Sony alpha 300 Kurzbericht

Hier stelle ich eine digitale Spiegelreflexkamera von Sony vor. Die Hersteller-Eigenschreibweise der Typenbezeichnung ist Alpha 300 bzw. A300, die Schreibweise mit dem kleinen griechischen Buchstaben der Vorgängermodelle wurde aufgegeben. Auf dem Gehäuse ist dieser Buchstabe jedoch noch als Symbol der Kameralinie angebracht.

Die Besonderheit der A300 ist ihre Methode der Bilderzeugung im Live-View-Modus: es wird ein zweiter Bildsensor benutzt!

Spezifikationen Sony alpha 300

  • Die 2008 vorgestellte Sony alpha 300 ist 131 x 98 x 75 mm groß und wiegt mit Akku und Speicherkarte 642 Gramm.
  • Der APS-C große CCD-Sensor (23,6x15,8 mm) löst maximal 3872 x 2592 Pixel  = 10 Megapixel auf (10,8 Megapixel Rohdaten). Der Pixelpitch beträgt 6µm. Automatisch oder manuell sind 100 bis 3200 ASA einstellbar. Live-View ist möglich, Videos jedoch nicht. Bilder werden als JPEG oder ARW (RAW) auf CompactFlash-Karten (max. 32 GB) gespeichert.
  • Das Objektiv-Bajonett ist das Minolta-AF-Bajonett (alpha-Bajonett)
  • Das Motiv wird über einen Spiegelreflexsucher angezeigt, zusätzlich ist ein 2,7“ TFT LCD Monitor mit 230.400 Subpixeln vorhanden, der auch die Menüsteuerung übernimmt.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S), kontinuierlicher Autofokus (AF-C) oder manuelle Scharfstellung, Ermittlung durch Phasenkontrastsensor im Spiegelkasten, mittels teildurchlässigem Hauptspiegel und Hilfsspiegel abgegriffen. 9 Linien- bzw. Kreuzsensoren, alle AF-Felder im Sucher dauerhaft markiert, aktives Feld kurz rot aufleuchtend
  • Belichtungssteuerung durch Vollautomatik, Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik, Motivprogramme oder manuelle Nachführmessung, 1200 Zonen-Matrixmessung, mittenbetont integrale oder an aktiven AF-Punkt gekoppelte Spotmessung. Belichtungszeiten 30s bis 1/4000 sek., Belichtungskorrektur +/-2 Blenden, Selbstauslöser mit 2 oder 10 s Vorlaufzeit
  • ausklappbarer Blitz mit Leitzahl 12, zusätzlich Minolta-Blitzschuh mit ADI-TTL-Zusatzkontakten
  • Weißabgleich automatisch oder manuell
  • Bildstabilisierung durch beweglich gelagerten Sensor
  • Energieversorgung durch Lithium-Akku

Besonderheiten

Die Stromversorgung erfolgt durch einen Lithium-Akku NP-FM500H. Er wird auch in etlichen anderen Sony-dSLRs benutzt, die Akkus der alpha 100 passen jedoch nicht, da diese eine etwas andere Bauform benutzen und keinen Chip haben, um die Restkapazität prozentgenau anzeigen zu können.

Die alpha 300 ist ein Nachfolger der alpha 200 in einem nur unwesentlich geänderten Gehäuse, das Minolta-Funktionsrad der A100 ist einer menülastigen Bedienweise gewichen. Immerhin gibt es für wichtige Funktionen „ASA-Verstellung“, Selbstauslöser/Drive“, AE-Lock“, und Belichtungskorrektur jeweils eine eigene Taste sowie für den Bildstabilisator einen Schiebeschalter; Blitzmodus, Meßmethode, AF-Modus, AF-Feld, Weißabgleich und Dynamikbereich-Optionen werden über ein Quickmenu aufgerufen, die Umschaltung auf manuellen Fokus erfolgt über einen Schieber, alle anderen Funktionen können nur über das Kameramenü verstellt werden.

Die alpha 300 kann mit einem optionalen Akku-/Batteriegriff mit Hochformat-Auslöser erweitert werden, mit diesem liegt sie wesentlich besser in der Hand. Der Bildsensor ist vermutlich der gleiche wie im Vorgängermodell, die nominelle Auflösung wurde jedoch um wenige Pixel verringert. Parallel erschien das Schwestermodell A350, es ist weitgehend baugleich, hat jedoch einen höher auflösenden Bildwandler. Da dieser 14 Megapixel aufweist, dürfte er mit dem in den ebenfalls 2010 vorgestellten spiegellosen NEX-3/5 - Kameras eingebauten Sensoren identisch sein.

Der Stabilisator kann bei jedem Ein- bzw. Ausschalten zum Abschütteln von evtl. am Sensor haftenden Staub genutzt werden. Das klappt natürlich nur, wenn der „Dreck“ nicht am Sensor „klebt“.

