Nikon Z5 Carl Zeiss Jena Sonnar 1:4 135mm Reparatur C. Zahn
In diesem Reparaturbericht geht es um ein etwa 70 Jahre altes Manuellfokusobjektiv, dessen Reinigung und die Adaptierung an die spiegellose 24-Megapixel-Systemkamera Nikon Z5 mit Vollformatsensor.
Ich bekam das gezeigte Exemplar auf einem Fototreffen geschenkt. Eine erste Durchsicht vor Ort ergab starken Glaspilzverdacht, denn das Objektive war lange Zeit im Köcher gelagert worden, es handelte sich um einen der berüchtigten „Dachbodenfunde“, das Objektiv wurde vermutlich schon vor der Wiedervereinigung eingelagert und seit dem lag es unbeachtet herum.
Bei der Zerlegung stellte ich jedoch fest, daß die vermuteten „Pilzfäden“ lediglich Staubfäden waren und die inneren Linsen sämtlich nur „beschlagen“ waren, also trüb durch die DDR-Luftverschmutzung geworden waren. Es gab allerdings einen lange zurückliegenden Reinigungsversuch, fast alle Nuten der Linsenhalteringe hatten bereits Öffnungsspuren von ungeeignetem Werkzeug und im Bereich der äußersten Lichtbrechrillen gab es gar einen gänzlich blankgekratzten ringförmigen Bereich.
All das wären simple Schönheitsfehler gewesen, die durch kosmetische Aufhübschungen zu beseitigen gewesen wären. Aber es gab auch dauerhafte Beschädigungen: Innere Linsenflächen haben Kratzer in ihrer Vergütung durch ungeeignete Reinigung, in den 1970ern und 1980er gab es keine Mikrofasertücher, und auch Optikreinigungspapier dürfte Privatpersonen im Sozialismus kaum zur Verfügung gestanden haben. So wurde die damalige Reinigung ggf. mit Alkohol oder Wasser und Toilettenpapier o. Ä. durchgeführt, die dadurch entstandenen Kratzer und Flecken in der Vergütung kann ich leider nicht mehr entfernen.
Aber trotzdem hat die jetzige Reinigung das Objektiv entscheidend verbessert, der „Dreck der Jahrzehnte“ ist von allen Linsen entfernt und alle blankgekratzten Stellen sind nachlackiert.
Das Objektiv wurde bereits 1931 für die damals neue Meßsucherkamera Contax der Zeiss Ikon von Ludwig Bertele berechnet. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Carl Zeiss in Jena fast vollständig demontiert und die noch funktionsfähigen Maschinen in die Sowjetunion transportiert. Nach dem Wiederaufbau wurden viele Objektive unverändert nach den alten Konstruktionsunterlagen produziert, darunter auch das hier bereits gezeigte Triotar 4/135mm.
Nach dessen Auslaufen Mitte der 1950er Jahre wurde auch das Sonnar wieder aufgelegt. Seine Konstruktion war so erfolgreich, daß etliche Objektive anderer Hersteller nach dem Ablauf des Patentschutzes auf dem Sonnar-Prinzip beruhen, beispielsweise das Nikkor-Q 135mm aus den 1960er Jahren. Und auch bei Carl Zeiss bzw. beim Rechtsnachfolger VEB Pentacon fußen viele Objektive darauf, beispielsweise das legendäre 4/300mm-Sonnar für die Pentacon Six, das mittels Adapter auch an den M42-Kleinbildkameras der Praktika-Serien verwendet wurde.
Das Sonnar ist ein Teleobjektiv, seine Baulänge ist kürzer somit als seine Brennweite, es ist erheblich kürzer als das Fernobjektiv Triotar. Neben der universellen Version mit M42-Schraubgewinde gibt es Versionen mit Exakta- und Praktina-Bajonett, und auch für die Praktica-B wurde ein Sonnar angeboten. Aus sowjetischer Fertigung wurde auf den demontierten Maschinen eine Kopie gefertigt und als Jupiter-11 verkauft.
