Samsung WB750 Christian Zahn
Nachfolgend stelle ich eine Digital-Kamera aus der Reisezoom bzw. Superzoom-Klasse vor. Die WB750 glänzt allerdings weniger durch ihre Bildqualität denn durch ihre umfangreiche „Software-Trickkiste“, es stehen etliche Rahmeneffekte, Bild-Farbfilter (auch nach der Aufnahme nutzbar) und sogar das Anfertigen vom animierten Filmen aus Standbildern zur Verfügung.
Spezifikationen:
- Die Ende 2011 vorgestellte Samsung WB750 ist 105 x 59 x 25 mm groß und wiegt 193 Gramm.
- Der rückseitig belichtete 1/2,3“ CMOS-Sensor (6,2 x 4,6 mm) löst maximal 4096 x 3072 Pixel = 12,5 Megapixel auf (14,6 Megapixel Rohdaten, Pixelpitch 1,5µm). Die Empfindlichkeit beträgt 100 bis 3200 ASA. FullHD-Videos sind mit maximal 1920x1080 Pixeln und Stereoton möglich. Bilder werden als JPEGs auf SD-/SDHC/SDXC-Karten (max. ca. 64 GB) gespeichert.
- Das Objektiv ist ein 1:3,2-5,8/4,0-72mm 18-fach Zoom, die kb-äquivalente Brennweite beträgt 24-432 mm.
- Das Motiv wird über einen 3“ TFT LCD Monitor mit 460.800 Subpixeln (entspricht 480x320 Farbtripeln) angezeigt, der auch die Menüsteuerung übernimmt.
- Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S), kontinuierlicher Autofokus /AF-C) , Ermittlung durch Kontrasterkennung des Bildsensors
- Belichtungssteuerung durch Vollautomatik, Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik, manueller Modus oder Motivprogramme. Matrixmessung, mittenbetont integrale oder Spotbelichtungsmessung, Belichtungszeiten 16s bis 1/2000 sek., Selbstauslöser mit 2 oder 10 Sekunden, Belichtungskorrektur und Blitzbelichtungskorrektur +/- 2 Blendenstufen
- im Gehäuse integrierter Blitz mit ca. Leitzahl 8
- Weißabgleich automatisch oder manuell
- optische Bildstabilisierung (bei Fotos) bzw. elektronische Bildstabilisierung (bei Videos)
- Energieversorgung durch Lithiumakku
Besonderheiten
Die Samsung WB750 ist eine „Reisezoomkamera“ mit enormem Brennweitenbereich, die „WB“-Kameralinie wurde etwa 2009 begonnen, die letzten Modelle erschienen etwa 2013. „WB“ in der Bezeichnung steht für „Wide“ und „Big“, also ein deutliches Weitwinkel-Zooobjektiv mit starkem Telebereich.
Die Kamera ist „Made in China“, was entweder auf eine OEM-Produktion hindeutet oder aber auf die Fertigung in einem Samsung-eigenen Werk (oder besser gesagt, einem chinesischem-koreanischem Joint-Venture-Betrieb, der exklusiv für Samsung gefertigt hat).
Als Energiequelle der WB750 dient der Samsung-Akku SLB-10A 3,7 Volt, 1030 mAh, der auch in etlichen anderen Samsung-Kompaktkameras verwendet wurde.
Im Lieferumfang der Kamera war keine Ladeschale enthalten, sondern nur ein USB-Adapter, weil der Akku in der Kamera geladen wird. Ein externes Akkuladegerät mußte entweder vom Hersteller oder von der Zubehörindustrie nachgekauft werden.
Der Gehäuseblitz ist fest eingebaut. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt TTL mittels Vorblitz, leider ist die Blitzröhre recht nah am Objektiv angebracht, so daß es bei Weitwinkelaufnahmen zu einer leichten Abschattung durch die Objektivfassung kommt. Jedoch dürfte das nur bei wenigen Motiven stören, denn die dunklere linke untere Ecke ist nicht besonders groß.
Die Blitzleistung kann im Bereich von etwa +/- 2 Blendenstufen variiert werden, das können nur sehr wenige digitale Kompaktkameras, dieses Feature ist sonst nur in teureren Bridgekameras oder Systemkameras verfügbar.
Die Belichtungsmessung kann zwischen Matrixmessung, mittenbetont integraler oder Spotbelichtungsmessung umgestellt werden, auch hier kann die Belichtung +/- 2 Blendenstufen verändert werden.