Das Bajonett ist das Minolta-AF-Bajonett, das 1985 zusammen mit der ersten Serien-Autofokus-SLR des Weltmarktes eingeführt wurde (Minolta 7000). Die Kamera hat den AF-Motor im Gehäuse eingebaut, die Kopplung erfolgt über die auch von Nikon und Pentax her bekannte „Schraubenzieherklinge“, die in einen drehbaren Schlitz im Objektiv eingreift. Objektive mit eingebauten AF-Motor werden ebenfalls unterstützt, genauso wie „Powerzoom“-Objektive mit elektrischer Brennweitenverstellung.

Minolta hatte das Bajonett als „A“-Bajonett bzw. alpha-Bajonett bezeichnet, darum übernahm Sony diesen griechischen Buchstaben als Kennzeichnung ihrer dSLRs.

Der Sucher ist keine schwere Pentaprisma-Konstruktion, sondern eine leichtere und preiswertere, aber leider etwas dunklere Kunststoff-Pentaspiegel-Version. Dieses wird aber größtenteils durch die superhelle Mattscheibe ausgeglichen. Im Sucher befindet sich unterhalb der eigentlichen Mattscheibe eine grün hinterleuchtete LCD-Anzeige. Dort finden sich Angaben zu Blitz, Belichtungszeit, ASA-Wert, Blende, Lichtwaage, etliche Bildparameter, Fokuskontrolle uvm. Der Sucher hat eine Bildfeldabdeckung von ca. 95%, das Okular besitzt eine Dioptrienkorrektur.

Unter dem Okular befindet sich ein Augensensor, er kann auf Wunsch das rückseitige Display abschalten oder den Autofokus einschalten.

Die A300 ist die erste dSLR von Sony mit LiveView und Videoaufzeichnung. Allerdings kann der CCD dazu gar nicht benutzt werden, darum ist ein zweiter, allerdings sehr niedrig auflösender CMOS-Sensor im Spiegelgehäuse eingebaut. Mit einem mechanische Schieber wird das Sucherokular verschlossen und einer der Pentaspiegelelemente leicht gedreht, so daß der Strahlengang auf den zweiten Sensor fällt und dessen stark rauschendes Bild auf dem Display angezeigt werden kann.

Weil die AF-Sensoren im Kameraboden weiterhin funktionsfähig sind, muß die A300 im LiveView nicht per langsamen Kontrast-AF scharfstellen, sondern mit schnellen Phasen-AF. Konstruktionsbedingt kann dann aber weiterhin nur mit den 9 möglichen AF-Feldern scharfgestellt werden.

Sony nannte diese Technik „Quik AF Live View“, weil der aber der Haupt-CCD-Sensor keine Videoaufzeichnung erlaubt und der LiveView-Hilfssensor eine zu geringe Auflösung hat, kann die A300 keine Videos „drehen“.

Die Speicherung erfolgt auf CompactFlash-Karten Typ I und II. Die Sony-typischen MemorySticks können nicht direkt verwendet werden, dazu konnte jedoch ein Adapter von CF auf MS nachgekauft werden.

Das Raw-Format ARW (vermutlich als Abkürzung für „AlphaRawFormat“) wird immer komprimiert gespeichert. Auf Wunsch werden parallel zu den ARWs auch zusätzlich JPEGs gesichert.

Die Kamera ist recht laut und ziemlich langsam. Maximal 3 Bilder pro Sekunde werden erreicht, und sobald der kleine interne Puffer gefüllt ist, bricht die Serienbildrate noch weiter ein, weil die Bilddateien „weggeschrieben“ werden müssen. Der Spiegelschlag ist rauh und scheppernd, die A300 klingt so, als ob die gesamte Spiegelkonstruktion aus billigem Plastik wäre und vor allem sowohl der obere als auch der untere Spiegelanschlag ungedämpft sind.

Der Gehäuseblitz ist fest eingebaut, er klappt durch Druck auf eine Taste elektrisch heraus bzw. bei Vollautomatik auch selbstständig, muß jedoch manuell wieder eingeklappt werden. Er kann aber nicht wie in der A200 als „Master“ für das drahtlose Steuern von entsprechend ausgestatteten Zweitblitzgeräten dienen.

Der Blitzschuh ist der 1988 mit der Dynax 7000i eingeführte iISO-Schuh, quasi ein „umgedrehter“ Normschuh. Er sollte damals als stabilere und automatisch rastende Verbindung zwischen Kamera und Blitz dienen, er verhinderte für einige Jahre die Benutzung von Fremdblitzen an Minolta-Gehäusen. In der alpha 200 ist er um die digitale Vorblitztechnik „ADI“ = Advanced Distance Integration“ erweitert, die die vom Objektiv übermittelte Entfernungsangabe in die Blitzbelichtung mit einbezieht.

