Canon nFD 100-300 an Nikon Z5
In diesem Bericht geht es um die Verwendung eines etwa 35 Jahre alten Canon-nFD-Zoomobektivs an der Nikon Z5, einer spiegellosen Systemkamera mit 24 Megapixeln.
Das Objektiv-Bajonett wurde zusammen mit der Canonflex bereits 1959 eingeführt und offiziell als „R“-Bajonett bezeichnet. Es hat lediglich die mechanische Klemmfunktion des Objektives, weder Springblendenübertragung oder Offenblendenmessung. Als eines der wenigen Bajonette aller analogen SLRs gibt es beim Objekivverriegeln keine mechanisch verschleißenden Teile, da das Objektiv lediglich an die Kamera angesetzt wird. Gedreht wird ein Überwurfring. Sofern dieser verschleißt, muß er nur ein wenig weiter gedreht werden, die empfindlichen Auflagestellen an Kamera und Bajonett reiben hingegen niemals aufeinander. Allerdings ist diese Art der Verriegelung nicht einhand-tauglich, man muß immer mit einer Hand das Objektiv halten und mit der zweiten den Überwurfring drehen.
1970 wurde das „FD“-Bajonett mit der Canon F-1 zusammen eingeführt, es bietet Offenblendmessung durch Blendensimulator und Codierung der Objektiv-Offenblende sowie Springblendenfunktion. Mechanisch ist es zu den Vorgängern kompatibel. Fast alle FD-Objektive haben am Blendenring einen „A“-Stellung, da Canon anfangs keine Zeit- sondern nur eine Blendenautomatik in die Kameras einbaute. Bei Erreichen der „A“-Stellung wird dies der Kamera mechanisch durch einen kleinen ausfahrenden Stift mitgeteilt.
Erst 1978 kam mit der A-1 auch Zeit- und Programmautomatik in einer Canon SLR hinzu.
1979 wurde dann das „nFD“-Bajonett eingeführt, es ist technisch zum „FD“-Bajonett identisch. Jedoch hatte Canon erkannt, daß eine Einhandbedienung vom Markt gefordert wurde. Alle nFD-Objektive sind nicht mehr komplett in Metall gefaßt, sondern äußerlich nur noch in Kunststoff. Damit die FD-Kompatibilität erhalten blieb und trotzdem Einbandbedienung ermöglicht werden konnte, mußte Canon zu einem Trick greifen, der aber objektivintern erheblichen konstruktiven Aufwand bedeutete: Der innere Objektivteil bleibt beim Ansetzen wie beim alten Bajonett „stehen“, jedoch wird bei nFD nicht nur ein Überwurfring gedreht, sondern die gesamten äußeren Objektivteile inkl. Blenden- und Entfernungsring! Ist das Objektiv in Arbeitsstellung angekommen, rastet ein Hebel ein, der zum Abnehmen eingedrückt werden muß.
Canon Zoom Lens FD 100-300mm 1:5,6
Das 100-300 ist ein nFD-Objekiv, also mit Einsatz von vielen Kunststoffteilen gebaut. FD-typisch gibt es eine Bajonett-Streulichtblende. Das gezeigte Exemplar ist aus der zweiten Bauserie, die erste erschien 1979 und ist ein Schiebezoom mit konstant bleibender Länge. Die zweite Bauart wurde optisch und mechanisch umkonstruiert, es ist weiterhin ein in den 1980er Jahren beliebtes Schiebezoom, verändert beim Zoomen aber seine Länge und wurde von 1980 bis ca. 1866 gefertigt. Die dritte Bauart sieht aus wie die zweite, ist aber ein „L“-Objektiv mit dem dafür typischen roten Ring in der Nähe des Streulichtblenden-Bajonetts. Es ist erneut optisch umkonstruiert worden und hat sowohl Fluorgläser als auch hochbrechende ULD-Elemente. Seine optische Rechnung wurde unverändert für das EF 100-300 Autofokusobjektiv für Canon EOS übernommen.
Die hier vorgestellte zweite Bauserie ist optisch aufwendig konstruiert und besteht aus 14 Elementen in 9 Gruppen. Von 100 bis 200mm kann das Zoom über die Naheinstellgrenze 2m hinaus nahfokussiert werden, der entsprechende Bereich ist als „Macro“ tituliert, aber weder mit Abbildungsmaßstäben noch mit Entfernungsangaben gekennzeichnet.
Der kombinierte Zoom- und Entfernungsring ist extrem breit und mit „gewaffeltem“ Gummi überzogen. Er geht weder zu schwer noch zu leicht, auch der Schiebezoom ist mit guter Friktion versehen, aber sowohl Fokus- als auch Zommbewegung machen ganz leise kratzende Geräusche. Der Fokus-Einstellweg ist mit 90° leider viel zu kurz. Die Blende rastet halbstufig, es sind 8 Lamellen eingebaut. Die Automatikstellung des Blendenrings rastet wie bei jedem nFD-Objektiv ein. Es sind sowohl Tifenschärfen- als auch eine Infrarotkurve vorhanden.
Das 100-300 hat einen Durchmesser von 71 mm, eine Baulänge ab Bajonettauflage von 172 mm und wiegt 705 Gramm. Das beim Fokussieren mitdrehende Filtergewinde beträgt 58 mm. Die mit lichtschluckendem Filz ausgekleidete originale Streulichtblende rastet per Bajonett ein und kann auch umgedreht für platzsparenden Transport montiert werden. Beim Fokussieren auf die Makro-Naheinstellung wird das Objektiv 28 mm länger, beim Zoomen ebenfalls 28 mm.
Das gesamte Objektiv macht einen recht hochwertigen Eindruck, es ist zwar äußerlich weitgehend aus Kunststoff gefertigt, aber relativ schwer und die Materialien wirken nicht „billig“. Wichtige innere Teile wie das Bajonett und der Tubus sind aus Metall. Leider fehlt eine Stativschelle, sie läßt sich auch nicht nachrüsten.
Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, eingeschaltetem Bildstabilisator und Blende 8, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.
Das Objektiv ist am Vollformat-Sensor der Z5 und Offenblende an den Bildrändern etwas unscharf, Abblenden auf 11 steigert die Schärfe in Bildmitte und besonders an den Rändern, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die chromatischen Aberrationen sind bei Offenblende gering und verschwinden ab Blende 11 fast vollständig.
Das Objektiv könnte bei Blende 8-11 den Sensor der Z5 durchaus ausreizen, leider ist es jedoch nur sehr schwer korrekt zu fokussieren, da der Einstellweg des Fokusrings besonders bei 300mm viel zu kurz ist. Außerdem ist es ein Schiebezoom, so daß man aufpassen muß, beim Scharfstellen nicht auch noch die Brennweite zu verstellen.
Das Objektiv ist heutzutage recht preiswert zu bekommen, es kostet circa 30-50 Euro. Die „L“-Version ist erheblich teuerer, sie ist sehr selten und kostet meist weit über 150 Euro. Die originale Streulichtblende einzeln nachzukaufen ist ein teures „Vergnügen“, man sollte darauf achten, daß die Blende im Lieferumfang des Objektivs enthalten ist oder eine aus dem heutigen Zubehörhandel zum Einschrauben erwerben.
Fazit
Das 100-300 nFD Zoom werde ich an der Nikon Z5 durchaus weiterhin verwenden. Es steht Festbrennweiten nur wenig nach, ist aber leider nur schwierig korrekt zu fokussieren.
Christian Zahn
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 30.01.2023 |
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