Nikon D4 Vollformat-DSLR mit IX-Nikkor

Geht nicht, gibt's nicht!

Ohne Objektivumbau geht es allerdings nicht!

Canon verhinderte durch das modifizierte EF-S Bajonett die Verwendung entsprechender Objektive an der EOS 1D-Linie. Wie sich die mechanische Blockierung entfernen lässt, ist im Praxisbeitrag "Canon EOS EF- und EF-S-Bajonett – Umbau von EF-S nach EF" ausführlich beschrieben.

Aber was haben Canon EOS EF-S Objektive mit Nikon IX-Nikkoren zu tun?

Den Gedanken der künstlichen Blockierung, Verhinderung der Verwendung preiswerter Kit-Zoom-Objektive auf teureren (D)SLRs wird auch Nikon bei Schaffung seiner IX-Nikkore für Kameras des zu Recht untergegangenen APS-Films gehabt haben.

APS-Film?

Das AdvancedPhotoSystem – APS – war 1996 das letzte Aufbäumen der Filmhersteller gegen die Digital-Welle. Den Untergang schon ahnend und mindestens 5 Jahre zu spät, versuchten die Hersteller ein Filmsystem/-format mit besonderen Möglichkeiten in den Markt zu drücken. Die drei großen Kamerahersteller Canon, Minolta und Nikon machten mit und boten Spiegelreflexkameras für den neuen APS-Film. Im Fall von Minolta könnte der Fehlschlag APS möglicherweise das Ende von Minolta mit eingeleutet haben. Wie viel Millionen Yen Entwicklungskosten Minolta für APS wohl in den Sand gesetzt hat…

Als besonderer Höhepunkt des APS-Flops fallen mir sündteure Abspielgeräte ein, in die man die Kassette des belichteten APS-Films einlegen konnte, um die Bilder auf der heimischen Glotze in damals miserabler 768 x 576 0,44 Megapixel „Qualität“ anschauen zu können. Als hochauflösender Scanner ließen sich die Abspielgeräte nicht verwenden! Der musste extra und teurer zugekauft werden. Spätestens da merkte wohl auch der Letzte, mit welchen Mitteln da mit APS Umsatz/Gewinn gemacht werden sollte.

Die Geschichte des APS-Films und die dazugehörigen analogen wie digitalen Spiegelreflexkameras können Sie in „Kodak/Nikon DCS 315, DCS 330, Minolta Dimâge RD 3000“ nachlesen. Der Vollständigkeit halber: Canon bot mit der EOS IX und der EOS IX Lite (oder EOS IX 7) zwei SLRs für APS-Film. Alles zur EOS IX können Sie hier nachlesen. EOS IX und IX Lite haben das konventionelle EOS-Bajonett. Zur IX gab es ein farblich abgestimmes 3,5-4,5/24-85 mm Zoom und speziell zur IX Lite ein in Kunststoffbauweise gehaltenes 4-5,6/22-55 mm Kit-Zoom.

Bevor es an die IX-Nikkore geht, noch ein paar Zeilen zum Minolta Vectis-Bajonett…

Trauerspiel Minolta Vectis Objektive (Bajonett)

Für fast jedes Objektiv-/Kamerabajonett gibt es heute Adapter zur Weiterverwendung lieb gewonnener Schätzchen, Objektiven mit besonderer Abbildung - Stichwort Bokeh - oder einfach zur zum Spaß bevorzugt auf der spiegellosen Systemkamera. Auch wenn viele Adapter nur bessere Metallrohrabschnitte sind, die an den Enden das jeweilige Bajonett tragen. Ohne Übertragung irgendwelcher Objektivdaten. Und es gibt sie.

Aber nicht mal dafür reicht es beim Doppelfehler APS-Film und nur dafür maßgeschneiderten Minolta Vectis-Objektiven. Ob es den in der Fotomontage (!) von oben als "MONSTER Adapter Minolta V Mount – Sony E Mount Adapter" gelabelten Adapter in kaufbarer Form je gegeben hat, ist mir nicht bekannt. Fürs Foto wurde das 22-80 mm Vectis-Zoom nur lose auf den Minolta MC-/MD-/Sony E-Mount Adapter der spiegellosen Sony Alpha NEX3 gelegt. Die Bezeichnung wurde per Photoshop entfernt und der Adapter kurzerhande zum "MONSTER Adapter Minolta V Mount – Sony E Mount Adapter" deklariert.

