1994: Kodak (Associated Press, AP) NC 2000e und Kodak DCS420

Diese digitale Spiegelreflex läutete das Ende des chemischen 35mm Kleinbildfilms in der Reportage- und Sportfotografie ein!

Sicher hing die Wahl von Geldbeutel und Einsatzzweck ab. Die DCS420 bot mit ihrem kleinen 9,2 x 13,8 mm Sensor eine Winzigkeit mehr Auflösung: 1.512 x 1.012 Bildpunkte = 1,5 MP Auflösung, ISO 100-400. Cropfaktor 2,6, 2 Bilder pro Sekunde. Der 16,4 x 20,5 mm Sensor der NC 2000e löst 1.268 x 1.012 Bildpunkte = 1,3 MP auf. Cropfaktor 1,6, ISO 200-1600, 2 Bilder pro Sekunde. Schon vom Namen war/ist klar welche Kamera die Reportage-DSLR war. Kodak hatte zusammen mit Nikon und der US-Agentur Associated Press die NC 2000 entwickelt, der später die NC2000e folgte.

Eigentlich wollte ich beiden Kameras ein Update gönnen, habe mich dann zunächst aber nur für die interessantere (AP) NC 2000e entschieden. Nachdem die Geschichte der alten Kodak DSLRs aber Fahrt aufnahm und sich zusätzlich in Richtung "Energierversorgung" und Programmkompatibilität entwickelte, kam die DCS420 aus verschiedenen Gründen doch zu ihrem Recht! Die Kodak DCS315 hat von Auflösung und Größe zwar den gleichen Bildsensor wie die DCS420 und ist ungleich komfortabler zu handhaben, aber im Nachhinein stellte sich dann aber doch die Kodak DCS420 als Sieger heraus. Dennoch wird es auch zur DCS315 in Kürze einen eigenen Praxisbericht geben. Hier liegt der alte Bericht zur DCS315.

DIE digitale Reportage- und Sport-DSLR vor fast 30 Jahren: Kodak (Associated Press) NC 2000e

1994, 16,4 x 20,5 mm Sensor, Cropfaktor 1,6, Auflösung 1.268 x 1.012 Bildpunkte, 1,3 Megapixel, ISO 200-1600, 2 B/s. Links neben der NC 2000e die "kleine Schwester" Kodak DCS420.

Jetzt geht's ans Eingemachte!

Nach den unlängst erneut präsentierten und immer noch funktionierenden DSLRs von 1999, Kodak/Nikon F5 DCS620x und Minolta Dimage RD 3000 und der Kodak/Canon EOS1n DCS520 von 1998 geht es jetzt erneut in die digitale SLR Steinzeit, aber nochmal vier, fünf Jahre tiefer in die Vergangenheit. Mit der Kodak Asociated Press NC 2000e. Meine älteste digitale Spiegelreflex ist die Kodak/Nikon DCS200c von 1992. Sie basiert auf der Analog Nikon SLR N8008s (in Europa F801s). Die DCS200c war nach Kodaks üblicherweise als DCS100 bezeichneten, in einer rund 1000 Exemplaren Auflage produzierten DSLR Kodaks zweite DSLR und die erste DSLR mit Autofokus! Die DCS100 basiert auf der analogen Nikon F3. Die DCS200 mit ihrer fest eingebauten Festplatte werde ich nicht mehr malträtieren. Aber ob auch die zwei Jahre jüngere Kodak NC 2000e noch funktioniert, darauf war ich neugierig.

Bildspeichermöglichkeiten Mitte der 1990er Jahre, hier die Kodak DCS420

Begonnen hat es mit PCMCIA-Festplatten, die in den Schächte der Kodak DCS-Kameras geschoben wurden. Dann folgten weniger empfindliche Festspeicherkarten im PCMCIA-Format. Ideal ist die letzte Lösung: Noch heute gebräuchliche CompactFlash-Speicherkarten im PCMCIA-Adpter. So kommt man zügig an die Daten der Uralt-DSLR.

Aber

Die Kodaks sind wählerisch! Es müssen die guten SanDisk CompactFlash-Karten sein. Und dann maximal 128 MB. Die Original SanDisk 256 MB wird mit einer Fehlermeldung verweigert. Ebenso Kingston 64 MB und TRAXDATA 128 MB. Die umständlichen PCMCIA-Festplatten wie Speicherkarten habe ich erst gar nicht probiert. Mit einer 128 MB und zwei 64 MB SanDisks habe ich genug Speicherkapazität für die Kodak Methusalems. 

