Casio QV-300 Kurzbericht

Hier stelle ich eine weitere Kamera vor, die ich geschenkt bekam. Sie gehört zu den frühen Digitalkameras, die ein Drehgelenk haben und dadurch die beiden Teile der Kamera um 270° gegeneinander verdrehen können. Ralf Jannke hat ein Exemplar bereits hier vorgestellt. Auch Boris Jakubaschk zeigt hier sein Exemplar.

Spezifikationen:

  • Die im Frühjahr 1997 vorgestellte Casio QV-300 ist 162 x 72 x 49 mm groß und wiegt 250 g.
  • Der 1/4“ CCD-Sensor (3,6x2,7mm) löst maximal 640 x 480 Pixel  = 0,3 Megapixel auf. Der Pixelpitch beträgt 5,1µm. Videos sind nicht möglich. Bilder werden im internem 4-MB-Flash-Speicher abgelegt. Die Sensor-Empfindlichkeit ist unbekannt.
  • Das Objektiv ist ein 1:2,6/4,9 bzw. 11 mm Umschaltobjektiv, die kb-äquivalente Brennweite beträgt ca. 47 und 106mm
  • Das Motiv wird über einen 2,5“ TFT LCD Monitor mit 61.380 Subpixeln angezeigt, der auch die Menüsteuerung übernimmt.
  • Entfernungseinstellung entfällt, weil Fixfokus, lediglich manuelle Umstellung auf Makromodus und Wechsel zwischen Offenblende und 1:8 Lochblende
  • Belichtungssteuerung durch Zeitautomatik
  • ohne Blitz
  • Weißabgleich automatisch
  • keine Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch 4 Mignonzellen

Besonderheiten

Casio ist ein japanischer Hersteller von elektronischen Geräten. Er ist Weltmarktführer bei Taschenrechnern, stellt jedoch auch Digitaluhren und elektronische Musikinstrumente her. Die Produktion von Heimcomputern ist bereits seit etwa 1990 eingestellt, Digitalkameras wurden von 1996 bis 2018 vertrieben. Dazu zählen die von Sammlern gesuchten Modelle der QV-Serie.

Die QV-300 gehört zu der Serie von Casiokameras, bei denen die Objektiveinheit um 270° gegenüber dem restlichen Gehäuse gedreht werden kann. Somit sind „Selfies“ (die damals noch nicht so genannt wurden) oder Makros von Oben problemlos möglich. Auch andere Kamerahersteller bauten Modelle mit dieser Technik, z. B. Nikon oder Sony. Allerdings hat sich diese Bauform letztlich nicht durchgesetzt, statt dessen wurde ein mehr oder minder frei drehbares Display an einer starren Kombination aus Kamera und Objektiv üblich.

Die Bedienung erfolgt durch eine Taste für die Auflösung (Mode genannt), Displaytaste zu Einblendung von Informationen, Effekt-Taste zum Anwenden von Bildeffekten auf bereits angefertigte Aufnahmen, eine Protect-Taste zum Schutz einzelner Bilder vor dem Löschen, DEL-Taste zum Löschen einzelner oder aller Bilder, Plus- und Minustaste zur Auswahl, einem Auslöser, einem Schieber zur Umschaltung zwischen Aufnahmen sowie Wiedergabe und dem Hauptschalter. An der Unterseite ist ein Drehrad zur Helligkeitseinstellung des Displays eingelassen und an der Objektiveinheit je ein Umschalter zwischen Offenblende bzw. Blende 1:8, Normal- und Makrotstellung sowie zwischen den beiden Brennweiten.

Abgelegt werden die Bilder im internen Speicher von 4 MB, der in der Werbung und der Anleitung als 32 mBit-Speicher bezeichnet wird, das bedeutet, es werden nicht die Bytes sondern die einzelnen Bits angegeben. Da ein Byte aus 8 Bit besteht, wird aus der Speicherkapazität von 4 MB der imposantere Zahlenwert 32 Mbit. Eine damals durchaus übliche Trinckserei mit Speichergrößenwerten; auch heute noch gibt es solche Rechenspielchen, z. B. bei der Angabe der Pixel des Displays, bei dem die einzelnen Farbpunkte angegeben werden, da aber jeder sichtbare Bildpunkt aus drei einzelnen Elementen (je eines für Rot, Grün und Blau) besteht, reduziert sich die „echte“ Auflösung von Digitalkameradisplays um den Faktor „3“. So hat das zum Herstellzeitpunkt mit 2,5“ als groß zu bezeichnende Display der QV-300 61.380 Farbtripel, das entspricht aber nur 20.460 Bildpunkten und somit einer heutzutage als sehr grob empfundenen „nativen“ Auflösung von lediglich 168x120 Pixeln.