Das Objektiv hat einen großen Brennweitenbereich, es reicht laut Datenblatt umgerechnet von 24 bis 432mm, in den EXIFs wird die maximale Brennweite sogar mit 73mm angegeben, was 438 mm entspricht. Laut Aufdruck ist es ein „Schneider Kreuznach Varioplan“, der deutsche Objektivhersteller war damals Kooperationspartner von Samsung. In wie weit das Objektiv allerdings wirklich auf einer Berechnung von Schneider beruht oder ob deutsche Ingenieure lediglich „mal über die fernöstliche Objektivrechnung drübergeguckt“ haben, ist mir nicht bekannt. Jedoch weiß ich, daß Samsung fremde Objektive, die von Tokina konstruiert und hergestellt wurden, mit „Schneider Kreuznach“ gelabelt hat, z. B. die Setobjektive zu den Samsung-dSLRs, die in Kooperation mit Pentax entstanden.
Wie bei Kompaktkameras leider üblich, kann keine Streulichtblende montiert werden, als Schutz gegen Streulicht dient die in der Objektivfassung versenkt eingebaute Frontlinse. Dieser rudimentäre Schutz gegen seitliches Fremdlicht reicht aber je nach Motiv nicht aus, es kommt zu deutlich sichtbaren „Lensflares“ und hellen Streifen.
Der Monitor löst nach heutigem Empfinden nur grob auf, zum Herstellzeitpunkt wurde er als gut angesehen, da die Mitbewerber meist auch nicht mehr Pixel aufwiesen. Die Größe ist als durchaus normal für das Jahr 2011 zu bezeichnen. Das eigentliche Displaypanel liegt unter einer Kunststoffscheibe, dadurch ist es vor Beschädigungen weitgehend geschützt. Allerdings verkratzt diese Schutzscheibe schnell und ihre aufgebrachte Vergütung „rubbelt ab“, was zu häßlichen Flecken führt. Das Aufkleben einer weiteren Schutzfolie oder -Scheibe aus dem Zubehörhandel ist angeraten.
Der Sensor wird rückseitig belichtet (BSI = Back Side Illuminated), das bedeutet, daß auf der Vorderseite nur die lichtempfindlichen Sensorpixel angebracht sind, die Leitungen usw. befinden sich auf der Rückseite. Dadurch sind die einzelnen Pixel größer als bei konventionellen Sensoren, bei denen die Leitungen auf der Vorderseite zwischen den Pixeln angebracht sind. Der Sensor ist nicht von einem anderen Hersteller zugekauft, sondern eine Samsung-eigene Entwicklung.
Der Sensor wird nicht komplett ausgenutzt (aus 14,6 Megapixeln Rohdaten des 1/2,3“ großen Sensors werden nur 12,5 Megapixel Bilddaten verwendet), der Cropfaktor beträgt 6, was einer effektiv verwendeten Sensorgröße von 1/2,5“ entspricht. Die unbenutzten Randpixel dienen als Reserve für den elektronischen Bildstabilisator durch Verschiebung des ausgelesenen Bildbereichs während des Videodrehs, bei dem der optische Bildstabilisator nicht aktiv ist (möglicherweise zu Stromsparzwecken).
Die Kamera schreibt in die EXIFs jedes aufgenommenen Bildes fast nur die damals genormten Werte, MakerNotes gibt es nur wenige, unter anderem den Status der Gesichtserkennung.
Die Kamera kommt mit wenigen Bedienelementen aus, auf der Oberseite befindet sich das Moduswahlrad, der Hauptschalter und der Auslöser, auf der Rückseite gibt es das Steuerkreuz (mit Doppelfunktion für Display, Blitz, Makro und Selbstauslöser) inkl. zentraler OK-Taste und fünf Tasten für Display, Menu, Quikmenu, Serienbild sowie eine dedizierte Videostarttaste. Das Steuerkreuz ist als drehbares Rad ausgeführt, z. B. zum Scrollen in der Bildwiedergabe.
Schwenkpanoramas mit während der Aufnahme in der Kamera zusammengesetzten Bildern sind dank des leistungsfähigem Bildprozessors möglich, dabei werden sogar leichte Neigungen bzw. Verdrehungen der Kamera beseitigt. Allerdings: Wunder wirken kann die Automatik nicht, „Stitchfehler“ kommen öfter vor als dem Fotografen lieb sein dürfte.
Es gibt diverse Motivprogramme, unter anderem ein HDR-Modus, bei dem die Kamera zwei unterschiedlich belichtete Bilder zu einem einzigem zusammenrechnet. Auch hier sind die Ergebnisse heutzutage nichts Besonderes, aktuelle Handys sind inzwischen wesentlich besser als das, was die WB750 zusammenrechnet.
