, Planare, Skopare, Voigtländer usw. gehörten mit zum eingekauftem Vermögen.

Das Bajonett ähnelt dem FL-/FD-Bajonett von Canon, ist aber nicht kompatibel. Es ist verschleißfrei, denn das Objektiv wird angesetzt, die Klemmung erfolgt durch einen drehbaren Ring. Auch das Objektiv hat für Filter kein Frontgewinde, sondern ein Bajonett, so daß der Kunde damals nicht einfach günstige Schraubfilter oder Sonnenblenden aus dem Zubehörhandel erwerben konnte oder gar vorhandene weiternutzen, sondern die teuren ZeissIkon-Bajonettfilter kaufen mußte. Auch heute ist ist schwer, Filter oder Streulichtblenden zu montieren, die originalen Filteradapter sind extrem selten und auch der fernöstliche Zubehörhandel hat sie inzwischen nicht mehr im Fertigungsprogramm, so daß nur ein Gebraucht-Glückstreffer für günstige Filtermontage sorgen kann. Oder man druckt sich mit Hilfe eines 3D-Druckers einen Adapter selber.

Wer solche Adapter sucht: Das Stichwort lautet „Icarex Filteradapter“, die Bezeichnung lautet „B50“. Aber Vorsicht: auch Hasselblad hat für seine Mittelformatobjektive ein Bajonett mit gleichem Namen verwendet, beide Filterbajonette sind aber nicht kompatibel!

Die Icarex ist übrigens recht simpel gefertigt worden. Der mechanische Aufbau hat wenig mit dem präzisen Kamerabau „Made In Germany“ zu tun, wie man es von ZeissIkon, Rollei oder Voigtländer aus den 1950er her kannte. Statt aufwendig gefrästen Zahnrädern mußten Stanzteile ausreichen, auch die meisten anderen Bauteile sind gestanzt und meist nicht oder nur wenig nachbearbeitet. So konnte trotz Fertigung in Deutschland der Verkaufspreis günstig gehalten werden, die Icarex war günstiger als die Pentax Spotmatik, die Minolta SRT 101, die Canon FX und natürlich auch billiger als die Leicaflex. Auch im ZeissIkon-Konzern unterbot man alle anderen angebotenen Spiegelreflex-Kameras, die Contaflex oder die Ultramatic kosteten mehr und die Contarex fast das Dreifache! Trotzdem verkaufte sich die Icarex BM nicht.

ZeissIkonVoigtländer Tessar 1:2,8 / 50mm

Das Objektiv ist von 1966 bis 1972 im Voigtländer-Objektivwerk in Braunschweig gebaut worden. Eigentlich ist der Name „Tessar“ falsch, zwar ist es ein Tessartyp-Objektiv mit 4 Elementen in 3 Gruppen, aber es ist basiert auf dem von Voigtländer 1952 neu gerechnetem Skopar (ebenfalls ein Tessartyp-Objektiv), dem man nachsagt, es sei besser als das Zeiss-Original. Aber weil ZeissIkonVoigtländer damals ja zusammengehörte, erhoffte man sich mit dem bekannterem Namen „Tessar“ wohl bessere Verkäufe. Das lichtstärkere 1:1,8/50mm-Objektiv behielt aber seinen Vooigtländer-Namen „Ultron“, da wollte man das Zeiss-Planar vielleicht nicht „abwerten“. Auch die Zeiss-Bezeichnung „T“-Belag für die Vergütung ist nicht eingraviert, obwohl alle Linsenflächen einschichtvergütet sind.

Der geriffelte Enfernungsricg läuft aufgrund der Schmiermittelalterung inzwischen ein wenig zu stramm, ist aber noch gut benutzbar. Der Einstellweg ist mit etwa 240° erfreulich lang, die Naheinstellgrenze ist mit 0,45m gut. Der Blendenring rastet nicht, er hat zur besseren Bedienung zwei angebrachte „Anfasser“-Vorsprünge. Leider sind nur 5 Lamellen eingebaut. Das Filterbajonett B50 rotiert dank Geradführung nicht mit.

