Das älteste Autofokus SLR Zoom-Objektiv der Welt! CANON ZOOM LENS FD 35-70mm 1:4 AF von 1981

Um korrekt zu sein

Nicht nur das CANON ZOOM LENS FD 35-70mm 1:4 AF wurde 1981 vorgestellt, auch das hochinteressante und doppelt so lichtstarke SMC PENTAX AF ZOOM 1:2,8/35-70 mm ist aufs gleiche Jahr datiert! Fürs Canon Zoom wird der Mai 1981 genannt, fürs Pentax Zoom "nur" 1981 – unerheblich … 

Gerne proklamiert Leitz auf der Photokina 1976 nach dem Honeywell Visitronic AF-Prinzip (in französischer Sprache, Google-Translate übersetzt sehr gut!) von 1975 das erste durchs Objektiv autofokussierende System (Projektname Correfot) der Welt vorgestellt zu haben. Gezeigt an mehreren Spiegelreflex-Prototypen.

Und?

Das Leitz Correfot-System (auch in französischer Sprache, Google-Translate übersetzt sehr gut!) ging nie in Produktion …

Bereits 5 Jahre vor Leitz …

… zeigte Nikon 1971 ein 4,5/80 mm Autofokus-Objektiv, das aber auch nie in Serie ging. 1975 präsentiert Heneywell sein Autofokus-Prinzip "VISITRONIC". Popular Mechanics schrieb dazu im Mai 1976: "Andere Autofokussysteme wurden im Laufe der Jahre angekündigt. Im Unterschied zu den anderen Systemen steht Honeywell Visitronic tatsächlich zum Verkauf. Für Kamerahersteller, die es in ihre eigenen Produkte integrieren können. Interessierte Hersteller müssen Honeywell für einen Blick auf das System 1000 US Dollar zahlen." Popular Science berichtete Dezember 1977 über die Konica C35, die den Honeywell-basierten Autofokus hat: "Vor zwei Jahren lud Honeywell Kamerahersteller ein, eine Offenlegungsvereinbarung in Höhe von 50.000 US-Dollar in das Autofokus-Modul zu investieren. Für 50.000 US-Dollar gab es technische Informationen, technischen Support, einige AF-Module und das Recht, noch mehr Module von Honeywell zu kaufen. Dreizehn Hersteller haben sich dem Programm angeschlossen, berichtet Ron Brown, Honeywells Marketing Manager. Vier Hersteller zeigten auf der Photokina 1976 Prototypen von Autofokus-Kameras: drei Filmkameras (Eumig, Elmo und Sankyo) und ein SLR-Zoomobjektiv (gemeint ist die Asahi Pentax ME-F und 2,8/35-70 mm AF Zoom Objektiv). Die Dimensionen des Erfolges von Honeywell lassen sich daran messen, dass zwar sowohl Nikon als auch Canon Autofokussysteme ankündigten, aber beide nicht über einen Prototypenstatus hinauskamen. Was in Bezug auf Canon nicht korrekt ist! Konica verdient Anerkennung dafür, dass sie mit einer Serienkamera an den Start gegangen sind. „Das Visitronic-System gibt es schon länger", sagt Peter Ildau, Vizepresident der Konica Camera Co. "Aber wir sind die Ersten, die es in die Konica C35 bauten." Bei allem Respekt: Die Konica C35 ist eine simple, idiotensichere Sucherkamera mit einem 2,8/38 mm Hexanon Objektiv. Ich müsste mein Exemplar glatt mal mit Film laden und ausprobieren!

Wie die Konica C35 basiert das 4/35-70 mm Canon FD AF auf dem Honeywell VISITRONIC-Prinzip. Das AF-Modul ist bei Canon einfach ins Objektv eingebaut, was das Objektiv dann vollkommen autark macht! Es läuft auf jeder Canon mit FD-Bajonett, wenn genug Platz zur Montage des voluminösen Zooms ist. Und entsprechend lässt es sich auf jede spiegellose Systemkamera adaptieren!

Läuft überall!