Des Weiteren gibt es etliche Bildfilter, die sowohl während der Aufnahme oder auch danach auf bereits gespeicherte Fotos angewendet werden können. Außerdem gibt es Bildrahmen, die nicht die von etlichen anderen Kameras her bekannten „billigen und pixeligen“ Einblendungen von Blümchen, Feuerwehrmännern usw, sind, sondern aufwendig gestaltete Szenen zeigen.
10 Megapixel Bilder können während Videoaufzeichnung mit 1280x720 Pixeln aufgenommen werden, allerdings ist dann das Auslösergeräusch in der Videotonsur deutlich hörbar.
Serienbilder gibt es nur bei automatischer AF-Feld-Wahl, bei manueller Festlegung des zu fokussierenden Bereichs sind lediglich Einzelbilder möglich. Maximal 10 Bilder je Sekunde können bei bei verringerter Auflösung aufgenommen werden. Optional können sogar Bilder mit halb angedrückten Auslöser kontinuierlich aufgenommen werden, von denen nach vollständigem Druck die letzten 8 Aufnahmen abgespeichert werden, somit kann die Verzögerung durch den Fotografen und die Kamera umgangen werden, so daß der „gewünschte“ Moment meist „im Kasten landet“ und nicht nur die Sekundenbruchteile danach.
Die Gesichtserkennung arbeitet entweder „Normal“, d. h., mit Analyse des vom Sensor aufgenommenem Bildes. Oder aber „Intelligent“, dann analysiert die Kamera die bereits aufgenommenen Bilder und „merkt“ sich häufig vorkommende Gesichter, um diese bevorzugt zu fokussieren, z. B., wenn diese in einer Menschengruppe erkannt werden. Diese Gesichterknnung ermöglicht es auch, bei der Bildwiedergabe nur die Aufnahmen mit den „gespeicherten“ Gesichtern zu zeigen.
Zusätzlich zu Gesichtserkennung kann auch Blinzeln und Lächeln erkannt werden, so daß die Kamera nur auslöst, wenn alle abgebildeten Personen die Augen geöffnet haben oder lächeln.
„Creativ Video Maker“ erzeugt aus allen oder ausgewählten Bildern auf der Speicherkarte einen Film mit animiertem Bildwechsel inklusive Musik, die Ausgabe erfolgt nicht nur über HDMI/Video, sondern kann auch als MP4-Film auf die Karte gespeichert werden. Außerdem kann in diesem Modus „live“ mit Pausen aufgenommen werden, nach dem Stoppen und Wiederstarten des Videodrehs wird nicht eine neue Datei erzeugt, sondern in die vorhandene wird weiter aufgenommen. Allerdings ist das nur linear möglich, das Springen zurück zu einer vorhergehenden Pause ist nicht möglich.
Unter einer Kunststoffklappe sitzen die Schnittstellen, Video und USB ist eine Samsung-eigene Kombibuchse, die keiner Norm entspricht. Die Mini-HDMI-Buchse hingegen ist in etlichen anderen Kameras diverser Hersteller auch verbaut worden.
Die UVP der Samsung WB750 betrug 250 Euro. Der aktuelle Zeitwert ist auf etwa 10-80 Euro je nach Zustand und Lieferumfang gefallen. Ich erhielt das gezeigte Exemplar Ende 2024 geschenkt.
Alle Aufnahmen entstanden bei 100 ASA, gespeichert als JPEG Superfein, bearbeitet mit Photoshop CS4. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde nicht bearbeitet, es sind also fast unveränderte Bilder „Out of the Cam“. In alle Beispiele sind 100%-Ausschnitte einmontiert. Belichtungszeiten- und Brennweiten-Angaben sind in die Bilder eingefügt.
Bildrahmen
Alle Aufnahmen entstanden bei 100 ASA, nicht nachbearbeitet, es sind also unveränderte Bilder „Out of the Cam“. Die Gestaltung der Rahmen durch den Hersteller ist aufwendig, die selbst aufgenommen Bildelemente fügen sich nahtlos in das Gesamtbild ein (die Übergänge werden teilweise „weich“ eingeblendet). Allerdings ist die Bildgröße auf Full-HD-Auflösung 1920x1280 fest eingestellt, das entspricht ca. 2 Megapixeln, volle 12,5 Megapixel sind nicht möglich.