Das Objektiv hat einen Durchmesser von 65 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 35 mm und wiegt 230 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 8 mm langer. Das gesamte Objektiv macht einen hochwertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall hergestellt und recht schwer. An der Entfernungs-Skala sind Tiefenschärfemarkierungen vorhanden, ein Index für die Infrarotfotografie fehlt.

Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende erwartungsgemäß etwas unscharf und vignettiert leicht, Abblenden auf 5,6-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die chromatischen Aberrationen sind schon bei Offenblende sehr gering.

1966 kostete es etwa 150 DM, das lichtstärkere und schärfere Ultron mehr als das Doppelte. Das Tessar ist heutzutage teilweise sehr günstig zu bekommen, weil man es nur schwer an heutige Digitalkameras adaptieren kann. Je nach Zustand und Zubehör liegt es zwischen 5 und 75 Euro. Ein mitverkaufter Filteradapter erhöht diesen Preis natürlich deutlich!

Adapterbau

Für das Icarex-Bajonett gibt es kaum kommerziell hergestellte Adapter für spiegellose Systemkameras. Somit blieb mir nur Selbstbau, so wie ich es in der Vergangenheit mehrfach schon für diverse Objektive gemacht habe.

Von Ralf Jannke bekam ich einen exotischen Adapter. Er war der Grund, warum ich die Icarex wieder hervorgeholt habe. Dieser Adapter saß auf einem T2-Objektiv aus Japan, und Ralf wollte wissen, welches Bajonett das sein könnte, Canon FD definitiv nicht. Ich mußte eine Weile über seinem mir zugemailtem Foto grübeln, bis mir die Icarex in den Sinn kam, und ich ihm eine Foto des Bajonetts zumailen konnte. Sowohl die 0-Uhr-Fixierung des Objektivs als auch die zwei Bajonettflansche, die auch noch deutlich unterschiedliche Größe aufweisen, sprachen für Icarex. Ralf sandte mir daraufhin den Adapter, den ich zunächst mit meinem Tessar verglich. Auch ein Ansetzen an die Kamera gelang, somit war meine Vermutung verifiziert.

Eine Beroflex-„Wundertüte“ mit 50mm an den Adapter geschraubt ergab im Icarex-Sucher ein scharfes Bild bei Unendlich, also stimmte es, der Adapter dürfte in den 1960ern / 1970ern von der Zubehörindustrie hergestellt worden sein, damit Icarex-Fotografen T2-Objektive nutzen konnten.

Aber auch mit dem Adapter konnte ich nichts anfangen, denn ich brauchte ja etwas, um das Objektiv an die Nikon Z5 zu bekommen.

Wie oben gezeigt läßt sich der Bajonettanschluß der Kamera mit 4 Schrauben lösen, diese sind ganz normale Flachkopf-Schlitzschrauben mit Gewinde M2. Somit kam ich auf die Idee, den Bajonettring zu nutzen und temporär an einen Adapter zu schrauben. Da das Auflagemaß der Icarex recht groß ist, baute ich meinen Adapter für das Leica-M-Bajonett, so kann ich meinen Selbstbau an allen meinen Systemkameras nutzen, auch wenn das eine doppelte Adaptierung erfordert.

Wie üblich erfolgte die Adapterfertigung durch Drehen eines Ringes aus schwarzem Kunststoff und Verkleben desselben mit einem Kamera-Gehäusedeckel. In den Ring habe ich 4 Gewinde M2 geschnitten und den Kamra-Bajonettring mit den originalen Schrauben montiert. Für schwere Teleobjektive ist der Adapter ungeeignet, aber ich habe bislang nur das leichte Tessar.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 2,8 bzw. 8, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.

Fazit

Das Tessar/Skopar erscheint mir etwas besser als die bisher von mir getesteten Tessartyp-Objektive aus west- oder ostdeutscher Fertigung, es ist aber sehr ähnlich. Allerdings ist es allen 6 oder 7-linsigen Normalobjektiven aus meinem Bestand unterlegen, so daß ich den Adapter rückgebaut habe und demnächst mit Kamera und Objektiv einen SW-Film belichten werde. Danach kommen beide zurück in die Vitrine.

Christian Zahn, Oktober 2025

 

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