DER ROBOT! Nicht der Robot-er, nicht die Robot Kamera: DER ROBOT

Lange, sehr lange lag dieser Beitrag im Archiv. Anlässlich einer Ausstellung über die Motorisierung von Kameras entstand dieser Bericht über "den" ROBOT. Der Hersteller bezeichnete seine Kamera immer als "DER ROBOT", warum auch immer …

Ein(e) Kamera für gewöhnlichen Kleinbildfilm, die ihre Fotos im quadratischen 24x24 mm Format belichtet. Auf den Film mit 36 Aufnahmen passen so rund 50 Fotos. Für den Filmtransport sorgt ein Federwerkmotor. Komplett aufgezogen, schafft dieser mechanische Motor ca. 20 Aufnahmen, bevor er wieder aufgezogen werden muss.

Eine automatische Serienauslösung war nicht vorgesehen, aber mit einem "schnellen Finger" konnte ein erfahrener Fotograf so 3 Bilder pro Sekunde schaffen. Es gab diesen ROBOT auch mit einem doppelt so großen Federwerkmotor, der mit einem Aufzug bis 50 Bilder schaffte.

Diese kleine und unscheinbare Kamera begleitete meinen Vater 1955 nach Moskau. Die komplette Geschichte findet sich unten im  Foto, das in A3 Größe für die Ausstellung "Geschichte der motorisierten Kamera" vorgesehen war.

Nachdem ich seit 2023 verstärkt diverse Objektive unterschiedlicher Brennweiten und Hersteller erfolgreich auf spiegellose Systemkameras adaptiert habe, fiel mir das Erbstück meines Vaters in die  Hand.

Jetzt wird alles adaptiert, was nicht niet- und nagelfest ist ;-) So auch das Schneider-Kreuznach Xenar 1:2.8/38!

Zunächst etwas Familiengeschichte

Nur eine Ecke, ein Fragment …

Ich wusste doch, dass ich noch irgendwo ein uraltes Bildchen hatte: ROBOT auf der Photokina. Leider kein Bild vom Stand, nur eine winzige Ecke, aber die Kamerabezeichnung, die Schrift-/art ist unverwechselbar!

Zur – Pardon – zum ROBOT

Bei der abgebildeten ROBOT handelt es sich um das 1952 vorgestellte Modell Star

Die/der ROBOT hat eine lange Geschichte

Sie ist eine so genannte Federwerk-Kamera. Wikipedia schreibt: „Federwerk-Kameras oder Robotkameras sind Fotoapparate, die ihre Antriebsenergie für den Verschluss, den Filmvorschub (…) aus der in einer Feder gespeicherten Energie beziehen, statt durch Fingerkraft oder elektrischen Strom. Die ersten marktreifen Entwicklungen für Kleinbildkameras gab es um 1940, u. a. die „Robot Photo Camera“ von Otto Berning. Am bekanntesten sind die „Robot“-Kameras aus Düsseldorf, die zu Hunderttausenden die „Starenkästen“ bestücken, mit denen Verkehrssünder bei Rotlicht- und Tempoverstößen fotografiert werden.

Perfekt aufbereitet ist die Geschichte der ROBOT auf der Internetseite ROBOT Kamera Historie!

Der RoBoT I ist die erste Kamera der neu gegründeten Firma Berning & Co. Ihr Prototyp mit dem typischen Scheibenschlitzverschluss und dem quadratischen Bildformat von 24 x 24 mm wurde vom Konstrukteur H. Kilfitt entwickelt. Der Jungunternehmer H.-H. Berning brachte die Idee des Federwerkmotors mit ein und baute Anfang der 30er Jahre die Produktion in Düsseldorf auf. Aus der Produktionszeit des RoBoT I von 1934 bis 1938 kennt man drei Versionen (…)

Robot Star und Robot Junior: Anfang der 50er Jahre stand die Firma Robot Berning & Co. in ihrer vollen Blüte, die Umsätze stiegen täglich. 1952 erschien als Spitzenmodell der hier präsentierte Robot Star mit Rückspuleinrichtung. Ab 1954 wurde parallel dazu der Robot Junior (ohne Rückspulung und ohne Winkelsucher) für den kleinen Geldbeutel angeboten.

ROBOT-Besonderheiten

Die Kamera belichtet durch einen so genannten Rotationsverschluss. Der Rotationsverschluss ist eine Konstruktionsart von Kameraverschlüssen, der im Gegensatz zum Zentralverschluss seine Bestandteile nicht hin- und herbewegt, sondern wie der Schlitzverschluss nur in einer Richtung. Er ist konstruktiv der Umlaufblende der Filmkameras verwandt. Im Gegensatz zu Schlitzverschluss und Umlaufblende ist jedoch die Öffnung konstant und unterschiedliche Belichtungszeiten werden durch unterschiedliche Drehzahlen erreicht.

