Sony DSC-F1 Kurzbericht

Die Sony DSC-F1 ist eine der sehr frühen Digitalkameras und basiert vermutlich in Teilen auf Videotechnologie des Konzerns. Das Design orientiert sich nicht an klassischen Kompaktkameras, sondern ist eigenständig. Aufgrund der recht kleinen Aufnahmeeinheit wurde diese in einem drehbarem Aufsatz montiert.

Sowohl Ralf Jannke als auch Boris haben Exemplare dieser Kameras …

Spezifikationen

  • Die 1996 entwickelte und 1997 verkaufte Sony DSC-F1 ist 102 x 78 x 41 mm groß und wiegt 270 g.
  • Der 1/4“ (4,7x3,6mm) CCD-Sensor mit Pixelpitch 6,5µm löst maximal 640 x 480 Pixel  = 0,3 Megapixel auf, die Empfindlichkeit ist unbekannt. Videos sind nicht möglich (max 1 Minute Länge). Bilder werden als JPEG in den internen 4-MB-Speicher abgelegt.
  • Das Motiv wird über einen 1,8“ TFT LCD Monitor mit 61.380 Subpixeln angezeigt, der auch die Menüsteuerung übernimmt.
  • Das Objektiv ist eine 1:2,0/4,8mm (35 mm @KB) Sony Video Lens Festbrennweite
  • Entfernungseinstellung entfällt, da Fixfokus; manuelle Verstellung auf Makrobereich
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik oder Blendenautomatik; Belichtungszeiten 1/7,5s bis 1/1000 sek., Selbstauslöser mit 10 s Vorlaufzeit
  • eingebauter Blitz mit ca. Leitzahl 8
  • Weißabgleich automatisch
  • keine Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch Lithium-Akku

Besonderheiten

DSC bedeutet Digital Still Camera. Sowohl der Sensor als auch das Objektiv dürften der Videosparte von Sony entliehen sein. Weil die Aufnahmeeinheit sehr klein ist, wurde sie zusammen mit dem Blitz in einem um 180° drehbarem Teil untergebracht, so daß auch Selbstaufnahmen möglich sind. Ist das Objektiv nach hinten gewendet, dreht die Kamera die Bilder automatisch, so daß die Aufnahmen nicht auf dem Kopf stehen.

Mit Hilfe eines Hebels kann das Drehmodul fixiert werden, so daß es sich nicht ungewollt verstellt.

Das Design ist etwas gewöhnungsbedürftig, im Jahre 1996 war das später allgemein übliche Digital-Kompaktkamera-Design noch nicht herausgebildet, die Hersteller experimentierten mit vielen Arten von Bauformen. Das seitlich angebrachte Moduswahlrad befindet sich in der Nähe des Auslösers, damit es nicht ungewollt verstellt werden kann, ist es durch einen Druckknopf verriegelt.

Die anderen Bedienelemente sind neben dem Display angebracht, die Bedienung erscheint aus heutiger Sicht etwas unlogisch und erfordert öfters einen Blick ins Handbuch.

Gespeichert werden die Bilder in einem internem 4 Megabyte großem Speicher. Es handelt sich um einen Flash-Baustein, der die Aufnahmen auch ohne Stromversorgung behält. Somit sind die Aufnehmen bei leerem Akku nicht verloren, wie es bei manch anderer Kamera aus den 1990er Jahren her bekannt ist.

Der interne Speicher reicht für 30 Aufnahmen in bester Qualität (also nicht einmal so viel, wie auf einen Kleinbildfilm passen) bzw. für 108 Aufnahmen in deutlich reduzierter Qualität.

Die Auslöseverzögerung ist relativ kurz. Das ist größtenteils darauf zurückzuführen, das die Kamera nur ein Fixfokus-Objektiv hat und deshalb nicht scharfstellen muß. Für Makroaufnahmen kann manuell auf eine Naheinstellung umgeschaltet werden.

