Kodak/Nikon Pronea DCS315 (1998), DCS330 (1999) Update 2023

Optisch, äußerlich schwer gelitten

Viele Kamerahesteller haben in der Vergangenheit am Material gespart. Ich habe gut 20 Jahre lang in der Qualitätskontrolle am Thermoplastischen Polyurethan – kurz TPU – gearbeitet. Prinzipiell lassen sich bestimmte TPU-Typen irgendwo in fernöstlichen Garagen vergleichsweise billig "zusammenkochen". Dieses Billig-TPU beginnt sich nach genug Jahren einfach zu zersetzen. Resultat: Furchtbar klebrige Oberflächen. Der chemische Zerfall ist kaum aufzuhalten :-( Eine gewisse Hilfe bietet rigoroses Abkleben mit schwarzem Gewebeklebeband oder Kinderpuder – Talkum. Soweit zur Grusel-Oberfläche der beiden hier erneut vorgestellten Kodaks.

Im großen Praxisbericht "Kodak/Nikon DCS 315, DCS 330, Minolta Dimâge RD 3000" wurden neben der unlängst erneut präsentierten Minolta Dimage RD 3000 die beiden auf der APS Film Nikon Pronea 6i (in Europa Pronea 600i) basierenden Kodak-Modelle umfassend vorgestellt und Beispielfotos gezeigt.

Energieversorgung

Nur die Kodak DCS200 und die beiden DCS3xx-Modelle haben rausnehmbare Akkuhalter, die unkompliziert mit 1,2 Volt NiMH Akkus der Größe AA bestückt werden. Alles zum Thema "Energieversorgung der Kodak DSLRs" ist hier nachzulesen.

Die Basiskamera der Kodak DCS315/330 ist …

… aus dem größten Flop der ab Mitte der 1990 Jahre sterbenden Foto-Filmindustrie – APS – entstanden. Die Pronea 6i (in Euroma 600i) war ausschließlich mit APS-Film zu laden. Zusätzlich gab es spezielle Nikon-Objektive, (theoretisch) nur für die APS Nikon SLRs gerechnet. Obwohl diese das Nikon F-Bajonett beibehalten hatten. Während die Kdak DCS315 alle IX-Nikkore – so hießen die Objektive zur Unterscheidung – aunahm, verhindert das in der DCS330 ein IR-/Antialiasing-Filter im Strahlengang. Durch eine mechanische Blockade wollte Nikon sicherstellen, dass IX-Nikkore auf Nikon SLRs für Kleinbildfilm montiert werden können. Was ich durch eine einigermaßen brachiale "Modifikation" umgangen habe. Die in diesem Bericht ausführlich beschrieben wird!

IX-Nikkore kompatibel machen

Für dieses Mal habe ich aus der DCS315 und DCS330 nach einer Startkontrolle auf einwandfreie Funktion beider Kameras die mit 3 Megapixel höher auflösende DCS330 gewählt— hatte ich zunächst gedacht … Die DCS330 ist mit ihrem etwas größeren Bildsensor auch interessanter, weil der Cropfaktor nur 1,9 beträgt. Gegenüber der scheinbaren Brennweitenverlängerung von 2,6 der DCS315. Die ich aber dann doch aus einem bestimmten Grund weiter unten dann doch erneut gewürdigt habe! Im Gegensatz zum früheren Bericht wurde diesmal das modifizierte 3,5-5,6/24-70 mm IX Nikkor auf die DCS330 montiert, das nach "Umbau" mit kleinen Einschränkungen sogar auf der 16 MP Nikon Vollformat DSLR D4 läuft! Im Fall der Kodak DCS330 im Brennweitenbereich 26-70 mm, umgerechnet aufs Kleinbildformat rund 50-133 mm. Das 20-60 mm kann auf der DCS315 betrieben werden, ist dort durch den Cropfaktor 2,6 aber nur ein auf KB umgerechnet 52-156 mm Zoom. Eins wäre zur DCS15 nachzutragen. Sie war 1998 die erste Kodak DSLR mit Bildkontrolle per Monitor! 

Was nicht passt, wird passend gemacht ;-) Mit Hilfe einer oszillierenden Säge …

Kodak DCS315 mit Nikon 1:4.5-5.6 60-180 IX Nikkor

Ein Bildchen wollte ich der 1,5 Megapixel Kodak DCS315 dann zur Funktionskontrolle dann doch gönnen – mit der längsten Brenweite des 60-180 mm Zooms, umgerechnet auf Kleinbild immerhin 468 mm Brennweite … Und wer sagt, dass das 60-180 mm IX Nikkor nicht auf die Kodak DCS330 zu montieren lässt, wenn …

Nikon 1:4.5-5.6 60-180 IX NIKKOR auf der DCS330

Wenn …?

