Kodak/Nikon F5 DCS620x Vorstellungsjahr 1999 Update 2023

Es wurde mal wieder Zeit!

Meine DCS620x hat rund 6 Jahre Nichtbenutzung problemlos überstanden. Akkus laden, einschalten, Datum und Uhrzeit eingeben — fertig.

Oben im Foto meine bis vor Kurzem letzten beiden Stangen-AF Nikkore. Die mit dem "Schraubendreher-" oder eben "Stangen"-Antrieb, wo der Entfernungseinstellmechanismus von einem Motor im Kameragehäuse angetrieben wird. Montiert das Nikon AF NIKKOR 50mm 1:1.8 D, stehend das Nikon AF NIKKOR 35-105mm 1:3.5-4.5. Dazu gesellt sich in Kürze noch ein 2,8/35-70 mm AF Nikkor.

Nach den 1,3 Megapixel und maximal und nicht unproblematischen ISO 1600 der in Kooperation mit der amerikanischen Presseagentur Associated Press entwickelten Kodak N2000e auf Basis der semiprofessionellen Nikon F90x kam 1999 der Traum für Reportage- und Sportfotografen. Die Kodak DCS620x auf Basis der 1996 vorgestellten Profi-Nikon F5. 2 Megapixel Auflösung, 3,5 B/s schnell und ISO 4000/6400.

Alles über die Besonderheiten der 1,85 kg schweren DCS620x – der entscheidende Unterschied zur DCS620 – im Praxisbeitrag „Kodak/Canon/Nikon-DSLRs EOS1n/F5 DCS520/620/720: Teil 3“.

Was hat Kodak aus seinen digitalen Kenntnissen, seinen Fähigkeiten gemacht?

Statt an der Spitze zu stehen, Größenwahn, totale Fehleinschätzung, Konkurs, Geschichte. Perfekt dokumentert in: "Firmen am Abgrund: Kodak – Das Foto-Unternehmen". Ohne Kameras, wie diese DCS620x würden Canon und Nikon nie da stehen, wo sie heute stehen. Heute existiert nur noch der gekaufte Name Kodak. Konsequenz für unsere Digitalkamera-Geschichts-Seite: Praktisch alle Links die in den zahlreichen Kodak-Praxisberichten sind mittlerweile tot :-( Und ich mache mir nicht die Arbeit, alle Texte neu zu editieren, um die Links stillzulegen.

Was bietet die DCS620x?

2 Megapixel, ISO 4000/6400, 3,5 Bilder pro Sekunde. 1999 ein Traum für Reportage- und Sportfotografen.

Nur 1.728 x 1.152 Pixel, oder:

  • 300 ppi: 14,6 x 9,8 cm
  • 200 ppi: 21,9 x 14,6 cm
  • 150 ppi: 29,3 x 19,5 cm
  • 100 ppi: 43,9 x 29,3 cm

Die 200 ppi wurden bewusst eingeschoben, da für den Fotodruck in der Tageszeitung in einem so genannten 40er Raster, das 100 lpi (ppi) entspricht, gewöhnlich die doppelte Auflösung – 200 lpi (ppi) – gefordert wird. Mit den 2 MP genügte es rechnerisch für einen Vierspalter. Wobei der Fotograf, die Fotografin dann auch das gewünschte Motiv vollformatig im Kasten haben musste. Auflösungsreserven so wie heute? Gab’s nicht... 

Doch!

Das Rauschen bei den kalibrierten (*) ISO 4000 der DCS620x lässt sich mit entsprechenden Tools ohne deutlichen Qualitätsverlust (Weichzeichnen) noch besser reduzieren als mit den Bordmitteln von Adobe Lightroom. Mein Tool der Wahl Topaz DeNoise AI. Bei Bedarf so vorbehandelt, sorgt ein weiteres Topaz Tool für mehr Bildpunkte: Gigapixel AI macht aus den 2 MP der DCS620x theoritsch bis zu 72 (!) Megapixel. Mit strengen Qualitäts-Maßstäben ist bei 8 Megapixel Schluss. Wobei ich vielleicht sogar noch drunter bleiben würde – mit 4 oder 6 Megapixel. Zumal 4 Megapixel für 30 x 40 cm (A3) mit 150 ppi Auflösung und 6 Megapixel für 32 x 48 cm (A3+) 150 ppi …  

Wir (lassen) interpolieren … Aufnahmeobjektiv: Nikon AF NIKKOR 35-105mm 1:3.5-4.5 bei 68 mm, Blende f/5,6, ISO 500, 1/250 s

