Sportfotografietauglichkeit

Avatar of Ralf JannkeRalf Jannke - 22. März 2017 - Wissen

Warum? Ausgang war meine Unzufriedenheit im „Bewertungsmaßstab für alte Kameras“ besonders mit der durch den Fussballspieler symbolisierten Tauglichkeit für bewegte Motive, nennen wir es wie die Überschrift: „Sportfotografietauglichkeit“

Da hatten vor der jetzigen Korrektur einfache Knipskameras höhere Bewertungen als professionelle Spiegelreflexkameras, mit denen versierte Fotografen seit Jahrzehnten Tag für Tag erfolgreich ungezählte Reportage- und Sportfotos für Zeitungen und Magazine abliefern. Ein Unding!

Aber wie ändern, dass sich ein möglichst realistisches Bild ergibt?

Bevor ich 1996 in die Basketballfotografie einstieg, fotografierte ich intensiv Wildwasser-Wettbewerbe. Wenn ich das Ganze zurückdatiere, begann es 1988 mit einer Nikon F4, die zusammen mit allen Nikon-Objektiven und Rest-Ausrüstung 1992 abgestoßen wurde, um komplett zur vom Autofokus weit überlegenen Canon EOS 1 samt Linsen und Equipment zu wechseln. 

1996 begann ich Basketball zu fotografieren. Seit jetzt 25 Jahren habe ich inklusive der alten Sammel-Kameras (ab 1992, Kodak DCS200ci) über 25 hochwertige (D)SLRs eingesetzt. Gerade die Ballsportarten Fußball, Basketball und Handball, ja auch Hockey auf Eis oder Rasen lassen keine Zweifel an der Tauglichkeit einer Kamera. Genauer dessen Autofokus’, der in der Lage sein muss auf ständig wechselnde Motivgeschwindigkeiten und -beschleunigungen, abrupte Richtungswechsel, blitzartige Stopps sowie unvermittelt im Bildfeld auftauchende Störungen wie verteidigende Spieler oder Schiedsrichter ;-), die das Hauptmotiv kurzzeitig verdecken, zu reagieren. Was mit jeder Generation DSLR besser und sicherer wurde.

Bis zum Bruch im Sinne technisch scharfer Sportfotos, der zum Glück keine Folgen hatte. Versuchsweise und nur parallel zur schweren DSLR wurden 2011/12 zwei kompaktere und leichtere spiegellose Systemkameras (DSLM) ausprobiert. Was für ein Desaster mit diesen DSLMs, denen die Hersteller vollmundig die weltschnellsten Automatik-Scharfeinstellungen attestierten. Einiges zu dieser Problematik können Sie im Blogeintrag „Zeitwende“ nachlesen.

Woran soll man eine Sportfotografietauglichkeit zumindest theoretisch festmachen? Kann man das überhaupt?

Ja, man kann! Sensorgröße, ISO-Empfindlichkeit, Anzahl, Anordnung der AF-Sensoren, AF-Erkennungsprinzip Kontrast-AF oder Phasendetektion haben einen mehr oder weniger großen Einfluss auf die Autofokusfähigkeit. Dazu gesellen sich kontinuierliche Nachführung der Schärfe bei bewegten Motiven inkl. Vorausberechnung, wie weit sich das Motiv bei gleicher Geschwindigkeit bewegt hat – Prädikations-AF. Sicher spielt alles eine Rolle. 

Nach einigem Probieren und Tüftelei mit der Tabellenkalkulation und dem intensiven Blick in die Vergangenheit – siehe oben – hat sich gezeigt, dass das AF-Erkennungsprinzip mit großem Abstand die Hauptrolle spielt! Der Kontrast-AF der spiegellosen Systemkameras – DSLM – ist extrem genau, bei zu geringer Rechenleistung (der ersten derartigen Kameras!) aber nicht in der Lage bewegte Motive durch ständige Neu-Ermittlung der Entfernung sicher zu erfassen oder die Entfernung/Bewegung gar vorauszuberechnen. Die so genannte Phasendetektion, nach der jede (D)SLR arbeitet, ist bei Testaufbauten nicht so präzise. Aber nur sie ist zusammen mit dem Kameraprozessor in der Lage den Motor für die Entfernungssteuerung des Objektivs so präzise einzustellen, dass schnell bewegte Motive knackscharf abgebildet werden. Auch die Antriebsart für die mechanische Linsenverstellung „normaler“ Elektromotor im Kameragehäuse oder im Objektiv, oder Ultraschallmotor im Objektiv haben natürlich Einfluss auf die AF-Leistung hinsichtlich Sportfotografietauglichkeit. 

Aber es fällt immer wieder auf das AF-Erkennungsprinzip zurück!

