Vergleich RAW-Entwicklung Adobe Camera Raw 9.1.1 und Canon DPP 4.xx
im Folgenden vergleiche ich zwei RAW-Konverter, zum einen eine ältere Version von Adobe Camera RAW, die mit Photoshop CS6 zusammen geliefert wurde und einen Softwarestand von 2014 hat sowie die aktuelle Version 4 vom kostenlosem Programm Canon Digital Photo Professional mit Softwarestand Frühjahr 2025. Zwar ist es unfair, zwei Programme zu vergleichen, die mehr als 10 Jahre auseinanderliegen, denn in diesen Jahren hat sich die Softwarebranche durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz massiv verändert. Aber da Adobe für seine aktuellen Programme monatliche oder jährlich Miete verlangt, bin ich bei meiner letzten Photoshop-Kaufversion stehengeblieben und das bleibt auch solange, wie mein iMac funktioniert, auf dem mein CS6 läuft. Canon DPP habe ich auf einem Windows 11 - Computer installiert, denn die Canonsoftware funktioniert auf meinem „betagten“ iMac von 2016 nicht.
Adobe Camera RAW (ACR)
Adobe Camera RAW ist die RAW-Entwicklungsengine, die auch in Lightroom „eingebaut“ ist. Jedoch wird ACR als Photoshop-Plugin geliefert, d. h., entweder „entwickelt“ man ein einziges Bild und übergibt es direkt im Arbeitsspeicher an Photoshop oder man bearbeitet viele Bilder, die dann zunächst auf die Festplatte gespeichert werden, sinnvollerweise als 16-Bit-TIFF ohne Kompression. Die weitere Bearbeitung erfolgt dann in Photoshop nach dem Öffnen der TIFFs.
Ich nutze einen Apple iMac 5K Modelljahr Ende 2015 mit Intel i5 (4 Kerne, 3,2 GHz, 32 GB DDR-3-Arbeitsspeicher mit 1867 MHz, 27-Zoll Display mit 5120x2880 Pixeln, 2 TB SATA-SSD über Thunderbolt extern angebunden) unter dem beim Kauf bereits installiertem OS 10.11, eine neuere Version habe ich nie eingerichtet, denn Photoshop läuft stabil, was unter den Folgebetriebssystemen nicht sicher ist.
Die Oberfläche von ACR ist etwas „angestaubt“, man sieht ihr das Alter von über 10 Jahren an. Trotzdem ist sie funktionell, außerdem recht schnell. Die Entwicklungsengine bietet viele Möglichkeiten, unter anderem eine schnelle automatische Bildverbesserung (Belichtung, Schärfe, Lichter, Schatten, Kontrast usw.), Lichter-Abdunklung, Schattenaufhellung, Objektivkorrekturen, Perspektive-Kontrolle usw.
Mehrere Bilder können „im Batch“ bearbeitet werden, alle in ACR geladenen Aufnahmen werden links in einem Bildstreifen angezeigt. Sind mehrere oder alle Bilder im Streifen markiert, kann rechts in der Palette im Reiter „Grundeinstellungen“ auf den Eintrag „Automatisch“ geklickt werden und für jedes ausgewählte Bild wird individuell Belichtung, Kontrast, Lichter, Schatten, Tiefen, der Weiß- und der Schwarzpunkt ermittelt und eingestellt. Das geht erstaunlich schnell, für viele hundert Bilder dauert es meist nicht einmal eine Minute. Die Bilder können danach im Bild-Streifen einzeln angewählt und manuell an den Schieberegler feinangepaßt werden. Nach meiner Erfahrung muß meist an den Lichtern nachkorrigiert werden, da ACR die Belichtung gerne „nach Oben regelt“, also eine oder zwei Blenden heller stellt als die eigentliche Aufnahme war, so daß beispielsweise der Himmel eine Lichterabdämpfung erfordert. Auch die Schattenaufhellung erfordert öfter eine händische Korrektur.
ACR kennt viele Kameras und Objektive, so daß die Objektivkorrektur lediglich eingeschaltet werden muß, das jeweils verwendete Objektiv mit seinen Parametern ermittelt die Software anhand der im RAW eingebetteten EXIFs. Die Korrektur der chromatischen Aberrationen muß extra zugeschaltet werden, ACR korrigiert automatisch in den Lensprofiles nur Verzeichnung und Vignettierung. Sind in den EXIFs bereits Angaben zur Korrektur der Objektivfehler enthalten, wie es beispielsweise bei FT oder mFT im Standard vorgeschrieben ist, nutzt ACR diese Angaben. Auf Wunsch kann die Adobe-Objektverkennung abgeschaltet und Verzeichnung und Vignetierung manuell geregelt werden.
