Canon EF 22-55 USM an EOS 5D
In diesem Kurzbericht geht es um die Verwendung eines ca. 25 Jahre alten Zoomobjektivs an einer digitalen Spiegelreflexkamera mit Vollformat-Sensor.
Canon Zoom Lens EF 22-55mm 1:4-5,6 USM
Dieses Objektiv erschien 1998 zusammen mit der EOS IX Lite, einer Spiegelreflexkamera für die glücklosen APS-Filme. Passend zur Farbe der Kameragehäuse wurde es in silber und dem hier gezeigtem „Profischwarz“ angeboten. Zunächst war es nur in Verbindung mit der EOS-IX-Kamera erhältlich, aber weil die Konsumenten von Spiegelreflexkameras für Kleinbildfilm sehr oft danach fragten, bot Canon es nach später auch einzeln an. Die Streulichtblende war nicht im Lieferumfang, sie mußte extra nachgekauft werden.
Das EF 22-55 USM entspricht an der APS-Kamera EOS IX bzw. EOS IX Lite in etwa einem 26-65mm-Objektiv, da die Negativfläche von APS-Filmen kleiner ist als bei klassischen Kleinbildkameras. An den Profi-dSLRs von Canon mit APS-H-Sensor (Verlängerungsfaktor 1,3) wurde es auch benutzt und entsprach dann einem 28-70 mm-Objektiv.
Obwohl das 22-55 USM „nur“ für APS-Film gerechnet wurde, deckt sein Bildkreis den Vollformatsensor der EOS 5D komplett ab. Allerdings sind die Bildränder und besonders die Bildecken außerhalb des kleineren Bildkreises von APS-Material und darum optisch etwas schlechter als bei einem für KB gerechnetem Objektiv. Bei der Verwendung an einer KB-Kamera mit 400-ASA-Film und 13x18cm - Abzügen wurde das jedoch nicht allzusehr bemerkt, „Pixelpeeping“, also 100%-Betrachtung der Bildecken wird dem Objektiv nicht gerecht, dafür ist es nicht gemacht worden.
Der schmale Entfernungsring läuft recht leicht, er dreht sich beim automatischem Fokussieren mit. Wie bei manchen Canon-USM-Objektiven kann nicht jederzeit in die Fokussierung eingegriffen werden, ein explizites Umschalten auf „MF“ am Objektiv ist immer nötig, wenn rein manuell fokussiert werden soll. „USM“ steht für den eingebauten Ultraschallantriebsmotor, der recht schnell und leise seinen Dienst verrichtet. Allerdings ist er kein ringförmiger USM-Antrieb, denn mit diesem könnte jederzeit ohne Umschaltung manuell scharfgestellt werden.
Die Naheinstellgrenze von ca. 0,5 Metern ist gut, es gibt aber weder eine sichtbare Entfernungsangabe noch überträgt das Objektiv die fokussierte Entfernung an die Kamera. Beim Fokussieren verändert sich die Baulänge. Canon-EF-typisch ist kein Blendenring eingebaut, die Verstellung erfolgt immer durch die Kamera, es sind 6 Lamellen eingebaut. Der optische Aufbau besteht ist mir nicht bekannt, es soll aber mindestens eine asphärische Glasfläche verbaut sein.
Das mitdrehende Filtergewinde beträgt 58mm, das Objektiv hat einen Durchmesser von 66 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 60 mm und wiegt 175 Gramm. Beim Zoomen wird es etwa 5mm länger, beim Fokussieren 4mm. Die Streulichtblende rastet in ein Bajonett und mußte extra gekauft werden. Ohne diese Blende ist das Objektiv kaum benutzbar, da die große Frontlinse extrem empfindlich für seitliche Lichteinstrahlung ist. Selbst mit Blende sind Überstrahlungen von diffusem Gegenlicht erkennbar.
Das gesamte Objektiv macht keinen wertigen Eindruck, das Bajonett ist nicht aus Metall, die Kunststoffe der Fassung wirken „billig“. Aber der Zoomring läuft sauber und ohne zu hakeln.
Das Objektiv verzeichnet für ein preiswertes Superweitwinkel-Zoom erstaunlich wenig. Je nach Motiv kann dieser Bildfehler jedoch stören, zwar ist die Verzeichnung heutzutage sehr einfach digital „wegzurechnen“, aber die wenigsten RAW-Konverter haben ein „Lensprofile“ für dieses recht seltene Objektiv.
