Nikon D300 Praxisbericht von Christian Zahn

Hier stelle ich eine semi-professionelle Nikon-Spiegelreflexkamera vor. Sie war der Nachfolger der D200 und basiert in einigen Features und Funktionen auf der D2X (die ungefähr das zweieinhalbfache kostete und ebenfalls einen 15 x 23 mm APS-C-Sensor hat, bei Nikon als DX bezeichnet. Die etwa ein Jahr später erschiene D700 ist bis auf den Sensor in weiten Teilen baugleich mit der D300.

Ralf Jannke hat die Nikon D300 hier vorgestellt:

https://www.digicammuseum.de/geschichten/erfahrungsberichte/nikon-dslr-d300/

Spezifikationen

  • Die 2007 vorgestellte Nikon D300 ist 147 x 114 x 74 mm groß und wiegt 825 g.
  • Der APS-C große CMOS-Sensor (23,6x15,8 mm) löst maximal 4288 x 2848 Pixel  = 12 Megapixel auf. Der Pixelpitch beträgt 5,5µm. Automatisch sind 200 bis 3200 ASA möglich, manuell können 100 bis 6400 ASA eingestellt werden. Videos sind nicht möglich. Bilder werden als JPEG oder NEF (RAW mit maximal 14 Bit Farbtiefe) auf CompactFlash-Karten (max. ca. 64 GB) gespeichert.
  • Das Objektiv-Bajonett ist das Nikon-AF-Bajonett
  • Das Motiv wird über einen Spiegelreflexsucher mit superheller Mattscheibe angezeigt. Zur Bildkontrolle ist ein 3“ TFT LCD Monitor mit 920.000 Subpixeln vorhanden, der auch die Menüsteuerung übernimmt. Außerdem gibt es ein beleuchtbares SW-LCD-Schulterdisplay zur Anzeige wichtiger Aufnahme- und Kameraparameter. Live-View ist möglich.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S), kontinuierlicher Autofokus (AF-C), oder manuelle Scharfstellung, Ermittlung durch Phasenkontrastsensor im Spiegelkasten, mittels teildurchlässigem Hauptspiegel und Hilfsspiegel abgegriffen. 51 Linien- bzw. Kreuzsensoren, aktives AF-Feld im Sucher dauerhaft schwarz markiert, bei Dunkelheit kurz rot aufleuchtend
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik oder manuelle Nachführmessung, 1005 Felder-3D-Matrixmessung, mittenbetont integrale oder an aktiven AF-Punkt gekoppelte Spotmessung. Belichtungszeiten 30s bis 1/8000 sek. , Belichtungskorrektur +/-5 Blenden, Selbstauslöser mit 2, 5, 10 oder 20 s Vorlaufzeit
  • ausklappbarer Blitz mit Leitzahl 12, der auch als Master für drahtlos gesteuerte Systemblitze dienen kann. Zusätzlich Norm-Blitzschuh mit TTL-Zusatzkontakten und PC-Buchse für Studioblitze
  • Weißabgleich automatisch oder manuell
  • Bildstabilisierung nicht im Gehäuse, Objektive mit eingebauter eigener Bildstabilisation werden unterstützt
  • Aufnahmefrequenz maximal 6 Bilder/Sekunde, in Verbindung mit optionalem Hochformatauslöser 8 B/sek.
  • Energieversorgung durch Lithium-Akku