Die Stromversorgung erfolgt mit dem bei Sony in einigen anderen Kameras bzw. Camcordern und Walkmännern eingesetzten Lithium-Akku LIP 10. Er ist heutzutage recht exotisch, es gibt kaum noch Nachbauten, die meisten angebotenen Exemplare sind „New Old Stock“, also unbenutzte originalverpackte Exemplare, deren Funktion ungewiss sein dürfte.

Die DSC-F1 gehört zu den ersten Kameras, die einen Lithium-Akku statt der sonst üblichen Mignonzellen verwendet. Außerdem lag der Kamera keine Ladeschale bei, sondern ein Netzteil, das zum einen den Akku in der Kamera auflädt, andererseits aber auch den stationären Betrieb der Kamera auf einem Stativ über einen langen Zeitraum ermöglicht.

Laut Handbuch dauerte der vollständige Ladevorgang 8 Stunden, die damaligen Lithiumzellen erforderten sehr geringe Ladeströme, um nicht in Brand zu geraten. Ebenso erwähnt das Handbuch, daß der Akku nur etwa 35 Minuten der Bildbetrachtung auf dem Display ermöglicht und etwa 20 Minuten für die Aufnahme. Die Hintergrundbeleuchtung des Displays ist also sehr stromhungrig, das ist typisch für die damalige Zeit.

Das Handbuch weist aufgrund der kurzen Batterielaufzeit daran hin, bei wichtigen Ereignissen Ersatzakkus mitzuführen. Der Preis eines Zweitakkus dürfte damals vermutlich zwischen 100 und 200 DM gelegen haben.

Im Handbuch wird erwähnt, daß es ein externes Batteriepack gab, möglicherweise mit 8 Mignonzellen für Akkus mit je 1,2 Volt. Abgebildet oder näher beschrieben wird das Teil nicht, es dürfte an die Netzteilbuchse angeschlossen worden sein.

Der Gehäuseblitz ist eingebaut und wird zusammen mit dem Objektiv gedreht. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt nicht mittels Vorblitz, sondern vermutlich durch eine „klassische“ eigene Meßzelle neben dem Objektiv. Die Blitzstärke kann in einem Menüpunkt verstellt werden, so daß die Szene nicht „überblitzt“ wird.

Die 61.380 Subpixel des Displays sind aus heutiger Sicht nur grob gerastet, damals wurde es als hochauflösend bezeichnet. Und viele Mitbewerber-Kameras hatten gar keine Bildanzeige, sondern man sah erst hinterher am Computer, ob die Aufnahme gelungen war.

Die Anzeige erscheint heutzutage sehr dunkel, das kann aber auf die Alterung der Hintergrundbeleuchtung zurückzuführen sein. Sony-typisch ist die auf dem Panel aufgebrachte Antireflexschicht sehr empfindlich, sie „rubbelt“ inzwischen durch simples Putzen der Oberfläche mit einem Mikrofasertuch ab. Über dem eigentlichem Display ist auch keine zusätzliche Schutzscheibe angebracht und damals gab es noch keine Aufklebe-Folien im Zubehörhandel zu erwerben, so daß beschädigte Displays an der F1 inzwischen oft aufgetreten sein dürften.

Bei der Bildwiedergabe kann die Aufnahme zwar vergrößert werden, das erfordert jedoch einen recht umständlichen „Ausflug“ ins Menu, so daß die Kontrolle der Aufnahme am Display nur langwierig möglich ist.

Videobuchse und Netzteilbuchse sind übliche Klinkenbuchsen. Die Form der seriellen Schnittstelle hingegen ist exotisch und erfordert ein Spezialkabel. Außerdem muß eine Sony-Software benutzt werden, um die Bilder aus der Kamera auszulesen, diese ist heutzutage nur schwer aufzutreiben und auch nur auf historischer Rechentechnik zu benutzen (Windows bis maximal Win 2000 und klassisches MacOS, kein OS X).