Blitzgeräte, die von KonicaMinolta für ihre digitalen Kameras entwickelt wurden, können verwendet werden und wurden von Sony noch eine Weile unter anderer Bezeichnung weitergebaut. Blitzgeräte für aktuelle Sony-Systemkameras können benutzt werden, benötigen allerdings einen nur noch gebraucht erhältlichen Adapter.

Ein Anschluß für einen elektrischen Fernauslöser ist vorhanden, er ist kompatibel zu den Auslösern von Minolta. Es gibt auch einen Empfänger für eine (nicht mitgelieferte) Infrarot-Fernbedienung.

Das Display kann nach oben oder unten geklappt werden. Das eigentliche Display ist durch eine Kratzschutzscheibe vor mechanischer Beschädigung geschützt. Man sollte aber eine Schutzscheibe aus gehärtetem Glas aufkleben, die die Zubehörindustrie in passenden Größen im Angebot hatte, weil Sony-typisch die Entspiegelungsschicht auf dem Display sehr empfindlich gegen Abrieb ist.

Alle Schnittstellen sind hinter unverlierbaren Abdeckungen verborgen, es sind allerdings Spezialkabel für den Fernauslöser, das Netzteil, den Videoausgang und den USB-Anschluß erforderlich.

Die ARWs-Dateien enthalten etwas mehr Pixel, als die meisten Konverter ausgeben, um Reservepixel des Randbereichs zur Korrektur der Objektiv-Verzeichnung nutzen zu können. Freie Konverter geben bis zu 3880 x 2608 Pixeln aus.

Die Kamera schreibt viele interessante Details in den MakerNotes-Teil der EXIFs (unterteilt in einen Sony- und einen Minolta-Teil), ich zähle hier nicht alle auf:

den Weißabgleich, die Belichtungskorrektur, fast alle Bildparameter, das AF-Feld, den vollständigen Objektiv-Namen, die „wahren“ ungebundenen Daten von verwendeter Blende und Belichtungszeit, uvm. Die Zahl der Auslösungen steht nicht in den EXIFs, sie kann nur vom Sony-Service aus der Kamera gelesen werden.

Daten zur Korrektur der Objektivfehler wie Vignettierung, chromatischen Aberrationen oder der Verzeichnung sind nicht in den EXIFs der RAWs enthalten, alle RAW-Konverter auf dem Computer haben dazu ihre eigene Datenbank.

Trotz des recht geringen Verkaufspreises ist die Kamera „Made in Japan“. Erst die späteren Modelle wurden aus Kostengründen nicht mehr im „Heimland“ sondern in Billiglohnländern gebaut.

Der UVP der Sony alpha 200 betrug etwa 650 Euro, der Griff 250 Euro extra. Ich erwarb mein Exemplar im Sommer 2023 für ca. 40 Euro. Der aktuelle Zeitwert ist mit etwa 30 bis 150 Euro je nach Zustand und Lieferumfang anzusetzen.

Beispielfotos

Alle Beispielaufnahmen entstanden bei 100 ASA, gespeichert als ARW, gewandelt mit AdobeCameraRAW, bearbeitet mit mit Photoshop CS6. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde bearbeitet. Da die Bildqualität stark von den verwendeten Objektiven abhängt, habe ich auf Bildparameter-Angaben verzichtet.

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Das Gehäuse der Sony alpha 300 ist größtenteils aus Kunststoff und teilweise mit gummiartiger Belederung überzogen. Aus Metall sind nur wichtige Teile wie das Objektivbajonett oder das Stativgewinde. Die Kamera gehört zur Klasse der digitalen Einsteiger-Spiegelreflexkameras mit APS-C-Sensor. Das Betriebsgeräusch ist leider „allerunterste Schublade“, die Kamera klingt billiger, als sie verkauft wurde.

Der Sensor schlägt sich bei 100 bis etwa 400 ASA recht gut, helle Bildpartien neigen nur wenig zum „Ausbrennen“; auch Farben und Schärfe sind gut. Oberhalb von 1000 ASA ist die alpha 300 meiner Meinung nach nur möglichst selten zu benutzen, die 3200 ASA sind ein reiner Notbehelf. Der Bildstabilisator ist für den Herstellzeitpunkt recht effizient (2 Blendenstufen schafft er problemlos), und da er im Body eingebaut ist, können alle alten AF-Objektive damit genutzt werden.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch nicht uninteressante Kamera (weil dSLR mit LiveView mit zweitem Bildsensor), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen durchaus noch geeignet. 10 Megapixel reichen für etliche Anwendungen aus, man sollte aber nur bei 100-400 ASA fotografieren.

Christian Zahn

 

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