Canon Powershot G3 Praxisbericht von Christian Zahn

Hier stelle ich eine frühe semiprofessionelle Kamera von Canon vor. Für etliche mir bekannte ambitionierte Fotoamateure war sie die erste „richtige“ Digitalkamera und der Grund, zukünftig nicht mehr analog aufzunehmen.

Einen ausführlichen Praxisberichtericht über den ebenfalls 4 Megapixel auflösenden Vorgänger Canon Powershot G2 hat Ralf Jannke verfasst. Im nebenstehenden Infokasten etwas zum Vorgänger Powershot G2.

Spezifikationen

  • Die 2002 vorgestellte Canon PowerShot G5 ist 121 x 74 x 70 mm groß und wiegt ohne Akkus und Speicherkarte 410 g.
  • Der 1/1,8“ CCD-Sensor (7,2 x 5,3 mm) mit Pixelpitch 3,1µm löst maximal 2.272 x 1.704 Pixel  = 4 Megapixel auf. Mit der ISO-Automatik oder manuell sind 50 bis 400 ASA einstellbar. Videos sind nicht möglich. Bilder werden als JPEG oder CRW (RAW-Format) auf CompactFlash-Karten (max. ca. 4 GB) gespeichert.
  • Das Objektiv ist ein 7,2-28,8 mm/1:2,0-3,0 (35-140 mm @KB) 4-fach Zoom, zusätzlich optionale Weitwinkel- und Telekonverter
  • Das Motiv wird über einen abschaltbaren sowie dreh- und klappbaren 1,8“ TFT LCD Monitor mit 113.000 Subpixeln angezeigt, der auch die Menüsteuerung übernimmt. Zusätzlich ist ein optischer Realbildsucher vorhanden, der allerdings nicht das gesamte aufgenommene Bild zeigt. Außerdem ist auf de Kameraoberseite ein kleines LCD-Statusdisplay für wichtige Bildparameter vorhanden.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S) oder kontinuierlicher Autofokus (AF-C), Ermittlung durch Kontrasterkennung des Bildsensors,
  • Belichtungssteuerung durch Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik oder manuellen Modus sowie diverse Motivprogrammen. Matrixmessung, mittenbetonte Integralmessung oder Spotmessung. Belichtungszeiten 15s bis 1/2000 sek., kombinierter mechanischer und elektronischer Verschluß, Selbstauslöser mit 10 s Vorlaufzeit
  • im Gehäuse integrierter Blitz mit Leitzahl 10 und den üblichen Funktionen: Ein/Aus, Automatik, Langzeitsynchronisation, Rote-Augen-Reduktion, zusätzlich Norm-Blitzschuh mit TTL-Kontakten (kompatibel mit digitalen Canon-Spiegelreflexkameras)
  • Weißabgleich automatisch oder manuell mit diversen Vorwahlen wie Sonne, Wolken, Glühlampenlicht usw.
  • keine Bildstabilisierung
  • optionale Infrarot-Fernbedienung
  • Energieversorgung durch Lithium-Akku BP-511

Besonderheiten

Die Canon Powershot ist nach der G1 und G2 die dritte Kamera der „G“-Serie, die Produktlinie wurde bis ca. 2019 und der G15 bzw. G5X fortgesetzt. Der Nachfolger hieß übrigens G5, eine G4 wurde nicht gebaut (vermutlich weil die Zahl 4 in Japan als Unglückszahl gilt, so wie bei uns die 13. So gibt es übrigens auch keine Panasonic Lumix G4 bzw. keine Olympus Pen E-P4).

Die G-Serie hat bei vielen ambitionierten Fotografen erstmals die analoge Kamera verdrängen können, da sowohl Handhabung, Bildergebnisse, Bildspeicherzeiten und Bildfolgezeiten durchaus damaligen gehobenen Ansprüchen genügten. Der Neupreis von ca. 1000 Euro war durchaus marktgerecht. Einen ähnlich durchschlagenden Erfolg hatte später die Massen-dSLR EOS 300D.

Die Bilder können als JPEG oder im Canon-RAW-Format CRW aufgezeichnet werden. Als Speichermedium dienen CompactFlash-Karten. Auch die zum Kameravorstellungszeitpunkt noch nicht verfügbaren Karten mit 4GB funktionieren einwandfrei.

