Nikon Coolpix A Praxisbericht von Christian Zahn

Hier stelle ich Nikons einzige Edel-Kompaktkamera vor. Sie hat ein 18,5mm (entspricht 28mm bei Kleinbild) Weitwinkelobjektiv und einen APS-C-großen Sensor.

Spezifikationen

  • Die 2013 vorgestellte Nikon Coolpix A ist 111 x 64 x 40 mm groß und wiegt mit Akku und Speicherkarte 300 g.
  • Der APS-C CMOS-Sensor (23,5 x 15,6 mm = DX-Format) löst maximal 4.928 x 3.264 Pixel  = 16 Megapixel auf (16,9 Megapixel Rohdaten). Der Pixelpitch beträgt 4,8µm. 100 - 1600 ASA sind automatisch einstellbar, manuell können 100 bis 25.600 ASA gewählt werden. FullHD-H264-Videos sind mit 1920x1080 Pixeln möglich. Bilder werden als JPEG oder NEF (Raw-Format) auf SD/SDHC-/SDXC-Karten (max. ca. 128 GB) gespeichert.
  • Die Kamera hat ein fest montiertes 1:2,8/18,5mm Weitwinkel-Objektiv (entspricht 28mm bei Kleinbild).
  • 3“ TFT LCD Monitor mit 921.000 Subpixeln für Bildanzeige und Menüsteuerung. Optional war ein optischer Aufstecksucher erhältlich.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S), kontinuierlicher Autofokus (AF-C) oder manueller Fokus mit Fokussierlupe, Ermittlung durch Kontrasterkennung mit Hilfe des Bildsensors
  • Belichtungssteuerung durch Vollautomatik, Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik, manuellem Modus oder Motivprogramme, Matrixmessung, Spotmessung  oder mittenbetont integrale Messung. Belichtungszeiten 30s bis 1/2000 sek. (kombinierter elektronischer Verschluss und mechanischer Blendenverschluß, Selbstauslöser mit 2 bis 20 s Vorlaufzeit
  • per Knopf entriegelbarer Blitz mit Leitzahl 6, zusätzlich Norm-Blitzschuh mit Nikon-TTL-Zusatzkontakten
  • Weißabgleich automatisch oder manuell
  • keine Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch Lithium-Akku
  • Anschlußmöglichkeit für externen GPS-Empfänger bzw. externen WLAN-Dongle

Besonderheiten

  • Die Coolpix A war Nikons erste und einzige Edelkompaktkamera. Fujifilm (X-100), Ricoh (GR digital), Leica (D-Lux) oder Sigma hatten in diesem Segment bereits seit mehreren Jahren recht erfolgreich Kameras verkauft, darum wollte auch Nikon in diesem Segment anbieten. Leider war die Coolpix A nicht sehr erfolgreich, deshalb stellte Nikon diese Modell-Linie ziemlich schnell wieder ein. Die vermutlichen Gründe für den Misserfolg werde ich im Folgenden ausführlich beschreiben.
  • Der Akku EN-EL20 wird auch in einigen Kameras der Nikon 1-Serie (1 J3, 1 S1, 1 J1, 1 J2, 1 AW1) verwendet.
  • Der Sensor stammt aus der Nikon D7000 und wurde von Sony hergestellt, das Objektiv wurde speziell für die Coolpix A gerechnet. Der Verschluss ist eine Kombination aus zentralem mechanischen Blendenverschluß und elektronischem „Verschluss“ des Bildsensors. Die Kamera ist „Made in Japan“, wurde also im  Werk hergestellt, in dem auch die D800, die D3 oder die F6 gebaut werden.
  • Der Autofokus arbeitet durch Kontrasterkennung des Hauptsensor und ist darum nicht so schnell und präzise wie ein Phasenerkennung-System in einer dSLR, sondern so langsam wie in einer Kompaktkamera damals üblich.
  • Der Gehäuseblitz fährt durch Tastendruck etwas aus dem Gehäuse heraus. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt TTL mittels Vorblitz. Zusätzlich kann ein Nikon-Aufsteckblitz im Norm-Blitzschuh mit TTL-Zusatzkontakten eingesetzt werden. Der interne Blitz kann nicht zur drahtlosen Steuerung von entfesselt genutzten Blitzen eingesetzt werden.
  • Die Kamera ist recht klein, an der Frontseite gibt es einen Vorsprung zum besseren Greifen, auf der Rückseite eine kleine Daumenauflage (diese fehlt auf den Bildern, weil sie der Vorbesitzer verloren hatte). Viele Besitzer haben sich entweder einen Zusatzgriff selbst gebaut oder einen „Made in China“ im Zubehörhandel erworben, inzwischen sind leider keine passenden mehr erhältlich.
  • Die Coolpix A kann neben den normalen SD-Karten bis 2 GB und den SDHC-Karten bis 32 GB auch SDXC-Karten bis etwa 128 oder 256 GB nutzen.
  • Die Kamera wurde ohne Streulichtblende geliefert. Um das Objektiv ist ein abschraubbarer Ring angebracht, wird er entfernt, kann ein Adaptertubus mit M46-Filtergewinde montiert werden. Am Tubus kann per Bajonett eine Streulichtblende angebracht werden. Der gezeigte Adapter und die Streulichtblende sind nicht original, sondern erheblich preiswertere Kopien in leicht abweichendem Design (aber wie das Original komplett aus eloxiertem Aluminium gefertigt).
  • Die Kamera hat kein Zoom, der Hebel um den Auslöser ist der Hauptschalter! Allzugerne schaltet man beim Versuch zu Zoomen die Kamera aus.
  • Die Kamera hat eigentlich ausreichende Bedienelemente: Modusrad, Daumenrad, Steuerkreuz, Drehrad um das Steuerkreuz, eine frei definierbare Funktionstaste, 8 fest definierte Tasten, ein Schiebeschalter für AF, Makro, manuellen Fokus und einen Encoderring um das Objektiv sollten eigentlich für eine flüssige und logische Bedienung sorgen können.
  • Leider bleiben viele Bedienelemente oft völlig ungenutzt. Der Encoderring um das Objektiv ist nur zur manuellen Fokussierung vorgesehen, ansonsten ist er ohne Funktion, er kann nicht z. B. als Blendenring verwendet werden. Der drehbare Ring des Steuerkreuzes ist nur bei manueller Belichtungseinstellung zur Blendeneinstellung aktiv, im Menu dient er zur Navigation, in der Bildwiedergabe zum Durchblättern der Aufnahmen. Das Daumenrad hat je nach Belichtungsart (P, A, S, M, Motivprogramme) jeweils eine völlig andere Funktion, die auch nicht umprogrammiert werden kann.
  • Das Display löst mit 921.000 Subpixeln (entsprechend ca. 640x480 Farbtripeln = VGA-Auflösung) recht fein auf, die Bildbeurteilung ist damit sehr gut möglich. Es ist durch eine Kratzschutzscheibe vor mechanischer Beschädigung gesichert, diese Kunststoff-Scheibe sollte jedoch durch Aufbringen einer Klebefolie vor Kratzern geschützt werden. Die Bildwiederholrate ist auch für schnelle Schwenks vollkommen ausreichend. Neben dem Blitzschuh sind zwei Kontroll-LEDs angebracht: eine grüne zur AF-Bestätigung und eine rote zur Blitzkontrolle.