Von links nach rechts: 1.728 x 1.152 Pixel = 2 MP, 3.456 x 2.304 Pixel = 8 MP Topaz Gigapixel, 3.456 x 2.304 Pixel = 8 MP Photoshop

Rein rechnerische Maxima …

Von links nach rechts: 6.912 x 4.608 Pixel = 32 MP, 10.368 x 6.912 Pixel = 72 MP, beides Topaz Gigapixel

Hmmm … In Druck-/Belichtungsgrößen wären das bei 300 ppi Fotoqualität ca. DIN A2 40 x 60 cm bzw. fast DIN A1 60 x 90 cm! Wer braucht das, bzw. wer würde für solche Druckgrößen eine 2 Megapixel-Kamera nehmen?

Visueller Bildeindruck

Um einen Eindruck zu bekommen, habe ich von den beiden letzten 4x- 6x-Interpolationen Ausschnitte mit 300 ppi auf 30 x 40 cm A3 gedruckt. Um die Fotos dann auf den Fußboden zu legen und bei Tageslicht aus ca. 1,20 m (Kamerahöhe) bis Augen-Betrachtungsabstand ca. 1,70 m zu begutachten. Man sollte es erkennen – die 6x = 72 MP Interpolation ist technisch machbar, aber unsinnig. Die 4x = 32 MP Interpolation aus den winzigen 2 MP ist allenfalls grenzwertig … Um es zu beenden – mit Feintuning lassen sich die 2 Megapixel der DCS620x mit den heutigen Tools ansehnlich und sicher auf 3, 4, 6 Megapixel vergrößern.

Etwas Nikon Autofokus-Geschichte

Nach dem 4,5/80 mm AF Nikkor Prototypen von 1971 war 12 Jahre Ruhe. 1983 stellte Nikon die sehr exotische Variante Nikon F3AF vor. Die Autofokus allerdings nur mit dem Spezialsucher DX-1 und zwei für die F3AF produzierten AF-Nikkoren 2,8/80 mm und 3,5/200 mm bot. Immerhin nahm Nikon eine AF-Objektivbauweise vorweg: Der Motor für den AF-Antrieb ist in diesen beiden Objektiven eingebaut. Wie heute bei ALLEN aktuellen Autofokus-Objektiven. Da das Angebot mit nur zwei AF-Objektiven etwas dürftig war, stellte Nikon zur F3AF den Telekonverter TC-16/S zur Verfügung. Der unter bestimmten Bedingungen aus M(anuell)F(okus)-Objektiven sozusagen A(uto)F(okus)-Objektive machen kann. Ausführlich beschrieben im Beitrag „Aus einem M(anuell)F(okus)- ein A(uto)F(okus)-Objektiv machen, geht das?“ Nach der vermutlich in nicht sehr großen Stückzahlen produzierten Nikon F3AF stellte Nikon 1986 sein neues Autofokus-System vor, basierend auf der Nikon F501, die den überarbeiteten TC-16A bot. Den und eine von versierten „Schraubern“ modifizierte Variante TC-16A/m haben wir in zahlreichen Praxisberichten abgehandelt:

Nach 1986 präsentierte Nikon dann 1988 seine vierte Profi-SLR F4 – mit Autofokus. Deren kräftiger Motor im Kameragehäuse zum Antrieb der motorlosen Autofokus-Nikkore sorgen musste, die aber nur eine mäßigen Autofokus-Leistung bot – im Youtube-Video ab 00:30 Sekunden drastisch beschrieben. Der F4-AF sorgte dafür, dass Scharen von Reportage- und Sportfotografen das Lager wechselten und zu Canon mit seiner überlegenen EOS 1 und Objektiven mit im Objektiv eingebauten schnellen und genauen und unhörbaren Ultraschall-Objektiven überliefen.

Erst mit der 1996 vorgestellten F5 konnte Nikon wieder etwas Anschluss erreichen

Oben das AF-Modul der Nikon F5. Canon konnte man aber nicht wirklich gefährlich zu werden, denn mit der F4 hatte Nikon zu viel verspielt …

Zu Nikons Ehrenrettung: Auch Canon hatte mit der digitalen EOS 1D MK III sein Autofokus-Debakel. Auf einmal waren erfahrene Profis nicht mehr in der Lage den Autofokus der EOS 1D MK III zu beherrschen. Da sollen einige zurück ins Nikon-Lager gegangen sein, um mit der D3 zu fotografieren. Heute alles müßig, denn wahrscheinlich steht Sony an der Spitze, wenn es um aktuelle spiegellose Systemkameras geht. Canon und Nikon sind aber mit im Boot. So oder so: Die Kodak DCS620x basiert auf der Nikon F5!