Funktionsprinzip

Canon schreibt – Google Translate: „Das SST-Verfahren ist ein System, bei dem Informationen über das fotografierte Objekt, das (anders als in der Skizze) durch zwei feste Spiegel in den Sensor eintritt, in ein elektrisches Signal umgewandelt wird. Dirch die jeweils rot markierten ZWEI Fenster der Konica C35 und am AF-Zoom mit FD-Bajonett geht es auf die Spiegel! Die Entfernung wird von einem Mikrocomputer gemessen, wobei die Fokussierung durch Bewegen eines Entfernungsrings mit einem Motor erfolgt. Die neueste CCD-Technologie (Charge-Coupled Device) mit festem Bildgerät bietet eine hohe Auflösung und einen breiten Dynamikbereich, der in der Lage ist, niedrige bis hohe Leuchtdichten zu erkennen, wodurch es weniger anfällig für den Kontrast und die Mustergröße des fotografierten Objekts ist und eine hohe Präzision ermöglicht Autofokus. Da das SST-Verfahren keinen beweglichen Abschnitt im Abstandsmessmechanismus hat, werden auch keine Vibrationen oder elektrisches Rauschen verursacht, was eine hochzuverlässige Anpassung einer High-End-SLR-Kamera ermöglicht.“

Die real existierende Autofokus-Geschichte: 1977, 1981, 1985

1981 wird es dann bei Canon Realität!

Canon präsentiert seine CANON ZOOM LENS FD 35-70mm 1:4 AF im „Starwars Klonkrieger-Design“

Spezifikation

Einmontiert das konventionelle 4/35-70 mm Canon FD

  • Durchmesser, Länge, Gewicht: 85 x 99,5 mm, 604 g, Filterdurchmesser 52 mm
  • Anzahl Linsen/Baugruppen 8/8
  • Nahdistanz 0,5 m, Maßstab 0,15
  • Kleinste Blende f/22, die Blende besteht aus 6 Lamellen
  • Original Preis 1981 ohne Inflationsumrechnungen 89.500 YEN, vor 25 Jahren ca. 870 Euro

Canon schreibt – Google Translate: „Dies ist das weltweit erste Autofokus-Zoomobjektiv mit einer Autofokusfunktion, die das Canon-eigene SST-Verfahren (Solid State Triangulation) verwendet. Die Integration dieser Funktion in das meistverkaufte Wechselobjektiv FD 35-70 mm f/4 (Juni 1979) führte zur Automatisierung der Fokussierung für SLR-Kameras.“

Unter dieser Quelle gibt es weitere Informationen zum Canon Zoom

Mein erstes Exemplar kam als angekündigter Totalschaden für 15 Euro aus Portugal. Ich tippe da auf einen Feuchtigkeits- bis (Salz-)Wasserschaden, der alles so korrodiert hat, dass das Zoom komplett blockiert. Egal, denn nach Studium der beiden folgenden Youtube-Videos war mir klar: Dieses Spielzeug muss ich haben ;-) Aber funktionierend!

Das auf der Nikon Z6 unsinnigste, aber faszinierendste Autofokus Zoom-Objektiv, das man sich denken kann!

So lautete meine Ursprungs-Überschrift zu diesem Exoten …

Nach meinen ersten Versuchen mit dem Canon FD-Bajonett AF-Zoom auf der Nikon Z6 hatte ich getextet: Lahm wie eine Schnecke, drei Schritt vor, zwei zurück. Meistens mehrere Anläufe/Versuche, bis die Schärfe gefunden ist … Ganz wichtig dabei die Kontrolle mit Fokus Peaking und Sucherbild-Vergrößerung. Egal, für ein paar gemächliche Landschaftsfotos wird's schon reichen. Und nur dafür soll es sein. Aus Freude an vergangener Technik!

Was wohl bei allen Exemplaren so war/ist

OLYPEDIA schreibt zum Canon FD 35-70mm 1:4: „Im Mai 1981 stellte Canon eine Autofokus-Variante des Canon FD 35-70mm 1:4 vor. Die Unterschiede:

  • In der Fassung verbautes AF-Modul "Honeywell SST" (Solid State Triangulation)
  • In der Fassung verbauter AF-Motor

Da es beim Canon FD-System durch fehlende Kontakte keine Kommunikation zwischen Kamera und Objektiv gibt, ist das von Canon verwendete AF-System autark, d.h. die Entfernungsmessung erfolgt durch das am Objektiv verbaute AF-Modul. Dadurch ist das Objektiv groß und schwer. Die AF-Geschwindigkeit und -Genauigkeit ist sehr gering. Absolut nicht mit neuzeitlichen AF-Systemen vergleichbar.

mittleresgrau.de schreibt: "Während Pentax für sein 2,8/35-70 mm einen neuen Objektivanschluss „K-F“ einführte, musste Canon auf das FD-Bajonett setzen. Während Pentax die  gehäuseinterne TTL-Phasenkontrastmessung zur Entfernungsbestimmung wählte, musste Canon das Autofokussystem direkt am Objektiv installieren und setze dabei auf die von Honeywell SST (Solid State Triangulation), das Verfahren zur optischen Abstandsmessung."

