Kodak DC20 Kurzbericht von Christian Zahn

Hier stelle ich eine sehr frühe Digitalkamera vor, sie war für viele Benutzer die erste Digitalkamera, weil sie im Vergleich zu den Mitbewerbern sehr günstig angeboten wurde. Ralf Jannke hat die Kodak DC20 ebenfalls mit einem Bericht gewürdigt.

Spezifikationen

  • Die 1996 vorgestellte Kodak DC20 ist 102 x 61 x 31 mm groß und wiegt 110 g.
  • Der 1/3“ CCD-Sensor löst maximal 493 x 373 Pixel  = 0,2 Megapixel auf. Die Empfindlichkeit ist fest (ca. 800 bis 1600 ASA). Bilder werden als RAW-Aufnahmen in den internen 1MB-Speicher gesichert.
  • Das Objektiv ist eine 1:4,0/6,5 mm Festbrennweite (ca. 47 mm @KB).
  • Das Motiv wird über einen Durchsichtssucher angepeilt, ein Display zur Bildanzeige fehlt.
  • Entfernungseinstellung entfällt, da Fixfokus
  • Belichtungssteuerung durch Vollautomatik, Belichtungszeit 1/30s bis 1/4000s.
  • kein Blitz, jedoch optionaler Zusatzblitz
  • Weißabgleich automatisch
  • ohne Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch Lithiumbatterie

Besonderheiten

  • DC20 bedeutet „Digital Camera“ Typ 20.
  • Kodak war ein Pionier der Digitalkameratechnologie, bereits 1975 entwickelte ein Kodak-Ingenieur eine der ersten Digitalkameras, sie speicherte die SW-Bilder auf eine Compact-Cassette. 1991 verkaufte Kodak die erste kommerziell erhältliche Digitalkamera, die auf der Nikon F3 basierende DC-100 mit 1,3 Megapixel-Sensor. 1996 stellte Kodak die hier gezeigte DC20 als erste wirklich preiswerte Massenkamera vor (650 DM war etwa nur halb so teuer wie die Mitbewerber, die allerdings 640x480 Pixel boten), sie wurde in der Folge etwas verbessert unter anderen Namen verkauft (teilweise mit eingebautem Blitz).
  • Die Kamera gehört in die Klasse der frühen Massen-Kompaktkameras. Kodak hat sie nur vertrieben, entwickelt und hergestellt hat sie Chinon in Japan (wobei diese Firma damals bereits ein Kodak-Tochterunternehmen war). Chinon verkaufte sie auch unter eigenem Namen als ES1000.
  • Die Stromversorgung erfolgt einer damals noch sehr teuren Lithium-Batterie CR123A. Gespeichert werden die Bilder in einem internen 1MB-Speicher als RAW-Datei. Dabei passen entweder 8 Aufnahmen mit 493x373 Pixel oder 16 Bilder mit nur 320x240 Pixeln in den Speicher.
  • Die DC20 hat keinen internen Blitz, es gab aber einen Zusatzblitz zu kaufen, in diesen steckt man die Kamera halb hinein und er wird dann von der Kamera gezündet. Er steuert sich selbst, die elektrische Verbindung ist wahrscheinlich über die Klinkenbuchse der Kamera realisiert. (Link:)
  • Die Kamera ist aus Kostengründen aus einfachsten Komponenten zusammengebaut: Vor dem Sony-Sensor aus einer Videokamera ist eine Fixfokus-Festbrennweite mit zwei Blendenstufen montiert (es wird automatisch eine Lochblende eingeschwenkt, wenn es zu hell ist). Der Verschluss ist eine Kombination aus Elektronik und Mechanik: Ein mechanischer Verschluss schützt den Sensor vor Dauerlicht, die eigentliche Belichtungszeit wird elektronisch auf dem Sensor erzeugt. Die Belichtungsmessung erfolgt durch eine Photozelle unterhalb des Suchers und es gibt kein Display zur Bildanzeige oder zu Statuszwecken. Tasten hat die DC20 nur drei: Ein- und Aus-Taster, versenkt angebrachte Löschtaste (muß mehrere Sekunden gedrückt werden, danach sind unwiderruflich ALLE Aufnehmen weg) und die Aufnahmetaste. Dann gibt es noch drei Status-LEDs (eine davon zeigt durch ihre Blinkfrequenz die Zahl der noch möglichen Aufnahmen an) und einen Durchsichtsucher sowie eine Schutzscheibe vor dem Objektiv. Und im Karton lagen zwei serielle Kabel: eines mit Stecker für PCs, das andere mit Anschluß an Macs.
  • Als Schnittstelle gibt es lediglich eine damals übliche serielle Klinkenbuchse (USB wurde erst ab etwa 2000 benutzt). Die zum Auslesen der Bilder notwendige Software läuft nur auf historischer Rechentechnik, die Mac-Version erfordert einen Rechner mit serieller Schnittstelle und klassisches MacOS; das Windows-Programm läßt sich immerhin von Win 3.1 bis Windows 98 betreiben (das funktioniert sogar virtualisiert auf aktueller Hard und-Software mit angeschlossenem USB-nach-Seriell-Adapter).
  • Die Bilder sind immer im RAW-Format im Speicher abgelegt, die Computer-Software decodiert die Sensordaten und erzeugt PICTs (Mac), BMPs (Windows) oder TIFFs. Zum Umschalten der Aufnahmegröße ist ebenfalls die Software erforderlich, sie kann die Kamera auch vom Computer auslösen und die Bilder direkt herunterladen.
  • Ich meine mich erinnern zu können, irgendwo gelesen zu haben, daß der Sensor eigentlich nur halb so viele Pixel hat und die oben genannte Auflösung durch Interpolation erzeugt wird. Oder es war so, daß er nur Halbbilder aufnimmt, weil er eigentlich für eine Videokamera gemacht wurde und die zwei Halbbilder nacheinander ausgibt, wodurch es aufgrund der Motivbewegung zu Bildartefakten kommt. Allerdings finde ich diese Information heute nicht mehr wieder.
  • Der UVP der Kodak DC20 betrug 650 DM (umgerechnet ca. 350 Euro). Ich erwarb das gezeigte Exemplar 1997 „im Ausverkauf“ für nur noch etwa 350 DM im „Bundle“ mit Kai’s Photo Goo, einer Spaß-Bildverfremdungssoftware. Laut meiner Erinnerung kosteten die Ersatzbatterien damals pro Stück 10 bis 15 DM.
  • Ich fertigte mit der DC20 die Bilder für meine damals im Internet gezeigte Computersammlung an, das war erheblich preiswerter und ging schneller, als 36 Aufnahmen auf einen Diafilm zu machen, den Film zu entwickeln und die Dias dann zu scannen.

