Sony DSC-H9 – Praxisbeitrag von Christian Zahn

Spezifikation

  • Die 2007 vorgestellte Sony DSC-H9 ist 110 x 84 x 86 mm groß und wiegt ohne Akkus und Speicherkarte 410 g.
  • Der 1/2,5“ 5,8x4,3mm CMOS-Sensor mit Pixelpitch 1,8µm löst maximal 3264 x 2448 Pixel  = 8 Megapixel auf. Mit der ISO-Automatik oder manuell sind 80 bis 3200 ASA einstellbar. Videos sind mit 640x480 Pixeln möglich. Bilder werden als JPEG auf MemoryStick Duo Pro (max. 32 GB) gespeichert.
  • Das Motiv wird über einen Videosucher (0,2“, 200.000 Subpixel mit Dioptrienkorrektur) angezeigt. Zur Bildkontrolle ist ein klappbarer 3“ TFT LCD Monitor mit 230.400 Subpixeln vorhanden, der auch die Menüsteuerung übernimmt.
  • Das Objektiv ist ein 5,2-78mm/1:2,7-4,5 (24-720 mm @KB) 15-fach Carl Zeiss Vario Tessar Zoom
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S) oder kontinuierlicher Autofokus (AF-C), Ermittlung durch Kontrasterkennung des Bildsensors
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik oder manuellen Modus sowie diverse Motivprogrammen. 49-Zonen-Matrixmessung, mittenbetonte Integralmessung oder Spotmessung. Belichtungszeiten 1s bis 1/6000 sek., manuell bis 30sek., Selbstauslöser mit 10 s Vorlaufzeit
  • elektrisch ausklappender Blitz mit ca. Leitzahl 10 und den üblichen Funktionen: Ein/Aus, Automatik, Langzeitsynchronisation, Rote-Augen-Reduktion
  • Weißabgleich automatisch oder manuell mit diversen Vorwahlen wie Sonne, Wolken, Glühlampenlicht usw.
  • optische Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch Lithium-Akku

Besonderheiten

DSC bedeutet Digital Still Camera. Super Steady Shot steht bei Sony für einen optischen Bildstabilisator; bei anderen Sony-Kameras steht „Steady Shot“ (ohne Super) für die ISO-Automatik gegen Verwackeln.

Die Bridgekamera hat ein damals durchaus rekordverdächtiges Superzoom-Objektiv, das KB-äquivalent von 31 bis 465 mm reicht. Da es am langen Ende für die Brennweite noch recht lichtstark ist (1:4,5), ist die eingebaute Bildstabilisation meist ausreichend, um freihand ein unverwackeltes Bild zu ermöglichen.

Das Objektiv wird elektrisch angetrieben über eine von Kompaktkameras her bekannte Zoomwippe betätigt. Die enorm große blütenförmige Streulichtblende mußte extra erworben werden, in ihr kann ein Filter mit M78 montiert werden. Um das Objektiv ist ein Gewinde M57 vorhanden, daß aber nur zum Einschrauben der Streulichtblende dienen kann, da es nicht mit ausfährt und eine sehr ungewöhnliche Abmessung aufweist.

Ob das Objektiv stark verzeichnet und vignettiert, ist nicht ermittelbar, da es keine optionale Aufzeichnung im RAW-Format gibt. Das Sucherbild und die JPEGs dürften durch den Kameraprozessor korrigiert sein, lediglich die chromatische Aberration wird nicht komplett weggerechnet.

Das Objektiv trägt die Bezeichnung „Carl Zeiss Vario Tessar“, hat allerdings mit dem klassischen vierlinsigem Normalobjektiv nur den Namen gemeinsam. In wie weit Zeiss Oberkochen an der Entwicklung und Fertigung beteiligt war oder „nur“ die Erlaubnis gab, den guten Namen auf das Objektiv drucken zu dürfen, ist mir nicht bekannt.

Die Stromversorgung erfolgt mit dem bei Sony in vielen anderen Kameras eingesetzten Lithium-Akku NP-BG1. Im Akkufach wird auch der MemoryStick Duo Pro eingesetzt. Diese nur von Sony eingesetzten Flash-Speicherkarten waren teurer, langsamer und mit geringerer Kapazität als die weit verbreiteten SD-Karten; so daß um 2010 herum Sony dieses Kartenformat zunächst durch Dual-Card-Slots unterstütze (z. B.: im Kartenfach der 2010 erschienenen CyberShot DSC-S2000 können SD/SDHC-Karten und MemorySticks eingesetzt werden) und später ganz fallenließ.