  • Optional konnte ein optischer Durchsichtsucher nachgekauft werden, um die Kamera nicht an der ausgestreckten Hand mit dem Display benutzen zu müssen, sondern mit „Auge am Sucher“ zu betreiben. Jedoch gibt es einen Konstruktionsfehler: Bei Sucherbenutzung kann das Display nicht abgeschaltet werden, sondern nur recht dunkel „gedimmt“. Will man dann nach der Aufnahme ein Bild ansehen, muß das Display erst im System-Menu heller gestellt werden! Immerhin läßt sich diese Funktion auf die einzige frei programmierbare Funktionstaste vorne legen. Besser wäre es jedoch gewesen, das Display könnte bei Sucherbenutzung komplett ausgeschaltet werden und die Bildnachschau wäre einfach durch Druck auf die Wiedergabetaste möglich.
  • Das Kamera-Menu ist Nikon-typisch, jedoch im Gegensatz zu den dSLRs wie der D80, der D300 oder der D7000 jedoch deutlich „aufgeräumter“, da viele der von Spiegelreflexkameras her bekannten Optionen einfach entfallen sind. Es kann für fast jeden Menu-Eintrag durch Druck auf eine „Fragezeichen“-Taste ein erklärender Text angezeigt werden.
  • Die Kamera hat keinen eingebauten Bildstabilisator, gegen Verwacklungen bleibt nur die Erhöhung der Sensorempfindlichkeit.
  • An den USB-Anschluß kann der WLAN-Dongle WU-1a eingesteckt werden, er ermöglicht per App auf einen iOS - oder Android - Handy bzw. Tablett die Fernsteuerung inkl. Live-View und das Herunterladen der auf der Speicherkarte befindlichen Bilder. NEFs werden dabei automatisch in JPEGs konvertiert.
  • Die Kamera kann sowohl mittels einer Kabel-Fernbedienung als auch einer drahtlosen IR-Fernbedienung ausgelöst werden. Ein externer GPS-Empfänger (z. B. der Nikon GP-1 oder das praktisch baugleiche Phottix-Modell) kann angeschlossen werden, die Standortdaten werden dann bei jeder Aufnahme in die Bild-EXIFs geschrieben.
  • Für die USB und die GPS/Fernauslöser-Buchse sind Spezialkabel erforderlich, die Mini-HDMI-Buchse entspricht der Norm.
  • Der Bildsensor kann nicht vom Benutzer gereinigt werden, da das Objektiv fest angebaut ist. Leider fährt es bei jedem Einschalten ein Stück aus der Kamera heraus und saugt somit nicht nur Luft, sondern auch Staub an. Außerdem wird bei jeder Fokussierung das gesamte Objektiv ebenfalls bewegt, dabei kann weiterer Staub eingesaugt werden. Über kurz oder lang ist genügend „Dreck“ im Inneren der Kamera vorhanden, so daß er sich irgendwann auf dem Sensor absetzt. Bei einer Kamera mit Wechselobjektiv kann das vom Fotografen recht einfach selbst durch trockenes oder feuchtes Sensor-Reinigen beseitigt werden, bei der Coolpix A erfordert es einen teuren Serviceeinsatz, da die halbe Kamera zerlegt werden muß, um den Sensor putzen zu können.
  • Die Coolpix A beherrscht keine Anfertigung von Schwenkpanoramas oder Stitch-Panoramas, was 2013 längst allgemein üblich war.
  • Im NEF (Raw-Format) werden die Sensordaten immer leicht verlustbehaftet komprimiert abgespeichert, wobei die gesamten Sensorpixel aufgezeichnet werden. Sowohl Nikon-Capture NX als auch Adobe Lightroom/Camera RAW nutzen die Randpixel nicht und geben nur 4.928 x 3.264 Pixel aus. Freie RAW-Konverter wie DarkTable, Raw Photo Converter usw. können 4992 x 3280 Pixel ausgeben.
  • In den EXIFs der NEFs werden viele Parameter in den MakerNotes abgelegt, darunter Besonderheiten wie: der aktuelle Kamera-Firmware-Stand, die Kameraseriennummer, viele Bildparameter und die absolute Anzahl der Verschlußauslösungen.
  • Wer die Kamera heute kaufen möchte: Nikon hat noch etliche andere Kameras mit Bezeichnung „Coolpix A“ mit folgender Zahl verkauft, so z. B. die Coolpix A10. Es sind allerdings allesamt keine Edelkompaktkameras.
  • Der UVP der Coolpix A betrug etwa 1100 Euro. Die Streulichtblende mit Adaptertubus kostete 150 Euro, der Sucher 300 Euro extra. Die Kamera wurde zum Schluß für etwa 350 Euro abverkauft. Ich erwarb mein Exemplar Ende 2020 gebraucht für ca. 100 Euro mit etwa 15000 Auslösungen und vielem Zubehör inkl. OVP, jedoch mit keiner originalen, sondern einer Nachbau-Streulichtblende.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden bei 100 bis 800 ASA, gespeichert als NEF, gewandelt nach TIFF mit Nikon Capture NX, bearbeitet mit Photoshop CS6. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurden bearbeitet.