Detailliert beschrieben und gezeigt auf der Internetseite RoBoT Kameras. Dort ist zu lesen — Originaltext (etwas gekürzt):

"Die Genauigkeit dieses Verschluss’ ist weder von Witterungseinflüssen noch vom Ablauf des Filmtransportwerks abhängig. Seine Unempfindlichkeit gegen Kälte oder Hitze, gegen Wasser oder Schmutz hat er nicht nur während des Krieges sondern auch bei Einsätzen unter Wasser, in Wüsten und selbst im Weltraum bewiesen. In größter Hitze und auch noch bei Minus 50 Grad Celsius, selbst nach Sandstürmen und unfreiwilligem Salzwasserbad hat er einwandfrei gearbeitet."

Und weiter

"Die konzentrische Anordnung aller seiner rotierenden Teile bewirkt, dass der Verschluss erschütterungsfrei arbeitet. Wer mit einigermaßen ruhiger Hand fotografiert, kann auch relativ lange Belichtungszeiten wie z.B. 1/10 Sek. verwacklungsfrei aus der Hand belichten. Das Hauptelement des Robotverschluss' (…) ist eine rotierende runde Scheibe, die einen unveränderlichen Ausschnitt hat, der das Negativ für die Dauer der Belichtung ganz freigibt."

Der letzte Satz hat große Bedeutung! Der/die ROBOT ist in der Lage einen Elektronenblitz mit der schnellsten Verschlusszeit von 1/500 s ohne Bildabschattungen zu synchronisieren! Das konnte lange Zeit nur der Zentralverschluss! Bei der analogen Kleinbild-Messsucher- wie Spiegelreflexkamera war die kürzeste Zeit zum Blitzen lange nur 1/125 s. Ab der 1/250 s — eine Ausnahme die Nikon FM2/n von 1983 mit 1/200 1/250 s — bildet der Verschluss einen mit kürzer werdenden Verschlusszeiten immer schmaler werdenden Schlitz — daher Schlitzverschluss! —, der am Film vorbeiläuft und so den Film bzw. Sensor komplett belichtet.

Wird dann ein Elektronenblitz ausgelöst, würde der dann nur den schmalen Schlitz belichten, der Rest des Bildes wäre unterbelichtet. Moderne Kameras können das umgehen, wenn der Blitz in der Lage ist zu pulsieren. Das heißt, er leuchtet so lange, bis der Schlitz am Film/Sensor vorbei gewandert ist … 

Noch eine ROBOT Star Besonderheit ist der pfiffige Doppelsucher

Umgeschaltet kann das Motiv von der schmalen Seite der Kamera erfasst werden. Das Objektiv "sieht" natrürlich in Richtung Motiv, der Fotograf nicht. Und bleibt so möglicherweise unauffälliger.

Wer genau hingesehen hat, wird den schiefen Blitzschuh bemerkt haben. Einzige "Erinnerung" an einen Sturz dieser Robot über ein paar Meter Steintreppe einer Burg! Dass Kamera und Objektiv überlebt haben, verdanken sie der massiven Metall-Gegenlichtblende, die ich leider nicht mehr habe. Die hat – total verbeult und eingedrückt – die Fallenergie durch die Verformung vernichtet, und Kamera und Objektiv so vor der Zerstörung bewahrt!

Ein TV-Objektiv mit C-Mount auf der ROBOT funktioniert – nicht!

Nochmal die Internetseite ROBOT Kamera Historie zu Objektiven

"RoBoT Objektive haben ein Anschlußgewinde von M26 x 0,75 mm (…) Das Auflagenmaß (…) beträgt 31 mm +/- 0,02mm. Der Objektiv-Anschluß  des RoBoT wird gerne mit dem sogenannten C-mount von Filmkameras verwechselt. Bei diesen Objektiven hat das Anschlußgewinde einen Durchmesser von 1 Zoll (25,4 mm) und eine Steigung von 1/32 Zoll (0,79 mm). Das Auflagenmaß beträgt bei C-mount 17,52 mm. Obwohl diese C-mount Objektive auf den RoBoT geschraubt werden können, kann man damit keine scharfen Bilder wegen des unterschiedlichen Auflagenmaß' schießen."

Das Schneider-Kreuznach Xenar 1:2.8/38 auf der ROBOT hatte es mir angetan ;-)

Wikipedia schreibt zum Xenar:

Xenar ist eine 1920 für Schneider-Kreuznach eingetragene Wortmarke für ein fotografisches Objektiv. Mit der Marke wurde eine Objektivserie von Schneider bezeichnet, die nach dem Muster des von Paul Rudolph entwickelten 4-linsigen Tessars konstruiert ist.

Erste, sehr primitive, provisorische Adaption des Xenars auf die Olympus OM-D E-M5

Es ging nur ums Prinzip! Beide Fotos mit Offenblende f/2.8

Beweis erbracht!