Der Gehäuseblitz mit TTL-Vorblitztechnik klappt elektrisch gesteuert aus. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt mittels Vorblitz.

Das Kameradisplay kann nach oben und nach unten geklappt werden.

Die Umschaltung zwischen elektronischem Sucher und Monitor erfolgt rein manuell.

Die Kamera beherrscht Infrarot-Nachtaufnahmen. Durch Bewegen eines Schiebers wird der IR-Sperrfilter vor dem Objektiv ausgeschwenkt, eine helle IR-LED eingeschaltet und die Aufnahmeparameter dem Modus angepaßt (höhere ASA-Einstellung, usw). 

Es gab von der H-Serie etliche Vorgänger und Nachfolger mit unterschiedlichen Sensorauflösungen, Objektiven und Gehäuseformen.

Die UVP der HS10 betrug ca. 500 Euro. Der heutige Gebrauchtpreis liegt bei etwa 25-75 Euro je nach Zustand und Lieferumfang.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden bei 100 ASA, gespeichert als JPEG, bearbeitet mit Photoshop CS6. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In einige Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.

Die Verzeichnung des Objektivs wird vermutlich bereits im Sucher größtenteils weggerechnet, die in der Kamera erzeugten JPEGs sind ebenfalls korrigiert. Auch die vermutlich korrigierte Vignettierung bei Offenblende ist gering, lediglich die chromatischen Aberrationen sind insbesondere bei Weitwinkelaufnahmen deutlich sichtbar.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der H9 ist ein gehobenes Einsteigermodell, es besteht komplett aus Kunststoff, nur das Stativgewinde ist sichtbar aus Metall. Die verwendeten Materialien sind jedoch nach über 10 Jahren gut erhalten, der berüchtigte „Gummiauflagenschwund“ oder das „Verkleistern“ aufgespritzter Gummierungen anderer Kamerahersteller ist (zumindest bei meinem Exemplar) bislang nicht aufgetreten.

Die Kamera gehört zur Klasse der „Bridgekameras“, die eine Brücke schlagen sollen zwischen der einfachen Kompaktkamera und der anspruchsvolleren System- bzw. Spiegelreflexkamera. 

Das Zoomen ist durch die Zoomwippe leider nur recht unpräzise durchführbar. Der Sensor neigte an den Aufnahmetagen nicht zum „Ausbrennen“ der hellen Stellen, allerdings war es auch kein Hochsommertag mit Extremkontrasten. Allerdings kenne ich Sensoren anderer Kameras, die bereits an gedeckten Tagen keinerlei Himmelszeichnung mehr haben.

Der Sucher löst mit 200.000 Subpixeln (ca. 300 x 220 effektive Pixel) schlecht auf, das Motiv ist erkennbar, eine Schärfebeurteilung ist jedoch kaum möglich.

Der Einsatz eines Polfilters ist aufgrund der enormen notwendigen und recht ungewöhnlichen Größe (M78) teuer. Auch ist der recht weite Abstand des Filters von der Objektivfrontlinse schlecht, da dann das Filterglas in der Weitwinkelstellung des Objektives schon fast im Bereich der Schärfentiefe liegt.

Der Vorteil der Streulichtblendenkonstruktion ist jedoch, daß ihr Gewicht nicht am filigranen Objektivtubus nach unten zerrt, sondern durch den um das Objektiv liegenden Ring abgefangen wird.  

Die Bildqualität ist aufgrund des „Zwergensensors“ und des Superzooms heutzutage nicht als wirklich gut zu bezeichnen, bei höheren ASA-Zahlen verlieren die JPEGs der Kamera durch den Entrausch-Algorithmus deutlich an Zeichnung.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch interessante Kamera (weil frühes Superzoom und IR-NightShot), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen nur bei niedrigster ASA-Stufe geeignet.

Christian Zahn, Herbst 2020

Christian Zahn betreibt auch die eigene Internetseite „Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie“.

Dort werden unter anderem (Analog-) Kameras von AGFA bis Zeiss vorgestellt.

 

Kommentare (1)

  • Robert
    Robert
    am 20.04.2023
    Hatte mir die Kamera damals wegen der hohen (schnellen) Serienaufnahmen gekauft. Toll fand ich auch die die Variabilität des Monitors . Damit konnte man auch gut Überkopfaufnahmen machen.

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