So ging es mit der historischen und schnellen DCS620x in die Basketballhalle

Wenn es um Autofokus und Lichtstärke geht, konnte ich zunächst nur auf zwei Objektive mit Nikon F-Bajonett zurückgreifen. Ein Nikon AF NIKKOR 50mm 1:1.8 D und ein AF NIKKOR 35-105mm 1:3.5-4.5. Im Vergleich zum ausgelagerten 3,5-5,6/18-200 AF-S DX Nikkor und dem "Standard-Objektiv" per FTZ auf meiner Z50 3,5-5,6/18-140 mm AF-S DX, ist das 35-105 mm bei Endbrennweite fast doppelt so lichtstark. Da ich mit der DCS620x eher in Korbnähe fotografieren wollte, gesellte sich noch ein 2,8/35-70 mm Nikkor dazu. Was noch mit der fehlenden Gegenlichtblende erweitert wird. Neben dem 35-70 mm hatte ich als Reserve noch das 1,8/50 mm D eingesteckt.

Um dann ausschließlich mit dem 2,8/35-70 mm AF Nikkor zu fotografieren …

"Entwicklung" der gepushten Filme – Pardon der DCS620x TIFF-RAW-Dateien mit Adobe Lightroom

Magenta-Horror pur :-(

Nach Übertragen der Kodak TIFF-RAW Dateien von der CompactFlash-Karte in den Rechner, erstmal großes Entsetzen

Was ist das, was für ein irrer Magenta-Farbstich, Schleier. Die Erklärung ist wahrscheinlich im frühen Sensor der DCS620x zu suchen. Diese Sensoren haben eine hohe IR-Empfindlichkeit. Die Objektive meiner Kodak/Canon EOS 1n DCS3c von 1996 mussten mit entsprechenden "Hot-Mirror"-Filtern versehen sein, um den Magenta-Cast deutlich zu minimieren! Dieser Filter ist in der DCS620x eingebaut! Dazu gesellte sich in der DCS620x eine unerklärliche Überbelichtung.

Wie dem auch sei, ich muss Adobe Lightroom bescheinigen, zu dem 24 Jahre alten Kodak TIFF-RAW-Speicherformat einen Super Job abgeliefert zu haben!

Die Überbelichtung wurde durch -1,5 EV korrigiert. Der automatische Weißabgleich entfernte den Großteil des Magenta-Schleiers, die Farbtemperatur wurde dann auf 4700 Kelvin festgelegt. Mit Kontrast auf +50 und Schwarz auf -40 Prozent ließ es sich dann ansehen. Die Schärfung blieb auf 40 Prozent LR Default.

Alle Basketballfotos mit dem 2,8/35-70 mm bei Offenblende. Mit einer Ausnahme durchgehend ISO 2500, Zeitautomatik

2 Megapixel

Am Anschlag!

Kodak garantiert bei der DCS620x kalibrierte ISO 4000. Was immer das heißt. Darüberhinaus kann bis ISO 5000, 6400 gegangen werden. Das Foto vom Einlauf der Spieler wurde mit ISO 6400 aufgenommen.

1.800 x 1.200 Bildpunkte = 2 Megapixel, ISO 2500

Unabhängig von der Ausschnittswahl wurde beim Erstellen der JPEGs aus den 1.728 x 1.152 Pixel TIFF-RAW-Dateien der DCS620x von Adobe Lightroom auf 1.800 Pixel hochskaliert. Mal weniger, mal mehr. Was man bei den quadratischen Formaten sicher erkennen kann.

Beispielfotos 6 MP

Hochskalieren und Schärfen mit Topaz Gigapixel AI und Sharpen AI

Wie schon oben gezeigt, liefert die Kodak DCS620x hervorragende Daten, aus denen sich 24 Jahre nach Vorstellung der Kamera 2023 immer noch etwas Ansehnliches editieren lässt!

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Es ist alles gesagt! Tatsächlich hatte ich die DCS620x 2015 das letzte Mal in der Basketballhalle. Gefühlt hat sie da etwas besser "performt". Vielleicht gibt es doch eine gewisse Elektronik-Sensoralterung. Die sich aber in Grenzen gehalten hat, sonst wäre 8 Jahre später nicht diese Ladung Basketballfotos möglich gewesen …

Hier die Liste der in meinem Bestand vorhandenen Kodak DSLRs und die dazugehörigen Praxisberichte:

Ralf Jannke, Februar 2023

 

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