Der erste Versuch nach der Reaktivierung war insofern erfolgreich, dass die NC2000e startete und Fotos aufgenommen werden können. Aber von welchem Aussehen.

Oh, oh … Das war 2017

Was es mit dem anscheinend schweren Sensorschaden auf sich hat, lesen Sie gleich. Bzw. es gab auch Fotos ohne diesen Fehler – siehe rechts in der Montage. Letzteres mit heutigen Mitteln "aufgefrischt"! So oder so, eindrucksvoll zeigte die Kodak Associated Press NC 2000e, was bereits 1994 möglich war. Das Foto wurde 2017 in einer miserabel beleuchteten Basketballhalle aufgenommen. Hieß ISO 1600, 1,4/50 mm AF-Nikkor bei Offenblende. Und nach Finden des Fehlers auch ohne den gräßlichen Streifen!

DEN Störungsstrich kenne ich!

In diesem Bildbeispiel rechts mit Photoshop "weg-gemogelt" ;-)

Es wird spannend, ob dieser "Strich", diese Störung mit einer stabilen Energieversorgung verschwindet

Um es vorwegzunehmen – tut er. Er verschwindet mehr und mehr! Wie in der Vergangenheit schon mal erfolgreich probiert! Das wird sich schnell herausstellen, wenn ich das selbst gestrickte Batterieteil mit  8 neuen 1,2 Volt AAA Akkus bestückt habe. Aus der Erfahrung der zusammen mit der US-Agentur Associated Press entwickelten Kodak NC2000e und dem ersten Lauf der DCS420 in 2017 weiß ich, wie empfindlich die Kodak DSLRs auf eine wackelige Stromversorgung reagieren.

Kodak DCS420 — das gleiche Problem!

Ich musste beim ersten Versuch 2023, die DCS420 wieder "anzufahren" bei der Bestückung mit AAA Akkus auf notgedrungen auf drei Fabrikate unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Kapazitäten zurückgreifen.

Ich hatte dann 8 neue 1100 mAh Akkus geordert, was auch nicht zum Ziel führte. Weil sich unter den acht zwei Akkus befanden, die mehrere Ladungen/Enladungen brauchten, um zu funktionieren. Alternativ hatte ich noch zwei 9 V Lithium-Ionen-Akku mit 1200 mAh Kapazität geordert, die ins Batteriefach der DCS420/AP NC 2000e passen! Rausgschmissenes Geld. Trotz der hohen Kapazität war kein Betrieb möglich. Ich habe das Batterieteil schließlich mit sechs 1150 mAh Akkus und zwei 800 mAh von Varta bestückt. Damit war der störende Strich fast weg! Im letzten Versuch wurden acht 1,2 Volt AAA-Akkus mit 1600 mAh getestet. Ergebnis negativ :-(

Wenn nichts geht, dann wird es die links gezeigte und funktionierende Lösung! Daneben eine Profi-Lösung …

Damit war klar, dass es die bereits bei der Kodak DCS200c erfolgreich erprobte Lösung mit dem improvisierten, externen Batterieteil werden muss. Im Unterschied zum damaligen Lauf dann nicht nur sechs, sondern versuchsweise gleich acht 1,2 Volt NiMh-Akkus mit 2500 und 3800 mAh mAh Kapazität. Im Youtube-Video "Unsung Cameras Of Yesteryear: The Kodak NC2000 (Featuring Rob Galbraith)" wo Chris Nichols die Kodak Associated Press NC 2000e vorführt. Mofifiziert mit einer exzellenten Energieversorgung. Aber ich will mit der Kodak DCS420/NC 2000e ja nur ein paar frische Beispielfotos schießen … Da muss ein Provisorium reichen. Und die halten ja bekanntlich am längsten — Provisorien ;-) Wenn alles funktioniert, werde ich mir mit Beispielfotos etwas mehr Mühe geben ;-)

