Polaroid X530, die erste und einzige Konsumer-Digitalkamera mit Foveon Dreischicht Bildsensor

Eine unterklassige Kamera des Erfinders der Sofortbildfotografie – Polaroid?

Außer dem Namen hat die X530 nichts mit Polaroid zu tun! Als sicher (weitgehend) selbst produzierte Polaroidkameras gelten für mich nur die Modelle der PDC-2000/3000 Linie. Alles danach war im Auftrag fremdgefertigte OEM-Ware.

Hinter der Polaroid X530 steht neben einem technischen Alleinstellungsmerkmal aber noch eine interessante Geschichte. Nach AGFAs Niedergang wurden unter dem Namen AGFA weitere Kameras fremdproduziert und vertrieben. Unter anderem von der „Plawa-Feinwerktechnik GmbH & Co. KG aus Uhingen (Süddeutschland)“. Plawa hatte sich auch die Polaroid-Digitalkamera Vertriebsrechte für den deutschsprachigen Raum sowie weitere europäische Länder gesichert. Sogar mit Unterstützung durch den “Polaroid-Creative Director“, die US-Sängerin Lady Gaga... Plawas Insolvenz hat dem Ganzen 2014 ein Ende bereitet.

Nichts desto trotz existiert die Plawa-Internetseite bis heute (Stand Ende 2016), und dort ist die Polaroid X530 in allen Details mit Fotos und technischen Angaben sowie runterladbaren PDF-Prospekten gelistet. Ein Blick/Klick lohnt immer!

Was macht die Polaroid X530 denn nun so interessant?

Die X530 ist die erste und einzige Konsumerkamera der Welt, in der ein Foveon-Sensor für die Bildaufnahme zuständig ist! Die Polaroid X530 wurde im Februar 2004 auf der cebit vorgestellt. Die Markteinführung verschob sich allerdings bis in den August 2004. Eine ausführliche Beschreibung des Foveon-Sensors, seiner Technik, der „Mogelauflösung“ finden Sie auch in der hier schon vorgestellten Sigma SD9 DSLR, die ebenfalls mit dem Foveon-Sensor ausgerüstet ist. Die Sigma SD9 war 2002 die erste Digitalkamera der Welt, die mit einem Foveon CMOS-Bildsensor ausgerüstet ist.

Technische Daten der Polaroid X530

Die Polaroid X530 wurde im Februar 2004 auf der cebit vorgestellt. Die Markteinführung verschob sich allerdings bis ins Jahr 2005.

Beschreibung des Foveon 1/1.8" X3 Image Sensors (englisch)

Dpreview-Vorstellung (englisch) Polaroid x530 with Foveon X3 sensor

Polaroid kündigt die Verfügbarkeit der X530 an (englisch)

Rückruf der Polaroid X530 (englisch)

Die X530 ist 105 x 71 x 61 mm groß und wiegt 300 g. 

Der 7,2 x 5,3 mm 1/1,8" Foveon X3® Direct Image Sensor (FO18-50-F19 X3) der Polaroid X530 löst je Farbe Rot, Grün und Blau 1440 x 1080 Pixel = 1,5 MP auf. Der Pixel-/Photodiodenabstand (Pixelpitch) liegt mit 2,9 µm nur wenig unter dem von der Organisation 6mpixel.org als kritisch erachteten Wert von 3 µm. Die Empfindlichkeit des Foveon-Sensor lässt sich von ISO 100 auf 200 oder 400 verstärken. Die Pixelzahl mit dem Faktor 3 (=3 Farben) multipliziert, ergibt 4,5 MP, was nicht gelogen ist. 

Dennoch gibt die Netto-Pixelzahl die Auflösung vor, wenn es ans Drucken oder Belichten auf Papier geht. Alles andere über 1,5 MP ist interpoliert. Laut Foveon-Philosophie soll die Daten-Qualität aber so gut sein, dass die Netto-Auflösung von 1,5 MP der 4,5 MP Auflösung eines herkömmlichen Bildsensors entsprechen soll. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Ein Faktor 2, was dann 3 MP entspricht, dürfte für den Foveon-Sensor, bzw. die damit bestückte Kamera realistisch sein. Im Fall der Polaroid X530 also 3 MP, bei der Sigma SD9 Größenordnung 5 Megapixel... 

Soweit die Theorie. Im komprimierten JPEG-Format bietet die X530 diese Auflösungen:

2432 x 1824 Pixel = 4,5 MP, 2048 x 1536 Pixel = 3 MP, 1408 x 1056 Pixel = 1,5 MP, 640 x 480 Pixel = 0,3 MP (VGA) und das Rohdatenformat *.XF3. Daraus können über die Foveon-Software extern (also über den Rechner) 4,5, 1,5 und 0,3 MP generiert werden. Die X530 kann Videos mit 640 x 480p (VGA) mit 30 B/s im AVI-Format aufnehmen. Gespeichert wird das Ganze auf SD-Speicherkarte bis 1 GB Fassungsvolumen. 137 Fotos im XF3-Rohformat passen auf die 1 GB SD-Karte. Eine 2 GB SD-Karte verweigert die Polaroid X530.