Rahmen 1 ist eine Straßenbahnhaltestelle, auf deren Werbeplakat das eigene Motiv auftaucht. Rahmen 2 ist eine Schreibtischszene mit darauflegendem Zeitungsblatt, die das Fotomotiv zeigt. Die Tastatur und die Maus sind deutlich als Apple-Geräte erkennbar, die weiße Maus mit dem Scrollknubbel oben ist die von 2005 bis 2009 hergestellte Mighty Mouse.
Rahmen 3 zeigt das eigene Foto auf dem Bildschirm eines Schwarz-Weiß-Fernsehgerätes auf einer Holzkommode mit einer 50er-Jahre-Lampe, das TV-Gerät ist für Amerika oder Japan bestimmt gewesen, es hat zwei mit Nummern gekennzeichneten Drehräder zur Kanalauswahl. Das Sepiabild mit Rahmen 4 zeigt ein Büttenrand-Fotoalbum, daneben liegt eine unkenntlich gemachte Agfa Isola für 120er Rollfilm (4x4cm Negativfläche) sowie eine zweiäugige 6x6-Rollfilmkamera, die wahrscheinlich eine Rolleiflex 3,5 T ist, bei der ebenfalls der Herstellername wegretuschiert wurde.
Es gibt noch etliche weitere Rahmen, diese sind aber für mein Gefühl nicht so gut „durchkomponiert“ wie die hier gezeigten Beispiele, z. B. Hemden auf der Leine, eine Vinyl-Bildschallplatte, auf einen Vollmond über dem Meer oder in eine Wellenaufnahme projiziertes eigenes Foto, ein in ein Grafitty auf einer Mauer eingebettetes Motiv usw.
Qualitäts- und sonstiger Eindruck
Das Gehäuse der Samsung WB750 ist komplett aus Kunststoff. Alle metallisch aussehenden Teile sind lediglich lackierter Kunststoff. Die WB-750 gab es meines Wissen nur in Schwarz, weder Silber noch andere Farben waren verfügbar.
Die WB750 läßt sich dank der gummierten Griffwulst recht gut einhändig benutzen, jedoch empfiehlt es sich bei Teleaufnahmen, die Kamera beidhändig zu stabilisieren, denn 438mm „Freihand“ sind trotz des eingebautem optischem Bildstabilisator ansonsten häufig verwackelt.
Die Kamera gehört zur Klasse der Reisezoom-Kameras mit enormem Brennweitenmunfang. Diese Sparte wurde von Panasonic mit den diversen Modellen der TZ-Linie dominiert, die WB-Modelle von Samsung waren hierzulande eher unbekanntere Exemplare dieser Klasse, die WB750 versucht darum, mit reichlich eingebauter Software zu glänzen, um über den Funktionsumfang den TZ-Kameras etwas Marktanteil wegzunehmen. Letztlich war Samsung aber nicht wirklich erfolgreich, 2015 beendete der koreanische Hersteller die Produktion aller digitalen Kameras.
Die Verzeichnung und Vignettierung werden durch den Bildprozessor vermutlich weggerechnet, bei 24mm ist die Verzeichnung nur gering vorhanden. Die Bildqualität im Zusammenspiel von Objektiv und Bildsensor wurde bereits in zeitgenössischen Tests maximal als „durchschnittlich“ bewertet, insbesondere im Weitwinkel bis Normalbereich ist der Schärfenabfall zum Rand bei 100%-Ansicht klar erkennbar, außerdem ist die Gesamtschärfe eher nicht als gut zu bezeichnen, und auch chromatische Aberationen sind durch Blauviolett hervorgehobene Hell-Dunkelkanten besonders an dem Bildrändern zu erkennen (Beispiel 1).
Die Kompression im „Superfein“-Modus ist mit ca. 1:8 immer noch zu hoch, Artefakte durch den JPEG-Algorhythmus sind bei detailreichen Fotos unübersehbar (Beispiel 5).
Das Rauschen des Sensors ist bereits bei 100 ASA in gleichfarbigen Flächen erkennbar, z. B. in blauen Himmelspartien. Bei höheren Empfindlichkeiten wird das Rauschen immer stärker, 3200 ASA sind ein reiner Notbehelf, bei dem der Kameraprozessor Details gnadenlos „wegbügelt“, das Foto sieht aus, als ob es durch den Photoshop-Malfilter nachbearbeitet worden wäre.
Fazit: eine digitalkamerahistorisch uninteressante Kamera (weil Dutzendware), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen nur geeignet, wenn unbedingt ein „Superzoom“ erforderlich ist, ansonsten sind aktuelle Smartphones der WB750 fast immer überlegen.
Christian Zahn, Januar 2025
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 16.01.2025 |
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