Neben der kabelgebundenen RS-232C-Buchse ist auch eine serielle Infrarotschnittstelle gemäß IrDA-Standard 1.1 eingebaut, damalige Notebooks und einige Desktoprechner haben diese ebenfalls verbaut. Auch hier ist die Sony-Software zum Auslesen zwingend erforderlich.

Außerdem können die Aufnahmen auf dem Sony Color Printer DPP-M55 ausgegeben werden, die Verbindung erfolgt ebenfalls infrarot, ein Kabel ist nicht erforderlich. Im Handbuch wird auch noch erwähnt, daß einzelne oder alle Bilder an eine zweite DSC-F1 übertragen werden können.

Zur Übertragungsgeschwindigkeit einige Worte: die kabelgebundene Schnittstelle erreicht maximal 38 Kbps, das entspricht in etwa 3 Kilobyte Übertragungsrate je Sekunde. Ein voller Bildspeicher benötigt somit ca. 20 Minuten zur Übertragung. In der Praxis wird das langsamer gewesen sein, denn die Bilder mußten ja einzeln auf die damals recht gemächlichen Festplatten geschrieben werden.

Die Infrarotschnitstelle erreichte maximal 1152 Kbps, war also bis zu 30 mal schneller als das Kabel. Jedoch wird die Übertragung aller Bilder in den seltensten Fällen in einer Minute erledigt gewesen sein, denn der empfangende Computer dürfte gar nicht schnell genug gewesen sein, so daß die drahtlose Übertragung vermutlich in der Praxis kaum flotter als die kabelgebundene Variante war.

Die UVP der F1 betrug ca. 1900 DM, das entspricht etwa 950 Euro. Ich bekam mein Exemplar im Herbst 2023 vom Editor dieses Textes geschenkt. Aus heutiger Sicht erscheint die Kamera teuer, damals war der Preis für die gebotene Leitung durchaus angemessen. Zum Vergleich: die 1999 vorgestellte Nikon F100, eine Profispiegelreflexkamera für Kleinbildfilm, kostete 2600 DM.

Der aktuelle Zeitwert ist schwer zu schätzen, je nach Lieferumfang und Zustand wurde die F1 im Jahr 2023 für 1 bis 100 Euro angeboten und verkauft.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Beispielaufnahmen gibt es keine, Da ich keine Möglichkeit habe, die Bilder aus der Kamera auszulesen, bliebe mir die Möglichkeit, den Videoausgang an einen Digitalisierer anzuschließen, was die Bildqualität aber erheblich verschlechtern dürfte. Darum zeige ich lediglich ein vom Display der Kamera abfotografiertes Bild. Die Verzeichnung des Objektivs wird nicht weggerechnet, das sieht man bereits auf dem Display.

Das Gehäuse der F1 besteht größtenteils aus Metall (aufgrund des Gewichts aber nur aus dünnem Aluminium-Blech, das glasperlen-mattiert und silbern eloxiert wurde), nur einige Anbauteile und Bedienelemente sind aus Kunststoff. Der angedeutete Handgriff aus Kunststoff besteht teilweise aus Infrarot-durchlässigem Material, denn in seinem oberem Teil befinden sich die Sende- und Empfangsdiode der IrDA-Schnittstelle.

Die Kamera gehört zur Klasse der „Drehgelenk-Kameras“, sie stammt aus einer Zeit, als die Designer noch „spielen“ durften; es gab damals sehr viele ungewöhnlich aussehende Kameras. Jedoch ist das Design der F1 durchaus „harmlos“, es gibt wesentlich „abgefahrenere“ Kameras dieser Art.

Die Bildqualität könnte aufgrund des recht hohen Preises relativ gut gewesen sein, heutzutage im Internet zu findende Beispielbilder jedoch erscheinen mir verwaschen und unscharf. Das könnte aber auf eine starke Alterung des Sensors und des Bildaufbereitung-Prozessors zurückzuführen sein, möglicherweise waren die Aufnahmen früher besser.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch interessante Kamera (weil frühe Drehgelenk-Kamera und ungewöhnliche Bauform der Kamera), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen nicht mehr geeignet.

Christian Zahn

 

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben