Einer alten Werbung nachempfunden: Diese beiden Zooms, von denen eins gar kein Zoom ist: Vivitar Series I 35-85MM 1:2.8 AUTO VARIABLE FOCUSING und Vivitar Series 1 70-210mm 1:3.5 MACRO FOCUSING AUTO ZOOM
Das lichtstarke 35-85 ist "nur" ein Objektiv variabler Brennweite – nach jeder Brennweitenveränderung muss neu fokussiert werden!
In einer Werbeanzeige aus den 1970er Jahren war zu lesen:
"Für meine Arbeit brauche ich ein lichtstarkes Weitwinkel- und ein lichtstarkes Telezoom. Vivitar hat beides." So ungefähr lautete die Botschaft einer Vivitar-Werbung der 1970er Jahre. Die ich nicht mehr finde, aber vor Augen habe … Ausgesprochen von — wenn ich mich nicht ganz irre — Formel 1 Profifotograf Rainer Schlegelmilch.
Vivitar Geschichte, stark gekürzt aus Wikipedia
Vivitar wurde 1938 als Ponder & Best, Inc. in Hollywood gegründet. Gründer waren zwei Deutsche jüdischen Glaubens, John C. Best und sein Schwager Max Ponder, die vor dem Nationalsozialismus aus Deutschland geflohen waren. Anfangs war das Unternehmen ein regionaler Anbieter für Fotoartikel europäischer Herkunft, vor allem aus Deutschland, der Tschechoslowakei und der Schweiz, (…) Bereits 1940 hatten Ponder & Best einen eigenen Katalog für ihr immer umfangreicheres Programm. Der Krieg führte zum Erliegen der Importe aus Europa, (…) Nach 1945 nahm das Unternehmen sofort wieder Kontakte zu Herstellern aus dem deutschen Sprachraum auf und wurde zum Vertrieb für Rollei an der Westküste; im Angebot waren aber auch Artikel zum Beispiel von Voigtländer (…). Zusätzlich ergänzte das Unternehmen sein Programm um erste Artikel japanischer Fototechnik, so zum Beispiel durch Produkte von Petri oder Olympus. 1964 wurde der Name „Vivitar“ eingeführt, das Suffix „-tar“ erinnerte hierbei an die damals üblichen Namen von Objektiven insbesondere deutscher Produktion (z. B. Biotar, Protar, Ernostar). Unter diesem Namen begann man mit dem Vertrieb von Wechselobjektiven für die zunehmend sich verbreitenden Spiegelreflexkameras, die vor allem aus Japan importiert wurden. Dort hatte 1957 das später als Tamron bekannte Unternehmen den T2-Anschluss entwickelt. Dieser Anschluss war ein einfaches Gewinde, das vom Händler leicht an annähernd jede geläufige Kamera adaptiert werden konnte. Auch das erst 1950 gegründete Unternehmen, das sich später Tokina nannte, produzierte für diesen Standard und wurde schnell ein wichtiger Objektivlieferant für die neue Marke „Vivitar“. Ponder & Best kooperierten aber auch mit Kobena, Mamiya/Sekor sowie Sankyo Koki. Mit der immer stärker sich durchsetzenden automatischen Springblende war der „Universal“-Anschluss T2 bald schon nicht mehr vereinbar. Die Objektive benötigten spezifische Bajonett-Anschlüsse, und für Vivitar bedeutete das, alternative Wettbewerbsvorteile zu entwickeln. (…) In den 70er Jahren brachte Vivitar die „Series 1“ heraus, diese Objektivserie verschaffte dem Unternehmen einen guten Namen bis in die 1980er Jahre. (…) 2008 wurde Vivitar von Sakar übernommen. (…) Als eigenständiges Unternehmen existiert Vivitar heute nicht mehr.
Den beiden Vivitar Serie 1 Klassikern von oben haben wir mehrere Beiträge gewidmet:
- Olympus OM-D E-M5/EM-1 Vivitar Series 1 35-85mm 1:2.8 AUTO VARIABLE FOCUSING
- 2,8/35-85 mm Vivitar Serie 1, adaptiert auf die FUJIFILM X-T30
- 2,8/35-85 mm Vivitar Serie 1
- Vivitar Series 1 70-210mm 1:3.5 MACRO FOCUSING AUTO ZOOM
Gelungen, der Nachfolger der 35-85 Vivitars mit größerer Brennweitenspanne bei (fast) gleicher Lichtstärke
Das Vivitar Series 1 24-70mm F3.8-4.8 erwies sich als Flop: Äußerlich vollkommen O.K. aber unscharf …
Dazu gesellte sich bisher noch eine lichtstärkere und gute Weitwinkel-Festbrennweite
- AUTO Vivitar WIDE-Angle 28mm f:2.5 Nikon Z6, Update
- Nikon Z7 AUTO Vivitar WIDE-ANGLE 28mm 1:2.5
- Olympus OM-D E-M1 AUTO Vivitar WIDE-Angle 28mm f:2.5
Und ein Autofokus-Zoom, das aus (fast) jeder Analog SLR eine Autofokus-SLR macht(e): Eine Canon F1 aus dem Vorstellungsjahr 1970 mit Autofokus?/Vivitar AF 28-70mm 1:3.5-4.8 AUTO FOCUS ZOOM
Theoretisch mit Autofokus, in der Praxis halbdefekt, aber guter Abbildungsqualität für 10 Euro vom Flohmarkt: Schönes Sommerprogramm/Vivitar 100mm 1:3.5 AUTO FOCUS MACRO

Die "magische Eins" in der Lichtstärke
Die Lichtstärke dieses von Komine für Vivitar im Auftrag produzierten Weitwinkels wurde möglicherweise nur aus Marketinggründen mit 1:1,9 statt 1:2 angegeben. Das war vielleicht auch der Grund, warum das Meyer-Optik Görlitz Primoplan 1:1.9/58 V den zahlenmäßigen "Vorsprung" vorm russischen HELIOS-44 2/58, Nachbau des Carl Zeiss Biotars der gleichen Brennweite und Lichtstärke halten sollte. Ob f/1,9 oder f/2: Der Unterschied beträgt 0,1 EV. 0,3 EV ist mal gerade 1/3 ISO-Stufe Unterschied, statt ISO 100 ISO 125. 0,1 EV ist also praktisch nichts!