Demontage und Reinigung


Sowohl Schneckengang als auch die Blendenverstellung mußte ich nicht zerlegen, weil leichtgängig, die Demontage dieser beiden Baugruppen beschreibe ich nicht, sondern nur die Schritte, die zum Reinigen der Glaslinsen erforderlich waren. Wie üblich der Hinweis, daß ungeeignete Werkzeuge zur Demontage mehr Schaden anrichten, als sie nutzen, sämtliche Kratzspuren in den Fotos stammen von der De- und Remontage, die eine mir unbekannte Person vor Jahrzehnten durchgeführt hat.
Als erstes wird die Fokusschnecke vom Rest abgeschraubt, dazu wird das Rohrstück mit den beiden Nuten hinten herausgedreht, danach kann die Fokusmechanik abgezogen werden. Die Hinterlinse wird durch einen weiteren Ring gehalten, dazu müssen die inneren, nicht die äußeren Nuten gedreht werden. Auf der restlichen Objektivbaugruppe liegt ein Distanzring lose auf, diesen einfach abnehmen.
Als nächstes muß der Gravurring mit der Beschriftung herausgedreht werden. Er hat keine Nuten, sondern ist „einfach so“ hineingedreht worden. Am besten entfernt man ihn mit einem passendem Gummiring, den man draufdrückt und dreht; alle anderen Werkzeuge verursachen Kratzer! Von Hineinbohren von zwei Löchern und Drehen mit einem Zirkel (wie ich es in Youtub-Videos gesehen habe) ist aus Sammlersicht dringend abzuraten!
Unter dem graviertem Ring ist wieder ein genuteter Ring zu sehen, er ist quasi die gesamte Fassung aller Linsen, die komplett aus der Blendenmechanik herausgeschraubt wird. Die Frontlinse wird durch einen ungenuteten Ring gehalten, zum Entfernen eignet sich eine „Rentneröffnungshilfe für Schraubgläser“ aus Silikon. Die verkittete Baugruppe wird ebenfalls durch einen genuteten Ring gehalten, bei der Demontage ist peinlich darauf zu achten, daß der kegelförmige Teil lackiert ist und nicht verkratzt wird. Fehler in der Lackierung führen zu Streulicht im Objektivinneren.
Die Remontage erfolgt in umgekehrter Reihenfolge, wie erwähnt muß auf die richtige Lage der beiden Einzellinsen geachtet werden, zur Orientierung kann der Linsenschnitt zu Rate gezogen werden.
Carl Zeiss Jena Sonnar 4/135mm
Das Objektiv entstand in den 1950er Jahren, die ersten Exemplare wurden 1957 produziert, die optische Rechnung ist die etwas verbesserte Version aus dem Jahr 1937. Das Fassungsdesign ist noch stark den Vorkriegsexemplaren ähnlich, wurde aber aus Gewichts- und Kostengründen nicht mehr aus verchromtem Messing, sondern größtenteils aus Aluminium hergestellt. Das äußere Design erfuhr im Laufe der DDR-Fertigung um moderner zu wirken mehrere Überarbeitungen (inkl. Einbau einer Springblendenmechanik), und die optische Rechnung erfuhr 1965 eine Überarbeitung, seit dem betrug die Lichtstärke 1:3,5. Für die Praktica B mit ihrem Bajonett erfolgte nochmals ein kosmetisches Redesign der Fassung, die letzten Exemplare liefen 1988 vom Band, der Verkauf erfolgte bis in die Wiedervereinigungszeit hinein.
Es wurden vermutlich circa 300 bis 350 Tausend Exemplare von 1931 bis 1988 gefertigt, das Sonnar ist also sehr erfolgreich gewesen.
Es ist ein merkwürdiges Zeichen in den Frontring graviert, eine „1“ in einem Kreis.
Dieser "Kreis" ist ein Q! Dabei handelt es sich um das Gütezeichen Q nach TGL 3933. In meiner Erinnerung war dieses Gütezeichen auf sehr vielen Produkten angebracht. Es bedeutet, dass die Qualität des Produktes über dem Durchschnitt des Weltmarktes liegt – Bemerkung von Christian Thomas.
