Lytro Lichtfeldkamera Kurzbericht von Christian Zahn

Hier stelle ich eine frühe Lichtfeld-Kamera vor, deren Aufnahmen mit der Hersteller-Software auf dem Computer auch nachträglich fokussiert werden können.

Spezifikationen

  • Die 2012 vorgestellte Lytro ist 41 x 41 x 112 mm groß und wiegt 220 g.
  • Der 1/2,3“ CMOS-Sensor (6,2 x 4,6 mm) hat effektive 14,4 Megapixel, davon werden maximal 3280 x 3280 Pixel genutzt. Die Herstellersoftware generiert daraus am heimischen Computer Bilder mit 1080x1080 Pixeln. Automatisch oder manuell werden 200 bis 3200 ASA eingestellt. Videos sind nicht möglich. Die Bilder werden als proprietäres RAW auf einem internen Flash-Speicher abgelegt (je nach Modell 8 oder 16 GB vorhanden).
  • Das Objektiv ist ein 5,5-fach Zoom mit fester Blende 1:2, die kb-äquivalente Brennweite beträgt ca. 35-200 mm.
  • Das Motiv wird über einen quadratischen 1,5“ TFT LCD Monitor mit 49.000 Subpixeln (128 x 128 Farbtripel) und Touch-Funktion angezeigt, der auch die Menüsteuerung übernimmt.
  • Entfernungseinstellung entfällt
  • Belichtungssteuerung durch Zeitautomatik, vermutlich Matrixmessung. Belichtungszeiten 1/15s bis 1/250 sek., Selbstauslöser mit 10 s Vorlaufzeit
  • kein Blitz
  • Weißabgleich automatisch
  • keine Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch fest eingebauten Lithium-Ionen-Akku

Besonderheiten

Die Lytro war die erste Kamera für den Konsumenten, die keine Bildpunkte, sondern Lichtstrahlen aufzeichnet inkl. ihrer Richtung. Darum kann auch nach der Aufnahme in gewissen Grenzen fokussiert werden.

Der 1/2,3" CMOS-Sensor (von Aptina Imaging) hat 14,4 Megapixel, davon werden durch das quadratische Aufnahmeformat nur 3280x3280 Pixel = 10,7 Megapixel genutzt. Der Sensor hat ein Bayer-Pattern, zusätzlich ist ein Mikrolinsenarray mit 129.100 Elementen vor ihm montiert, daraus resultieren 10,7 Mega-Rays = Lichtfeldstrahlen.

Das dahinterstehende Prinzip ist hochkomplex, wer möchte, kann bei Wikipedia alles genau erklärt bekommen.

Laut dem Wikipedia-Artikel hat die Lytro-Technik nur einen effektive Auflösung von 540x540 Pixeln, die Lytro-Kamerasoftware, die es für Windows und MacOS gab, erzeugte daraus 1080x1080 große Bilder. Und was vierfache digitale Vergrößerung bedeutet, also quasi ein 2fach-Digitalzoom, ist ja bekannt. Und das war dann im Jahre 2012 einfach zu wenig, um diese revolutionäre Technik massentauglich zu machen. Auch der Nachfolger Lytro Illum von 2014 mit 40 MegaRays und resultierenden ca. 3-4 Megapixel-Bildern wurde kein Erfolg. 2016 zog sich der Hersteller aus dem Konsumentengeschäft zurück und wollte den Profi-TV und Film-Markt mit einer Lytro Cinema-Kamera bedienen (755 Megapixel und angeblich ca. 40.000 Pixeln Bildbreite). Für Profi-Filmer wäre die Möglichkeit, nachträglich beim Schnitt „die Schärfe zu ziehen“ sicherlich hochinteressant gewesen, wobei Lytro die Kamera nicht verkaufen, sondern nur vermieten wollte. Doch vermutlich war die Kamera nur „Vaporware“, denn 2018 stellte Lytro den Geschäftsbetrieb endgültig ein.

Die Lytro-Software ermöglichte es nicht nur, die Schärfenebene der exportierten Bilder nachträglich am heimischen Computer von Nah bis Fern einzustellen und diesen eingestellten Schärfenpunkt als JPEG oder TIFF zu exportieren, sondern es konnten auch Filme generiert werden, die den gesamten oder einen bestimmten Schärfenbereich schnell oder langsam „durchfahren“, um so eine Schärfenverlagerung im Bild zeitlich darzustellen. Imposant war das mit Motiven, die etwas von Nah bis Fern zeigen, z. B. eine diagonal abgebildet Klaviatur oder mehrere in der Tiefe gestaffelte Vasen vor Motiven im Hintergrund.