Das 10-linsige Objektiv hat folgende Daten: 2,6-9,9/7,3-21,9 mm (36-105 mm @ KB) 3,1-fach Zoom. Die Entfernung wird per Autofokus gesteuert, Makro Mode ab 1cm. Das Motiv wird über einen optischen Sucher oder per Liveview über den Monitor erfasst. Die Menüsteuerung erfolgt selbstverständlich auch über den 2.0“ LTPS-LCD.

Mittenbetonte Integral-, Matrix/Mehrfeld- oder Spotbelichtungsmessung. Belichtungssteuerung per Programmautomatik, Belichtungszeiten bis 1/1.000 s.

Belichtungskorrektur +/- 2 EV in 1/3 EV-Schritten. Motivautomatiken Landschaft, Nachtaufnahme, Porträt, Sport/Action. Eingebauter Blitz mit maximal 3,0 m Reichweite. Blitzfunktionen: An/aus, Automatik, Rote-Augen-Reduktion. Weißabgleich: Automatik, Wolken, Sonne, Leuchtstofflampe, Glühlampenlicht. Stromversorgung Lithium Ion Akku oder Netzteil mit Ladefunktion (enthalten)

Mogelpackung?

Die der Polaroid X530 beiliegende Foveonsensor-Rohdatenentwicklungs-Software gestattet den Export in den Größen "Groß (für Drucke)" 4,5 MP, "Mittel (optimal)" 1,5 MP und "Klein (für email)" 0,5 MP. Mit der aktuellen Foveon-Software Sigma PhotoPro 6.5 werden die Polaroid XF3-Dateien angezeigt, sie lassen sich aber nicht öffnen!

Das Ergebnis war aus meiner Erfahrung vorhersehbar:

Zur Verdeutlichung (oben) in 2:1/200 Monitorwiedergabe, aber auch bei 1:1/100 Prozent Monitorwiedergabe nicht zu übersehen, die Treppenstufen der von der Foveon-Software von 1,5 auf 4,5 MP hochskalierte (interpolierte) Aufnahme. Sicher kann man das drucken oder belichten lassen, aber echte 4,5 MP habe keine derartigen Treppenstufen! Selbst in der rechts daneben stehenden 1,5 MP Aufnahme in 1:1/100 Prozent Monitorwiedergabe sind im Original gewisse Treppenstufen zu erkennen.

Polaroid X530 bei 1,5 MP Auflösung

Die Fotos wurden uns freundlicherweise von unserem Leser "fovefan" zur Verfügung gestellt. Sie wurden mit der Polaroid X530 aufgenommen und aus dem XF3-Rohformat mit Sigma PhotoPro 5.5 (die Blumenfotos) und Sigma PhotoPro 4.2 entwickelt. Die Auflösung wurde bei 1.420 x 1.060 Pixel belassen. Bitte auf die Fotos klicken/tippen.

Mehr Megapixel

Nach dem ersten weniger erfolgreichen Versuch ein weiterer Test mit der Original-Polaroid/Foveon-Software PhotoLab. Aus den 1.440 x 1.080 Pixel = 1,5 MP Bildern errechnete (interpolierte) PhotoLab 2.432 x 1.824 Pixel = 4,5 MP. Die Bilder wurden bei bestem Sommerwetter in der schwedischen Kleinstadt Ronneby aufgenommen. Gespeichert in der Polaroid X530 wurde im *.xf3 Rohdaten-Format. Entwickelt wurde mit Polaroid PhotoLab 1.0, das unter Windows XP gestartet wurde. Windows läuft bei mir auf der virtuellen Festplatte, installiert von VirtualBox unter Mac OS 10.12. 

Screenshot der Polaroid/Foveon-Software PhotoLab 1.0

Rundgang mit der Polaroid X530, Fotos in voller Auflösung 4,5 Megapixel

Noch bevor der Knipsrundgang beendet war, begann die Polaroid X530 zu mucken. Zu Hause war ich mir nicht mehr so sicher, ob es sich dabei um zunehmende Kameracomputerabstürze oder nur miserable Kontakte im irgendwie klebenden Auslöser und der Zoomwippe handelte. Ein Spritzer kombinierter Kontakt-/Kriechöl scheint das Ganze behoben zu haben. Aber große Lust auf einen weiteren Rundgang mit der Polaroid verspüre ich keine. Aber die X530 bleibt eine interessante Sammelkamera. Ich halte die Bildqualität sicher nicht für überragend, aber mindestens gut.

Ralf Jannke Juli/August 2017

Kommentare (1)

  • sharpals
    sharpals
    am 28.07.2020
    Ja ich habe mit dieser kamera auch bilder gemacht. Das problem war ja, das sie eine unfertige firmware hatte und alle einstellungen vergessen hatte, nachde, sie neu gestartet wurde. Manche hatten ein fehljustiertes objektiv. Die bilder waren entweder eine katastrophe , oder TOP.

    Aber zum tema treppenstufen: Eigendlich ist das logisch, der sensor nimmt 3 pixelgenaue bilder übereinander auf. Es ist also kein tiefpassfilter notwendig/vorhanden. Die optik scheint die 1,5Megapixel auch aufzulösen.

    Im endeffekt habe ich also wirklich pixel im bild, die sich klar voneinader abgrenzen. Einen anti aliasingfilter habe ich nicht feststellen können.

    Anders sieht es ja beim Bayer-Sensor aus, dort werden zwischenwerte ja interpoliert und ein tiefpass ist ja schon nötig, um die bildstörungen zu reduzieren.

Neue Antwort auf Kommentar schreiben