M42 Weitwinkelobjektive an der Olympus Pen F
In diesem Kurzbericht geht es um die Benutzung von drei etwa 45-55 Jahre alten Manuellfokus-Objektiven an der Olympus Pen F, einer spiegellosen mFT-Systemkamera mit 20 Megapixeln. Alle haben das universelle M42-Gewinde, das viele Kamerahersteller seit den 1940er Jahren für ihre Spiegelreflexkameras nutzten.
Enna München Ennalyt 1:3,5/35mm
Das Objektiv ist nach 1970 gebaut worden, denn es ist ein fast vollständig in Kunststoff gefasstes Objektiv. Diese Technik hatte ISCO, Göttingen bereits 1963 vorgestellt, die Enna-Werke, München, jedoch erst 1970, um sehr preiswerte Objektive herstellen zu können. Baugleich wurden diese Objektive auch von Foto Quelle unter dem Label „Revue“ vertrieben.
Das gezeigte 3,5/35mm ist ein einschichtvergütetes Objektiv, die Gravur lautet „Lens Made in W-Germany“. Die optische Rechnung basiert auf den Enna-35mm-Objektiven aus den 1950er-Jahren und hat 4 Elemente in 4 Gruppen. Obwohl sich während seiner Bauzeit der M42-Antrieb für automatische Blende längst etabliert hatte, ist im vorgestellten Objektiv lediglich eine Vorwahlblende eingebaut, d. h., der Fotograf mußte bei jedem Foto zum Scharfstellen die Blende öffnen und wieder schließen.
Der geriffelte und sehr schmale Entfernungsring läuft inzwischen sehr stramm, da lediglich zwei Kunststoffgewinde ineinanderlaufen und das Schmiermittel deutlich gealtert ist. Der Einstellweg ist mit etwa 330° erfreulich lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,26 für solch eine alte Rechnung überraschend kurz. Der Blendenvorwahlring rastet ganzstufig, es sind nur 5 Lamellen eingebaut. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 52mm eingeschraubt.
Das Objektiv hat einen Durchmesser von 66 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 41 mm und wiegt 130 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 8mm langer.
Das gesamte Objektiv macht keinen hochwertigen Eindruck, es ist vollständig aus Kunststoff hergestellt und sehr leicht. An der Entfernungs-Skala sind Tiefenschärfemarkierungen vorhanden, ein Index für die Infrarotfotografie fehlt. Das Objektiv verzeichnet nur gering, in den Bildern ist dieser Bildfehler praktisch nicht sichtbar.
Das Objektiv ist am Cropsensor der Pen F (Faktor 3) und Offenblende recht unscharf, Abblenden auf 5,6-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die 20 Megapixel der Kamera werden nicht ausgereizt, die umgerechnet 80 Megapixel an Vollformat vermag das Objektiv auch in einer Mitte nicht zu liefern. Die chromatischen Aberrationen sind auch bei Blende 8 noch etwas sichtbar. Das Objektiv ist heutzutage sehr günstig zu bekommen, je nach Zustand und Zubehör liegt es zwischen 5 und 20 Euro.
aus Jena Flektogon 2,8/35
Das gezeigte 2,8/35mm stammt aus der Zeit, als der VEB Pentacon den Markennamen „Carl Zeiss“ im Handelsverkehr mit dem Westen nicht benutzen durften, nachdem die Zeiss Stiftung (West, Oberkochen) Anfang der 1950er Jahre ein entsprechenden Gerichtsbeschluss erreichen konnte. Darum trägt das gezeigte Exemplar lediglich die Aufschrift „aus Jena“ als Hinweis auf den Fertigungsort und die Objektivbezeichnung „Flektogon“. Vermutlich stammt es aus einem Beroflex-Import. Die Bauform deutet auf die 1960er Jahre hin, spätere Objektive haben Entfernungsring sowie Blendenring komplett in Schwarz gefertigt. Das 35er-Flektogon wurde optisch baugleich auch in einer Version mit Exakta/Exa-Bajonett angeboten, eine spätere Version gab es auch mit elektrischer Übertragung der Blendenringstellung an die Kamera.
Die Flektogon-Rechnung wurde 1950 von Carl Zeiss Jena patentiert, die im Westen als Distagon von Zeiss Oberkochen sehr ähnlich ab 1953 gebaut wurde.
Der „Zebra“-Entfernungsring läuft inzwischen ein wenig zu leicht und macht leise kratzende Geräusche, der Einstellweg ist mit 330° erfreulich groß, die Naheinstellgrenze von 0,18 Metern ist erstaunlich kurz. (Gemessen wird ab der Sensorebene, darum liegt die Bildebene bei maximalem Auszug sehr nah an der Frontlinse.)
Da sich bei solch extremen Naheinstellungen die effektive Blende stark verändert, weil das Bildfeld des Objektivs immer größer wird und somit weniger Licht auf den Sensor bzw. den Film fällt und immer mehr daneben, hat das gezeigte Flektogon einen Blendenausgleich. Bei Offenblende verstellt sich der Blendenring (es wird bei maximaler Naheinstellung etwa 1:3,5 angezeigt), um den Fotografen auf diesen Umstand hinzuweisen. Bei allen anderen Blendenzahlen wird die Blende so weit geöffnet, daß die resultierende Blende mit der eingestellten Blende übereinstimmt. Diese Verstellung wird durch eine schräg gefräste Führung im Objektiv erzeugt und war notwendig, da damals noch sehr oft mit externen und nicht mit in der Kamera eingebauten Belichtungsmessern gearbeitet wurde, die das durch das Objektiv fallende Licht messen können.