Die Stromversorgung erfolgt mit einem LiIon-Akku BP-511 (dieser wurde auch in vielen frühen Canon-dSLRs verwendet). Der Akku kann auch in der Kamera geladen werden.

Das Objektiv ist aufwendig mit 8 Elementen in 7 Gruppen konstruiert, darunter sind zwei asphärische Linsen. Der Autofokus hat nur ein einziges Feld, dieses ist aber frei auf der gesamten Bildfläche verschiebbar.

Der Gehäuseblitz ist fest eingebaut. Leider ist er recht nah am Objektiv montiert, in Weitwinkelstellung schattet es das geblitzte Bild etwas ab. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt TTL mittels Vorblitz. Zusätzlich ist ein Norm-Blitzschuh eingebaut, er hat die TTL-Kontakte des E-TTL-Systems (dieses wird auch in allen digitalen Canon-Spiegelreflexkameras verwendet).

Das Kameradisplay ist beweglich montiert, es kann geschwenkt und verdreht werden. Es kann sogar um 180° gedreht werden, so daß es geschützt einklappbar ist und dabei automatisch abgeschaltet wird. Da ein optischer Realbildsucher vorhanden ist, kann so die Akkulaufzeit erheblich verlängert werden. Allerdings zeigt der Sucher systembedingt aufgrund der Parallaxenfehler nicht das gesamte aufgenommene Bild, sondern deutlich weniger.

Neben dem Sucher sind zwei Kontroll-LEDs für Blitz und AF vorhanden, in Verbindung mit dem Statusdisplay auf der Oberseite kann die Kamera gut stromsparend ohne Monitoreinsatz bedient werden.

Die Kamera hat relativ viele Tasten, Hebel und Räder, es gibt ein Moduswahlrad und sogar ein Finger-Rad. Der Hauptschalter ist ungewöhnlich gestaltet: Zunächst muß ein kleiner Entriegelknopf gedrückt werden, dann kann der Schalter nach links (für Aufnahme) oder rechts (für Bildwiedergabe) bewegt werden. Ausgeschaltet wird die Kamera durch Drücken eines Knopfes oben im Hauptschalter.

Die Kamera schreibt etliche interessante Dinge in die MakerNotes der CRWs, darunter: die eingestellte Objektivbrennweite mit 4 Stellen nach dem Komma, die exakten Sensormaße, die „krumme“ wahre Belichtungszeit, die wahren Sensor-Pixelmaße (2376x1728) und etliche Bildparameter inkl. der Position des AF-Feldes.

Freie RAW-Konverter geben 2312x1720 Pixel aus, Lightroom, Adobe Camera Raw und die originale Canon-Software nur die offiziellen 2272x1704 Pixel.

Die Kamera hat zwei Gurtösen, sie baumelt also nicht kompaktkameratypisch an einer Hand, sondern wird komfortabel um den Hals gehängt getragen.

Wie bei etlichen Exemplaren in meiner Sammlung hat der Vorbesitzer trotz intensiver Benutzung den Werbeaufkleber an der Frontseite nicht abgezogen. Canon wies damals auf folgendes hin: 4 Megapixel, 14x Zoom (inkl. Digitalzoom), F2.0 Offenblende, DirectPrint (eine damals neue Drucktechnik, die es ermöglichte, Fotodrucker direkt an die Kamera anschließen zu können, ohne einen Umweg über einen Computer machen zu müssen).

Die UVP der PowerShot G3 betrug ca. 1000 Euro. Ich erwarb die Kamera im Frühjahr 2017 in einem größeren Konvolut zu einem Stückpreis von ca. 5 Euro, allerdings nur mit Akku und Netzadapter, weiteres Zubehör war nicht dabei.

Brennweitenkonverter

Zur G-Serie gab es zusätzlich zu erwerbende Konverter, die die Brennweite verändern.

Damit die Konverter überhaupt montiert werden können, muß der das Objektiv umgebende Ring entfernt werden (er rastet mit einem Bajonett ein). Dann wird der LA-DC58B (Lens Adapter Digital Camera 58mm Bajonett) angesetzt; dieses runde Stück Kunststoff kostete etwa 50 (!) Euro. Es dient außerdem zur Befestigung von Einschraubfiltern mit M58. Immerhin hat diese sündhaft teure Lösung den Vorteil, daß die enorm schweren Konverter nicht am filigranen Objektivtubus, sondern an einem anderen Bauteil „zerren“.

