Evolution – in die Sackgasse?

Von links nach rechts

Widerwillen

"Orion Raumpatrouille — Der 1966 in SW ausgestrahlte Siebenteiler mit gewissem Kultstatus" lautete die Überschrift zum Blogbeitrag zur Sony Cyber-shot DSC-R1 vom 20. Dezember 2021. Gespickt mit Begriffen wie "Overkill" oder "Monster-Bridge".

Was erregte meinen Widerwillen?

Die Sony Cyber-shot DSC-R1 stellt den Abschluss meiner Reihe vergleichbarer, ungewöhnlicher Sonys dar – siehe oben. Zur R1 schreibt Boris Jakubaschk: "Man kann die R1 am ehesten in der Nachfolge der DSC-F828 sehen. Während diese mit ihrer damals extrem hohen Auflösung von 8 Megapixeln und dem recht kleinen Sensor sehr kontrovers aufgenommen wurde, gab es für die R1 in der Fachpresse fast durchgängig großes Lob. Vermutlich war der Erfolg bei den Kunden nicht ganz so groß."

Letzteres wundert mich wenig. Aus meiner heutigen Sicht konnte man sich mit dieser — Pardon — Angeber-/Protz-Sony eigentlich nur lächerlich machen. Völlig ungeachtet der inneren Sony R1-Werte, die wir natürlich listen.

Sony Cyber-shot DSC-R1 vs. Nikon D70

Neben der R1 steht als DSLR-Vertreter die Nikon D70 samt 35-105 mm Nikon AF Zoom. O.K. für einen etwas faireren Vergleich hätte es ein voluminöseres 3,5-4,5/18-70 mm AF Nikkor — 27-105 mm @KB — sein müssen Aber der Vergleich zeigt für mich das Dilemma der 2005 vorgestellten Sony. Es ist keine Frage, dass da tolle Technik drin- und ein gutes, Zeiss-gelabeltes Zoom davor steckt. Aber nie hätte ich zu diesem Zeitpunkt einen einzigen Gedanken an eine R1 verschwendet. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch im Canon EOS-Lager. Mit der 2004 präsentierten 8 Megapixel EOS 20D. Ebenfalls 2005 kam Nikon mit seiner 10 Megapixel D200.

Beim flüchtigen Hinsehen …

… erinnert diese Sony-Bridgekamera ein bisschen an eine zu klein geratene Rollfilm Analog-Mittelformat SLR wie die Mamiya 645 oder RB/RZ 67 mit Motor-/Handgriff, die in vielen Studios zuhause war. War es am Ende die von Sony oder den angepeilten, aber offensichtlich zu wenigen Käufern gewünschte Auffälligkeit, das Anders-sein?

Brennweitenerweiterung fürs fest montierte Zoom am Beispiel Olympus. Es sah schon bei der Olympus Camedia E-20P unmöglich, ja furchtbar aus …

Wie Olympus mit seiner Camedia E-10 und Camedia E-20P ging Sony bei seiner R1 den gleichen Weg mit voluminösen Objektiv-Vorsätzen. Den Frühstücksteller-großen Olympus Weitwinkelvorsatz habe ich seinerzeit für ganz wenig Geld – irgendetwas zwischen 20 und 30 Euro – und Neugier gerne an Bord genommen. Die Abbildungsleistung ist gut. Aber so eine "Lösung" für 28 mm Weitwinkel @KB?

Sony (Gebraucht-) Preise für Kamera und Zubehör

Aktuell wird die R1 für 170 bis 180 Euro beim gewerblichen Anbieter mit Rückgaberecht angeboten. Ein Betrag, den zumindest ich nie investieren würde. Boris taxiert die R1 mit 86 Euro. Was dann als Privatverkauf die 200 Euro erreicht oder übersteigt, dürfte noch chancenloser sein … Ebenso Komplettsysteme, die 0,8x und 1,7x Vorsatzobjektive samt Objektivträger und Makrovorsatz enthalten. Da helfen Prädikate wie "selten und heiß begehrte Objektive" und "hochwertig" auch nicht weiter.

Das gab es bei Sony zur R1:

  • Vorsatzoptik VCL-DEH08R x 0,8 für Weitwinkelaufnahmen
  • Vorsatzoptik VCL-DEH17R x 1,7 für Teleaufnahmen
  • Objektivträger SONY VAD-RA
  • Makrokonverter Sony VCL-M3367

Bei den ausgerufenen Preisen – der Weitwinkel- und Telekonverter wird pro Stück mit Gößenordnung 200 bis 250 Euro angeboten liegen die Teile weiter in den virtuellen Regalen. Es sind eben keine Objektive, sondern sicher gut gerechnete, aber sperrige Vorsatzlinsen. Deren Zeit längst vorüber ist … Bei der Sony R1 bekäme ich 24 mm x 0,8 = 19 mm Superweitwinkel. Nicht übel, aber mit dem Aufwand?

Was in der deutschen Sony R1 Bedienungsanleitung nicht auf Anhieb zu finden ist, hat Boris hier nachgeliefert.

Zur Sony cyber-shot DSC-R1 gibt es ein unterhaltsames Youtube-Video: „Unsung Cameras Of Yesteryear“, etwa „Unbesungene Kameras von gestern, im Sinne vergessene, nicht gewürdigte Kameras“ Produziert von Chris Nicholls zu dem Zeitpunkt noch beim kanadischen „TheCameraSTore“, heute bei Dpreview.com. Chris schrieb: „Im Jahr 2005, kurz bevor Sony die Alpha-Serie von Spiegelreflexkameras mit Wechselobjektiven startete, brachten sie eine seltsame Bridge-Kamera mit einem herausragenden Objektiv und einem riesigen APS-C-Sensor auf den Markt. Ist diese Kamera der Urgroßvater moderner spiegelloser Kameras?" Chris Nicholls hat die Sony R1 auf den Straßen von New York City mitgenommen, um es herauszufinden.

Für mich war jedenfalls schnell klar welche unbeweglichen Motive für diese Sony genau richtig wären … Zumal der Autofokus der R1 nur nach dem Kontrastverfahren arbeitet, und damit nicht gegen den Phasen-AF einer DSLR bestehen kann. Was für (schnell) bewegte Motive vorsichtig formuliert nicht ideal ist …

Auf geht's in eine vertraute Foto-Location

Beispielfotos 4 Megapixel

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Von der Ausstattung mit dem lichtstarken 2,8-4,8/24-120 mm (@KB) Zoom gibt es bei der Sony cyber-shot DSC-R1 eigentlich nichts zu meckern. Sucher und Monitor können mit 235.200/134.000 Bildpunkten gegen die moderne DSLM natürlich nicht bestehen. Aber das Erscheinungsbild der Kamera bleibt in meinen Augen furchtbar.

Die Abbildungsqualität geht in Ordnung. Weniger überzeugt hat mich die Farb- und Kontrastleistung. Da musste den Rohdateien mit Lightroom mächtig unter die Arme gegriffen werden. Sicher auch der Aufnahmesituation geschuldet. Das konnten andere  Systemkameras besser. Deren RAWs bedürfen oft keiner oder kaum Korrektur. Aufgrund der Lichtverhältnisse wurde die Sony R1 mit ISO 400 und 800 betrieben.

Ralf Jannke, Juni/Juli 2022

 

 

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