Minolta MD 70-210 Zoom an Nikon Z5
In diesem Erfahrungsbericht geht es um ein etwa 40 Jahre altes Manuellfokus-Zoomobjektiv adaptiert an die spiegellose 24-Megapixel-Systemkamera Nikon Z5.
Wichtiger Hinweis
Beim Kauf des notwendigen Adapters für die Systemkamera ist zu beachten, daß es zwei Minolta-Bajonette gibt: Das AF-Bajonett, das später von Sony für dSLRs übernommen wurde (Minolta MA-Bajonett bzw. Sony-alpha-A-Bajonett) und das dazu inkompatible, ältere MF-Bajonett. Dieses wurde zusammen mit der Minolta SR-1 bereits 1958 (also noch vor dem legendären Nikon F-Bajonett!) eingeführt und somit offiziell als „SR“-Bajonett bezeichnet. Es hat lediglich eine Springblendenübertragung, jedoch keine Offenblendenmessung. Diese wurde mit der SR-T 1966 eingeführt, die entsprechenden neuen Objektive trugen die Kennzeichnung „MC“ eingraviert (das steht nicht, wie oft fälschlich behauptet, für „Multi Coating“ = Mehrfachvergütung, sondern für „Meter Coupled“ = Messwerkskupplung bei Offenblende). Die Bezeichnung „MD“ wurde 1977 zusammen mit der XD-Serie mit den neuen für Programmautomatik geeigneten Objektiven eingeführt, wobei es wohl keine wirkliche Erklärung für die Buchstaben gibt.
Und als „MD“-Adapter werden von allen Importeuren die Minolta-Adapter tituliert, obwohl „SR“-Adapter eigentlich korrekt wäre. Aber da an die Adapter alle Minolta-Objektive von 1958 bis 1985 mechanisch passen, und den spiegellosen System-Kameras die Unterschiede zwischen SR, MC und MD egal sind, wollen wir das mal so hinnehmen.
Minolta MD Zoom 70-210mm 1:4
Von Minolta gab es seit etwa 1973 die 80-200mm-Zoomobjektive in zwei Bau- und Rechnungsvarianten. Laut Artaphot.ch sind diese älteren Versionen dem gezeigten und ab 1983 hergestellten MD-Zoom optisch unterlegen. Wie in den 1980ern allgemein üblich, weil beliebt bei der Kundschaft, ist es ein Schiebezoom, bei dem der Fotograf Schärfe und Brennweite gleichzeitig ohne umzugreifen verändern kann, um bei dynamischen Motiven beides schnell zu verändern.
Das Objektiv gehört zu den Minolta-Objektiven mit den höchsten Stückzahlen, weil es eine Festbrennweiten kaum nachstehende Abbildungsleistung hat und einen der beliebtesten Brennweitenbereich der 1980er Jahre abdeckt. Der Fotograf mit drei Festbrennweiten (85mm, 135mm und 200mm) war dem Zoomfotografen bei sich schnell ändernden Motiven unterlegen, außerdem mußte er mehr Platz in der Fototasche bereithalten und mehr Gewicht schleppen. Der Landschaftsfotograf hingegen setzte vermutlich weiterhin auf das letzte Quäntchen Schärfeleistung und trug lieber Festbrennweiten und ein schweres Stativ.
Das MD 4/70-210 stammt aus der Kooperation zwischen Leitz/Leica und Minolta, während der Minolta z. B. die Leica R3 und R4 sowie die Leica CL (baugleich mit Minolta CL) mitentwickelte und teilfertigte und auch einige Objektive baute bzw. die Linsen herstellte. Das Vario Elmar R 4/70-210 sieht dem Minolta-Objektiv sehr ähnlich und wurde möglicherweise komplett in Japan gefertigt, es hat gegenüber dem MD-Zoom abweichend ein Leica-typisches Filtergewinde von 60mm und eine ausziehbare Streulichtblende.
Das gezeigte Zoom ist ein mehrschichtvergütetes Objektiv, nicht mehr vollständig in Metall gefasst und wurde mit unverändertem optischem Aufbau (jedoch in einer Fassung mit viel mehr Kunststoff) auch als AF-Zoom weitergebaut. Dieses Minolta AF 4/70-210 wurde in der Minoltaszene auch als „Ofenrohr“ tituliert, weil es recht groß und schwer ist und seine Baulänge beim Zoomen auf 70mm gleichbleibt, während die allermeisten AF-Telezooms ihre Baulänge beim Zoomen verändern und in Transportstellung erheblich weniger Platz in der Fototasche benötigen.
Der sehr große und mit geriffeltem Gummi ausgelegte kombinierte Entfernungs- und Zoomring geht inzwischen aufgrund von Schmiermittelalterung leider etwas stramm, der Einstellweg ist mit etwa 170° recht lang. Die Naheinstellgrenze ist mit 1,1 Metern gut. Die Blende rastet halbstufig, die kleinste Blende 22 ist für Programmautomatik und Blendenautomatik an entsprechenden Minolta-Gehäusen (z. B. der X-700) verriegelbar; es sind 6 Lamellen eingebaut. Die per Federklammern in einer Rille am Objektiv befestigte Streulichtblende ist aus Metall, war im Lieferumfang enthalten und kann zu Transportzwecken umgedreht und somit platzsparend am Objektiv angebracht werden.
Das Objektiv hat einen Durchmesser von 72 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 153 mm und wiegt 630 Gramm. Das Filtergewinde beträgt 55mm, leider dreht es sich beim Fokussieren mit.
Das gesamte Objektiv macht einen recht hochwertigen Eindruck, es ist größtenteils aus Metall hergestellt und recht schwer. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden. Der Blendenring und die Verriegelungsmechanik für kleinste Blende sind aus Kunststoff. Der optische Aufbau ist recht aufwendig mit 12 Elementen in 9 Gruppen realisiert.
Das Objektiv verzeichnet nur gering sichtbar. Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende an den Bildrändern erwartungsgemäß etwas unscharf, Abblenden auf 8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 5,6-8 fast vollständig.
(Bild:MinoltaMD70210-Beispiel1 bis XX)
Das Objektiv ist heutzutage recht günstig zu bekommen, je nach Zustand liegt es zwischen 15 (!) und 50 Euro. Die Leica-Version kostet deutlich darüber, zwischen 100 und 200 Euro müssen aktuell „hingeblättert“ werden.
Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator und bei Blende 8, gespeichert als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX-D und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte vergrößert einmontiert.
Fazit
Das MD-Zoom werde ich an der Z5 sicherlich noch öfter benutzen, auch wenn ich das optisch praktisch gleichwertige Nikkor 4,5/80-200 habe. Dieses hat den Vorteil, daß die Z5 bei Verwendung von FTZ-Adapter die eingestellte Blende und Brennweite in die EXIFs einträgt, was sie bei „dummen“ China-Objektivadaptern ohne CPU leider nicht macht.
Aber der Einstellring des Nikkors ist leider inzwischen sehr leichtgängig geworden, das MD-Zoom verstellt sich nicht ständig von selbst.
Christian Zahn
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Autor: | Ralf Jannke |
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Erstellt: | 6.04.2022 |
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