Der Blendenring des Flektogons rastet halbstufig, es sind nur 5 Lamellen eingebaut. Die Springblende arbeitet einwandfrei, die öfters auftretende „sticky aperture“, also die in Offenblendstellung durch aus dem Schmiermittel des Schneckenganges ausgetretenes Öl verklebte Blende hat mein Exemplar nicht. Die automatische Springblende kann auch durch Drücken eines Hebels manuell geschlossen werden, z. B. beim Einsatz an einem Balgengerät.
Das nicht mitdrehende Filtergewinde beträgt 49 mm, das Objektiv hat einen Durchmesser von 65 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 48 mm und wiegt 230 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 17 mm länger. Die Streulichtblende wird in das Filtergewinde eingeschraubt. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.
Das gesamte Objektiv macht einen recht hochwertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall (vermutlich jedoch nur Aluminium, kein Messing, darum relativ leicht) und einfach vergütet.
Das Objektiv verzeichnet nur gering, bei den meisten Motiven nicht sichtbar. Das Objektiv ist am Cropsensor der Pen F und Offenblende etwas unscharf, Abblenden auf 5,6-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 5,6. Das Objektiv ist heutzutage nicht mehr preiswert zu bekommen, es kostet je nach Bajonettanschluß zwischen 50 und 80 Euro. Bevor es spiegellose digitale Systemkameras mit Vollformatsensor gab, wurde es zwischen 2000 und 2010 hingegen wesentlich billiger angeboten.
Porst Weitwinkel MC 1:2,8 35mm auto F
Das gezeigte 2,8/35 mm ist ein Import aus Fernost („Lens made in Japan“ steht auf der Außenseite). Der Hersteller des gezeigten Objektivs ist nicht endgültig geklärt, es wird aber mit recht hoher Wahrscheinlichkeit von Sankyo Koki (bekannter als Komura, nicht identisch mit der Elektronikfirma Sankyo) hergestellt worden sein. Das Objektiv ist sowohl laut Beschriftung als auch durch Augenschein kontrollierbar „MC“, also Multicoated, was das Streulichtverhalten entscheidend verbessert und auf ein Herstelldatum in den 1980ern hinweist. Die Seriennummer deutet auf das Herstelljahr 1982 hin. Das „F“ in der Gravur könnte auf einen optischen Aufbau mit 6 Elemente hinweisen (F = sechster Buchstabe des Alphabets), „auto“ meint die Springblendenfunktion.
Porst ließ das Objektiv sowohl mit dem Pentax-K-Bajonett fertigen als auch mit dem gezeigten M42-Schraubgewinde.
Der recht breite und mit geriffeltem Gummi ausgelegte Entfernungsring läuft weder zu leicht noch zu stramm, macht aber inzwischen leise kratzende Geräusche. Der Einstellweg ist mit etwa 300° erfreulich lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,5 Metern recht kurz. Die Blende rastet halbstufig, es sind nur 5 Lamellen eingebaut. Es ist ein Umschalter zwischen automatischer und manueller Blendenfunktion vorhanden, z. B. zum Einsatz an einem Balgengerät. Der originale Schutzdeckel ist ein Aufstecktyp mit Samtauskleidung des festhaltenden Ringes. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 55mm eingeschraubt.
Das Objektiv hat einen Durchmesser von 64 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 51 mm und wiegt 215 Gramm. Beim Nahfokussieren wird es ca. 2 mm länger. Das gesamte Objektiv macht einen sehr wertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall gefertigt und relativ schwer. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.
Das Objektiv verzeichnet nur gering sichtbar, in der Praxis fällt dieser Abbildungsfehler nicht auf. Das Objektiv ist am mFT-Sensor der Pen F und Offenblende recht unscharf, Abblenden auf 5,6-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die chromatischen Aberrationen sind bei Blende 8 kaum sichtbar. Das Objektiv ist heutzutage recht günstig zu bekommen, je nach Zustand, Bajonettanschluß und Lieferumfang liegt es zwischen 10 und 40 Euro. Dabei ist zu beachten, daß Porst auch ein lichtschwächeres 3,5/35 verkaufte, das meistens noch preiswerter angeboten wird.
Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA- und Zeit-Automatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 8, gespeichert als ORF, gewandelt mit Olympus Viewer 3 und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte einmontiert.
Fazit
Die Olympus Pen F ist dank eingebautem Bildstabilisator, 14-facher Sucherlupe und zuschaltbarem Fokus-Peaking sehr gut geeignet, um alte Objektive manuell scharfzustellen. Aufgrund des Cropfaktors von 2 wird aber leider aus den 50er Normalobjektiven leichte Teleobjektive mit 100mm äquivalenter Brennweite, dank umgerechneter Offenblende von 1:2,8 bis 1:4 kann je nach Objektiv auch durchaus gut der Hintergrund freigestellt werden.
Das Jena 35mm Flektogon hatte ich bereits am Vollformatsensor der Nikon Z5 getestet, es hat sich dort als sehr gut verwendbar herausgestellt. An der Pen F gefällt es mir ebenfalls.
Daß das Ennalyt nicht gut ist, hatte ich erwartet und es hat sich bestätigt, daß dieses einfaches und auf Rechnungen der 1950er-Jahre basierendes Objektiv auch in der Bildmitte nicht viel leisten kann. Das 35er Porst hatte ich bereits an der APS-C-Kamera Canon EOS 50D mit 15 Megapixeln probiert und es schnitt dort brauchbar ab, auch an der Pen F ist es nicht schlecht.
Christian Zahn
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 29.01.2023 |
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