Canon-Kameras können auch mit Fremdobjektiven verwendet werden, allerdings sind nicht alle jemals gebauten Fremdobjektive von Adobe durchgemessen worden.
Weitere Einstellmöglichkeiten sind die Korrektur von verdrehten Fotos oder stürzenden Linien, Weißabgleich, Farbkorrekturen uvm. Gegen allgemeines oder Farbrauschen gibt es einen eigenen Reiter, dort ist keine Automatik möglich, sondern die Regler erfordern Handarbeit.
Es ist möglich, die verwendete „Entwicklungsengine“ auf ältere Versionen zurückzuschalten, um mit Vorgängerversionen bearbeitete RAW-Dateien auch heute identische Ergebnisse zu erzielen. Alle Parameter werden nicht in die Originaldateien geschrieben, sondern eine eine „Containerdatei“ im XML-Format mit gleicher Namen wie das RAW, aber mit anderer Dateiendung. Werden die RAW-Dateien mach der ACR-Bearbeitung im Dateisystem verschoben oder kopiert, muß diese zweite Datei immer mitgenommen werden, da ansonsten die Bearbeitungsschritte von ACR verloren sind.
ACR neigt nach meiner Erfahrung deutsch bis stark zum Aufhellen der Belichtung, dann steigt das Rauschen des gesamten Bildes an, beim Aufhellen der Bildecken durch die Vignettierungskorrektur in den Ecken nochmals. Auch die Schattenaufhellung ist prinzipbedingt immer mit stärkerem Rauschen der aufgehellten Bildpartien verbunden.
Die Bildgröße stellt ACR immer anhand der im Adobe-Kameraprofil festgelegten Werten ein, sie entspricht pixelgenau der Herstellerangabe zur Auflösung. Eventuell vorhandene Randpixel (weil Bildsensoren immer größer sind als die vom Hersteller genannten Werte) werden nur intern während der Bilderzeugung ausgewertet, aber auf die Herstellerangabe beschnitten. Lediglich in Sonderfällen wird hochinterpoliert, beispielsweise bei den Super-CCDs älterer Fujikameras oder den Sensoren sehr alter Nikon-dSLRs.
Adobe ACR erkennt nur die in seiner Datenbank enthaltenen Kameras, neuere werden nicht erkannt, auch wenn sie mit älteren Kameras eigentlich baugleich sind, aber eine andere Bezeichnung in den EXIFs haben. Beispielsweise kennt meine Version die Fuji X-E2, die nur in der Firmware verbesserte Variante, aber mit fast identischem Sensor ausgestattete X-E2S wird nicht erkannt.
DNGs hingegen werden immer erkannt, auch wenn die Aufnahmekamera nicht in der ACR-Datenbank vorhanden ist, beispielsweise erkennt meine ACR-Version die DNGs aus dem iPhone 12 bzw. 14 Pro Max, obwohl diese Smartphones 2020 bzw. 2022 erschienen sind.
Canon Digital Photo Professional (DPP)
Die Software lag in älteren Versionen kostenlos den Kameras auf einer CD bei, für ein Upgrade mußte die Original-CD in einem Laufwerk liegen, weil sich nur dann die frisch aus dem Internet heruntergeladenene Version installieren ließ. Etwa 2014 erschien die Version 4.0, die komplett neu programmiert wurde und einen solchen „Kopierschutz“ nicht mehr hat. Statt dessen muß die Seriennummer der verwendeten Canon-Kamera im Internet eingegeben werden, nur wenn diese stimmt, startet der Download der Software, die sich dann ohne jeglichen Kopierschutz oder Kamera-Seriennummer-Eingabe auf jedem kompatiblen Computer installieren läßt.
Anfangs waren nur die damals neuen Kameras zu DPP 4 kompatibel, später gab Canon den Download auch für ältere Modelle frei. Die Software kennt fast alle jemals von Canon für das EOS-System gebauten Objektive, also EF, EF-s, EF-m, R, R-m usw. Fremdobjektive werden nicht erkannt, für diese lassen sich auch keine eigenen Lensprofiles anlegen, so daß die Nutzung von DPP zum „Vendor-Lock-In“ führt, für optimale Bildergebnisse ist man gezwungen, ausschließlich Canon-Objektive zu verwenden.
Ich nutze ein Lenovo ThinkCentre Tiny Modelljahr 2019 mit Intel i5 (6 Kerne, 3,4 GHz, 32 GB DDR-4-Arbeitsspeicher mit 2666 MHz, 1 TB NVMe-SSD, 27-Zoll Display mit 2560x1440 Pixeln) unter Windows 11. Sowohl die RAWs als auch die ausgegeben TIFFs liegen auf einem per Gigabit-LAN angebundenem NAS, damit ich auf die Bilder nach der Entwicklung mit meinem iMac zugreifen kann, um sie mit Photoshop CS6 weiterzubearbeiten.
