Voigtänder Super Wide Heliar 15mm an Fuji X-E2 und Sony NEX-3

In diesem Erfahrungsbericht geht es um ein etwa 20 Jahre altes Manuellfokusobjektive adaptiert an die spiegellosen Systemkameras Sony NEX-3 und Fuji X-E2. An der Nikon Z5 habe ich hier bereits gezeigt (Link:https://www.digicammuseum.de/gechichten/erfahrungsberichte/objektive-leica-m-und-m39-nikon-z5-c-zahn/), das Objektiv ist am Vollformatsensor und Offenblende in den Bildrändern unscharf und vignettiert sichtbar, Abblenden auf 8-11 steigert die Schärfe aus der Bildmitte nur etwas weiter nach außen, selbst bei Blende 22 werden die Ränder nicht scharf abgebildet, da die Randstrahlen extrem schräg auf den Sensor treffen. Hier nun ein Test an zwei Kameras, die kleinere Bildsensoren haben und darum nur die besseren Bildmittelteile nutzen.

Voigtländer Super Wide Heliar F4.5 Aspherical

Voigtländer wurde bereits 1756 in Wien gegründet und stellte anfangs Ferngläser her. Seit 1840 wurden Aufnahmeobjektive für fotografische Zwecke und entsprechende Kameras gebaut, 1849 entstand in Braunschweig ein Zweigwerk, das später die Firmenzentrale wurde. 1925 übernahm der Chemiekonzern Schering die Aktienmehrheit, 1952 wurde das Werk an die Zeiss-Stiftung verkauft. 1971 übernahm Rollei das Werk und verlagerte die Produktion nach Singapur, in Deutschland verblieb lediglich der Vertrieb. 1982 mußten die insolventen Rolleiwerke den Markennamen „Voigtländer“ verkaufen, er ging an die deutsche Plusfoto-Gruppe, die 1997 mit der alfo- und der Ringfotogruppe fusionierte.

Bis etwa 1960 baute Voigtländer eigenständig entwickelte Kameras und Objektive, danach übernahm Zeiss Ikon die Ausrichtung der Kameralinien. In der Rollei-Zeit waren Voigtländer-Produkte lediglich umgelabelte Rollei-Artikel, teilweise etwas anders designt, um den höheren Preis der Rollei-Pendants zu rechtfertigen. Unter der Plusfoto-Ägide wurden lediglich OEM-Produkte unter dem traditionsreichem Namen vertrieben.

1999 beschloß Ringfoto zusammen mit dem japanischen Kamera- und Objektivhersteller Cosina eine „Classic“-Collection aufzubauen, also Objektive und Kameras für das alte Leica-M39-Gewinde. In Europa und Amerika werden diese Kameras unter dem Voigtländer-Logo angeboten, in Japan und Fernost als Cosinas bzw. Cosinone. Cosina entwickelte aus ihrem mechanischen Spiegelreflexkamera-Baukasten eine M39-Kamera, die Bessa L. (Link: www.optiksammlung.de/Diverse/BessaL.html) Anfangs gab es vier passende Objektive, das hier gezeigte 15mm-Superweitwinkel, ein 25mm, ein 35mm und ein 50mm-Objektiv. Bis auf das 15er haben alle Meßsucherkopplung an Leica-Kameras. Später wurden die Objektive direkt mit Leica-M-Bajonett statt Schraubgewinde hergestellt und auch Voigtländer-Kameras mit M-Bajonett und Meßsucher hergestellt sowie die Objektivlinie kräftig ausgebaut.

Das 15mm Super Wide Heliar war 1999 ein „Knaller“. Für 999 DM gab es das Objektiv, einen Aufstecksucher und die Kamera. Die ersten Sets wurden in einer aufwendigen Kartonbox und mit einer kostenlosen Bereitschaftstasche als Zugabe verkauft. Die optische Qualität war dank asphärischer Elemente hervorragend, die Fertigungsqualität stand Leica-Objektiven nur wenig nach, der Preis war sehr niedrig und das einzige andere 15mm-Objektiv für Meßsucherkameras war das nur gebraucht erhältliche und sündhaft teure Zeiss Hologon. So wurde die Kamera und das Objektiv ein großer Verkaufserfolg, viele Leica-Kamerabesitzer kauften das Set und einen Adapter M39-Leica-M-Bajonett.