Dieser nicht vorhandene Adapter befördert die Minolta Vectis-Objektive im Gegensatz zu den Canon IX-Objektiven (APS-Filmformat, EOS EF-Bajonett!) und wenigstens halbkompatiblen IX-Nikkoren (fürs APS-Filmformat) dann aufs Abstellgleis. Ja,  man kann die Vectis-Objektive auf der über 20 Jahre alten 2,7 Megapixel Minolta RD3000 (1999) verwenden… Kein Vergleich zu den sonstigen Adaptionsmöglichkeiten.

IX-Nikkore

Für die beiden APS-Film Spiegelreflexkameras Nikon Pronea 600i (USA 6i) und Pronea S bot Nikon zum Schluss fünf IX-Nikkore von Machart (u.a. Kunststoff-Bajonett) und Lichtstärke (f/5,6) auf Kitlinsen-Niveau mit modifiziertem Nikon F Objektivbajonett. Die Betonung liegt auf Objektivbajonett, denn die beiden Pronea-Modelle inklusive der Kodak Digital-SLRs, die auf der Pronea 6i basieren, behielten das gewohnte Nikon F-Bajonett. Damit die drei fürs kleine APS-Filmformat gerechneten IX-Nikkore nicht versehentlich auf eine analoge Vollformat SLR montiert werden konnten, was Gründe hat (!), modifizierte Nikon das Objektivbajonett vergleichbar wie Canon mit seinen EF-S Objektiven, die nur für den kleinen 15 x 23 mm APS-C-Sensor gerechnet waren. Die Nikon Modifikation besteht aus künstlichen Anschlägen und einem überdimensionierten Tubus, der die Montage von IX-Nikkoren auf konventionelle Nikon (D)SLRs verhindert.

Da war der Experimentier-/Spieltrieb geweckt ;-)

Was passiert, wenn man diese künstlichen Hindernisse einfach beseitigt? Genau das wurde hier gemacht! Dazu muss das umzubauende IX-Nikkor wie weiter unten gezeigt teilzerlegt werden. Um dann am freigelegten Objektivbajonett die künstlichen Anschläge und den überdimensionierten Tubus des Nikon IX-F-Bajonetts am Objektiv zu entfernen. Wie bei der Canon EOS-Bajonettumbauaktion kam wieder eine oszillierende Säge zum Einsatz. Die für einen einigermaßen glatten und geraden (!) Schnitt ohne die Angst um blutige Finger sorgt.

Das spezielle Nikon IX-Bajonett

Das fertige Resultat:

Unschwer zu erkennen, dass beim links abgebildeten 24-70 mm IX-Nikkor die blockierenden Teile, die die Montage eines IX-Nikkors mit IX-F-Bajonett auf eine "normale" Nikon DSLR erfolgreich verhindert, weggesägt wurde. Rechts daneben ein unmodifiziertes 20-60 mm IX-Nikkor. In der Mitte das vom 24-70 mm abgetrennte Teil.

Und tatsächlich lässt sich das "umgebaute" 3,5-5,6/24-70 mm IX-Nikkor anschließend nicht nur auf die Nikon D4 montieren, sondern - fast - einwandfrei betreiben. Mit Stangen-Autofokus und allen Automatiken.

Warum nur "fast"?

Auch wenn die Hindernisse im IX-Objektivbajonett weggesägt wurden, so steht die Hinterlinse samt Kunststofftubus etwas zu weit ins Gehäuse. Resultat: Der Spiegel schlägt beim Auslösen an, die Kamera blockiert. Das tut er aber nur bei kürzester Brennweite 24 mm. Ausprobiert und in der Exif angezeigt gehen 26 mm problemlos! Und im Liveview-Modus der D4 mit hochgeklapptem Spiegel läuft das IX-Nikkor auch bei kürzester Brennweite! Dasselbe Verhalten zeigt das 24-70 mm IX-Nikkor übrigens auch auf der Nikon D90 mit APS-C Sensor. Bei jeder Nikon DSLR, die Liveview bietet, würde es gehen.

Interessante Beobachtung: Obwohl nur für die Fläche von 16,7 x 30,2 mm des APS-Films gerechnet, zeigt das 24-70 mm IX-Nikor im 24 x 36 mm Vollformat nur bei 24 mm Anfangsbrennweite Vignettierung (Randabschattung). Für die 24 mm dann im Liveview-Modus.

Da der Umbau aufgrund eines Blendenmitnehmers, der nach dem Umbau des Bajonetts durch eine winzige Feder furchtbar „fummelig“ wieder zurückmontiert werden musste, werde ich es bei dem einen umgebauten IX-Nikkor belassen. Es gibt aber einen zweiten schwerwiegenderen Grund. Bei visueller Kontrolle ist zu erkennen, dass der Hinterlinsentubus des 20-60 mm IX-Nikkors geschätzt noch 5 mm weiter nach hinten ragt. Ja, mit Livewiew dürfte es auch gehen, aber mit dem 24-70 ist genug gespielt. Das 20-60 wird auf die spiegellose Fuji X-T20/X-T30 adaptiert!

IX-Nikkore, adaptiert auf die spiegellose Fuji

Serienmäßig kompatibel: 4,5-5.6/60-180 mm IX-Nikkor auf der Kodak DCS315 – Basis Nikon Pronea 6i (600i)

Im Foto oben noch nachträglich einmontiert, ist ein 4,5-5.6/60-180 mm IX-Nikkor für 20 Euro unterwegs in die Sammlung.

Das komplette IX-Nikkor Spielpotential für 2020

Größenvergleich

Obwohl sie brennweitenmäßig mit 55-200 mm zu 60-180 mm so dicht beieinanderliegen, fallen die Baugrößen sehr unterschiedlich aus. Das 4-5,6/55-200 mm DX VR Nikkor ist für (digitale) APS-C-Sensorfläche von 15 x 23 mm ausgelegt, aber viel größer als das für deutlich (analoge) APS-Film-Sensorfläche von 16,7 x 30,2 mmx. Liegt es nur an der Stabilisierung des DX-Zooms? Beachten Sie die rückseitigen Objektivdeckel. Der fürs IX-Nikkor muss notgedrugnen größer sein, da der verlängerte Tubus Platz haben muss.

Das 60-180 mm Telezoom wurde bereits auf der spiegellosen Fuji getestet

Bildbeispiele, aufgenommen mit dem 3,5-5,6/24-70 mm IX Nikkor auf der 16 MP Vollformat Nikon D4 – im Vollformat

Unterwegs zur Retro-Tankstelle, einem liebevollen Nachbau der 1970er Jahre

Natürlich ist es "nur" ein lichtschwaches Kit-Zoom mit Plastik- (Kunststoff) Bajonett, das auf dem Profiboliden Nikon D4 ziemlich deplatziert wirkt. Dennoch reizen mich solche Kombinationen. Bilder bekommt man auch damit immer hin. Die kürzeste 24 mm Brennweite schwächelt in den Bildecken. Dort merkt man, dass das Zoom eben doch nur fürs 16,7 x 30,2 mm APS-Filmformat vorgesehen war. Ab 26 mm Brennweite lässt sich das IX Nikkor problemlos im Vollformat betreiben.

Ralf Jannke, Sommer 2020

 

Kommentare (1)

  • Laen
    Laen
    am 13.08.2021
    Kleiner tip! Die Blockade ist nur der innere Ring der mit 3 Maden/Mini Schrauben gehalten wird. Ebenso ist auch der digitale Port genauso befestigt.

    Daher ist es nicht nötig den bajonett verschluss und den digitalen Port abzubauen und man erspart sich die feder fummelei! Nur als tip wenn auch spät.

    Ich hab ne 60-180mm IX Nikkor umgebaut und auf der Nikon D40x keine Schatten durch zu kleines Format. Wegen dem hinten rausragen der linse kann ich auf 70-68mm runter gehen.

    Aber sonst danke für den Hinweis das man es umbauen kann.

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