Besonderheiten

  • Die Stromversorgung erfolgt durch einen Lithium-Akku EN-EL 3e. Er wird auch in etlichen anderen Nikon-dSLRs benutzt, z. B. der D200, der D80 oder der D700 (Link auf Berichte?). Die alten schwarzen EN-EL 3 Akkus aus der D70 bzw. D50 hingegen passen nicht, sie haben keinen eingebauten Speicherchip und eine etwas andere Form.
  • Unter die Kamera kann ein auch an der D700 benutzbarer Batteriegriff mit Hochformatauslöser MB-D10 geschraubt werden. In Ihm können entweder zwei Akkus oder sechs Mignon-Zellen Platz finden. Außerdem hat er ein weiteres Daumenrad und Steuerkreuz.
  • Auch die Kamera selbst hat viele Tasten und Bedienelemente, so finden sich z. B. sowohl ein vorderes Fingerrad als auch ein hinteres Daumenrad und zwei frontseitige, frei belegbare Funktionstasten und ein ausführliches beleuchtbares Schulterdisplay zur Kameraparameter-Anzeige..
  • Der im EN-EL 3e eingebaute Chip gibt auch eine Aussage über dessen Allgemeinzustand (Skala von 0 bis 4, wobei 0 „Neu“ bedeutet und 4 „Akku nicht mehr benutzbar“). Im Laufe der Alterung sowie durch jedes Laden und Entladen sinkt bekanntlich die Kapazität von Lithium-Akkus, die Statusanzeige des im Akku eingebauten Ladecontrollers soll das widerspiegeln.
  • Im Sucher befindet sich unterhalb der eigentlichen Mattscheibe eine grün hinterleuchtete LCD-Anzeige. Dort finden sich Angaben zu Blitz, Belichtungszeit, ASA-Wert, Blende, Lichtwaage, etliche Bildparameter, Fokuskontrolle uvm.
  • Die Mattscheibe ist sehr hell, sie wird komplett von einer vollflächigen LCD-Folie bedeckt, mit deren Hilfe der oder die aktiven AF-Felder dauerhaft schwarz markiert werden (und bei Dunkelheit sogar kurz rot aufleuchten). Auch bei ausgeschalteter Kamera benötigt diese Folie immer etwas Akkustrom, ohne eingesetzten Akku dunkelt der Sucher insgesamt stark ab.
  • Auf Wunsch kann im Sucher auch ein Gitterlinien-Netz eingeblendet werden, ideal zum Gerade-Ausrichten der Kamera bei Architektur-Fotos.
  • Die Kamera hat ein „echtes“ und darum helles Pentaprisma, Das Sucherbild ist geringfügig größer als bei der Vorgängerin D200. Das Okular hat eine Dioptrienkorrektur, die Bildfeldabdeckung des Suchers beträgt 100%.
  • Die Speicherung erfolgt auf CompactFlash-Karten bis ca. 64 GB. Die genaue maximale Kartengröße ist mir nicht bekannt, mit 32 GB-Karten habe ich die D300 erfolgreich betrieben.
  • Der Gehäuseblitz ist fest eingebaut, er klappt nach Druck auf eine Entriegelungstaste nach oben heraus und muß auch manuell wieder eingeklappt werden. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt TTL mittels Vorblitzen. Der Gehäuseblitz kann zum drahtlosen Ansteuern von Systemblitzen benutzt werden, vor der eigentlichen Auslösung werden dann codierte Blitzabfolgen ausgesendet, die die im Raum verteilten Blitzgeräte auswerten und sich entsprechend den Anweisungen der Kamera verhalten.
  • Die Vorblitze werden bei geschlossener Blende, aber noch mit heruntergeklapptem Spiegel ausgesendet, weil der Blitzsensor neben den AF-Sensoren im Spiegelkastenboden angebracht ist. Man kann die Vorblitze darum im Sucher sehen.
  • Das Bajonett nimmt fast alle Nikon-Objektive auf, allerdings kann der Blendenmitnehmer nicht abgeklappt werden, darum passen ganz alte Non-Ai-Objektive nicht. Mit manuellen Ai- und Ai-S-Objektiven ist sowohl Fokuskontrolle als auch Belichtungsmessung inkl. Zeitautomatik möglich. Im Kameramenü kann dazu Brennweite und Offenblende des benutzten Objektivs eingestellt werden, dann schreibt die Kamera diese Werte auch in die EXIFs und steuert den Zoomreflektor eines Aufsteckblitzes passend an.
  • AF-Objektive ohne eingebauten Motor werden unterstützt, da ein AF-Motor in der D700 eingebaut ist. AF-S-Objektive mit eingebautem Motor können ebenfalls benutzt werden, AF-G-Objektive ohne Blendenring auch, die neuen AF-P-Objektive mit Pulsmotor und elektrisch angetriebener Blende können jedoch nicht verwendet werden. Objektive mit eingebautem Bildstabilisator (VR) funktionieren. E-Nikkore mit elektrisch betätigter Blende (z. B. einige Tilt-Shift-Objektive) können benutzt werden.
  • An den 10-poligen Zubehör-Anschluß wird nicht nur ein optionaler elektrischer Fernauslöser angeschlossen, sondern es kann auch ein GPS-Empfänger damit verbunden werden. Der originale Nikon GP-1 kostete etwa 250 Euro, ein fast völlig baugleiches Teil von Phottix nur die Hälfte. Wer schon einen GPS-Empfänger mit serieller Computerschnittstelle hatte, konnte von Nikon auch ein Adapterkabel 10polig-auf-Seriell erwerben, dann wurde die Sache aber aufgrund des Kabelgewirrs sehr unhandlich.

