Minolta DiMAGE V

Hier stelle ich eine der ganz frühen Digitalkameras vor, sie war die erste, bei der Sensor-/Objektiveinheit und Bedienteil-/Speicher-/Anzeige-Einheit von einander getrennt waren und gegeneinander verdreht werden konnten. Ralf Jannke hat die Minolta DiMAGE V zusammen mit der Apple QuickTake 200 vorgestellt. Boris zeigt die DiMAGE V hier.

Spezifikationen

  • Die 1996 vorgestellte Dimage V ist 133 x 71 x 36 mm groß und wiegt 335 g.
  • Der 1/3“ 4,7 x 3,6 mm große CCD-Sensor (Pixelpitch 7,5 µm) löst maximal 640 x 480 Bildpunkte = 0,3 Megapixel auf. Die Empfindlichkeit beträgt 160 ASA und ist nicht veränderbar. Videos sind nicht möglich. Bilder werden als JPEG auf SmartMedia-Karten (2 oder 4 MB, 5 Volt) gespeichert.
  • Das Motiv wird über einen 1,8“ TFT LCD Monitor mit 71.000 Subpixeln angezeigt, der auch die Menüsteuerung übernimmt.
  • Das Objektiv ist ein 4,8-13mm/1:5-5,6 (38-92 mm @KB) Zoom
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S)
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik oder Vollautomatik. Kombinierter elektronischer und mechanischer Verschluss mit 30 s bis 1/10.000 s. Belichtungsmessung Matrixmessung. Selbstauslöser mit 10 s Vorlaufzeit
  • Blitz mit ca. Leitzahl 8 und den üblichen Funktionen: Ein/Aus, Automatik, Langzeitsynchronisation, Rote-Augen-Reduktion
  • Weißabgleich manuell oder automatisch mit diversen Vorwahlen wie Sonne, Wolken, Glühlampenlicht usw.
  • keine Bildstabilisierung
  • Energieversorgung über 4 Mignonzellen

Besonderheiten

Die Dimage V war die erste Kamera des Weltmarktes, bei der Objektiv und Sensor einerseits und der restliche Kamerakörper einerseits zum einen gegeneinander verdreht werden kann und andererseits beide Teile voneinander getrennt und mit Hilfe eines ca. 1 Meter langen Spezialkabels verbunden werden können. Somit sind nicht nur die damals noch nicht so bezeichneten „Selfies“ möglich, sondern auch sehr ungewöhnliche Aufnahmepositionen, z. B. kann das Objektiv in einem Kessel die Schweißnähte von Innen aufnehmen und der Fotograf sieht den Bildausschnitt problemlos außerhalb des Kessels.

Der Blitz wird automatisch abgeschaltet, sobald die Objektiveinheit nicht genau nach vorn zeigt, weil der Blitz dann das Bild ja nicht ausleuchtet. Ist die Kamera per Kabel mit dem Objektiv verbunden, muß der Fotograf den Halter so drehen, daß er nicht nach Vorne zeigt, weil der Blitz dann eingeschaltet werden könnte.

Zur Stromversorgung nutzt die Kamera vier Mignonzellen, sowohl Batterien als auch NiMH-Akkus sind verwendbar. Wie bei frühen Digitalkameras üblich, ist der Strombedarf recht groß, vor allem das ständig eingeschaltete Display „saugt“ die Akkus relativ schnell leer. Die Akkufachklappe wird nicht durch die Batterieandruckfedern belastet, darum schließt die Klappe heutzutage immer noch. Bei vielen anderen Kameramodellen sind inzwischen die winzigen Halteklammern gebrochen, weil sie dem Druck der Batterien nicht mehr standhalten konnten.

Das Bedienkonzept ist ein wenig umständlich, zwar haben etliche Funktionen eine eigene Taste (Bilder Löschen, Blitz, Selbstauslöser, Datum usw.) oder einen Schieber (Umschaltung der Bildqualität zwischen Fine und Standard), aber weil es noch kein Steuerkreuz wie bei den meisten später erschienen Kameras gibt, müssen Parameter-Verstellungen umständlich mit der „Plus“ und „Minus“-Taste ausgeführt werden, die Bestätigung bzw. das Weiterschalten zu einem anderen Parameter erfolgt über andere Tasten, die jeweils auf dem Bildschirm angezeigt werden. Ohne diese Hilfe käme kaum ein Anwender auf die Idee, die „Display“-Taste zum Bestätigen zu verwenden. Teilweise sind die Tasten hinter einer gefederten Klappe verborgen.

Der auf der Vorder- und Rückseite vorhandene „Handgriff“ ist ein vorstehendes rundliches Metall- bzw. Kunststoffteil, da die Kamera aber recht klein und ziemlich leicht ist, läßt sie sich trotzdem gut mit einer Hand halten und bedienen. Jedoch greift die linke Hand bei nach vorne gedrehter Objektiveinheit diese fast automatisch, denn der Zoomhebel ist dort angebracht und. Die Verstellung der Brennweite erfolgt rein mechanisch, somit intuitiv statt per Zoomwippe und elektrischem Antrieb.