Mit dieser Papp-Konstruktion wollte ich sehen, ob das Xenar vom zuvor völlig unscharfen in einen scharfen Fokusbereich kommt. Tut es! Inklusive unendlich! Trotz des primitiven Adapters ist die Schärfe bei Offenblende so vielversprechend, dass umgehend zwei "richtige" Adapter bestellt wurden, die gleich an den Urlaubsort gehen.

Die richtigen Adapter und noch ein ROBOT

Den Robot-/Xenar-M26-/microFourThirds-Adapter scheint es nicht mehr in so großen Mengen zu geben. Ich hoffe, ich bekomme noch einen! Beim anderen Adapter wird spannend, ob das Schneider-Kreuznach Xenar 1:2.8/38 auch im Vollformat fokussierbar wird. Vom Nahbereich bis Unendlich. Oder wenigstens in einem brauchbaren Bereich für ein paar Fotos. Auch wird interessant sein, ob das fürs 24x24mm Fimformat vorgesehene Xenar das volle Kleinbildformat auszeichnet. 13x17 mm microFourThirds geht sicher. Und DX mit 15 x 23 mm ganz sicher auch. Man wird sehen.

Und einmal im "ROBOT-Fieber", wurde noch ein Exemplar mit dem viel interssanteren lichtstärkeren Schneider-Kreuznach Xenon 1:1.9/40 gefunden. Zu sehr gemäßigten 40 Euro, die weit unter den sonstigen eBay-Vitrinen- und Schatullenverwalter- (Sammler) Preisen liegen!

Auf geht's! Perfekt adaptiert auf die Nikon Z6

Ich hatte nur kurz überlegt, ob ich die Nikon Z6 aufs authentische Original Robot 1:1 Format mit 24 x 24 mm umschalte, habe es dann aber beim gewohnten 24 x 36 mm Kleinbildformat gelassen. Was ROBOT in den 1960er Jahren mit dem Modell Royal 36 dann schließlich auch bot: 24 x 36 mm … Dazu hatte die Royal einen gekuppelten Entfernungsmesser, und der M25 Schraubanschluss musste einem modernen Bajonett weichen.

Auf der Nikon Z6

Dieses war der erste Streich, und der zweite folgt sogleich ;-)

KIPON ROBOT-M4/3 Adapter

Perfekte Passform, perfekt ausgelegt. Unendlich und Nahdistanz stimmen!

Das erste Beispielfoto

Dass der brave Vierlinser auch im Viertelformat auf dem 13 x 17 mm microFourThirds-Sensor nicht in die Knie geht, war ja keine Überraschung. Wobei die 16 Megapixel der Olympus OM-D E-M5 sogar eine höhere Pixeldichte aufweisen. Sie entspricht einem 63 Megapixel Vollformatsensor.

Das erste Foto gab es dann gleich nach erfolgreicher Montage des Xenars auf die OM-D E-M5. Es regnete, schüttete wie aus Eimern. Und das wurde mit einem Foto belohnt, wo der Regen auch perfekt zu erkennen ist.

Mehr Beispielfotos

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Mit diesem Beitrag hat das wertvolle Erbstück des Vaters sein verdiente Würdigung erfahren. Erstaunlich, was der simple Vierlinser nach über 60 Jahren immer noch draufhat.

Umso gespannter bin ich auf das Schneider-Kreuznach Xenon 1:1.9/40, das irgendwann nach den Sommerferien drankommt. Was auch vom Preis (40 Euro) absolut in meiner Philosophie liegt.

Ralf Jannke, Juli/August 2024

 

Kommentare (1)

  • Rolf Beltermann
    Rolf Beltermann
    am 10.08.2024
    Vielen Dank für Ihren schönen Artikel.Ich fotografiere auch gerne mit alten Robot Objektiven und mit ordentlichen Ergebnissen.Kamera ist dann eine meiner ca.120 Robot Kameras oder eine Sony Nex 7 oder eine Voigtländer.Mit Ihrer Robot Kamera ist das Arbeiten schwieriger.Es ist keine Star mit Rückspuung und keine IIa in die wenigstens eine Normkassette passt,sondern ein Modell II.Eine Normkassette passt hier nicht,Sie würden ein Umspulgerät brauchen um den Film aus der Normkassette in eine Robot Kassette zu spulen,dann zu fotorafieren und später den Film aus der Robot Aufwickelkassette zurück in die Normkassette zu spulen.Das geht schon,aber nur freaks haben Freude daran.Für die Digitalfans gibt es die Adapter auf alles mögliche.Es gibt Adapter von M30(Robot Royal) auf M26 und dazu Adapter von M30 und M 26 auf alle möglichen Digitalkameras.Damit stehen Ihnen die Absonderlichsten Objektive zur Verfügung.Bei Robot-camera.de sind längst nicht alle gelistet.
    Für Versuche mit Exoten kann ich gerne etwas ausleihen.Grüße,Rolf Beltermann

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