Schneider Kreuznach Componon S an Nikon Z5

In diesem Kurzbericht geht es um die Benutzung von einem etwa 25 Jahre alten Vergrößerungs-Objektiv an der Nikon Z5, einer spiegellosen Systemkamera mit 24 Megapixeln und eingebautem Bildstabilisator.

Die Jos. Schneider Optischen Werke wurden 1913 in Bad Kreuznach gegründet. Die ersten Vergrößerungsobjektive baute Schneider Kreuznach seit 1914 unter dem Namen Componar mit drei Elementen in drei Gruppen. Später wurde diese Objektivlinie auf 4 Elemente in 4 Gruppen umgestellt und als Componar-S verkauft. Vermutlich nach 1950 bis 1960 wurden erstmals Componone gebaut mit 6 Elementen in 4 Gruppen, vermutlich in den 1980er Jahren wurden diese nochmals verbessert als Compomon S vertrieben, gleichzeitig wurde die Fassung von Ganzmetall auf das hier vorgestellte Design aus Metall und Kunststoff umgestellt.

Jede Vergrößerungsobjektiv-Linie umfaßt etliche Brennweiten, wobei die Brennweite jeweils in etwa der Formatdiagonale entspricht. Z. B. gab es Componon (S) 2,8/16mm für Pocketfilmvergrößerung, 4/28mm für Halbformatnegative (18x24), 4/40mm für Instamatic-Kassettenfilme (24x24), 2,8/50mm für Kleinbild, 5,6/80mm für Mittelformat (6x6), 5,6/105mm für Rollfilm (6x9), 5,6/150 für Großformat (4x5“), 5,6/240mm (8x10“) oder gar 5,6/360 (30x40cm Planfilme/Glasplatten).

Um 2005-2010 herum stellte Schneider die Fertigung von Objektiven für die analoge Fotografie ein (z. B. die berühmten Großformatobjektive wie Super Angulon oder Super Symmar) und konzentriert sich seitdem auf die Herstellung von Objektiven für professionelle Filmer und die Industrie. Die Cine-Objektive erhielten inzwischen mehrere Technik-Oskars. Außerdem kooperiert Schneider Kreuznach mit fernöstlichen Kamera- und Objektivherstellern, z. B. Samsung.

Ein Hinweis: Vergrößerungsobjektive sind für einen Abbildungsmaßstab von 1:5 bis 1:10 gerechnet, das gezeigte CompononS für 1:10. Das bedeutet, daß das Kleinbildnegativ 10fach linear vergrößert werden kann, um das Objektiv optimal zu nutzen, also auf 24x36 cm (in der Praxis auf ein Blatt Fotopapier 20x30 oder 30x40 cm). Bei abweichenden Abbildungsmaßstäben sinkt die Schärfe in den Bildecken bei Offenblende, weil die Bildfeldwölbung des Objektivs bei 1:10 auskorrigiert ist und bei anderen Maßstäben abweicht.

Bildfeldwölbung bedeutet, daß ein planes (ebenes) Objekt nicht auf einer planen Bildebene abgebildet wird, sondern auf dem Ausschnitt einer mehr oder minder großen Kugel. Eine einzelne Linse hat keine plane Bildfeldebene, darum wurde der Film in einfachen Boxkameras nicht gerade, sondern gewölbt belichtet, um den Film möglichst in der Zone der besten Bildschärfe zu positionieren.

Bei Änderung des Abbildungsmaßstabes ändert sich auch bei hochkorrigierten Objektiven aus vielen einzelnen Elementen die Bildfeldwölbung, so daß bei Offenblende die Bildecken durch die Bildfeldwölbung bereits leicht außerhalb der Schärfenebene liegen. Bei teuren Weitwinkel-Aufnahmeobjektiven wird mit „Floating Elements“ die Bildfeldwölbung beim Nachfokussieren anders korrigiert als beim Fernfokussieren, damit die Bildfeldwölbung bei allen Motiventfernung möglichst gering bleibt.