Das für damalige Verhältnisse große und fein auflösende Display ist für unser heutiges Verständnis recht klein und grobpixelig. Es kann nur zum Anpeilen des Motivs genutzt werden, eine Schärfenbeurteilung ist damit völlig unmöglich, es ist zur Motivkomposition bei hellem Sonnenlicht nur geeignet, da es dann nicht hell genug ist.

Die serielle Buchse erfordert ein Spezialkabel (RS422), die Netzteilbuchse hingegen nicht. Macintosh-Computerbesitzer hatten das serielle Kabel möglicherweise bereits, denn die 8polige Rundbuchse wurde bei diesen Rechner auch für den Anschluß von Modem und Drucker verwendet.

Spezielle Smartmedia-Speicherkarten

Die Minolta DiMAGE V, die im Foto abgebildete Apple QuickTake 200 sowie die praktisch baugleiche FUJI FUJIFILM DIGITAL CAMERA DS-7 verwenden SmartMedia-Karten mit 2MB und 5 Volt. Diese Flash-Speicherkarten hat Toshiba 1996 entwickelt. Smart-Media-Karten haben keinen eigenen Speichercontroller, dieser sitzt in der Kamera.

Da bei den SmartMedia-Karten die elektrischen Kontakte recht groß und vor allem ungeschützt sind, ist eine SM-Karte recht anfällig für Verschmutzung der Kontakte und statische Aufladung. Während ersteres sich vom Anwender beheben läßt, kann letzteres die Speicherbausteine in der Karte zerstören. Schon alleine ein Reinigen der Kontakte mit einem ungeeigneten Tuch kann diesen Fehler hervorrufen. Außerdem sind die Karten extrem dünn, ein Verbiegen der Karte kann bereits zur Ablösung der außenliegenden Kontakte von den darunterliegenden Bauteilen führen, die Karte ist dann ebenfalls defekt.

Die Dimage V nutzt die erste Generation der SmartMediaKarten mit 5 Volt, kurz danach wurde eine neue, inkompatible Variante mit 3,3 Volt (Speichergrößen von 2 MB bis 128 MB) herausgebracht. Zur Unterscheidung beider Kartentypen wurde die abgeschrägte Ecke der Karte auf die andere Seite gesetzt, so lassen sich nur die jeweils richtigen Karten in die Speicherkartenslots der Kameras einsetzen. Siehe Foto! Es soll auch möglich sein, 4MB 5Volt-Karten in der Image V zu benutzen, diese sind aber noch viel seltener und teurer als die mit 2MB.

Fast alle externen Kartenlesegerät mit USB, die SmartMedia-Karten aufnehmen können, erkennen die SM-Karten mit 5 Volt nicht, auch wenn sie mechanisch passen sollten. Somit bleibt zur Übertragung der Bilder nur die Verwendung von historischen Computern, auf denen die Übertragungssoftware zwischen Kamera und serieller Schnittstelle noch läuft (klassisches Mac OS bis Version 9.xx oder Windows 95). Zwar gibt es einen Adapter, mit dem die Speicherkarte in das Diskettenlaufwerk eines Computers geschoben werden kann, aber auch dessen Software funktioniert nur auf den uralten Computern, weil, eine spezielle Treibersoftware ebenfalls nur auf den genannten Betriebssystemen arbeitet.

Die SmartMedia-Karten mit 5 Volt wurden nicht allzulange hergestellt, dementsprechend gering sind die heutzutage noch verfügbaren Stückzahlen und gebraucht kosten sie deshalb zwischen 50 und 200 Euro.

Die UVP der Kamera betrug ca. 1000 DM, ich bekam das gezeigte Exemplar Frühjahr 2023 vom Editor dieser Zeilen geschenkt. Der aktuelle Zeitwert beträgt etwa 5 bis 50 Euro je nach Zustand, Funktionsfähigkeit und Zubehör.

Beispielfotos

Weil meine einzige 2 MB-5Volt SmartMediaKarte defekt ist, kann ich keine eigenen Aufnahmen zeigen. Die Beispielfotos hat Ralf Jannke 2017 mit der DiMAGE V aufgenommen

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse macht einen recht wertigen Eindruck, das glasperlen-mattinierte Aluminium der Hülle mit der teilweise erhabenen Schrift der Typen- und Herstellerbezeichnung ist aber leider sehr kratzempfindlich.

Die Außenhaut besteht aus Metall und Kunststoff, allerdings hat sie noch nicht die Anmutung späterer Edelkompaktkameras. Das Gehäuse ist nicht der teure Teil der Fertigung gewesen, die meisten Kosten stecken im Inneren.

Die Bildqualität ist als gut zu bezeichnen, es gab damals durchaus teurere Kameras, die schlechtere 640x480 Pixel-Bilder erzeugten.

Der Autofokus ist aus heutiger Sicht langsam und träge, es kann bis zu zwei Sekunden dauern, bis die Schärfe „sitzt“. Auch das Einschalten bzw. „Booten“ der Kamera und das Speichern der Bilder dauert sehr lange.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch sehr interessante Kamera (weil erste Digitalkamera mit dreh- und trennbarem Objektiv), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen nicht mehr geeignet.

Christian Zahn

 

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