Sony NEX-3 Contax Distagon 2,8/28 und Planar 1,4/50
In diesem Erfahrungsbericht geht es um zwei etwa 30-40 Jahre alte Manuellfokusobjektive adaptiert an die spiegellose 14-Megapixel-Systemkamera mit APS-C-Sensor Sony NEX-3. Beide Objektive habe ich bereits an der Vollformatkamera Nikon Z5 getestet und für gut befunden
Beide haben das Contax/Yashica-Bajonett, das Zeiss bzw. Yashica 1974 zusammen mit der RTS eingeführt haben.
Die Objektive wurden bei Zeiss gerechnet, die Linsen anfangs in Deutschland gefertigt und in Japan montiert, später erfolgte auch die Linsenfertigung in Japan. Ab 1977 baute Yashica mit dem Contax-Bajonett auch technisch mit der RTS fast identische Kameras (FR, FR I und FR II) und Objektive, deren optischer und mechanischer Aufbau allerdings aus Kostengründen einfacher war.
Y/C-Objektive haben übrigens auf der Bajonettseite einen kleinen angeschraubten Haken oder einen abgeflachten Stift, dieser teilt der Kamera die Offenblende des Objektivs mit, da der eigentliche Blendensimulator nur eine relativen Blendenwert bezogen auf die Offenblende mitteilt.
Zeiss hielt auch das erste technisch verwertbare Patent für die Vergütung optischer Glasoberflächen, bei Brillengläsern auch als „Entspiegeln“ bezeichnet. Das Problem bei jedem Objektiv ist, daß es aus mehreren einzelnen Elementen aus Glas besteht, die das Licht in der gewünschten Richtung „brechen“, also einen geraden Strahlengang verändern. Dabei wird aber ein Teil des Lichts an jeder Glasoberfläche reflektiert, somit „verschluckt“ das Objektiv etwas Helligkeit (ca. 8% bei jeder Linse, also bei einem Vierlinser insgesamt 30%), zum anderen „vagabundieren“ die reflektierten Lichtanteile im Objektiv herum und treffen ggf. doch noch auf den Film bzw. den Sensor, aber natürlich nicht an den richtigen Stellen. Dadurch entsteht Streulicht, daß den Bildkontrast senkt oder die „Lensflares“ bzw. Lichtreflexe, die inzwischen merkwürdigerweise in von Computern erzeugten Bilder extra hinzugefügt werden, damit der Betrachter das Bild als „echter“ wahrnimmt, weil wir diese Reflexe seit Jahrzehnten kennen.
Zwar war bereits seit etwa 1850 herum durch eine Zufallsentdeckung bekannt, daß eine jahrelang den Umwelteinflüssen ausgesetzte Glasoberfläche verwittert und sich dadurch die Reflexion des Lichts verbessert, doch dieser Vorgang war nicht technisch wiederholbar. Ein erstes Patent von Taylor (der auch das Cooke-Triplet erfand) aus dem Jahr 1904 beschreibt eine Methode, die Glasoberfläche durch Säure anzuätzen, war jedoch aufgrund der nicht mehr planen Glasoberfläche technisch unbrauchbar.
Mitarbeiter von Carl Zeiss in Jena dampften um 1930 herum hauchdünne metallische Schichten im Vakuum auf die Glasoberflächen auf, deren Dicke und Brecheigenschaften exakt auf die Wellenlänge des sichtbaren Lichts abgestimmt wurde. Dann passiert etwas Wunderbares: Das auf das Glas auftreffende Licht wird zweimal reflektiert, aber genau so, daß sich die beiden Reflektionen gegenseitig auslöschen. (ähnlich, wie es heutige „Noise-Cancelling“-Kopfhörer machen, indem sie den Umgebungslärm durch entgegengesetzten präzise dosierten „Gegenschall“ auslöschen), Dieser aufgedampfte Belag wurde in der 1935 eingereichten Patentschrift als „T-Belag“ beschrieben, als Belag, der die Transmission (also Durchlässigkeit) der Glasoberfläche erhöht, weil es die Reflexion unterdrückt.
Prinzipbedingt funktioniert das nur für eine einzige Wellenlänge. Und Licht besteht aus langwelligen roten Lichtstrahlen und kurzwelligen blauen Lichtstrahlen sowie etlichen andersfarbigen Lichtanteilen dazwischen. Durch Aufdampfen mehrere Schichten übereinander auf jede Glasfläche konnte die Durchlässigkeit für alle sichtbaren Lichtanteile so gesteigert werden, daß auch Zoomobjektive mit 20 und mehr Linsen noch brauchbare Bilder erzeugen können. Zeiss nennt die Mehrschichtvergütung „T*-Belag“, oder verkürzt schlicht „T*“. Auch alle anderen Hersteller von Objektiven entwickelten eigene Mehrschichtvergütungen, denn zur Erzielung des oben beschriebenen Effekts können ganz unterschiedliche Stoffe zum Einsatz kommen und somit die Patente der Konkurrenz umgangen werden.
Zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des Objektivs gegen Umwelteinflüsse und „Putzspuren“ durch ungeeignete Putztücher wird die äußerste Linse zusätzlich mit hartversiegelnden und Wasser- sowie Fett-abweisenden Schichten vergütet. Trotzdem sollte man optische Gläser niemals mit ungeeigneten Mitteln reinigen, z. B. sind Microfasertücher für die Haushaltsreinigung völlig unbrauchbar, sie können die hauchdünnen Schichten sogar abkratzen bzw. sogar die darunterlegende Glasoberfläche beschädigen. Lediglich für die optische Reinigung zugelassene Mikrofasertücher dürfen verwendet werden. Eine Reinigung in der Waschmaschine macht sie für die Objektivreinigung unbrauchbar, also verschmutzte Microfasertücher entsorgen und neue für die teuren Gläser benutzen!
In der fotografischen Praxis können nichtvergütete, einfachvergütete und mehrschichtvergütete Objektive leicht durch Ansehen unterschieden werden. Nichtvergütetes Glas hat keine „Eigenfarbe“, es ist wie simples Fensterglas farblos und spiegelt einfallendes Licht deutlich zurück. Einfachvergütete Objektive schimmern in einer Farbe (meist leicht rötlich oder bläulich), mehrschichtvergütete Objektive schillern in wie oder mehr Farbtönen, meist grünlich-violett.
Carl Zeiss Contax Distagon 2,8 28mm T*
Das vorgestellte Objektiv wurde von Carl Zeiss Oberkochen gerechnet und Baumuster- sowie Stichproben-geprüft und von Yashica in Japan hergestellt, vermutlich im Tomioka-Werk, das Yashica 1968 gekauft hatte. „T*“ weist auf den berühmten „T-Belag“, die Zeiss-Mehrschichtvergütung hin. „Distagon“ nennt Zeiss seit 1953 Weitwinkelobjektive, seitdem wurde die Distagone ständig verbessert. Das Objektiv wurde zur Contax RTS um etwa 1975 herum vollständig neu berechnet. Es galt in zeitgenössischen Tests zusammen mit dem Elmarit-R 2,8/28mm für die Leica R als das beste 28mm-Objektiv überhaupt.
Um 1985 herum wurde es durch die gezeigte „MM“ = „Multimode“-Version ersetzt, diese ermöglicht an entsprechenden Contax-Kameras auch Blenden- und Programmautomatik, an der optischen Rechnung wurde nichts geändert, nur am Blendenmechanismus. Erkennbar sind die „MM“-Objektive an der grün gravierten Blendenzahl 22 auf dem Blendenring und der Nocke am Bajonett, anhand dessen die Kamera erkennt, daß das Objektiv ein MM-Typ ist.
Der Entfernungsring bewegt sich weder zu leicht noch zu stramm, der Einstellweg mit ist ca. 120° recht lang, die Naheinstellgrenze von 0,25 Metern ist sehr gut. Die Blende rastet stufig, es sind nur 6 Lamellen eingebaut.
Das nicht mitdrehende Filtergewinde beträgt 55mm, das Objektiv hat einen Durchmesser von 64mm, eine Baulänge ab Bajonett von 50mm und wiegt 280 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 5mm länger. Die Streulichtblende mußte separat erworben werden, der originale Frontdeckel ist ein ein Snap-In-Deckel aus Kunststoff.
Das gesamte Objektiv macht einen sehr hochwertigen Eindruck, es ist komplett aus Metall gefertigt und recht schwer. Es ist ein Retrofokus-Objektiv, da sonst das Auflagemaß von 45,5mm nicht möglich wäre und die Hinterlinse mit dem Schwingspiegel der Contax-Kameras kollidieren würde.
Beispielfotos 28mm
Das Objektiv ist am Sensor der NEX-3 und Offenblende an den Bildrändern leicht unscharf, Abblenden auf 5,6 steigert die Schärfe und den Kontrast. Abblenden auf 16 bzw. 22 führt nur zu Gesamtbildunschärfe durch Beugungseffekte. Chromatische Aberrationen halten sich auch bei Offenblende in Grenzen, die Vignettierung bei Offenblende ist nur wenig sichtbar, ab Blende 5,6 nicht mehr nennenswert. Die Verzeichnung ist recht gering.
