Olympus Kompaktkameras XA und XA 2
Hier stelle ich zwei analoge Kompaktkameras von Olympus vor. Die XA war lange Zeit die kleinste 35mm-Kamera, bis Olympus die mju als XA-Nachfolgerin präsentierte, die trotz Autofokus nochmals kleiner gebaut werden konnte. Zwar waren auch die älteren Kameras Minox 35 oder die Rollei 35 kaum größer als die XA, aber bei diesen beiden Kameras muß das Objektiv aus der Transportstellung in die Aufnahmestellung gebracht werden und dann sind sie erheblich dicker als die XA.
Spezifikationen
- Die 1979 vorgestellte Olympus XA ist 102 mm x 65 mm x 40 mm groß und wiegt 225 Gramm.
- Aufnahmemedium Kleinbildpatrone, Bildformat 24x36mm, manuelle Empfindlichkeitseinstellung für 25-800 ASA-Filme
- Das Objektiv ist eine 1:2,8/35 mm Festbrennweite mit 6 Elementen in 5 Gruppen
- Das Motiv wird über einen Mischbild-Entfernungs-Meßsucher anvisiert.
- Entfernungseinstellung manuell, Entfernungsmessung über gekuppelten Meßsucher
- Belichtungssteuerung durch Zeitautomatik mit Blendenvorwahl. Belichtungszeiten 10 bis 1/500 sek., Selbstauslöser mit 12 s Vorlaufzeit, Gegenlichthebel (Verlängerung der Belichtungszeit um 1,5 Stufen)
- seitlich anschraubbarer Spezialblitz mit Leitzahl 11 (A11) bzw. 16 (A16)
- keine Bildstabilisierung
- Energieversorgung durch 2 Silberoxidzellen mit je 1,5 Volt oder eine Lithiumbatterie mit 3 Volt. Der Blitz benötigt entweder eine (A11) oder 2 (A16) Mignonzellen.
Besonderheiten
Olympus war seit langem mit Spiegelreflexkameras am Markt vertreten, seit 1972 gab es die OM-Serie, die längere Zeit das kleinste und leichteste Spiegelreflexkamerasystem des Weltmarktes war. So lag es nahe, daß Olympus auch eine kleine Kompaktkamera entwickelte, die die Abmaße der Rollei 35 bzw. der Minox 35 unterbieten konnte. Die XA ist in der Größe mit einer normalen Zigarettenschachtel (für 20 Glimmstängel) vergleichbar, ihr Gewicht von 225 Gramm ist geradezu federleicht (verglichen mit den damals üblichen Kameras).
Die Kamera heißt XA, es gibt meines Wissens keine unterschiedliche Bezeichnungen für die Kamera in Amerika bzw. Japan.
Die XA ist die erste Olympus-Kamera mit Schieber (gleichzeitig Kamera-Hauptschalter), der seitlich geöffnet wird und das darunterlegende Objektiv schützt, so daß die Kamera einfach in die Jackentasche gesteckt werden kann, ohne in eine weitere Hülle bzw. Tasche gepackt werden zu müssen. Das Gehäuse ist zwar fast komplett aus Kunststoff, aber recht stabil. Jedoch ist es nicht kratzfest, so daß längere Zeit benutzte Exemplare deutliche Gebrauchsspuren aufweisen.
Der Schieber wird in vielen späteren analogen und digitalen Kompaktkameras von Olympus benutzt, z. B. in der mju-serie.
Aufnahmemedium ist die handelsübliche Kleinbildpatrone mit 12 bis 40 Aufnahmen, die Filmempfindlichkeit wird manuell eingestellt. Da die Kamera sehr klein ist, muß zu Anfang weniger „blind verschossen“ werden, um den belichteten Filmanfang wegzutransportieren. Man erhält je nach Film ein bis zwei Bilder mehr, als die offizielle Angabe aussagt, ein 36er-Film hat also durchaus 38 nutzbare Aufnahmen zu bieten.