Das Vivitar 35MM 1:1.9 AUTO WIDE-ANGLE gab es auch als PANAGOR AUTO WIDE-ANGLE f=35mm 1:2. Prompt mit Lichtstärke f/2. Mit etwas anderem Aussehen und kleinerem 55 mm Filter statt 58 mm. Der optische Aufbau soll gleich sein … Im WWW war zu lesen: Wenn du das Objektiv für 10 Dollar findest, bist du ein Glückspilz. Bis 150 Dollar sind keine Seltenheit, abhängig von Zustand und Anschluss.
Das Vivitar 35MM 1:1.9 AUTO WIDE-ANGLE hatte ich schon länger auf dem Schirm, es war mir aber schlicht zu teuer – siehe oben. Aber für knapp 40 Euro habe ich dann zugegriffen.
Es gibt zwei Varianten dieses Objektivs. Die erste gehört zur Komine Black Metal Ridged Ring- (geriffelter Metallring) Objektivfamilie und ist, wie der Name schon sagt, an einem charakteristischen schwarzen Metall-Fokusring mit Längsrillen zu erkennen. Das Objektiv wurde später aktualisiert, um dem neueren Look der Komine Diamond Rubber (Gummi) Ring-Familie zu entsprechen; der Metall-Fokusring wurde durch einen glatten Ring mit einem gummierten Rautenmuster ersetzt. Das Innenleben der beiden Varianten ist vermutlich nahezu identisch. Die vorgestellte Version kommt mit dem Gummiring.
Spezifikation (Panagor/Vivitar)
Vorstellungsjahr 1973/74
- Abmessungen/Gewicht: Ø 64 mm, Länge 68 mm, Filter Ø 58 mm, 338 g (Panagor Filter Ø 55 mm, 330 g)
- Optischer Aufbau 8 Linsen in 6 Gruppen
- Die Blende besteht aus 6 Lamellen, kleinste Blende f/22
- Nahdistanz 0,3 m
- Anschlüsse: Canon FD, Contax/Yashica, Konica AR, M42, Minolta SR, Nikon F, Olympus OM, Pentax K
- Das vorgestellte Exemplar kam mit Minolta Bajonett
Bemerkungen zum 35er (Panagor): Bei voller Blendenöffnung ist die Schärfe recht gut und die Korrektur für die Bildfeldebene auch recht gut. Die Ecken sind nicht besonders weich, aber es gibt ein deutliches Leuchten. Gemeint ist wohl Überstrahlen. Das Bokeh sieht in den meisten Fällen sehr gut aus, in einigen Fällen jedoch recht hässlich. Die Wiedergabe ist gut und der Kontrast gut, aber etwas davon geht bei voller Blendenöffnung durch das Leuchten (Überstrahlen) verloren.
Wie erhofft, gewünscht! Christian Zahn und ich haben genug besser abbildende 35 mm Weitwinkel im Sortiment. Wenn Schärfe gefordert ist …
Farbe oder SW? Das ist hier die Frage …
Bei dieser Lichtsituation ist das AUTO WIDE-ANGLE Vivitar 35MM 1:1.9 bei Offenblende überfordert. Die Schärfe ist auch bei Offenblende da. Aber wenn man die Abbildung der Lampen betrachtet. Da braucht es dann Blende f/2,8!
Qualitäts- und sonstiger Eindruck
Wenn ich dem 1,9/35 mm Vivitar noch eine passende Streulichtblende spendiere, dürfte auch der bewusst dringelassene Reflex des einen Fotos weg sein. Und die Abbildung der Leuchten auf dem nächtlichen Bahnhof finde mehr interessant als störend. Zumal die nach einer Stufe Abblendung verschwindet. Ich finde ein sehr gutes, lichtstarkes Weitwinkel, das Vivitar da im Auftrag produzieren ließ!
Ralf Jannke Juli/August 2025
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Autor: | Ralf Jannke |
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Erstellt: | 11.08.2025 |
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