Nokia 110

Hier zeige ich ein Feature-Phone, das eine Kamera eingebaut hat. Sie hat nur Fixfokus und eine extrem schlechte Bildqualität.

Spezifikationen

  • Das im Sommer 2019 vorgestellte Nokia 110 ist 115 x 50 x 15 mm groß und wiegt mit Akku 75 g.
  • Der CMOS-Sensor unbekannter Größe löst maximal 320 x 240 Pixel  = 0,076 Megapixel auf. Die Empfindlichkeit ist unbekannt. Videos sind möglich. Bilder werden als JPEG im internen Flash-Speicher oder auf einer micro-SD/SDHC-Karte (max. 32 GB) abgelegt.
  • Das Objektiv ist eine Festbrennweite unbekannter Brennweite
  • Das Motiv wird über einen 1,8“ Monitor mit ca. 19.200 Subpixeln (120x160 Farbtripel) ausgewählt
  • Fixfokus
  • Belichtungssteuerung durch Zeitautomatik mit ISO-Automatik, Belichtungszeiten unbekannt, Selbstauslöser mit ca. 10 sek. Vorlaufzeit
  • keine Bildbeleuchtung
  • Weißabgleich automatisch
  • rein elektronische Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch wechselbaren Lithium-Akku

Besonderheiten

Nokia war lange Zeit Marktführer bei Mobiltelefonen gewesen, geriet jedoch nach Aufkommen der Smartphones von Apple bzw. Android ins Hintertreffen. 2011 zeigte Nokia das erste Telefon mit Microsoft Windows Mobile als neuem Betriebssystem, diese Kooperation endete aufgrund von weiter sinkendem Marktanteil 2014 im Verkauf der Nokia Mobiltelefonsparte an Microsoft, so daß etwa 2016 der Markenname kurzfristig vom Markt verschwand, weil Microsoft die „Reissleine“ zog und seinerseits die Mobiltelefonproduktion einstellte. In der Zeit danach erhielt Nokia das Recht zurück, Telefone unter seinem alten Markennamen anbieten zu können und lizensierte diesen an die von ehemaligen Nokia-Mitarbeitern im finnischen Espoo neu gegründete HMD Global Oy, die seitdem Nokia-Telefone mit Android-Betriebssystem entwickeln und von Auftragsfertigern herstellen lassen.

Das vorgestellte Feature-Phone ist ein ganz einfaches und preiswertes Mobiltelefon, es wendet sich vor allem an Käufer, die nur Telefonieren und SMS versenden wollen, deren altes Handy nach Abschaltung der GSM- bzw. 3G-Masten jedoch nicht mehr funktioniert. Das Nokia 110 hat sowohl LTE-Empfang als auch die Möglichkeit, über LTE zu telefonieren (Voice over LTE). Es sind sogar zwei SIM-Karten-Schächte (für Mini-SIMs, nicht für Micro- oder Nano-SIMs) und zwei Mobilfunkantennen eingebaut (Dual-SIM-Betrieb). Des weiteren sind einige Spiele vorinstalliert, die meisten sind jedoch nur Demos, die erst nach Zahlung einer Gebühr von ca. 2 Euro je Spiel freigeschaltet werden. Nur das typische Nokia-Spiel „Shake“ ist kostenfrei dauerhaft nutzbar.

Weitere Funktionen sind ein UKW-Radio (benötigt als Antenne das Kopfhörerkabel), ein MP3-Player (ohne Anzeige der eingebetteten Angaben wie Musiker, Album, Coverbild usw.), eine Taschenlampe, ein Kalender, ein Wecker und ein Audiorekorder.

Das Design orientiert sich an einigen klassischen Nokia-Mobiltelefonen der 1990er-Jahre, z. B. dem 3410 oder dem 3310. Weil nur wenige Funktionen und Features verbaut sind, hält der wechselbare Akku enorm lang, mit einer eingelegten SIM-Karte ist eine Bereitschaftszeit von fast einer Woche möglich, auch das ununterbrochene Telefonieren ist stundenlang am Stück möglich.

2019 wurde vermutlich ein völlig anderes Modell als Nokia 110 an Erst-Tester bzw. Zeitschriften und Webportale verschickt, in den heute im Netz verfügbaren Tests des Nokia 110 wird von einem eingebautem Browser gesprochen und von Bluetooth-Kopplungsmöglichkeit. Beides fehlt meinem Exemplar, außerdem sieht es etwas rundlicher aus, hat andere Abmessung und ist leichter. Möglicherweise vertreibt HMD in verschiedenen Ländern unterschiedliche Geräte unter identischer Modellbezeichnung.

Zur Fotoaufnahme wird eine vorinstallierte „App“ gestartet, entweder von Hand über einen Menu-Punkt bzw. je nach angezeigtem Menü auch durch Druck auf eine der „Funktionstasten“. „Dank“ Fixfokus erfolgt die eigentliche Auslösung relativ schnell, da kein Fokussierungsvorgang die Aufnahme ausbremst. Das Speichern ist hingegen relativ gemächlich, da sich die Bildwiedergabe nach der Aufnahme kaum abkürzen läßt. Außerdem hat die Kamera-Anwendung nur relativ wenig Einstellmöglichkeiten. Die Aufnahmen entstehen bei normaler Telefonhaltung im Hochformat, hat man das Nokia 110 bei der Aufnahme quer gehalten, muß man die Aufnahmen am Rechner hinterher selbst drehen.