Prinzipbedingt geht das bei Vergrößerungsobjektiven nicht, das Objektiv hat ja keine eigene Fokussierung, diese wird durch einen in der Länge veränderlichen Balgen des Vergrößerers realisiert. Darum sollte man beim Vergrößern das Objektiv immer um zwei Blenden schließen, dadurch wird die Blldfeldwölbung erheblich verringert und die Beugungsunschärfe ist noch nicht erkennbar. Alle mir bekannten Vergrößerungsobjektive haben um zwei Stufen abgeblendete ihre beste Abbildungsleistung, die Offenblende dient nur zum Einrichten des Negativs, der Bildbühne und des Scharfstellen des Negativs, mit Offenblende vergrößert habe ich früher nur bei der Lith-Entwicklung, bei denen die Belichtung abgeblendet unerträglich lange gedauert hätte. Bei dieser Vergrößerungstechnik wird das Fotopapier stark überbelichtet und mit einem hochverdünnten Entwickler ganz langsam ausentwickelt, um spezielle Bildeffekte zu erzielen.

Wird ein Vergrößerungsobjektiv als Aufnahmeobjektiv verwendet, so gilt der optimale Abbildungsmaßstab weiterhin. Also: Das 50er CompononS hat bei Offenblende die besten Abbildungseigenschaften, wenn an der Kleinbild-Vollformatkamera Nikon Z5 ein 24x36 cm großes Motiv fotografiert wird. Bei der Benutzung als Aufnahmeobjektiv für unendlich entfernte Objekte (wie ich es in den Bildbeispielen getan habe), sollte möglichst nicht mit Offenblende gearbeitet werden, sondern auf 1:8 abgeblendet.

Zweiter Hinweis: zum leichteren Arbeiten in der Dunkelkammer bei wenig Licht hat das CompononS eine beleuchtete Blendenskala, mittels eines Kunststoff-Lichtleiters wird das Licht des Vergrößerer durch die Blendenskala geleitet und erhellt diese, so daß die Blendenzahlen gut ablesbar sind. Beim Einsatz als Aufnahmeobjektiv muß diese Skala abgedeckt werden, da ansonsten Fremdlicht auf den Bildsensor gerät und das Bild verschleiert. Ein kurzer Streifen schwarzes Isolierband hat sich bei mir bewährt. Sollte er unterwegs abfallen, eine Rolle Isolierband und eine Schere sorgen „On Location“ für schnellen Ersatz.

Leider muß man sich beim Verändern der Objektivblende an den Rasten der Skala orientieren, denn sehen kann man die Skala nicht mehr.

Einstellschnecke zum Scharfstellen

Vergrößerungsobjektive haben keine eigene Fokus-Schnecke. International haben sich alle Hersteller auf das Leica-Gewinde M39 als Befestigungsgewinde geeinigt, so daß nur eine Einstellschnecke mit M39 Gewinde erworben werden muß, um das Vergrößerungsobjektiv an einer digitalen Systemkamera scharfstellen zu können. Von der chinesischen Zubehörindustrie gibt es das in unzähligen Varianten, man suche möglichst nach der englischen Bezeichnung „Helicoid“, um bei den Verkaufsportalen fündig zu werden. Gebraucht gibt es so etwas z. B. als „Zork Mini Makro-Schnecke“.

Ich erwarb eine Schnecke mit Einstellweg von 10 bis 15 mm Verstellung, die im ausgezogenem Zustand eine Einstellung auf Unendlich ermöglicht. Weil dann allerdings das Fokussieren von näher gelegenen Objekten unmöglich ist, lege ich Pass-Scheiben aus dem Werkzeugbau zwischen Objektiv und Schnecke sowie Schnecke und Adapter, so daß ich Auszüge von 15 bis 20mm nutzen kann.

Weil mein Adapter ein objektivseitiges M42-Gewinde hat, befestige ich das Objektiv mit Hilfe eines Adapterringes M42-M39. Das objektivseitige M39-Gewinde drehe ich in einen Adapter M39-auf-Leica-M-Bajonett, diesen wiederum in einen Adapter Leica-M-auf-Nikon-Z. Zwar ist das eine „wilde“ Mehrfachadaptierung, aber so bin ich universeller und kann auch andere Objektive und andere Kameras adaptieren, statt eine Schnecke fest mit dem Componon nur mit der Z5 nutzen zu können.

​​​​​​​Schneider Kreuznach Componon-S 50mm

Das Objektiv ist vermutlich ab etwa 1980-1985 herum gebaut worden, um 2006 bis 2015 erfolgte die Einstellung des Vertriebs.