Weil die Kamera so klein ist, gibt es keinen Schnellspannhebel, sondern nur ein Transportrad. Es ist aber im Gegensatz zu vielen anderen dieser Art bei etlichen anderen Kameras gut zu bedienen, es geht recht leicht und ist nicht scharfkantig.
Die Fokussierung erfolgt von Hand mittels eines gekuppeltem Mischbild-Entfernungs-Meßsuchers. Im Haupt-Sucherbild ist ein kleines zweites Bild eingespiegelt, das mit dem Entfernungs-Verstellhebel zusammen bewegt wird. Sind Hauptbild und Mischbild deckungsgleich, so ist das Objektiv auf das anvisierte Motiv scharfgestellt.
Der Blitz wird seitlich angeschraubt. Bei seiner Benutzung muß der Fotograf die Kamera auf Blende 5,6 stellen und die Filmempfindlichkeit der Kamera auf den Blitz übertragen (nur 100 und 400 ASA sind möglich). Die Belichtungsmessung der Blitzlichtes erfolgt nicht durch die Kamera, sondern das macht der Blitz selbst.
Es gab zwei verschiedene Blitz-Modelle, den kleineren A11 (mit Leitzahl 11) und den größeren und etwas stärkeren A16 (mit Leitzahl 16). Andere Blitz können mit der XA nicht verwendet werden. Beide Blitze vergrößern die Kamera deutlich, die „Taschenkompatibilität“ sinkt enorm.
Das F-Zuiko - Objektiv ist sehr aufwendig gebaut und hat 6 Elemente in 5 Gruppen. Es galt damals als eines der besten, die in Kompaktkameras verbaut waren. Mittels einiger optischer „Tricks“ ist es sehr kompakt gebaut, es wird bei Benutzung und Fokussierung nicht größer. Die Objektiventwickler nannten das optische Design „Reverse Retrofocus“, d. h., seine Baulänge ist wesentlich kürzer als seine Brennweite (üblicherweise meint Retrofokus ein Objektiv, dessen Baulänge länger ist als seine Brennweite, damit seine Hinterlinse nicht mit dem Spiegel der Spiegelreflexkamera in Kollision kommen kann).
Das Objektivdesign der XA hat eine größere Hinterlinse als alle der davor liegenden Elemente, von denen einige aus hochbrechenden Gläsern gefertigt sind. Außerdem hat das Objektiv Innenfokussierung, d. h., es werden zwei der mittleren Elemente bewegt und nicht das gesamte Objektiv. Auch das gab es mit der XA erstmals in einer Kompaktkamera.
„Zuiko“ nannte Olympus seit ca. 1936 alle seine Objektive, der japanische Name „Zuiko“ (瑞光) bedeutet übersetzt in etwa „Licht der Götter“. „Olympus“ bezieht sich auf den Berg Olymp, auf dem die griechischen Götter „wohnten“ und nach dem auch die olympischen Spiele benannt sind. Das „F“ ist der sechste Buchstabe im Alphabet und kennzeichnet ein Zuiko-Objektiv mit 6 Elementen.
Der elektronische Verschluss arbeitet erschütterungsfrei und da der Auslöser keinerlei mechanische Teile hat (er besteht aus Elementen aus leitfähigem Polymer), kann mit der XA durchaus bei 1/30 oder sogar 1/15 Sekunde ein relativ unverwackeltes Bild gemacht werden (allerdings nur bei Abzugsgröße 10x15).
Der Auslöser hat allerdings einen so geringen Auslösewiderstand, daß man sich an ihn gewöhnen muß: Je nach Alterung reicht es heutzutage durchaus schon, den Finger auf das rote Auslösefeld zu legen, um das leise „Klick“ zu hören, daß den Verschlußablauf begleitet.