Nun kann der (160 Euro teure) Weitwinkel-Konverter WC-DC58N (Wide Converter Digital Camera 58mm New) eingeschraubt werden. Er verkürzt die Brennweite um 0,7, somit werden aus den 35mm der G5 28mm. Die riesige Frontlinse (94mm) hat keine Gegenlichtblende, Fingerabdrücke beim Auf- oder Abschrauben sind vorprogrammiert, zumal das Teil satte 275 Gramm auf die Waage bringt und alle Gewinde lediglich aus Kunststoff bestehen.

Die noch moderate Verzeichnung des Kamera-Objektivs bei 35mm werden durch den Konverter kräftig verschlimmert.

Wer mit den 140mm am „langen“ Ende des Zooobjektivs nicht auskam, konnte den Telekonverter TC-DC58N (Tele Converter Digital Camera 58mm New) für 120 Euro erwerben und sich am Verlängerungsfaktor 1,75fach erfreuen. Aus den 140mm der G5 werden somit stolze 245mm! Auch dieser Konverter hat keine Streulichtblende und wiegt „nur“ 185 Gramm. Seine Verzeichnung ist erfreulicherweise fast nicht erkennbar.

Zu beachten ist, das das Objektiv in Weitwinkelstellung nicht mit Telekonverter genutzt werden kann, es wird deutlich abgeschattet.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden bei 100 ASA, gespeichert als RAW, konvertiert mit DarkTable, bearbeitet mit Photoshop CS6. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Beispiele ist ein 100%-Ausschnitt einmontiert.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der PowerShot G3 ist größtenteils aus Metall. Lediglich die gesamte Griffwulst, die Klappen des Kartenfachs und des Akkufachs sind aus Kunststoff. Die verwendeten Materialien waren nach über 15 Jahren gut erhalten, der berüchtigte „Gummiauflagenschwund“ oder das „Verkleistern“ aufgespritzter Gummierungen ist (zumindest bei meinem Exemplar) 2017 nicht aufgetreten gewesen.

Die Kamera gehört zur Klasse der Semiprofi-Kompaktkameras, später auch als „Edelkompakte“ bezeichnet.

Aus heutiger Sicht ist die Kamera langsam, das Einschalten dauert ca. 4 Sekunden, das Zoomen zwischen den beiden Brennweitenextremen jeweils ca. 3 Sekunden. Auch das Abspeichern der RAWs dauert recht lange.

Der Sensor neigt recht deutlich zum „Ausbrennen“ der hellen Stellen. In den dunkleren Bildpartien rauscht er sichtbar, die Schatten können nicht erträglich per EBV aufgehellt werden. Bei höheren ASA-Zahlen rauscht der Sensor ebenfalls (entsprechend der damaligen Sensortechnologie). Der Sensor meines Exemplar scheint nicht mehr einwandfrei gewesen zu sein, die Farben sehen sehr merkwürdig aus, Schatten sind nicht schwarz, sondern eher dunkelrot.

Der Vorbesitzer meines Exemplars ist mit dem Objektiv deutlich sichtbar irgendwo gegengekommen. Im Lauf meines einzigen Fotorundgangs bekam das Objektiv immer mehr Probleme beim Zoomen, zum Schluß ließ es sich nur noch durch Aus- und Einschalten aus der Telestellung zurückbewegen. Im Inneren des Objektivs ist bei den Weitwinkelbeispielen deutlich Dreck o. Ä. sichtbar. Bei einem erneuten Versuch einige Monate nach dem ersten Fototest stellte ich fest, daß das Objektiv überhaupt nicht mehr ausfahren konnte (auch nicht mit mechanischer Hilfestellung). Die Kamera habe ich dann in eine der „Defektkameraboxen“ gesteckt, für diesen Bericht habe ich sie nicht wieder hervorgeholt.

Ein Urteil über die Bildqualität gebe ich nicht ab, meine G3 war nicht einwandfrei.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch interessante Kamera (weil frühe Edelkompakte), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen vermutlich nicht mehr sonderlich geeignet, da 4 Megapixel oft „zuwenig“ ist.

Christian Zahn, Frühjahr 2021

 

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