Drei M42-Tele-Objektive an der Nikon Z5
In diesem Erfahrungsbericht geht es um drei etwa 50-60 Jahre alte Manuellfokusobjektive adaptiert an die spiegellose 24-Megapixel-Systemkamera Nikon Z5.
Das universelle M42-Objektivgewinde wurde im Lauf der Jahrzehnte von etlichen Kamera- und Objektivherstellern verwendet, bis es durch Objektivbajonette verdrängt wurde. Entwickelt wurde es 1938 von Carl Zeiss als Nachfolger für das Leica-M39-Gewinde, um ein größeres Auflagemaß und einen größeren Licht-Durchlass zu ermöglichen. Die ersten Kameras mit diesem Gewinde waren 1946 die Contax S (später aus markenrechtlichen Gründen als Pentacon F bezeichnet), 1949 Kamerawerkstätten Dresden Praktica und ca. 1953/54 die Wirgin Edixa Reflex.
Die meisten großen und kleinen Spiegelreflexkamera-Hersteller aus Deutschland und Fernost begannen ihre Kameraproduktion mit M42-Gehäusen, eine (nicht vollständige) Aufzählung umfaßt:
- Pentax von 1957 bis 1975
- Olympus FTL von 1970 bis 1972
- Pentacon Praktica von 1949 bis ca. 1985
- Fujica von ca. 1960 bis 1979
- Mamiya ca. 1960 bis 1985
- Zeiss/Voigtländer ca. 1968 bis 1975
- Wirgin Edixa 1953 bis 1972
- Ihagee/Pentacon Exa ca. 1970 bis 1989
Anfangs bot das Schraubgewinde nur eine reine Befestigungsmöglichkeit des Objektivs am Kameragehäuse, im Lauf der Zeit wurden Verbesserungen von einzelnen Kameraherstellern eingeführt, die aber nicht genormt wurden und somit nicht zwischen Herstellern austauschbar sind.
Lediglich die Springblendenbetätigung (also eine mit dem Schwingspiegel und Kameraverschluß synchronisierte automatische Öffnung und Schließung der Objektivblende, um mit Offenblende präzise scharfstellen zu können) ist genormt und kompatibel zwischen den verschiedenen Herstellern. Dafür sitzt in der Kamera eine Wippe oder eine bewegliche Platte, die einen Seit im Objektiv drückt und dadurch die Blende auf den am Blendenring vorgewählten Wert schließt. Viele Objektive mit automatischer Springblende haben zusätzlich einen Umschalter „A/M“ , um die Blende dauerhaft schließen zu können, falls die Kamera keine Springblendenbetätigung besitzt.
Um die Belichtung TTL, also Thru the Lens = durch das Objektiv messen zu können, muß abgeblendet werden (Arbeitsblendenmessung), darum ist der Belichtungs-Meßknopf bei vielen Kameras mit eingebauter Belichtungsmessung gleichzeitig die Abblendtaste.
Sieben Hersteller erweiterten M42 um die Möglichkeit einer Blendensimulation, also Belichtungsmessung bei Offenblende und Erkennung der vom Fotografen eingestellter Blende. Diese sieben Systeme sind allerdings nicht zu einander kompatibel, entsprechende Kameras erfordern also Objektive des Originalherstellers, alle anderen M42-Objektive funktionieren lediglich mit Arbeitsblendenmessung. Diese Systeme waren:
- Praktica electric (einziges System mit elektrischer Blendenübertragung)
- Pentacon Super
- Olympus FTL
- Mamiya SX
- Fujica ST
- Pentax Electro Spotmatic
- Zeiss/Voigtländer SL706/VSL1
Bis auf die Praktica eletric haben alle aufgezählten Systeme einen kleinen Steuernocken am Objektiv, der einen Steuerhebel der Kamera betätigt. Da bei einem Schraubgewinde die Endstellung beim Einschrauben nicht exakt ist (der Entfernungsmeßstrich des Objektivs steht nicht immer „Oben“ bei Montage des Objektivs an der Kamera), haben die sechs mechanischen Systeme zusätzlich eine Verriegelung des eingeschraubten Objektivs an einer definierten Position.