Aufgrund der festen Fokussierung ist die Aufnahme von nahem Objekten nicht sinnvoll möglich, sie werden trotz winzigem Sensor und kleiner Brennweite nur unscharf abgebildet. Es gibt einen Digitalzoom, den man aber sinnvollerweise nicht benutzt, sondern besser am heimischen Rechner die gemachten Aufnahmen zuschneidet. Als Auslöser dient die mittlere Taste des Steuerkreuzes.

Das Display ist im Vergleich zu denen in zeitgleichen Smartphones schlecht. Mit lediglich 120x160 Pixeln ist es enorm grobpixlig und unscharf.

Das Objektiv hat keine Blende, es wird immer mit der Offenblende aufgenommen. Ein mechanischer Verschluss ist ebenfalls nicht vorhanden, die Verschlußzeiten werden rein elektronisch gebildet, „Rolling-Shutter“-Effekte sind leider die Folge. Die Kamerasteuerung nutzt als Belichtungssteuerung eine Kombination aus Zeit- und ISO-Automatik. Die Aufnahmeparameter verrät das Handy nicht, die EXIFs sind fast völlig ohne Inhalt.

Es ist kein Blitz eingebaut, auch keine LED zur Aufhellung. Zwar wurde eine weiße LED als Taschenlampenersatz verbaut, aber diese leuchtet an der Schmalseite des Telefons und beleuchtet das Aufnahmeobjekt nicht.

Es sind zwei Schnittstellen eingebaut, eine Kombi-Buchse für das Headset bzw. einen üblichen Kopfhörer und micro-USB, über diesen Anschluß wird das Handy auch geladen, es meldet sich auf Wunsch als Massenspeicher am Computer an, angezeigt werden zwei Laufwerke: der interne Speicher und die eingelegte MicoSD-Karte. Die Bilder werden nicht in einem digitalkameratypischem Ordner „DCIM“ abgelegt, so daß sie vom Computer nicht automatisch angezeigt werden, sondern müssen manuell im Bildaufnahmeordner „Pictures > Captured Photo“ gesucht werden. Allerdings ist die Geschwindigkeit des USB-Anschlusses extrem langsam und erreicht nur etwa 1 MB pro Sekunde, so daß man die Karte besser entnimmt und mittels Speicherkartenlesegerät befüllt.

Im Inneren ist ein micro-SD-Kartenschacht verbaut, er ist aber nur zugänglich, sofern der Akku entnommen wird. Es können Karten mit maximal 32 GB benutzt werden.

Der UVP des Nokia 110 betrug etwa 40 Euro ohne Vertrag. Im Jahr 2022 war der „Straßenpreis“ auf etwa 25 Euro gefallen.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden bei Vollautomatik, gespeichert als JPEG in bester Qualität (geringste Kompression). Die Größe ist unverändert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde nicht korrigiert, es sind also fast unveränderte Bilder „Out of the Cam“. Belichtungs-Angaben sind nicht eingebettet, da das Handy diese Angaben nicht preisgibt.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse des Nokia ist fast vollständig aus Kunststoff gefertigt, es ist für seine „Größe“ überraschend leicht. Neben dem gezeigtem Schwarz gab es noch andere Farben, darunter Blau und Pink.

Das Kameramodul gehört zur Klasse der in Featurephones eingebauten Bildaufnahmegeräte, sein Auflösung von 0.08 Megapixeln ist in keinster Weise zeitgemäß. Man fragt sich, wo 2019 noch ein solches Modul herstellerseitig verfügbar war oder ob ein Webcam-Modul mit höherer Auflösung durch Pixelreduktion auf 320x240 Pixel heruntergerechnet wird.

Die Bilder sind matschig, unscharf und der Kontrastumfang ist schlecht, Schatten „saufen ab“, helle Stellen „brennen aus“.

Allerdings muß der extrem niedrige Herstell- und Verkaufspreis berücksichtigt werden, es ist schon erstaunlich, wieviel Technik für ca. 5 Euro Herstellkosten 2022 verbaut werden kann: das Display, eine Tastatur, zwei Mobilfunkantennen, drei Kartenschächte, RAM, ROM, ein Prozessor, ein Kameramodul und das Gehäuse müssen auch noch zusammengebaut werden.

Die Gummitasten sind schwammig, die mittlere Taste des Steuerkreuzes ist schwierig zu treffen, drückt man nicht genau die Mitte, so erwischt man eine der Richtungstasten. Der „Tastensound“ ist zwar in der Lautstärke verstellbar, aber der abgespielte Ton nicht, er wirkt wie ein Klang aus einem Videospiel. Der Klingelton kann aus einigen vorinstallierten Musikstücken ausgewählt werden, darunter die berühmte Nokia-Melodie. Außerdem kann eine eigene MP3-Datei als Klingelton definiert werden.

Fazit: ein digitalkamerahistorisch unwichtiges Featurephone und zum ernsthaften Bildermachen völlig ungeeignet. Die Aufnahmen taugen nicht einmal zur Dokumentation irgendwelcher Vorfälle, als Beweis eines Unfallschadens z. B. sind sie unbrauchbar. Die in Aufnahmen heutiger Smartphones eingebetteten kleineren Vorschaubilder haben eine bessere Qualität als die Aufnahmen des Nokia 110.

Christian Zahn

 

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