Da war doch was! Als ich mit dem Praxisberich "Nikon D4 Vollformat-DSLR mit IX-Nikkor" fertig war, kam dieser Kommentar:

"Kleiner Tip! Die (mechanische) Blockade (der IX Nikkore) ist nur der innere Ring, der mit 3 Maden/Mini Schrauben gehalten wird. Daher ist es nicht nötig den Bajonett-Verschluss (…) abzubauen, und man erspart sich die Feder-Fummelei! Nur als Tip, wenn auch spät."

Genau so ist es!

Und weiter der Kommentar: "Ich hab ein 60-180mm IX Nikkor umgebaut und auf der Nikon D40x keine Abschattungen Schatten durch ein zu kleines Format. Das 60-180 mm ist mit demontierter Blockade aber immer noch zu lang."

Das 60-180 mm Zoom ist aber gefahrlos ab ca. 70 mm zuverwenden. Die rote Markierung im Foto!

Der Rundgang mit der Kodak DCS330 geht jetzt also mit zwei Objektven! Nikon 1:3.5-5.6 24-70mm IX Nikkor und 1:4.5-5.6 60-180mm IX Nikkor. Umgerechnet aufs Kleinbildformat ein Brennweitenbereich von zusammen 50-342 mm.

Vor der braven 3 MP Kodak DCS330 von 1999 die Königsklasse: Vollformat!

War nie fürs Vollformat vorgesehen! Ob nun auf 24 x 36 mm Kleinbildfilm oder 24 x 36 mm Vollformatsensor. Das 60-180 mm IX Nikkor hat so viel Reserven, dass es den Bildkreis des Kleinbildformats je nach Brennweite (fast) komplett auszeichnet! Bis auf Autofokus – das 60-180 hat den alten Stangen-AF – voll kompatibel mit der Nikon Z6 samt FTZ-Adapter! In Bezug auf Blendensteuerung und Datenübertragung.

Das 60-180 mm IX Nikkor auf den Nikon Z6, 15 Megapixel

Beim rechten Foto, das mit 60 mm und voller Auflösung 24 MP aufgenommen wurde, zeigen sich bei genauem Hinsehen Randabschattung und Unschärfe. Da fordern die 24 Megapixel Vollformat ihren Tribut – an das fürs 16,7 mm × 30,2 mm Format des untergegangenen APS-Films gerechnete 60-180 mm Zoom. Kann man mit leben! War ja nur Spielen ;-)

Jetzt aber: Das 60-180 mm IX Nikkor auf der Kodak DCS330 – volle Auflösung 3 Megapixel

2 Megapixel

24-70 mm IX Nikkor auf der Kodak DCS330 – oder: Der Winter war zurück, am 8. März … (2 Megapixel)

Fotos mit ISO 250 und Gehäuseblitz, entsprechende Nachbearbeitung mit Lightroom, Topaz Sharpen AI, Photoshop

Wenn man(n) schon mal dran war ;-)

Beim einen oder anderen Foto mit den vorgestellten IX Nikkoren hatte ich das Gefühl, dass die doch etwas mehr Schärfe liefern könnten. Was sie adaptiert auf andere Kameras ja gezeigt haben. Möglicherweise ist es die Kombination IX Nikkor plus Antialiasing Filter der DCS330, die etwas Schärfe kostet? Also noch ein paar Bildchen mit dem 3,3-4,5/35-70 mm AF Nikkor …

Kodak DCS330 Nikon AF NIKKOR 35-70mm 1:3.3-4.5 – Achtung Kunst ;-)

Das Tulpenfoto wurde mit den Möglichkeiten von Pixlr-o-matic verfremdet!

Und jetzt das Ganze ohne Antialiasing-Filter, aber nur mit 1,5 Megapixel. Mit der Kodak DCS315. Und mit dem ungewürdigten Nikon 1:3.5-5.6 20-60mm IX Nikkor

Das 20-60 mm IX Nikkor läuft völlig problemlos auf der DCS315. Passt dort auch aufgrund des Cropfaktors 2,6, um wenigstens 52-156 mm Zoombrennweite zu haben! 

Beispielfotos mit dem 20-60 mm IX Nikkor, 1,5 Megapixel, mit Topaz Gigapixel AI auf 6 MP hochskaliert

Da geht noch viel mehr! Ausgangsbild 1,55 Megapixel

Die Grunddatenqualität der Kodak DCS315 und Topaz Gigapixel AI machen es möglich: links 6,2 Megapixel und rechts 24,8 Megapixel!