Es ist ein WLAN-HotSpot in der Kamera verbaut, mittels App auf einem iOS- oder Android-Handy bzw. Tablet konnten die Bilder ebenfalls bearbeitet werden.

Aber all das war nicht wirklich praktisch nutzbar, weil die Bilder mit 1 Megapixel nur verschiedene Unschärfe-Ebenen aus der Realität anzeigen.

Die Kamera war in verschiedenen Farben erhältlich, es gab auch eine hübsche Kameratasche, die aber extra gekauft werden mußte. Ein Stativadapter war ebenfalls ein optionales Zubehörteil.

Der interne Speicher hatte 8 GB oder 16 GB Flash-Kapazität, davon ging sowohl die Kamera-Firmware als auch der Inhalt eines USB-Laufwerks ab, auf dem die Bedienungsanleitung und die Kamerasoftware unlöschbar abgelegt war.

Der Akku ist fest eingebaut, er wird per Mini-USB-Buchse geladen.

Bedient wird die Kamera über den rückwärtigen Touch-Monitor und einem berührungsempfindlichen Zoom-Slider. Der Auslöser hat keinen richtigen Druckpunkt.  Der Monitor hat nur 128x128 Farb-Tripel und 1,5“ Diagonale, was 2012 bereits viel zu wenig war und nicht mehr als den Bildausschnitt wählen lässt. Ob die Belichtung der Aufnahme gelungen ist, sieht man erst später am Computer bzw. Handy.

Der UVP der Lytro Lichtfeldkamera betrug etwa 600 Euro für die 8GB-Version. Ich erwarb mein Exemplar Mitte 2015 im Ausverkauf für 150 Euro und konnte sie etwa Ende 2015 mit nur geringem Verlust wieder verkaufen.

Heutzutage kostet eine neue (New Old Stock, also unbenutzt in OVP) oder gebrauchte Lytro-Kamera mit 8 GB selten mehr als 50 Euro.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Alle Aufnahmen entstanden laut meiner Erinnerung bei 200 ASA, gespeichert als Lytro-RAW, bearbeitet und exportiert mit der Lytro-Software. Die Bilder wurden nicht verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde aktuell nicht mehr bearbeitet, es sind also unveränderte Bilder „Out of the Lytro-Software“. Belichtungszeiten- und Brennweiten-Angaben sind in die Bilder nicht eingefügt, da die Lytro-Software solche Angaben nicht in die EXIFs schreibt.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Ich habe damals beim Fotografieren vor allem Bilder machen wollen, die den Effekt der späteren Schärfenverlagerung nutzen können, war aber niemals so erfolgreich, wie die Beispielbilder, die der Hersteller gezeigt hat.

Das Gehäuse der Lytro ist größtenteils aus Metall. Lediglich die Schnittstelle-Klappe und die Griffummantelung des hinteren Teils sind aus Gummi. Die Kamera ist quadratisch und lang nach vorne herausstehend, die Haltung darum völlig ungewohnt. Die Bedienung des Zooms mit dem „Slider“ ungewohnt und fummelig.

Die Kamera gehört zur Klasse der sehr seltenen Lichtfeldkameras.

Die Bildergebnisse entsprechen nicht einmal meiner Erwartungshaltung an quadratische Ein-Megapixel-Knipsbildchen. Zwar kann mit der Herstellersoftware am Computer die Schärfe-Ebene nachträglich ändern, aber egal was ich einstellte, es war alles nur verwaschen und unscharf. Halbiert man jedoch die Bildgröße auf die im Wikipedia genannte Bildhöhe von 540 Pixel, dann allerdings sind die Bildchen halbwegs scharf, aber für das Jahr 2012 überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Da ist man dann eher bei 640x480-Pixelbildchen aus dem Jahre 1998!

Die Bildqualität der Lytro ist nicht als gut zu bezeichnen. 1 Megapixel sind nur sehr wenig Auflösung. und die verkleinerten 0,25 Megapixel sind völlig indiskutabel.

Mein Exemplar kam zwei Testrundgängen wieder in den Karton, recht bald habe ich sie sehr enttäuscht wieder verkauft.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch interessante Kamera (weil Lichtfeldkamera), zum ernsthaften Bildermachen jedoch vollkommen ungeeignet.

Christian Zahn, Jahreswechsel 2020/2021

Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias

 

 

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