Das Objektiv ist bis zur Gewindeauflage 30 mm lang, hat einen Durchmesser von 46 mm und wiegt 95 Gramm. Das Objektiv ist aus Metall und Hochleistungskunstoffen gefertigt, sein optischer Aufbau ist ein modifizierter Doppelgauß-Typ, es hat 6 Elemente in 4 Gruppen. Der Kunststoff wird nur für außen sichtbare Teile verwendet, der innere Aufbau besteht aus Metall.

Das Filtergewinde hat 43 mm, die Streulichtblende wird eingeschraubt. Natürlich ist die gezeigte nicht original, denn bei Vergrößerungsobjektiven dient das Filtergewinde zum Einschrauben von Farb- oder Effektfiltern für die Dunkelkammerarbeit, darum bot Schneider keine Streulichtblende an. Das „S“ in der Typenbezeichnung weist auf die neuere Version hin, die ältere Version ohne „S“ wurde nach der Einführung der „S“-Linie vom Markt genommen.

Der Blendenring rastet in halben Blendenstufen, Zwischenwerte sind möglich, weil die Rastung abgeschaltet werden kann. Es sind nur 5 Lamellen vorhanden, denn bei Vergrößerungsobjektiven spielt das Bokeh keine Rolle, weil es keine Unschärfebereiche bei der Vergrößerung des Negativs gibt.

Es gibt einen Blendenvorwahlhebel, zwischen Offenblende zum Scharfstellen und Arbeitsblende kann schnell umgeschaltet werden.

Die Verzeichnung ist praktisch nicht vorhanden, Vergrößerungsobjektive werden bei der Berechnung darauf abgestimmt, das Negativ möglichst nicht durch Vignettierung, Verzeichnung oder Aberrationen zu verschlechtern.

Im Lieferumfang ist eine zweiteilige Aufbewahrungsdose enthalten, die das Objektiv im unbenutzten Zustand vor Staub schützt. Trotzdem sollte man die nicht benötigten Vergrößerungsobjektive aufgrund der recht hohen Luftfeuchtigkeit nicht in der Dunkelkammer aufbewahren, sie können sonst schneller Glaspilz bekommen als außerhalb der DuKa gelagert.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden freihand bei Arbeitsblende und Zeit- sowie ASA-Automatik und mit eingeschaltetem Kamera-Bildstabilisator, gewählt wurde Blende 2,8 bzw. 8, gespeichert wurde als NEF, gewandelt mit Nikon Capture NX und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben sowie Lichter / Schatten wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte einmontiert.

Das Objektiv liefert wie zu erwarten bei unendlichen Motiven und Offenblende an den Bildecken keine gute Schärfeleistung (wie erwähnt ist die Bildfeldwölbung für einen Abbildungsmaßstab 1:10 korrigiert und nicht für weiter entfernte Motive). Erreicht das Componon S beim Vergrößern seine beste Schärfeleistung bei Blende 5,6, sollte es bei der Anfertigungen von Fotos entfernter Motive auf 1:8 abgeblendet werden, stärkeres Abblenden ist nicht empfehlenswert, zwar steigt die Tiefenschärfe, aber die Beugung läßt das Bild in der Gesamtheit wieder weicher werden.

Die UVP des Objektives ist mir nicht mehr genau bekannt, nach meiner Erinnerung habe ich es im Herbst 1998 für etwa 400-500 DM als Neuware gekauft. Laut Seriennummer wurde es im ersten Halbjahr 1998 hergestellt. Der zusätzliche Aufkleber auf dem Karton stammt von der Firma Kaiser in Buchen, die es als Zubehör zu ihren Vergrößerungsgeräten vertrieben haben. Auch im Jahr 2023 verkauft Kaiser noch Vergrößerungsobjektive von Rodenstock.

Der aktuelle Zeitwert des Componon S ist auf ca. 50-250 Euro je nach Zustand und Lieferumfang einzuschätzen.

Fazit

Das Componon S 2,8/50 läßt sich mit Hilfe einer Einstellschnecke als Aufnahmeobjektiv an aktuellen spiegellosen Systemkameras verwenden, an der Z5 ist auf 1:8 abgeblendet wie fast jedes meiner 6-linsigen Normalobjektive gut benutzbar, das Abkleben der Blendenskala darf aber nicht vergessen werden, da es ansonsten zu mehr oder minder starkem Streulicht kommt, was das Bild flau macht.

Christian Zahn

 

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