Das Objektiv ist recht interessant konstruiert: Der Sensor sitzt um 90° gedreht zur Objektivöffnung (zeigt diese nach vorn, sieht der Sensor eigentlich nach oben), der Strahlengang wird durch einen um 45° geneigten Umlenkspiegel um 90° abgelenkt. Die Objektiveinheit inkl. Umlenkspiegel ist um 180° drehbar, dadurch werden die beiden Festbrennweiten zwischen Normalobjektiv und Teleobjektiv umgeschaltet.

In welcher Form die Bilder im internen Speicher abgelegt werden (als direktes Sensorabbild, sozusagen als RAW oder bereits als umgewandeltes JPEG), ist nicht klar. Denn zum Auslesen der Bilder ist zwingend eine Casiosoftware notwendig, die nur noch auf inzwischen ebenfalls als historisch zu bezeichneten Betriebssystemen läuft (Windows 95, klassisches MacOS), die eine serielle Schnittstelle haben. Möglicherweise werden die Bilder nur ausgelesen, möglicherweise mit Hilfe der Casiosoftware direkt in JPEGs beim Auslesen gewandelt. In niedriger Auflösung passen 192 Bilder in den Speicher, im bester Auflösung 64 Aufnahmen.

Die Stromversorgung erfolgt durch vier Mignonzellen, sowohl Alkali-Batterien als auch Akkus sind verwendbar. Wie bei vielen Kameras mit Mignon-Batteriefach brechen die winzigen Halteklammern früher oder später, die Federn der vier Akkuplätze haben einen starken Druck, dem der inzwischen versprödete Kunststoff nicht mehr standhält. Damit heutzutage die Akkus in Gehäuse bleiben, sollte man sich mit einer untergeschraubten Blitzschiene behelfen.

Für die Schnittstellen sind keine Spezialkabel erforderlich, jedoch muß man ein damals übliches und heute leider seltenes Kabel 2,5mm Klinke auf Seriell haben, um an die Bilder der Kamera zu kommen. Der Videoausgang hat 3,5mm Klinke, das Netzteil einen üblichen Hohlstecker.

Der UVP der Casio QV-300UX betrug etwa 1200 DM. Ich bekam mein Exemplar Anfang 2024 geschenkt. Der Zeitwert ist schwierig ermittelbar, da es sich inzwischen um ein reines Sammelobjekt handelt. Die Handelsspanne betrug Ende 2023 1 bis 30 Euro je nach Zustand und Lieferumfang.

Beispielaufnahmen

Ich kann leider keine Beispielbilder zeigen, da ich die Casio-Software nicht mitbekommen habe und diese 2024 nur als Twain-Treiber im Internet verfügbar ist. Das bedeutet, daß auf dem Rechner eine Bildbearbeitungssoftware laufen muß, die den Treiber als Plugin benutzt, um die Bilddateien übermittelt zu bekommen.

Um im Notfall ohne Casio-Software, Casio-Kabel und Uralt-Rechner (Windows 98/2000) an Fotos aus einer QV-300 und anderer früher Digitalkameras ohne Speicherkarte zu kommen, wird hier eine Möglichkeit beschrieben: Bilddaten aus ganz frühen Digitalkameras (ca. 1995 bis 1998) 2024 in den Rechner übertragen

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der QV-300 macht einen recht wertigen Eindruck, obwohl alles als Kunstoff gefertigt ist, auch das Stativgewinde. Aber es knarzt und wackelt nichts, man kann sowohl die Kamera als auch das Objektiv beherzt anpacken, ohne daß gleich etwas abbricht. Im Handgriff stecken die Akkus, die schwarze Abdeckung des Griffs ist zwar sehr rutschig, weil sie aus Hartplastik ist, aber das hat einen Langzeitvorteil: Griffe anderer Kameras wurden häufig mit TPU überzogen und dieses Material verändert sich im Lauf der Jahre in eine schmierige und klebrige Masse. Die QV-300 hingegen läßt sich auch fast 30 Jahre nach der Herstellung noch genauso gut anfassen wie im damals Neuzustand.

Die Kamera gehört zur Klasse der Drehgelenkkameras. Objektiv und Kamera sind um 270° gegeneinander verdrehbar.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch interessante Kamera (weil frühe Drehgelenk-Kamera von Casio), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen vollkommen ungeeignet, weil die Auflösung zu niedrig ist und die Bildübertragung in den Computer „Klimmzüge“ erfordert.

Christian Zahn

 

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