Unter anderem aus der Sensorgröße, der Anzahl und Verteilung der Einzel-AF-Sensoren und vor allen Dingen dem AF-Erkennungsprinzip wurde eine simple Formel entwickelt, die unabhängig (!) von Auflösung und Sensorempfindlichkeit so gut mit 20 Jahren Erfahrung mit  diversen Kameras diverser Hersteller übereinstimmt, dass sie fortan die Bewertung mit dem Sportlersymbol (Fussballer) bildet. 

Wenn es um den "Bewertungsmaßstab für alte Kameras" geht, wurde als Messlatte für maximal erreichbare 100 % Sportfotografietauglichkeit das aktuelle 20 Megapixel Vollformat-Flaggschiff Nikon D5 auserkoren. Zusammen mit der Canon EOS 1X MI II stellen diese beiden Kameras das Nonplusultra dar, wenn es um Actionfotografie geht. Bei dieser Gelegenheit: Die jetzt (2017) 15 Jahre alte Canon Ur-EOS 1D von 2002 kommt nach diesen Berechnungen auf hervorragende und realistische (!) 70 Prozent Sportfotografietauglichkeit. Und liegt sogar vor der aktuellen Canon EOS 1DX MK II! Was von der Theorie her an der etwas besseren Füllung der Bild(sensor)fläche mit AF-Sensoren liegt. Wobei nicht berücksichtigt wurde, dass die EOS 1DX MK II mit Sicherheit die deutlich höhere Prozessorleistung als der 15 Jahre alte Vorgänger hat! Vergleichen Sie die Prozentzahlen der gleich auflösenden 4 Megapixel Nikon D2H(s) mit der EOS  1D MK I. Wer in dieser Zeit überwiegend "Action" fotografierte, kam an der Canon EOS 1D MK I kaum vorbei... Schauen Sie sich bitte einfach mal die Tabelle von oben an.

Die Panasonic Lumix DMC-G(H)1 kommt nach diesen Berechnungen nur auf winzige 3 Prozent. Selbst die aktuelle GH5 erreicht gerade mal 11 von 100 Punkten und liegt damit noch deutlich unter dem Niveau beispielsweise einer Nikon D70. Meiner Meinung vollkommen zu Recht! Der feste freie Sportfotograf einer Bonner Tageszeitung hat aus Kostengründen um 2004 lange und erfolgreich mit der Nikon D70 gearbeitet. Selbst mit der aktuellen GH-5 wäre er damals seinen Job schnell los gewesen.

Eine US-Internetseite hatte die GH5 ausprobiert und dabei von einem Radfahrer neben scharfen Fotos auch schwere Aussetzer präsentiert. Fotos vom Rugby überzeugten mich ebenfalls wenig. Das eingesetzte Leica DG Vario-Elmarit 100-400mm F4-6.3 wird auf dem kleinen 13x17 mm microFourThirds-Sensor zwar zum 200-800 mm Zoom, das aber mit einer Schärfentiefe, die der gleitenden Blende f/8-f/12,6 entspricht. Das führt unter anderem zu unschönen, weil zu scharf abgebildete Hintergründen. Und verschleiert durch die vergleichsweise hohe Schärfentiefe die Leistung des AFs. 300, 400 und 600 mm im Kleinbildformat bei Blende f/2,8 bzw. f/4 sind da eine ganz andere Hausnummer!

Entsprechend reihen sich die beiden spiegellosen Panasonic-Modelle DMC-G1 und GH5 nur unter „ferner liefen“ ein... Erst 2016, als die DSLM-Hersteller beginnen Pixel auf dem Bildsensor nicht nur zur Kontrastabfrage für die Entfernungsmessung, sondern auch zur Phasendetektion heranzuziehen, beginnen DSLMs stark aufzuholen. Dabei verweise ich noch mal auf den Blogeintrag „Zeitwende“ und nenne die exzellente spiegellose Systemkamera Fuji XT-2 des Kollegen, die beim Basketball mithalten kann! Ohne die letzte Berechnungsgrundlage für den Fuji X-T2 Phasendetektions-AF zu kennen, liegt die Fuji X-T2 bei der gleichen Formel wie bei der Nikon D5 mit den bis zu 325 X-T2 AF-Sensoren (Pixel, die vom Bildsensor für die Kontrast-AF-Messung ODER Phasendetektion „abgestellt“ werden“) bei sensationellen 218 Prozent Sportfotografietauglichkeit! So ganz daneben kann die Berechnungsgrundlage also nicht sein, aber ich kann mir derzeit nur schwer vorstellen, dass auf einmal Canons und Nikons Flaggschiffe aus den Sportarenden der Welt verschwinden, um Fujis Platz zu machen ;-) Außerdem geht es beim "Bewertungsmaßstab für alte Kameras" "nur" um – ALTE – Sammel-Digitalkameras! Aber um noch mal auf den Anfang zurückzukommen: Es ist und bleibt das AF-Erkennungsprinzip! Kontrast-AF oder/und Phasendetektion. Da kann der Prozessor der Kamera noch so schnell sein.

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