Die Lensprofile sind sehr umfangreich und deshalb lädt die Software nur diejenigen herunter, die automatisch erkannt werden oder von denen der Anwender möchte, daß sie geladen werden sollen. Sind die Profile einmal auf der Festplatte installiert, ist keine Internetverbindung mehr erforderlich.
Die Nutzung der Software ist dauerhaft kostenlos, jedoch gibt es kostenpflichtige Zusatzmodule, die monatlich oder jährlich gemietet werden müssen. Diese nutzen künstliche Intelligenz, beispielsweise zur Vergrößerung der erzeugten Aufnahmen oder partieller Korrektur von Motivdetails (Entfernen von störenden Objekten, Farbkorrektur usw.) und erfordern ein Canon-Konto.
Die eingestellten DPP-Entwicklungsparameter werden in das RAW gespeichert, in den MakerNotes der EXIFs gibt es dann einen weiteren Eintrag mit den Parametern; dadurch ist das Bild nicht mehr „original“ aus der Kamera, sondern hat Datum und Uhrzeit vom Zeitpunkt der Speicherung der Parameter, nicht mehr des Aufnahmezeitpunkts. Dafür ist die Datensicherung und -Verschiebung einfach, weil alles in einer Datei steht.
Selbst erstellte Sätze aus RAW-Korrekturen werden von DPP als „Rezept“ bezeichnet, sie können komplett oder nur teilweise kopiert und auf andere Bilder angewendet oder als Vorlage abgespeichert werden. Somit sind verschiedene Rezepte je nach Motiv oder Notwendigkeit schnell und einfach auf ausgewählte oder alle Bilder des Bildstreifens zu transferieren.
Die DPP-Oberfläche ist modern, die Fenster lassen sich zu- oder abschalten und frei auf dem Bildschirm platzieren, die Vorschaubilder können auf verschiedene Größen gestellt werden, viele Elemente im Hauptfenster können ebenfalls ein- oder ausgeblendet werden.
Ein schönes Feature ist, daß auf Wunsch in jedem Vorschaubild im Bildstreifen (der links, rechts oder unterhalb des großen Bildes angeordnet sein kann) alle AF-Sensoren der jeweiligen Kamera zu sehen sind, wobei das oder die aktiven Felder rot, die inaktiven schwarz dargestellt sind. Auch im Hauptbild können die AF-Felder angezeigt werden, so erkennt man gleich, ob der Bereich des hervorgehobenen Feldes auch der Bereich der größten Bildschärfe ist oder die Kombination aus Kamera und Objektiv ggf. an „Back- oder Frontfokus“ leidet.
DPP beschneidet nicht auf die vom Kamerasensor fest vorgegebenen Pixel, sondern paßt die Bildgröße dynamisch an, je nachdem, wie stark die Objektivverzeichnung war. Aus Kameras wie der 7D oder der 100D mit dem 18-Megapixel-Sensor, der offiziell 5.184 x 3.456 Pixel hat, holt DPP je nach Objektiv 5266x3511, 5269x3513, 5335x3557 oder 5250x3500 Pixel heraus. (Die Aufzählung ist nicht vollständig!) Das sieht man an Vergleichen der Bildränder, bei DPP sind je nach Objektiv deutlich mehr Details am Rand vorhanden, die ACR abgeschnitten hat.
DPP hat zwei Arten der Objektivkorrektur, eine „klassische“, die Verzeichnung und Vignettierung beseitigt und chromatische Aberrationen größtenteils. Die als „Digitale Objektivkorrektur“ bezeichnete neue Methode eliminiert die chromatischen Aberrationen nach meiner Erfahrung quasi vollständig, außerdem ist eine Beugungskorrektur eingebaut. D. h., bei zu weit geschlossenen Blenden schärft DPP automatisch stärker nach, um die Weichzeichnung durch die Beugung an den kleinen Blendenöffnungen auszugleichen.
Leider ist DPP auf meinem Windowsrechner recht behäbig, jede Korrektur hinkt der Maus etwas nach, die automatische Bildoptimierung dauert je Bild etliche Sekunden, bis sie angezeigt wird. Vermutlich sind heutige PCs mit 10 oder gar 16 Kernen und DDR-5-Arbeitsspeicher erheblich flotter, jedoch aber auch viel teurer als mein „refurbished“-Gebraucht-PC.