"Das Canon-Zoom weist auf einer Seite ein Wulst auf, in der die Technik für die Entfernungsmessung untergebracht ist. Hinter den 2 kleinen Fenstern verbergen sich die zwei Lichtschächte, die ihr Bild an einem CCD-Bildsensor schicken. Es handelt sich im ein passives AF-System, welches die zwei Bilder miteinander vergleicht und auf dieser Grundlage die Entfernung berechnet. Diese Bauweise ist dann auch der Grund für die relativ schlechten Fokussiereigenschaften in Low-Light Situationen, und wenn es wenig Kontrast hat."

"Neben dem Sensor für den Autofokus, ist der Autofokus-Motor am Objektiv untergebracht. Da auch die Kamera keinen Strom über das FD-Bajonett liefern kann, finden dort ebenso zwei AA Batterien Platz. Fokussiert wird nicht an der Kamera, sondern über einen kleinen Knopf an der Seite des Objektivs. Ebenso fehlt ein Zoomring, hier muss ein Hebel bemüht werden, der aus der Unterseite des Objektivs ragt."

"Der Autofokus ist nicht besonders schnell. Wer USM-Objektive aus dem Angebot der EOS Kameras gewohnt ist, wird enttäuscht werden. Zudem „pumpt“ der AF bei wenig Licht sehr, bzw. verweigert an Bildteilen ohne harte Kontrastkanten seinen Dienst in Situationen, in denen der Autofokus einer modernen Spiegelreflex noch schön „greift“. Immerhin kann man mit Hilfe des Schnittbildindikators und des Mikroprismenrings der Canon prä-EOS Kameras die Schärfe vor dem Auslösen noch einmal kontrollieren."

Und diese letzte Passage gefällt mir am besten

"Insgesamt hinterlässt das Objektiv einen guten Eindruck, wirklich brauchen tut man es nicht – wer eine Kamera mit FD-Bajonett verwendet und unbedingt Autofokus braucht, der soll zugreifen. Der Käufer muss sich dann allerdings auf die bereits genannten Limitierungen, vor allem im Handling und Autofokusperformance einlassen." Soweit mittleresgrau.de

Abbildungsqualität

  • "Hinsichtlich der Abbildungsleistungen scheint es - lt. überwiegender Nutzermeinungen - sogar etwas besser als das FDn 35-70mm 1:2.8-3.5 sein."
  • "Schlechtere Auflösung und mehr CAs als beim lichtstärkeren f2.8-3.5 Equivalent."

Also das übliche Geschwätz – ohne Beispielfotos! Nehmen wir wieder Vicco von Bülow, Loriot "Aaah, ja" ;-) SEHEN WOLLEN WIR'S!

Mein erstes belangloses "Testfoto". Blümelein im Garten, die ersten Krokusse … 6 Megapixel

Wie schrieb Till Schramm von mittleresgrau.de: "Immerhin kann man mit Hilfe des Schnittbildindikators und des Mikroprismenrings der Canon prä-EOS Kameras die Schärfe vor dem Auslösen noch einmal kontrollieren." Jetzt ersetzen wir "Schnittbildindikator" und "Mikroprismenring" einfach durch "Fokus-Peaking (in Rot)" und "Sucher-/Monitorbildvergrößerung", und schon passt es! Rüstzeug, das mittlerweile jede moderne Spiegellose mitbringt!

Welche Blende?

Betriebsblindheit ;-)

Für FD-Objektive braucht es einen Adapter, der entsprechende Blendenhebel im Objektiv betätigt. Wenn der fehlt, kann ich im Extremfall je nach Objektiv/Bajonett nur mit geschlossener Blende gewöhnlich f/16 oder f/22 oder Offenblende fotografieren. Das ist hier nicht der Fall.