Diese für ein über 25 Jahre altes System erstaunliche Interpolations-Qualität durch Topaz Gigapixel AI wäre nicht möglich, wenn das Grundsystem nicht liefern würde! Und das tut es! Die fürs zu Recht untergegangene APS-Filmformat entworfene Nikon Pronea 6i (in Deutschland 601i) als Basikamera für den Kodak 1,5 Megapixel-Sensor samt dem dazugehörigen 20-60 mm "Plastik-Kitzoom“! Aufnahmen mit 50/60 mm Brennweite, IS0 320, Blende f/8, ca. 1/50s, Zeitautomatik aus der Hand.

Neben dem möglichen Vorteil des fehlenden Antialiasing-Filters hat die DCS315 noch einen Vorteil. Eigentlich wollte ich auch die Kodak DCS420 erneut einsetzen. Zumindest von Auflösung und Sensorgröße (Cropfaktor 2,6) haben die DCS315 und die DCS420 den gleichen Bildsensor. Was das Handling und die Stromversorgung angeht, ist die DCS315 von 1998 viel komfortabler als die DCS420 von 1994! Außerdem bot die DCS315 als erste Kodak DSLR einen Monitor zur Bildkontrolle!

ABER

Je nach Motiv, Licht, Situation geht die DCS315 auch mächtig in die Knie – wenn mit der "falschen" Software entwickelt/dekodiert wird!

Was für ein Unterschied! Links Adobe Lightroom Classic, Mac OS 11.7 Big Sur, rechts Kodak TWAIN, Photoshop 5, Windows 2000

Bevor ich in Betriebssystem und Software rund 25 Jahre in die Vergangenheit ging, hatte ich meine Kodak DCS420 doch noch schnell flottgemacht, um ein paar vergleichbare Bilder nachzuschießen. Von Auflösung, Abmessung und Cropfaktor haben die DCS315 und die DCS420 den gleichen Sensor.

Ergebnis? Es ist die Datenaufbereitung!

Die "Entwicklung", Dekodierung der TIFF-Rohdaten der DCS315 und DCS420 und allen Kodak DSLRs vor 1998 gelingt perfekt nur mit dem Kodak TWAIN-Photoshop-Import-Treiber und einem Photoshop 5 unter dem Betriebssysten Windows 2000. Was auf meinem uralten Laptop installiert ist. Alles dazu ist im Beitrag "Hilfe, das Programm versteht die alte 1,5 MP Kodak DSLR DCS420 nicht …" nachzulesen. Die alte Kodak Software läuft auch auf entsprechenden Apple Macintosh Computern unter dem alten Betriebssysten OS 7/8/9! Aber wie mühsam, unkomfortabel und langsam ist das Arbeiten mit einem uralten Windows 2000 Laptop geworden!

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Hauptproblem der DCS315 und DCS330 ist das Ausbrennen von Lichtern!

Beide DSLRs können JPEG und unkomprimierte TIFF in 48 bit Farbtiefe. Trotzdem ist es schwierig bis unmöglich, überbelichteten bis ausgefressenen Lichtern noch etwas Zeichnung zu geben. Was aktelle Systemkamers locker hergeben! Wo bei den DCS315/330 Fotos keine Zeichnung drin, was ausgebrannt ist, ist weg. Da hilft nur konsequentes Gegensteuern durch -1/2 bis -1 EV Unterbelichtung!

Was gibt es noch?

Das Manual legt nahe, die DCS315 nur mit einem so genannten Hot Mirror Filter zu benutzen. Der Kamera lag bei Kauf wohl ein derartiger Filter bei. Ich habe zum Glück noch ein Exemplar, das ich aufschrauben werde! Was je nach Blickrichtung wie ein Rotfilter aussieht, ist ein spezieller so genannter dielektrischer Spiegel, ein dichroitischer Filter, der zum Schutz optischer Systeme verwendet wird. Dabei geht es bei der Digitalkamera weniger um den Schutz des optischen Systems, des Bildsensors, als um die Tatsache, dass Infrarotlicht reflektiert, sichtbares Licht aber durchgelassen wird. Ohne den Hot Mirror kann es zu unkontrollierbaren Magenta-Farbstichen kommen …

Zum Finale der Kodak DCS-DSLR Test-Runde nochmal alle 2023 (und zuvor) ausprobierten Modelle

Der "angeschlagenen" Kodak DCS760 werde ich noch einen Versuch widmen, danach wird sie vermutlich nur noch "Belegexemplar" sein …

Übrigens: Stückpreis um 70 Dollar/Euro habe ich für die DCS315/330 gegeben, Überschaubar Geld für viel Sammel- und gegelentlichches Benutz-Vergnügen!

Ralf Jannke, März 2023

 

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