Mit montiertem GPS-Empfänger werden weitere Einträge im D300-Systemmenu freigeschaltet:

  • Da der Empfänger nur mit Strom versorgt wird, solange die serielle Schnittstelle der Kamera eingeschaltet ist, kann das Standby der Kamera optional abgeschaltet werden. Daraus resultiert natürlich kürzere Akkulaufzeit, da bei einer Wanderung dann die Kamera die ganze Zeit nicht in Standby geht.
  • Im Menu kann man den GPS-Status sowie die Position sowie aktuelle Höhe über dem Meeresspiegel ablesen und die Zahl der empfangenen Satelliten ablesen.
  • Bei jeder Aufnahme wird die aktuelle GPS-Position und Höhe in die EXIFs der Bilder geschrieben.
  • Der Tiefpaßfilter vor dem Sensor kann per Menu oder automatisiert bei jedem Einschalten in hochfrequente Schwingungen versetzt werden, um evtl. anhaftenden Staub abschütteln zu können.
  • Das Display kann weder gedreht noch geschwenkt werden. Das eigentliche Display ist durch eine Kratzschutzscheibe vor mechanischer Beschädigung geschützt. Weil eine dSLR aber bei Wanderungen die ganze Zeit vor dem Körper herumhängt und dabei mehr oder minder heftig Kontakt zu Jackenknöpfen oder Ähnlichem hat, legte Nikon eine weitere Kunststoff-Schutzscheibe bei, die einfach aufgeklipst wurde. War diese dann verkratzt, kaufte man einfach eine Neue. Alternativ kann man auch eine Schutzscheibe aus gehärtetem Glas aufkleben, die die Zubehörindustrie in passenden Größen im Angebot hat.
  • Alle Schnittstellen sind hinter unverlierbaren Abdeckungen verborgen, die meisten Buchsen entsprechen der jeweiligen Norm, so daß keine Spezialkabel erforderlich sind. Nur der Anschluß für das Netzteil und den Fernauslöser erfordern ein Spezialkabel, das Nikon aber für viele Jahre unverändert in etliche Kameras einbaute.
  • Die Kamera wurde aus Kostengründen nicht im japanischen Nikon-Kamerawerk hergestellt, sondern stammt aus der thailändischen Nikon-Fabrik.
  • Die NEF-Dateien enthalten etwas mehr Pixel, als die meisten Konverter ausgeben, um Reservepixel des Randbereichs zur Korrektur der Objektiv-Verzeichnung nutzen zu können. Freie Konverter geben bis zu 4320 x 2868 Pixeln aus. Im Gegensatz zu den älteren Nikon-dSLRs ist der Sensor ist kein CCD mehr, sondern ein CMOS (darum gibt es auch zwei Live-View-Modi). Die NEFs können unkomprimiert, verlustfrei komprimiert oder leicht verlustbehaftet komprimiert gespeichert werden, die Bit-Anzahl kann zwischen 12 und 14 Bit je Farbe umgeschaltet werden. Beim Einschalten der 14-Bit-Tiefe wird die D300 merklich langsamer, nicht nur das Schreiben der Dateien dauert länger, auch die Auslöseverzögerung wird länger.
  • Die Kamera schreibt viele interessante Details in den MakerNotes-Teil der EXIFs, ich zähle hier nicht alle auf:
  • den Weißabgleich, die Belichtungskorrektur, die Kamera-Seriennummer, den VR-Status, alle Bildparameter, die Zahl der Verschlußauslösungen, den Objektivnamen, die RAW-Kompressionsart, die wahre Blende und Brennweite des Objektivs (interessant vor allem bei „langem“ und „kurzem“ Ende von Zooms und bei Festbrennweiten), Daten der Blitzsteuerung inkl. allen Parametern der drahtlosen Blitzsteuerung, die Pixelgröße in µm, viele Einstell-Parameter wie Gitterlinieneinblendung, Werte der externen Blitzsteuerung (Kanal, Gruppen, Belichtungsart, Belichtungskorrektur) uvm.
  • Daten zur Korrektur der Objektivfehler wie Vignettierung, chromatischen Aberrationen oder der Verzeichnung sind nicht in den EXIFs der RAWs enthalten, alle RAW-Konverter auf dem Computer haben dazu ihre eigene Datenbank.
  • Der Verschluss der D300 ist von Nikon auf 150.000 Auslösungen ausgelegt, jedoch gibt es Berichte über Kameras mit 500.000 und mehr Auslösungen. Die Kamera ist gegen Staub und Spritzwasser umfangreich abgedichtet, aber nicht tauchfähig. Auch muß darauf geachtet werden, daß das Zubehör (Objektive, Blitzgeräte usw.) nicht gegen Spritzwasser abgedichtet ist.
  • Der UVP der Nikon D300 betrug 1829 Euro. Ich erwarb mein Exemplar im Herbst 2019 für ca. 150 Euro zusammen mit einem Batteriegriff (nicht original, aber eine sehr gute „Kopie“) und einem 1:1,8/50mm Yongnou AF-S - Objektiv (eine recht dreiste „Kopie“ des entsprechenden Nikkors, das ich bereits vorgestellt habe). Der Vorbesitzer hatte lediglich ca. 13.000 Auslösungen gemacht.