Aber auf die Idee die Blende des Zooms einfach zu entriegeln, um die gewünschte Blende einzustellen, bin ich erst später gekommen. Mit einem Druck aufs grüne A wird der Blendenring entriegelt, um dann die gwünschte Blende einstellen zu können. Ich habe davon in sofern Gebrauch gemacht und Blende f/11 eingestellt. Die Blende, wo Beugungsunschärfe beginnt die Gesamtschärfe zu reduzieren. Mit dem Ring auf dem Adapter bleibe ich dann bei Stellung "OFF" in Offenblende, und mit "ON" schließt sich die Blende nicht weiter als bis auf die gewünschte f/11. Perfekt!

Die Entdeckung der Langsamkeit ;-) 24 MP

Nein, das war kein Badewetter ;-) Aber nach 560 km erstaunlich entspannter Autobahnfahrt musste einmal "Durchpusten" am Weissenhäuser Strand sein.

Weissenhäuser Strand 3600 Pixel Seitenbreite

Unser bewährter Zwischenstopp auf dem Weg weiter nach Norden. Luft einstellige Temperatur, Wasser — will ich gar nicht wissen … Schauen, wie es den wetterfesten schottischen Hochland-Rindern geht. Die dafür sorgen, dass die eingezäunte Naturschutzlandschaft im Urzustand bleibt. Für den kliffartigen Steilküstenabschnitt in der Ferne waren 70 mm Brennweite natürlich viel zu kurz. Der 1.800 x 1.200 Pixel (2 MP) Ausschnitt aus dem 24 Megapixelfoto wurde per Topaz Gigapixel AI auf 3.600 x 2.400 Pixel (8 MP) hochskaliert.

Fährüberfahrt Deutschland/Dänemark bei Kaiserwetter

"Kinder von Bullerbü, Ferien auf Saltkrokan" (Astrid Lindgren) hat uns wieder ;-)

"Sachfotografie" ;-) 1:1 Crop

Alle Aufnahmen mit ISO- und Zeit-Automatik mit Vorgabe 1/500 s als langsamster Verschlusszeit, Blende f/11

Den einzigen unübersehbaren Abbildungsfehler, den ich attestieren kann, ist die je nach Motiv (Horizont!) deutlich sichtbare tonnenförmige Verzeichnung bei 35 mm, die mit Lightroom rauskorrigierbar ist. Bei genauem Probieren findet man zwischen den Endbrennweiten vermutlich eine Brennweite ohne Verzeichnung. Analog die einzige Chance verzeichnungsfrei abzubilden. Bei 70 mm müsste die Verzeichnung erfahrungsgemäß kissenförmig sein. Wie stark, habe ich nicht weiter untersucht. Oder anders: Die Verzeichnung bei längster Brennweite ist so gering, dass sie nicht so stört, wie die unübersehbare bei 35 mm.

Insofern aber undramatisch, weil moderne Zoomobjektive vergleichbarer Brennweite mit einiger Sicherheit genauso verzeichnen. Man bekommt davon nur nichts mit, weil die Kamera-Firmware die Verzeichnung bereits rausrechnet. Selbst bei Speicherung im Rohdatenformat! Aber das funktioniert natürlich nur, wenn Kamera- und Objektivrechner (Chip) miteinander kommunizieren. Beim der ungekoppelten CANON ZOOM LENS FD 35-70mm 1:4 kann nichts kommunizieren …

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Weder Fisch noch Fleisch, ein Zoom mit 35-70 mm Brennweite. So dachte auch ich viele Jahre. Aber geübt durch einen reichhaltigen Altglas-Objektivpark, wo das brave und "noch langweiligere" 50 mm Normalobjektiv zu besonserer Kreativität antreibt, wird ein 35-70 mm dann wieder interessant. Und das CANON ZOOM LENS FD 35-70mm 1:4 AF von 1981 liefert Qualität! Was Canon vielleicht hätte machen sollen, das wäre eine Freilaufeinrichtung für die Entfernungseinstellung, den dazugehörigen Ring. Wenn die zwei AA Baterien zum Autofokus-Antrieb leer sind, geht nichts mehr …

Das Canon ist ein "schräger", aber hochinteressanter Exot. Für mich vergleichbar mit einer geliebten Vinyl-Langspielschallplatte. Ein Zoom, das ich gerne mit in die Osterferien genommen habe. Und gelegentlich zum "Entschleunigen" wieder montieren werde.

Ralf Jannke, April 2023

 

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