Die meisten Kamerahersteller wandten sich im Lauf der Zeit vom M42-Gewinde ab und entwickelten Objektivbajonette, die allerdings nicht herstellerübergreifend nutzbar waren. Darum sind die meisten M42-Objektive älteren Typs, die letzten neuen Objektive stellte Cosina 2003 bis 2007 für die Bessaflex TM her, ca. 20 Jahre, nachdem M42 allgemein ausgelaufen war.
Wie erwähnt, müssen M42-Kameras entweder mit externem Belichtungsmesser oder mit der eingebauten Nachführ- bzw- Offenblendmessung per Nachführmessung betrieben werden, d. h. es gibt keine Belichtungsautomatik. Lediglich die Chinon Memotron (in der BRD von Foto Quelle als Revuelex 5000 EE vertrieben, Link:http://www.optiksammlung.de/Revue/Revueflex5000EE.html) bietet als einzige mir bekannte Spiegelreflexkamera automatische Belichtungsmessung. Dank der schnellen Meßzellen konnte die Belichtungsmessung im kurzen Moment zwischen Abblenden des Objektivs (durch Betätigen des Auslösers mit sehr langem Druckweg) und Hochklappen des Spiegels gemessen werden.
Adaptiert an spiegellose Systemkameras sind alle Blendenübertragungs- und Belichtungsmeßsysteme der Kamerahersteller unwichtig, da die aktuellen digitalen Kameras sowieso nur mit abgeblendeten Objektiven M42-Objektiven betrieben werden und dann automatische oder manuelle Belichtungsmessung bieten. Es muß lediglich darauf geachtet werden, daß eventuelle M42-Offenblendmeßnocken nicht mit dem verwendeten Adapter kollidieren.
Auto Exaktar 1:2,8 f=135mm
Das Objektiv dürfte um 1975 herum gebaut worden sein, denn der eigentliche Hersteller Samyang, Masan, Korea, wurde erst 1972 gegründet und stellt seitdem vor allem Fotoobjektive her, anfangs lediglich als OEM-Hersteller unter anderem Namen (Walimex, Vivitar, Praktikar, Beroflex, Rokinon usw.), inzwischen werden auch hochwertige Objektive für unter dem eigenen Namen angeboten.
Das gezeigte 2,8/135mm ist ein einschichtvergütetes Objektiv, die Gravur lautet „Lens Made in Korea“. Es wurde sowohl mit dem universellen M42-Gewinde als auch mit anderen Objektivbajonetten verkauft.
Der geriffelte und sehr breite Entfernungsring läuft weder zu leicht noch zu stramm, allerdings wackelt er inzwischen leicht. Der Einstellweg ist mit etwa 330° erfreulich lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 1,4 Metern allerdings etwas zu lang. Die Blende rastet ganzstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 58mm eingeschraubt.
Das Objektiv hat einen Durchmesser von 66 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 85 mm und wiegt 370 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 15mm langer. Der originale Objektivdeckel ist ein Einschaub-Kunststoffteil, kein Schnapp-Deckel.
Das gesamte Objektiv macht bis auf den Fokusring einen recht hochwertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall und sehr schwer. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.
Das Objektiv verzeichnet nur gering sichtbar. Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende unscharf und vignettiert sichtbar, Abblenden auf 8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen chromatischen Aberrationen verschwinden ab auch bei Blende 11-16 nicht.
Das Objektiv ist heutzutage sehr günstig zu bekommen, je nach Zustand und Bajonettanschluß liegt es zwischen 1 und 10 Euro.
Cosinon Auto F=2,8 f=135mm
Das Objektiv dürfte um 1970 herum gebaut worden sein, denn das Objektiv ist noch einfachvergütet. Die Gravur lautet „Lens Made in Japan“. Es wurde sowohl mit dem universellen M42-Gewinde als auch mit anderen Objektivbajonetten verkauft. Der Hersteller ist Cosina Co., Ltd. Japan, das ist auch im Frontring eingraviert. Cosina hat diese Objektiv nicht nur unter eigenem Namen vertrieben, sondern etliche andere Vertriebsgesellschaften verkauften es unter völlig anderen Namen.
„Auto“ steht für die automatische Springblendenfunktion.