Immer noch nicht fertig mit den Vorbereitungen …

Das war Anfang bis Mitte der 1990er Jahre ein Thema – der Magenta-Farbstich

Heute kein Thema mehr, aber die ersten Digital-SLRs, exakt die Sensoren waren empfindlich gegen bestimmtes Licht. Der Extremfall im rechten Foto. Der Einlauf der Basketballer vorm Spiel mit Feuerfontänen. Wobei es in diesem Fall die Frage ist, ob man diesen doppelten Feuer-Effekt nicht so belässt ;-) Diesen bei anderen Motiven störenden Stich bekommt/bekam man in der EBV kaum weg. Abhilfe: Der so genannte Hot Mirror-Filter, montiert auf dem Objektiv der Kodak DCS420. Was da wie ein Rotfilter aussieht, kommt nur durch den gewollten schrägen Blick. Aus anderen Winkeln bemerkt man die Farbe des Hot Mirror-Filters praktisch nicht! Der Hot Mirror („Heißer Spiegel“) ist ein spezieller so genannter dielektrischer Spiegel, ein dichroitischer Filter, der zum Schutz optischer Systeme verwendet wird. Dabei geht es bei der Digitalkamera weniger um den Schutz des optischen Systems, des Bildsensors, als um die Tatsache, dass Infrarotlicht reflektiert, sichtbares Licht aber durchgelassen wird. Ohne den Hot Mirror kommt es zu schwer bis gar nicht kontrollierbaren Magenta-Farbstichen …

Nochmal Energieversorgung

Funktionierende Provisorien ;-)

Der Streifen ist weg! 

Wenn man aber genau hinsieht, ist das Alter der DSLR nicht zu übersehen. Die bunten Muster im roten Kreis. Das war 1994 zumindest bei den hohen Empfindlichkeiten (> ISO 800) eben so …

Unterwegs ist noch ein weiterer Akku-Halter für 8 AA-Akkus. Aber eine längliche Variante, die sich besser unter die AP NC 2000e schnallen/kleben lässt. Ggf. bleibt es bei der "Kabelbinder-losen" Variante. Doppelklebeband mit 5 kg Zugkraft hät den Akkuhalter sicher. Aussehen? Ich will mit der Kodak AP NC 2000e ja nicht täglich fotografiern ;-) Christian Zahn hatt den Akku-Irrsin im umfangreichen Beitrag "Der Lithium-Ionen-Akku-Zoo" beschrieben. Was meine Startversuche mit den alten Kodak DSLRs betrifft, habe ich umfangreich experimentiert. Um dann so nebenbei zu merken, welche Kapazitäten moderne NiMh-Akkus bieten. Ind bei entsprechender Baugröße haben Akkus der Größe AA eben mehr als die kleineren Tripple A — AAA. Neben teuren und sehr guten 1,2 V AA eneloop pro NiMh-Akkus mit 2500 mAh Kapazität habe ich noch stärkere besorgt, mit sogar 3800 mAh Kapazität.

Beispielfotos, aufgenommen mit der Kodak AP NC 2000e von 1994, Nikon-Objektive: 1,8/50 mm AF-D und 3,3-4,5/35-70 mm plus Hot Mirror Filter

Alle Fotos je nach Objektiv bei ISO 800/1600, Offenblende und Zeitautomatik. Aber was für Unterschiede zu heute, wenn man auch die Themen Weißabgleich und Farbwiedergabe betrachtet. Da war in Adobe Lightroom und Photoshop richtig Arbeit nötig! Aber eins konnten die frühen Kodak-Sensoren richtig gut: Bildschärfe!

Von 1,3 auf 5 Megapixel mit Topaz Gigapixel AI

Moiré entfernen mit Adobe Lightroom und Energieprobleme

Das Moiré in der Krawatte des Trainers ist besonders prägnant. Und typisch für die ganz frühen Digital-SLRs von Kodak. Wer bei den anderen Fotos genau hischaut, wird noch mehr "Sörungen" entdecken. Der Bildsensor und die Aufbereitung tat sich nicht nur mit der Krawatte schwer. Auch die LEDs der Werbe-Banden, die Anzeigetafeln und die Puscheln der Cheergirls und und und machen Sensor und Elektronik zu schaffen! Und der unübersehbare gelblichgrüne Fehlstreifen in etlichen Fotos. Auch ein typisches Problem – ein Energieproblem. 

Ich bin froh, dass die frischen Akkus einige Fotos ohne den Störstreifen geschafft haben! Sobald die Akku-Leistung nachlässt, wird der Sensor nicht mehr korrekt ausgelesen und es bildet sich der Streifen. 3800 mAh Stunden NiMh-Akkus haben übrigens kein komplettes Spiel — 40 min Nettospielzeit plus 15 min Halbzeitpause real ca. 2 Stunden — durchgehalten. Das Mikro-Display auf der Rückseite der Kodak signalisierte "Energiemangel". Da war es zum Akku-Wechsel bereits zu spät – Resultat: Störstreifen ;-( Einen "Test" mit einer vergleichbaren Kamera habe ich noch vor. Da werden die Akkus konsequent in der Halbzeit getauscht! Denn die letzten Fotos mit frischen Akkus waren wieder störungsfrei!