Beispielfotos

Ich zeige einige Beispielaufnahmen, die ich vor über zwanzig Jahren zur Bebilderung meiner Computersammlung anfertigte (darum sind die Geräte freigestellt und mit einem Rahmen versehen). Aufgrund der bescheidenen Bildqualität und des mit 8 Aufnahmen extrem kleinen Speichers bin ich damals nicht zum Fotografieren mit der DC20 „draussen vor der Tür“ gewesen. Allerdings zeigen bereits diese winzigen Aufnahmen die bescheidene Bildqualität, die damals aber das Beste war, das es für so wenig Geld gab.

Aktuell neue Aufnahmen anzufertigen scheiterte leider an der Tatsache, daß ich die Kamera sehr gut weggepackt habe: ich finde sie nicht wieder…

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der Kodak DC20 ist komplett aus Kunststoff, möglicherweise sogar die Linsen des Objektivs.

Die Kamera gehört zur Klasse der frühen Amateur-Digitalkameras.

Die Bilder zeigen deutliches Rauschen und Treppen-Artefakte. Wirklich scharf sind sie nicht, stellten damals aber etwas Neues dar, da sah man über die bescheidene Qualität begeistert hinweg. Aus heutiger Sicht sind die Aufnahmen „unterste Schublade“.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch sehr interessante Kamera (sie muß in jede Sammlung!), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen vollkommen ungeeignet.

Christian Zahn, Frühjahr 2021

Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias

 

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