Der geriffelte und sehr breite Entfernungsring läuft inzwischen etwas hakelig, vermutlich aufgrund der Schmiermittelalterung. Der Einstellweg ist mit etwa 330° erfreulich lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 1,8 Metern allerdings zu lang. Die Blende rastet ganzstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 55mm eingeschraubt.
Das Objektiv hat einen Durchmesser von 66 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 84 mm und wiegt 380 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 12mm langer. Der originale Objektivdeckel ist ein Metall-Aufstecktyp, kein Schnapp-Deckel.
Das gesamte Objektiv macht einen recht hochwertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall und sehr schwer. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden. Die Blendenbetätigung kann zwischen „A“ automatischer Springblende oder „M“ dauerhaft geschlossener Blende umgeschaltet werden.
Das Objektiv verzeichnet nur gering sichtbar. Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende unscharf, Abblenden auf 4-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 5,6-8 fast vollständig.
Das Objektiv ist heutzutage teilweise sehr günstig zu bekommen, je nach Zustand und Bajonettanschluß liegt es zwischen 20 und 40 Euro.
Soligor 1:2,8 f=105mm
Die deutsche Soligor GmbH war das Tochterunternehmen der amerikanischen Allied Impex Corporation (AIC), die im Jahr 1968 die japanische Miranda Camera K.K. übernahmen und Soligor gründeten. In der Folge wurden anfangs von verschiedenen japanischen Herstellern gebaute Objektive als „Soligor“ in Europa vertrieben, später koreanische und vermutlich auch chinesische Objektive. Das hier gezeigte Tele Auto 2,8/135 dürfte aus den späten 1960er Jahren stammen und wurde von Tokina hergestellt.
Das Objektiv hat den sogenannten T4-Anschluß, ein von Tokina ähnlich zum Tamron T2-Schraubanschluß gestaltetem Gewinde, aber zu diesem nicht kompatibel. Die T4-Adapter ermöglichten teilweise Springblendenfunktion, beim hier gezeigten Adapter für M42 ist weder Springblende noch Offenblendmessung möglich, sondern lediglich eine manuelle Blendenbetätigung (immerhin mit Blendenvorrwahl eines gewünschten Wertes, darum sind auch zwei Blendenskalen vorhanden.
Der „Berg-und-Tal“-Entfernungsring geht aufgrund der Schmiermittelalterung inzwischen ein wenig zu stramm, der Einstellweg ist mit 300° ist erfreulich groß, die Naheinstellgrenze von 1,2 Metern ist eigentlich zu lang, für die Bauzeit jedoch akzeptabel. Der Blendenvorwahlring rastet halbstufig, der Blendenbetätigungsring hingegen ist ohne Rüstung frei beweglich. Es sind 8 Lamellen eingebaut.
Das nicht mitdrehende Filtergewinde beträgt 46mm, das Objektiv hat einen Durchmesser von 58 mm, eine Baulänge ab Bajonett (inkl. T4-Adapter) von 63 mm und wiegt zusammen mit dem Adapter 255 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 11 mm länger. Die Streulichtblende wird in das Filtergewinde eingeschraubt.
An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.
Das gesamte Objektiv macht einen recht hochwertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall, sehr schwer und einfach vergütet.
Das Objektiv verzeichnet nur gering und ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende etwas unscharf, Abblenden auf 5,6-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende nur ganz leicht vorhandenen chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 5,6 fast völlig. Das Objektiv ist sehr streulichtempfindlich.
Das Objektiv ist heutzutage preiswert zu bekommen, es liegt meist zwischen 5 und 20 Euro.
Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 8, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.
Fazit
Von den drei gezeigten Objektiven überzeugt mich das 105er am meisten, das Soligor ist für sein Alter erstaunlich gut. Das Cosinon ist nur ein durchschnittliches Objektiv und das Exaktar ist eines der ersten Samyang-Objektive, der Hersteller hatte damals in der Objektiv-Rechnungs- und Linsen-Herstellqualität noch nicht zu den japanischen Objektivherstellern aufgeschlossen. Ich werde in Zukunft weiterhin das kleine und leicht Pentax-M 3,5/135mm benutzen, dessen optische Leistung diejenige beider hier gezeigten 135er-Objektive übersteigt.
Christian Zahn
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 6.04.2022 |
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