Alle Aufnahmen entstanden freihand, wurden gespeichert als CR2, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte einmontiert sowie die Aufnahmeparameter.
Am Vollformatsensor der 5D und Offenblende ist das 22-55 USM über das gesamte Bild etwas unscharf und flau, Abblenden auf 8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen chromatischen Aberrationen verschwinden ab Blende 5,6-8 fast vollständig. Die Vinettierung bei weit geöffneten Blenden besonders im Weitwinkelbereich kann per EBV gut korrigiert werden.
Der Neupreis des 22-55 USM ist mir nicht bekannt, inzwischen ist es nur noch gebraucht erhältlich. Nach Erscheinen der „Volksvollformatkamera“ EOS 5D stieg der Gebrauchtpreis etwas an, inzwischen ist er deutlich gesunken, da die Rechnung des Objektivs recht „betagt“ ist und es optisch bessere Objektive von Canon und Fremdherstellern gibt. Je nach Zustand und Lieferumfang ist es für 25-100 Euro zu bekommen.
Fazit
Das EF 22-55 USM ist überraschend gut, wenn man bedenkt, wie gering der Neupreis war und wofür es ursprünglich entwickelt wurde.
Die EOS 5D mit 12,8 Megapixeln fordert das Objektiv allerdings auch nicht besonders stark, bei Blendeneinstellungen von 1:8 ist es durchaus nutzbar.
Christian Zahn
An Kameras mit höherer Auflösung dürfte es jedoch anders aussehen.
Das ruft ja geradezu nach einem Nachtrag!
Nicht nur Canon, auch Minolta und Nikon unterlagen dem Irrtum APS-Film, dem letzten Aufbäumen der sterbenden Filmindustrie. Die mit dem neuen, gegenüber dem 24 x 36 mm Kleinbildformat kleineren 16,7 x 30,2 mm Filmformat bei 24 mm Filmbreite, ähnlichen Kosten und komfortabler Handhabung des Films, der Patrone zu retten versuchte, was nicht mehr zu retten war. Großartig beschrieben von Jürgen M. Beckmesser in: "APS: Vom Scheitern eines Format-Putsches". Bei Minolta dürfte der Irrtum APS-Film mit dafür gesorgt haben, dass die Rettung als Fusion mit Konica 2003 zu spät kam, dass man 2006 aufgeben musste und die Herstellung von Minolta Digitalkameras und Objektiven einstellte. Immerhin hatte Sony das Ganze übernommen. Vermutlich wäre Sony heute auch nicht da, wo man steht, wenn zum Start nicht das Minolta KnowHow gekommen wäre!
Der APS-Film ist tot
Überlebt haben die Begriffe APS-C für Sensoren mit ca. 15 x 23 mm Größe, Cropfaktor 1,5 und APS-H für den mittlerweile ausgestorbenen ca. 19 x 27 mm Sensor, Cropfaktor 1,3.
Nicht "tot" sind die Objektive der APS-Spiegelreflexkameras von Canon und Nikon
Während Canon wie Nikon ihre Kamerabajonette EOS und Nikon F praktisch beibehielten, beging Minolta gleich einen Doppelfehler. Nicht nur die Minolta Vectis APS-Spiegelreflexserie ist untergegangen. Mit ihr auch die dazugehörigen APS-Objektive, für die es keine Adapter sondern nur eine sehr exotische digitale Spiegelreflexkamera gibt, die Minolta Dimage RD 3000:
- Kodak/Nikon DCS 315, DCS 330, Minolta Dimâge RD 3000
- Minolta Dimâge RD 3000 zum Zweiten – oder: Die unfreiwillige FourThirds (FT) Minolta...
- Minolta AnalogDigital-Wandlung, darunter auch das etwas längere 22-80 mm Minolta-Pendant zu Christian Zahns 22-55 mm Canon
Vollformatig, "richtig" fotografiert wurde mit diesen Nikon-Objektiven für den APS-Film, den so genannten IX-Nikkoren auf diesen Nikons:
- 16 MP Nikon D4 Vollformat-DSLR mit IX-Nikkor
- 3,5-5,6/20-60 mm IX Nikkor auf der spiegellosen 24 MP Vollformat Nikon Z6
- Frühlings-Spielerei: 3,5-5,6/24-70mm IX Nikkor (für APS-Film) auf der spiegellosen 24 MP Vollformat Nikon Z6
Urteilen Sie selbst!
Ralf Jannke
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 9.09.2023 |
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