Und weiter Christian Zahn: Das steht bei Objektiven von Carl Zeiss Jena für ein „Erstklassiges Produkt“, diese wurden vor allem für den Export hergestellt, um der DDR Deviseneinnahmen zu ermöglichen. Da allerdings „Carl Zeiss Jena“ eingraviert ist und nicht nur ein „aus Jena“, handelt es sich im ein in der DDR verkauftes Exemplar, in den Westen durfte das Markenzeichen „Carl Zeiss“ nicht verkauft werden, die Markenrechte hielt die Carl Zeiss Stiftung in Oberkochen / Baden Württemberg.
Da seine Konstruktion in den 1950ern bereits zwanzig Jahre alt war, hat das Objektiv keine Springblende, sondern nur eine Vorwahlblende, was die Benutzung an Spiegelreflexkameras etwas unhandlich machte, vor dem Krieg aber völlig normal war. An heutigen spiegellosen Systemkameras ist das unwichtig.
Anhand der Seriennummer kann der Produktionszeitraum auf die Jahre 1958-1964 eingekreist werden, wobei es wahrscheinlicher 1960-1961 erzeugt wurde als früher oder später.
Die Vergütung ist der berühmte Zeiss-T-Belag, wird aber nicht mit dem rotem „T*“ in der Gravur erwähnt. Die dem Licht zugewandtem Fassungsteile wie Bajonett, Front-Filtergewinde und innere Fassungsteile sind schwarz eloxiert und teilweise mit Lichtbrechrillen versehen, die äußeren Teile sind entweder gar nicht eloxiert worden oder danach blankgedreht worden.
Der Entfernungsring in „Berg-Und-Tal-Design“ läuft trotz des Alters recht weich und hat fast die perfekte Friktion (er ist nur etwas zu stramm geworden, aber immer noch sehr gut einstellbar). Der Einstellweg ist mit etwa 330° erfreulich lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 1,2m für ein Objektiv von 1931-1965 als sehr gut zu bezeichnen. Der Blendenring rastet nicht (der Blendenvorwahlring rastet halbstufig), es sind 8 Lamellen eingebaut. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 49 mm eingeschraubt.
Das Objektiv hat einen Durchmesser von 59 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 85 mm und wiegt 375 Gramm. Beim Fokussieren auf die Nahgrenze wird es ca. 20 mm länger. An der Entfernungs-Skala sind Tiefenschärfemarkierungen und ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden.
Das Sonnar ist bei Offenblende auch an den Bildrändern bereits auf hohem Niveau, es überstrahlt kaum. Abblenden auf 5,6-8 steigert die Schärfeleistung des gesamten Bildfeldes bis an die Ränder, ab Blende 11 macht sich Unschärfe durch Beugung bemerkbar. Chromatische Aberrationen sind auch bei Offenblende kaum vorhanden und ab 1:5,6 vollständig beseitigt. Eine Streulichtblende sollte unbedingt verwendet werden, da das Objektiv aufgrund der Einfachvergütung sehr streulichtempfindlich ist.
Das Sonnar ist heutzutage für ein so altes Objektiv recht häufig zu bekommen. Die Preisspanne ist groß, je nach Zustand, Lieferumfang und Bajonett-Art kann man es für 5 bis 150 Euro bekommen. Ich bekam es im Frühling 2025 geschenkt, vielen herzlichen Dank an den Spender!
Alle Beispielaufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 4 bis 16, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.
Fazit
Nach der Reinigung der beschlagenen Linsen ist es trotz der angegriffenen Vergütung der inneren Linsenflächen eine Freude, mit diesen Objektiv aus den späten 1950ern zu fotografieren. Die Schärfe läßt sich aufgrund des großen Fokussierwegs sehr gut einstellen, bei der von mir bevorzugten Blende 8 ist es randscharf und frei von CAs, auch bei Offenblende ist es gut nutzbar. Als „Geheimtipp“ braucht man es nicht mehr zu bezeichnen, seine Schärfeleistung ist allgemein anerkannt. Die hohen Produktionszahlen wirken sich positiv auf die Preise aus, 20 bis 50 Euro sind wenig Geld für eine so gute Abbildungsleistung.
Christian Zahn, Juni 2025
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 8.06.2025 |
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