Wie stark der Hot-Mirror-Filter gewirkt hat, kann ich nicht sicher sagen. Ich weiß, dass ich ihn beim Objektivwechsel mindestens 1x vergessen habe. Aber wie viel hat sich in den letzten Jahrzehnten da in der Technik getan! Es war jedenfalls ein Erlebnis 2023 mit der fast 30 Jahre alten DSLR von 1994 schnellen Sport fotografiert zu haben. Mit der spiegellosen Vollformat Nikon Z6 geht es dagegen "mit links" ;-)

Noch ein bisschen Kodak DCS-Geschichte

Nach der DCS100, die auf der Autofokus-losen Nikon F3 basierte, kam in der DCS200c die Nikon SLR N8008s (in Europa F801s) zum Zuge. Danach stand der nächste Wechsel an. Ab der DCS4xx und in der NC2000e griff Kodak zur nochmal deutlich verbesserten Nikon N90s (in Europa Nikon F90X) als Basiskamera. Die auch gleich den für Brillenträger sehr vorteilhaften HP- — High Eyepoint — Sucher mitbrachte! Auch mit Brille lässt sich das komplette Sucherbildfeld überblicken!

Besonders, was die Kodak Associated Press NC2000e und noch mehr den Vorgänger NC2000 angeht, sollte man hier unbedingt mal reinschauen: "Sunburned Lobbsters" ­– "Sonnenverbrannte Hummer". Es geht um die Magentafarbstiche besonders der NC 2000, bevor die NC 2000e kam.

Neben der DCS420 mit ihrem 9,2 x 13,8 mm kleinen Sensor, der die Brennweite des montierten Objektivs scheinbar um den Faktor 2,6 verlängert, ist die von Kodak zusammen mit der US-Agentur Associated Press entwickelte NC2000e viel  interessanter! Die hat mit 1.268 x 1.012 Bildpunkten = 1,3 MP zwar eine etwas geringere Auflösung, aber einen 16,4 x 20,5 mm großen Sensor, Cropfaktor 1,6, der bis Sport-/Presse-taugliche ISO 1600 kann. Auf der DCS420 wirkt das 50er wie ein 130 mm Tele, auf der NC2000e wie ein 80er.

Und die ebenfalls noch vorhandene DCS410?

Die schenke ich mir, da sie letztlich die "Simpel-Version" der DCS420 ist. Gleichgroßer Sensor, aber nur feste ISO 100.

Hier nochmal alle Praxisberichte über meine Kodak DCS-DSLRs

Die beiden wichtigsten Quellen zu Kodak DCS DSLRs

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Es ist alles gezeigt, gesagt!

Fast, denn eine unbemerkte Gemeinsamkeit existiert zwischen der "chemischen" Fotografie mit Film und der digitalen Fotografie mit der Kodak NC 2000e. Erst im Labor nach dem Entwickeln des Films wusste der Fotograf, die Fotografin, ob die gewünschte Szene "im Kasten" war. Auch bei der NC 2000e war erst nach Übertragung der Fotodaten in den Rechner klar, ob was auf der Speicherkarte war! Was natürlich deutlich schneller ging als eine Filmentwicklung. Denn der Profi hatte selbstverständlich mindestens zwei Speicherkarten und den passenden Laptop-Computer. Aber unmittelbar, Sekunden nach der Aufnahme gab keine Kontrolle. Die Kodaks der DCS2xx-, DCS1/3- und DCS4xx-Modelle hatten keine Monitore zur Bildkontrolle!

Ganz wichtiger Nachtrag!

Wer das Letzte aus den TIFF-/Rohdateien von Kodak DSLRs vor 1998 rausholen möchte, muss – z.B. wertvolle Fotos aus einem über 20 Jahre alten Archiv, die noch als Rohdaten vorliegen – kommt offensichtlich nicht um den Einsatz historischer Computer und Betriebssysteme rum! Adobe Lightroom schafft einiges – zum Glück. Wenn es aber "ans Eingemachte" geht, sind Mac OS 7/8/9, Windows 2000 und die dazugehörigen Rechner für die alten Kodak Plugins und TWAINs in einigen Fällen deutlich überlegen! Dazu gibt es den ausführlichen Praxisbeitrag: "Hilfe, das Programm versteht die alte 1,5 MP Kodak DSLR DCS420 nicht …"

Ralf Jannke, März 2023

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