Die Kamera hat nicht viele Bedienelemente, es gibt den Blendenschieber, den Entfernungseinstellhebel, den Filmempfindlichkeits-Vorwähler und einen Hebel, der drei Funktionen hat: Er prüft die Batterie (bei ausreichender Spannung leuchtet die Selbstauslöser-Kontroll-LED und der Piezosummer piept), ermöglicht die Gegenlicht.Kompensation (die Belichtungszeit wird 1,5 Stufen verlängert) und er aktiviert den Selbstauslöser, der dann durch Druck auf den normalen Auslöser gestartet wird.
Die Kamera bietet dank Blendenvorwahl mit Zeitautomatik und recht großem Belichtungszeit-Umfang durchaus fotografische Gestaltungsmöglichkeiten. Leider kann auf die Zeitautomatik nur durch die Gegenlichttaste oder durch Verstellen der Filmempfindlichkeit eingegriffen werden, ein Belichtungskorrekturrad gibt es aus Platzgründen leider nicht. Und „TTL“, also „Thru the Lens = durch das Objektiv“ mißt die XA nicht, sondern eine Meßzelle oberhalb des Objektivs guckt nach vorne. Ihr Meßwinkel weicht von dem des Objektivs ab, ihre Meßcharakteristik ist sehr integral, darum muß die Gegenlichttaste oft benutzt werden, z. B., wenn heller Himmel im Bild ist oder Lampen im Motiv auftauchen.
Im Sucher wird die gemessene Belichtungszeit mittels eines Drehspul-Meßinstruments angezeigt, man sieht also, wie lange die Kamera belichten wird und kann dann evtl. die Blende anpassen. Leider sieht man den Blendenwert nicht im Sucher.
Zur Stromversorgung dienen entweder zwei 1,5-Volt Knopfzellen oder eine der damals noch sündhaft teuren 3 Volt-Lithiumbatterien.
Der UVP der XA (ohne Blitz) betrug etwa 600 DM (entsprechend ca. 300 Euro) mit Trageschlaufe und Aufbewahrungsbox. Es gab auch Sets, bei der der Blitz mitverkauft wurde, er konnte aber auch einzeln nachgekauft werden.
Ich erwarb mein erstes Exemplar im Jahr 1999 oder 2000 im Gebrauchthandel für etwa 100 DM, allerdings mit einem defektem Blitz. Das abgebildete Exemplar erhielt ich 2017 zusammen mit einem funktionsfähigem Blitz. Heutzutage ist die XA erstaunlicherweise wieder sehr beliebt, sie kostet meist weit über 100 Euro je nach Zustand und Lieferumfang.
XA 2




Die XA 2 erschien ein Jahr nach der originalen XA. Sie ist aber keine verbesserte Version, sondern eine „nachgeschobene Billigversion“. Die XA wurde in etlichen Punkten abgespeckt, um einen niedrigeren Verkaufspreis erzielen zu können (ca. 150 DM günstiger), um die Zielgruppe der „Knipser“ erreichen zu können, denen die XA zu teuer und zu kompliziert war (die Blendenvorwahl erfordert fotografisches Wissen, um sie sinnvoll nutzen zu können). Dank Programmautomatik schaltet die XA 2 bei Blitzbenutzung automatisch auf Blende 5,6.
Das Objektiv ist ein erheblich vereinfachtes D-Zuiko 3,5/35mm mit nur noch 4 Elementen in 4 Gruppen, die Entfernung muß geraten werden und kann nur mittels drei Symbolen (Nah, Mittel, Fern) eingestellt werden. (Beim Schließen der Kamera wird immer die mittlere „Schnappschußstellung“ eingestellt). Der Sucher wurde ebenfalls vereinfacht, ihm fehlt die Entfernungs-Meßfunktion. Die Belichtungszeiten wurden auf 2 - 1/750 Sekunden reduziert, die Blende kann nicht mehr von Hand eingestellt werden, sondern die XA 2 hat eine Programmautomatik mit automatischer Zeit- und Blendeneinstellung.
Die Abmessung der Kamera ist fast gleich mit der XA, das Gewicht ist aufgrund des einfacheren Aufbaus auf 200 Gramm reduziert. Die beiden Blitze der XA können auch an der XA 2 verwendet werden, und es gab auch Sets, in denen ein Blitz mitgeliefert wurde.