Vergleich ACR und DPP
ACR ist schneller, sowohl der Durchlauf für die automatische Belichtung im „Batch“ als auch die Ausgabe der komplett berechneten Bilder ist bei mir trotz langsamerer Hardware DPP überlegen. Mehrere Hundert Bilder in DPP automatisch in Belichtung usw. zu analysieren, dauert bei meinem Rechner viele Minuten. Und das, obwohl der Windowsrechner ca. 4 Jahre jünger ist, zwei Kerne mehr hat und schnelleren Arbeitsspeicher besitzt. Auch die eigentliche „Entwicklung“, also das Abspeichern der TIFFs geht mit ACR schneller, auch wenn ich DPP nicht mit Daten per Netzwerk versorge, sondern nur die interne schnelle SSD verwende.
Die Bildergebnisse sind unterschiedlich: ACR stellt die Belichtung fast immer ca. eine bis zwei Blenden heller ein als DPP, so daß beim Himmel „gegengesteuert“ werden muß, indem die Lichter abgedunkelt werden. Weil ACR heller entwickelt, ist das Rauschen stärker ausgeprägt.
ACR kann die Belichtung, die Lichter sowie die Schatten ca. 5 Blendenstufen korrigieren, DPP nur jeweils ca. 3 Blendenstufen. Bei kritischen Bildern kann DPP nicht alles aus dem RAWs herausholen, ich arbeite das dann in Photoshop mit der dort ebenfalls vorhandenen Lichter-/Schattenbearbeitung nach.
Canon kennt seine Objektive besser als Adobe. Insbesondere Schärfe und chromatische Aberrationen werden von ACR nicht so gut ausgearbeitet. Selbst das alte, noch für Film gerechnete EF 28-135 IS USM überzeugt mich nach der DPP-Entwicklung, insbesondere die Bildecken sind ansehnlich, weil die digitale Objektivkorrektur vermutlich nicht nur die Vignettierung beseitigt, sondern die Ecken stärker schärft als die Bildmitte. In ACR wird es zu dem, was es optisch eigentlich ist: ein altes Objektiv mit recht matschigen Ecken, das für den Einsatz an einem dSLR niemals gedacht war, schon gar nicht an einer 5D Mark III mit 22 Megapixeln. (siehe Bildbeispiel 5 und 6)
Bis auf wenige Ausnahmen sind die DPP-Ergebnisse schärfer und besser als die ACR-Bilder, nur bei wenigen Fotos hat DPP zu stark geschärft, so daß die berüchtigten weißen Kanten um Linien im Motiv auftauchen. Um auf einen subjektiv gleichscharfen Bildeindruck zu kommen, muß ich die ACR-Aufnahmen in Photoshop nochmals nachschärfen. Und weil DPP nicht so stark aufhellt, wirken die Bilder durch den höheren Kontrast zusätzlich „knackiger“. Die etwas dunklere Belichtung läßt auch die Farben satter erscheinen, ACR wirkt im Vergleich meist blasser.
Ich habe jeweils die ACR- und die DPP-Entwicklung zu einem 3000x1200 Pixel großem Bild zusammengefaßt, die Einzelbilder sind somit auf 1200 Pixel Bildhöhe verkleinert und danach auf 1500 Pixel Breite beschnitten. Links befindet sich immer die ACR-Entwicklung, rechts die aus DPP. Beide Programme habe ich jeweils automatische das Bild verbessern lassen, lediglich bei extrem kritischen Bildern manuell noch etwas an den Lichter- und Schattenreglern nachkorrigiert. Die Bildschärfen wurde immer auf den vom Programm ermittelnden Werten belassen, ebenso der automatische Weißabgleich, nebst chromatische Aberrationen. In beiden Bildhälften ist jeweils ein 100%-Ausschnit eingeblendet.
Fazit
Ich habe seit 2018 mit ACR die Bilder aus meinen Canon-Kameras entwickelt und fand insbesondere die Ergebnisse der automatischen Bildverbesserung im Allgemeinen recht gut, lediglich die Schärfe erforderte in Photoshop manuelle Nacharbeit. Seit ich DPP testweise auf etliche Canon-RAWs „losgelassen“ habe, werde ich nur noch DPP nutzen, die Schärfe ist besser und die Objektivfehler werden besser korrigiert. Daß die Bilder ein wenig größer als aus ACR sind, ist ein nettes „Zuckerl“ obenauf, statt knapp unter 18 Megapixeln bis zu 19,5 Megapixel zu bekommen, klingt zwar nicht nach großem Unterschied, aber bei manchem Foto sind die zusätzlichen Randpixel nicht unwichtig, weil sie im Sucher der dSLR vorhanden waren, von ACR jedoch weggeschnitten und von DPP ausgegeben werden.
Außerdem kann ich DPP mit allen meinen Canon-Kameras verwenden, auch mit denen, die mein ACR 9 vom Photoshop CS6 nicht erkennt, weil sie neuer als meine Adobe-Software sind. Somit steht fest, meine CR2s und CR3s kommen zukünftig ins „DPP-Entwicklungslabor“.
Christian Zahn, April 2025
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 14.04.2025 |
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