D300s

2009 erschien mit der D300s eine verbesserte Version. Das neue Modell bekam folgende Änderungen: höhere Serienbildrate von 7 B/s, einen Video-Modus mit 1280 x 720 Pixeln und einen Doppelkartenschacht, der je eine CompactFlash- und eine SDHC-Karte gleichzeitig aufnehmen kann. Aus Platzgründen können die dickeren CF-II-Karten (z. B. Microdrive oder Adapter SDHC-auf-CF) nicht mehr benutzt werden.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden bei 200 ASA, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture, bearbeitet mit mit Photoshop CS6. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde bearbeitet. Da die Bildqualität stark von den verwendeten Objektiven abhängt, habe ich auf Bildparameter-Angaben verzichtet.

​​​​​​​Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der Nikon D300 ist aus innerem Metall (eine leichte und dennoch stabile Magnesium-Legierung) mit Kunststoff-Hülle und teilweise mit gummiartiger Kunststoff-Belederung überzogen. Das dafür verwendete Material neigt dazu, im Laufe der Zeit klebrig zu werden, da gewisse bei der Herstellung verwendete Substanzen ausdiffundieren. Dieser Vorgang ist unumkehrbar, die Belederung schrumpft dabei etwas (oder wird teilweise auch größer) und löst sich ab.

Auch der originale Batteriegriff ist aus Magnesium mit Kunststoff-Überzug, der abgebildete Nachbau hingegen bis auf das Stativgewinde vollständig aus Kunststoff, dafür aber erheblich leichter.

  • Die Handhabung sowie die Menüstruktur erscheint Nikon-Fotografen sofort vertraut, auch wenn es ausufernd ist, weil die Kamera sehr umfangreich einstellbar ist.
  • Wenn die Kamera sich „zäh“ anfühlt und nicht schnell auf den Auslöserdruck reagiert: Dann wird im RAW-Modus mit 14-Bit Farbtiefe fotografiert. Zurückschalten auf 12 Bit macht die Kamera sofort erheblich schneller und „lebendiger“.

Die Kamera gehört zur Klasse der digitalen Semiprofi-Spiegelreflexkameras mit APS-C-Sensor. Die Kamera-interne „JPEG-Engine“ ist ziemlich gut. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß Nikon wie in fast allen anderen seiner digitalen Spiegelreflexkameras mit dem Schärfen der JPEGs sehr zurückhaltend ist, „knackig“ scharfe Bilder erfordern Bildparameter-Einstellungen, die von den Defaultwerten abweichen. Eine automatische Korrektur von „abgesoffenen“ Schatten und „ausbrennenden“ hellen Stellen kann zugeschaltet werden, diese Funktion heißt bei Nikon „D-Lighting“. Man kann diese Funktion sogar nachträglich auf bereits gemachte Aufnahmen anwenden.

Der Sensor schlägt sich bis 800 ASA recht gut. 1600 ASA sind noch erträglich, 3200 bzw. 6400 ASA (von Nikon als „Hi“ bezeichnet und nicht in die genormte Stelle der EXIFs eingetragen, sondern nur in die MakerNotes) hingegen sollten wenig benutzt werden. Die Farben werden gut wiedergegeben.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch eher uninteressante Kamera (weil eine von vielen Nikon-dSLRs), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen gut geeignet. Auch die JPEGs sind brauchbar, man muß nicht unbedingt in RAW fotografieren.

Christian Zahn, Februar 2021

Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias

 

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