Die MM-Version kostet heutzutage meist weit über 250 Euro, die ältere AEJ-Version (Auto Exposure Japan) ist ca. 50-75 Euro günstiger.
Carl Zeiss Contax Planar 1,4 50mm T*
Das vorgestellte Objektiv wurde von Carl Zeiss Oberkochen gerechnet und Baumuster- sowie Stichproben-geprüft und von Yashica in Japan hergestellt, vermutlich im Tomioka-Werk, das Yashica 1968 gekauft hatte. „T*“ weist auf den berühmten „T-Belag“, die Zeiss-Mehrschichtvergütung hin. „Planar“ nennt Zeiss seit 1896 6-linsige Normalobjektive mit guter (=planarer) Bildfeldebnung, seitdem wurde die Planare ständig verbessert. Das gezeigte Objektiv wurde zur Contax RTS um etwa 1975 herum vollständig neu berechnet und hat 7 Elemente. Es dient aktuell der deutschen Wikipedia als Beispiel für ein modernes Planar-Objektiv.
Hinweis: Der Zustand des gezeigten Exemplars ist nicht original, der Vorbesitzer hatte Angst, daß man ihm das Objektiv auf einer Urlaubsreise o. Ä. entwendet, darum hat er es stark getarnt: Die Riffelgummierung des Fokusrings ist durch Moosgummi ohne Struktur ersetzt, die Feet-Angaben der Entfernungsskala wurden übermalt und der Frontring mit der Gravur wurde herausgeschraubt (dafür hat er zwei Löcher eingebracht). Da der originale Frontdeckel eingeschraubt wird, hat er sich einen Griff zum leichteren Anfassen angebracht. „Dank“ all dieser Modifikationen konnte ich das Objektiv sehr preiswert erwerben.
Der Entfernungsring bewegt sich weder zu leicht noch zu stramm, der Einstellweg mit ist ca. 220° erfreulich lang, die Naheinstellgrenze von 0,45 Metern ist gut. Die Blende rastet stufig, es sind nur 6 Lamellen eingebaut, außerdem schließt die Blende von 1,4-4 nicht rund, sondern sägezahnartig, somit entsteht unruhiges Bokeh. Dieses Problem wurde erst mit der späteren Bauform behoben, diese Version trägt die Zusatzbezeichnung „MM“ = „Multimode“ mit Funktion für Programm- und Blendenautomatik an den späteren Contax-Kameras.
Das nicht mitdrehende Filtergewinde beträgt 55mm, das Objektiv hat einen Durchmesser von 65mm, eine Baulänge ab Bajonett von 41mm und wiegt 270 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 8mm länger. Die Streulichtblende mußte separat erworben werden, der originale Frontdeckel ist ein Einschraubtyp aus Metall, spätere Objektive verkaufte Yashica mit einem Snap-In-Deckel aus Kunststoff.
Das gesamte Objektiv macht einen hochwertigen Eindruck, es ist komplett aus Metall gefertigt und sehr schwer, was auch an der recht hohen Lichtstärke liegt, die große Linsen erfordert.
Beispielfotos 50mm
Das Objektiv ist am Sensor der NEX-3 und Offenblende von den Bildrändern bis zur Bildmitte relativ unscharf und insgesamt etwas flau, Abblenden auf 4-5,6 steigert die Schärfe und den Kontrast enorm. Dieses Verhalten ist für hochlichtstarke Normalobjektive der 1980er Jahre zu erwarten, die gemäßigteren Normalobjektive mit 1:1,7 bzw. 1:1,8 zeichnen bei Offenblende meist schärfer als die 1,4er-Klasse.
Das Objektiv ist heutzutage nicht mehr preiswert zu bekommen, die gezeigte Version (auch als AEJ = Auto Exposure Lens Made in Japan bezeichnet) kostet meist über 150 Euro, die erwähnte MM-Version mit der verbesserten Blendenmechanik liegt oft über 300 Euro.
Alle Beispielaufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik und Blende 5,6, gespeichert als ARW, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.
Fazit
Das 28er Distagon werde ich an der NEX-3 gerne weiterhin einsetzen (an der Z5 ist es mein Standard-28er), das 50er Planar hingegen nur, wenn ich die hohe Lichtstärke von 1:1,4 benötige, ansonsten nutze ich lieber leichtere 50mm - Objektive mit nur 1:1,7 bzw. 1:1,8 Offenblende, da sie sich in der Abbildungsleistung bei meinen üblicherweise benutzten Blenden von 5,6 und 8 vom Planar nicht unterscheiden, aber handlicher sind.
Christian Zahn
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 15.12.2021 |
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