Das Objektiv erreicht natürlich nicht die Qualität der des der XA, aber bei den damals üblichen Abzügen bis ca. 13x18 fiel der Unterschied nicht allzu deutlich auf. Erst bei größeren Abzügen kann die XA ihre bessere Auflösung und Bildschärfe auch ausspielen.
Ein Hinweis: Es gibt eine XA 1 von 1982, diese ist nochmals im Funktionsumfang reduziert: die Belichtungsmessung erfolgt durch eine Selenzelle, der Verschluss arbeitet mechanisch und das Objektiv hat keine Entfernungseinstellung (Fixfokus). Sie kostete nur etwa 300 DM.
1985 erschienen die XA 3 und XA 4 für etwa 380 bzw. 440 DM, sie haben die Technik der XA 2, jedoch um DX-Erkennung der Filmempfindlichkeit erweitert. Die XA 4 hat abweichend ein weitwinkligeres 3,5/28mm - Objektiv, das auch in den Makrobereich hinein zu fokussieren ist. Die Trageschlaufe entspricht der minimalen Distanz von 30 cm. Beide Modelle wurden bis 1991 gebaut, dann erschien die automatisch fokussierende mju.
Qualitäts- und sonstiger Eindruck
Das Gehäuse der XA ist größtenteils aus Kunststoff gefertigt, auch das Stativgewinde ist nur ein Spritzgußteil aus Plastik. Wie erwähnt benötigt die Kamera keine schützende Tasche, sondern sie hat ihr „Hardcase“ quasi eingebaut, da der Schieber das Objektiv staubdicht (nicht wasserdicht!) verschließt. Der Kunststoff ist leider nicht nicht kratzfest, so daß deutlich benutzte Kameras-Exemplare inzwischen ziemlich unansehnlich sind.
Der elektronische Verschluss und der Auslöser aus leitfähigem Kunststoff sind relativ langzeithaltbar, die meisten Exemplare dürften noch funktionsfähig sein.
Die Kamera gehört zur Klasse der Kompaktkameras mit manueller Fokus-Einstellung und Blendenvorwahl mit Zeitautomatik.
Die Bildqualität entspricht dem, was von einer damals Spiegelreflexkamera mit gutem 35mm-Weitwinkel auch erwartet werden konnte. Die erste XA hat das beste Objektiv der Kameraserie, die XAs mit einer Zahl in der Typenbezeichnung haben alle ein einfacheres und leistungsschwächeres Objektiv. Allerdings verzeichnet das XA-Objektiv etwas tonnenförmig und bei Verwendung von Diafilm erkennt man die Vignettierung bei Offenblende. Bei Negativfilmen bzw. kleineren Blenden fällt die Vignettierung wesentlich weniger störend auf.
Die XA hat ein typisches Problem der 1970er und 1980er Kameras „Made in Japan“: Die Lichtdichtungen bestanden aus einem Schaumgummi, das nur etwa 20 Jahre „durchhielt“ und inzwischen zu einer klebrigen und schmierigen Masse geworden ist und somit das Licht nicht mehr vom Film abhalten kann, so daß mehr oder weniger „verblitzte“ Bilder entstehen. Glücklicherweise kann man die Dichtungen der XA relativ leicht ersetzten, Anleitungen finden sich im Internet genügend.
Auch im Jahre 2021 ist die XA sehr beliebt, die durchschnittlichen Verkaufspreise oberhalb von 100 Euro für eine 40 Jahre alte Kompaktkamera sprechen eine deutliche Sprache. Auch die Nachfolger mju-1 bzw. mju-II (mit Autofokus) werden über 100 Euro gehandelt.
Fazit: eine kamerahistorisch interessante Kamera (weil erste Kompaktkamera mit eingebautem Schutzgehäuse), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen immer noch geeignet, sofern man auf Film fotografieren möchte.
Christian Zahn
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 30.01.2023 |
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