Der Name „Heliar“ wurde von Voigtländer lange für normallichtstarke Objektive für ihre Kameras verwendet. „Bessa“ wiederum war der Name etlicher Voigtländer-Mittelformat-Kameras. Das Super Wide Heliar 15mm hat 8 Elemente in 6 Gruppen und wurde von 1999 bis 2010 gebaut, danach wurde es optisch deutlich verbessert (Typ II), um an digitalen Kameras bessere Bildleistungen liefern zu können. Die ersten beiden Stellen der Seriennummer sind das Herstelljahr, mein Exemplar ist von 1999. Anfangs waren Bessa L und 15mm-Objektiv nur in silber erhältlich, später wurden sie auch in Schwarz angeboten.

Der geriffelte und sehr schmale Entfernungsring läuft weder zu schwer noch zu leicht. Der Einstellweg ist mit etwa 90° recht kurz. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,3m erfreulich kurz, schon fast ein „Makro“. Der Blendenring hat halbstufige Rastungen, es sind 8 Lamellen eingebaut. Die „Streulichtblende“ ist fest angebaut, ein Filter kann nicht montiert werden.

Das Objektiv hat einen Durchmesser von 49 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 22 mm (mit Streulichtblenden-Vorsprüngen 31mm) und wiegt 105 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es lediglich 1mm länger. Das Objektiv ist so klein und leicht, daß es an der Z5 kaum auffällt, nur durch die silberne Farbe ist es deutlich abgesetzt.

Das gesamte Objektiv macht einen sehr hochwertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall hergestellt. An der Entfernungs-Skala sind Tiefenschärfemarkierungen vorhanden, ein Index für die Infrarotfotografie fehlt jedoch. Es hat keine Meßsucherkopplung für Leica-Kameras, was aufgrund der enormen Tiefenschärfe bei Aufnahmen auf Film schon bei Offenblende (ca. 1m bis Unendlich) kein allzugroßes Problem darstellt, die Entfernung kann leicht geschätzt werden.

Das Objektiv verzeichnet nur gering, in den Bildern ist dieser Bildfehler praktisch nicht sichtbar.

Das Objektiv verhält sich an den APS-Sensoren der Fuji X-E2 bzw. Sony NEX-3 nicht identisch, was vermutlich an den unterschiedlichen Filtergläsern vor den Sensoren und den verschiedenartigen Pixelmustern liegt (Sony verwendet ein übliches schachbrettartiges Bayer-Pattern, Fuji hingegen sein spezielles Muster, näheres dazu in meinem Bericht zur X-E2 Link:https://www.digicammuseum.de/gechichten/erfahrungsberichte/fujifilm-x-e2-c-zahn/).

Bei Offenblende ist das Objektiv bei beiden Kameras an den Bildrändern unscharf und vignettiert sichtbar, Abblenden auf 8-11 steigert die Schärfe, bei der NEX-3 gelingt das besser als an der Fuji X-E2, die auch abgeblendet deutlich unscharfe Bildränder zeigt.

Interessanterweise verhalten sich die chromatischen Aberrationen genau anders herum: Schon bei bei Offenblende sind an der X-E2 kaum chromatischen Aberrationen sichtbar, bei der NEX-3 sind sie in den Bildecken auch abgeblendet deutlich wahrnehmbar. Und auch Farbverschiebungen der Bildecken kann ich nur in den Sony-Bildern erkennen, nicht in den Fuji-Aufnahmen.

15mm Super Wide Heliar auf der Fuji X-E2

15mm Super Wide Heliar auf der Sony NEX-3

Das Objektiv ist heutzutage recht günstig zu bekommen, je nach Zustand und Bajonett-Anschluß liegt es zwischen 150 und 300 Euro. Allerdings ohne den Sucher, der für analoge Kameras zwingend erforderlich ist und etwa 100 Euro extra kostet. Die an digitalen Kameras optisch wesentlich besser „performenden“ Nachfolger werden wesentlich teurer verkauft.

Ich erwarb mein Exemplar 1999 als „Early Adopter“ als einer der ersten Käufer des Sets und nutzte es mit der Bessa L vor allem auf Diafilm, später mit einer Leica-M 7 auf SW-Film. Digital probierte ich es an der Leica M8, die „dank“ Cropfaktor 1.3 und speziellen Mikrolinsen vor den Pixeln die unscharfen und purpurfarbenen Bildecken weitgehend beseitigt, aber aus dem 15mm Heliar ein recht „zahmes“ 20mm-Objektiv macht.

Alle Beispielaufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, und bei Blende 8, gespeichert als ARW bzw. RAF, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.

Fazit

Das 15mm Super Wide Heliar werde ich an der Fuji X-E2 nicht mehr verwenden, ich habe ein optisch wesentlich besseres natives Setzoom 16-50mm. An der NEX-3 hingegen werde ich das Objektiv ab und zu verwenden, wenn mir der Bildwinkel des Sony 18-55mm OSS nicht ausreicht.

Christian Zahn

 

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