100%-Aussschnitte sowie die Aufnahmeparametern finden sich in jedem Bildbeispiel.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der Coolpix A ist äußerlich fast komplett aus Metall. Sie war neben dem gezeigten Schwarz auch in Silber erhältlich. Die Daumenauflage ist aus gummiartigem Material, im Lauf der Zeit verändert sie sich und fällt dann gerne einfach ab. Das ist bei der gezeigten Kamera passiert, der Vorbesitzer hat schwarzes Klebeband als Ersatz angebracht. Leider fehlt dadurch die Stützfunktion für den Daumen komplett.

Die Kamera gehört zur Klasse der Edelkompaktkameras mit Festbrennweite.

Der Grund für den geringen Erfolg der Coolpix A auf dem Markt waren meiner Meinung nach:

  • Kamera ohne Zusatzgriff nicht verwackelungssicher handhabbar
  • nicht durchdachtes Bedienkonzept, viele Bedienelemente sind je nach Kameramodus ohne Funktion und können per Menu auch nicht umdefiniert werden
  • Staubproblem im Kamerainneren
  • in Marktumfeld zu teuer, vor allem bei Kauf aller Teile (für 300 Euro gab bei Nikon lediglich einen Durchgucksucher, bei Olympus für 250 Euro einen Videosucher zum Aufstecken)
  • Autofokus recht langsam und öfters nicht richtig treffsicher
  • Adaptertubus für Streulichtblende und Filter erforderlich, das Filtergewinde ist das recht seltene M46. Ein Adapter-Ring M46-M49 ist nutzbar, aber dann paßt die Streulichtblende nicht mehr.
  • eine aktive Belichtungskorrektur wird im Display nur durch ein kleines Symbol angezeigt, der eingestellte Wert jedoch nicht

Zum Vergleich: die ebenfalls 2013 erschienene Fujifilm X-100S (UVP 1199 Euro) hatte ebenfalls einen APS-C-Sensor mit 16 Megapixel, einen eingebauten Hybridsucher (sowohl zum Durchsehen als auch auf Videosucher umschaltbar), einen Blendenring, einen Fokus-Encoderring, ein Zeitenrad, ein Belichtungskorrektur-Rad und ein fest montiertes 2,0/23mm-Objektiv (35mm auf KB umgerechnet).

Nach nur ca. 2 Jahren gab Nikon auf und verkaufte die Coolpix A ohne Nachfolger zu einem Drittel der UVP ab.

Der Sensor (in Verbindung mit der internen JPEG-Bildverarbeitung bzw. der nachgeschalteten Raw-Bearbeitung am Computer) schlägt sich gut. Kritische Gegenlichtsituationen müssen nur selten durch geschickte Bildauswahl, Andrücken des Auslösers und Verschwenken der Kamera oder durch eine Belichtungskorrektur vom Fotografen gemeistert werden. Auch höhere Werte bis ca. 1600 ASA sind noch recht problemlos (ich nutze die Kamera meist in ISO-Automatik bis 800), die maximale Empfindlichkeit von 25600 ist jedoch nur ein Notbehelf, der von Nikon als „Hi“ bezeichnet und nicht an der üblichen Stelle in EXIFs eingetragen wird, sondern nur in die MakerNotes.

Nikon-typisch sind JPEGs direkt aus der Kamera nicht überschärft, sie können also durchaus noch am Computer nachbearbeitet werden, für maximal mögliche Schärfe sollten sie es sogar. Alternativ muß die Schärfe-Grundeinstellung der Kamera im Menu auf „knackiger“ geschaltet werden, wenn die JPEGs aus der Kamera nicht nachbearbeitet werden sollen.

Die optische Qualität des Objektivs ist recht gut, es verzeichnet fast nicht, auch die Vignettierung ist bei Offenblende unproblematisch. Bei Offenblende fällt die Auflösung an den Bildrändern deutlich ab, erst bei Blende 5,6 ist auch der Randbereich so scharf wie die Bildmitte. Stärker als auf 8-11 sollte nicht abgeblendet werden, da es ab Blende 11 zu Beugungsunschärfe kommt. Außerdem wird Staub auf dem Sensor dann deutlicher sichtbar.

Die Bildqualität der Coolpix A ist heutzutage immer noch als gut zu bezeichnen. Bei 16 Megapixeln und „Schönwetter“ ISO100 sind die Aufnahmen sehr ansehnlich. Auch höhere ASA-Werte bis 800 sind noch gut nutzbar, insbesondere wenn mit Raw-Aufnahmen und nachgeschalteter Bildbearbeitung am Computer gearbeitet wird.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch nicht uninteressante Kamera (weil Nikons einzige Edelkompakte), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen sehr gut geeignet.

Christian Zahn, Frühjahr 2021

Museum für alte Kameras sowie Fotogalerie:
http://www.ChrZahn.de
Dort auch Tipps zum Entwickeln von Farb- und SW-Dias

 

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