Kompaktkamera Traveler XS40

Hier stelle ich eine der vielen Kompaktkameras vor, bei Aldi Süd verkauft wurde. Wie üblich handelt es sich um eine fernöstliche OEM-Auftragsproduktion.

Spezifikationen:

  • Die 2009 vorgestellte Traveler XS40 ist 100 x 58 x 24 mm groß und wiegt 126 Gramm.
  • Der vermutlich 2,5“-CCD-Sensor (5,7x4,3mm) löst maximal 3648 x 2736 Pixel (Angabe im Datenblatt) bzw. 3968x2976 Pixel (maximale Dateigröße)  = 10 bzw. 12 Megapixel auf. Von der ISO-Automatik oder manuell werden 64 bis 400 ASA eingestellt. Videos sind mit 640x480 Pixeln möglich. Bilder werden als JPEG auf SD-/SDHC-Karten (max. 32 GB) gespeichert.
  • Das Objektiv ist ein 5,8-23,2 mm/1:2,5-5,6 4-fach Zoom, die kb-äquivalente Brennweite beträgt ca. 32-128 mm.
  • Das Motiv wird über einen 3“ TFT LCD Monitor angezeigt, der auch die Menüsteuerung übernimmt.
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S), Ermittlung durch Kontrasterkennung des Bildsensors
  • Belichtungssteuerung durch Vollautomatik, Programmautomatik oder Motivprogramme, Matrixmessung, mittenbetont inegral oder Spotmessung. Belichtungszeiten 1/2s bis 1/2000 sek., Selbstauslöser mit 2 oder 10 s Vorlaufzeit
  • im Gehäuse integrierter Blitz mit ca. Leitzahl 6
  • Weißabgleich automatisch
  • keine Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch Lithiumakku

Besonderheiten

Die XS40 (Traveler = Reisender) war eine OEM-Auftragsproduktion, hergestellt in Taiwan oder China für die Supra GmbH, Kaiserslautern, vertrieben bei Aldi Süd, Mülheim. (Kameras bei Aldi Nord, Essen, wurden von Medion importiert.) Das Herstell-Land ist auf dem Typenschild nicht angegeben, jedoch eine kostenpflichtige Hotline-Telefonnummer des Importeurs.

Das Menu ist nicht allzusehr angepaßt, immerhin gibt es ein Startbild mit Traveler-Logo und die Sprache läßt sich auf Deutsch umstellen.

Die Traveler benutzt einen LiIon-Akku DS-5370 3,7V, er ist baugleich zu z. B. Olympus Li-40B, Nikon EN-EL10, Fuji NP-45, Pentax D-LI63, Casio NP-80 usw. und wurde auch in vielen anderen Kameras anderer OEM-Vertriebe eingesetzt.

Der Gehäuseblitz ist fest eingebaut. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt vermutlich TTL mittels Vorblitz.

Die Bedienelemente sind auf das Mindestmaß reduziert, die Oberseite ist mit dem Hauptschalter und dem um den Auslöser montiertem Zoomhebel sowie einem Umschalter zwischen Vollautomatik, Videomodus und Motivprogrammen sehr übersichtlich, die Rückseite wird vom Display dominiert. Das Steuerkreuz (wie in der Klasse allgemein üblich mit Doppelbelegung aller Richtungstasten) und 4 Knöpfe müssen für die Bedienung ausreichen, weitere Funktionen sind über das Menu erreichbar. Auch dieses ist sehr „aufgeräumt“, weil sich nicht allzuviel verstellen läßt. Die Eindeutschung ist teilweise unglücklich, die Matrix-Belichtungsmessung heißt „Durchschnitt“. Ohne Handbuch kommt man da nicht drauf und die Default-Einstellung von Mittenbetont integral ist auch nicht gut gewählt gewesen, je nach Motiv neigt die Kamera dann zum Über- oder Unterbelichten.

Das Objektiv beginnt bei dem für Billigkameras damals durchaus noch normalem Weitwinkel von ca. 32mm und reicht nur 128 mm. Die Sensorgröße steht nicht im Handbuch, 1/2,5-Zoll habe ich aus den echten und den äquivalenten Brennweiten (somit dem Cropfaktor) ermittelt.

Als Speichermedium dient eine SD-/SDHC-Karte bis 32 GB. Mitgeliefert wurde eine 1GB-Karte. Im Handbuch steht, daß maximal 8 GB-Karten verwendet werden können, aber das stimmt nicht, es waren 2009 lediglich größeren Karten nicht allgemein verfügbar.

Die Video-Aufzeichnung hat 640x480 Pixel und wird über den Modusschieber aktiviert. Die Kamera wendet sich an den "unbedarften Knipser", um z. B. die Empfindlichkeit einstellen zu können, muß unter Motivprogrammen die Betriebsart "Programm AE" ausgewählt und nach jedem Einschalten erneut bestätigt werden.

Im Handbuch wird die Traveler XS40 als 10-Megapixelkamera beschrieben, einstellbar sind im Kameramenu aber nur 12 oder 8 Megapixel. Möglicherweise hat der wahre Hersteller einen besseren Sensor eingebaut als der deutsche Vertrieb bestellt und im Handbuch beschrieben hat, möglicherweise beruhen die 12 Megapixel aber auch nur auf Interpolation von 10 auf 12 Megapixel.

Die EXIFs sind wenig aussagekräftig, es gibt keinerlei „MakerNotes“ mit tiefer ins Detail gehenden Angaben, lediglich die im EXIF-Standard definierten Felder sind teilweise gefüllt, teilweise bleiben sie leer. Als Hersteller ist „Supra“ eingetragen, als Kameramodel „XS 40“ und als Bildbeschreibung „DIGITAL CAMERA“. Traveler taucht nicht auf.

Die Bildnamen sind eingedeutscht, sie lauten „BILD1234.JPG“. Außer bei Kameras von Traveler habe ich das noch nicht gesehen.

Das Display ist völlig ungeschützt eingebaut worden, eine Kratzschutzfolie aus Glas oder Kunststoff sollte unbedingt angebracht werden. Die USB- und die Videoschnittstelle sind in einer Kombibuchse zusammengefaßt, darum sind Spezialkabel erforderlich. Die Schnittstelle ist ebenfalls nicht durch eine Abdeckung geschützt und verschmutzt darum sehr leicht.

Die Kamera wurde in einem Komplettset bestehend aus Kamera, Aufbewahrungstasche, Trageschlaufe, Akku, Ladeschale nebst Netzteil, 1GB-Speicherkarte, USB-Kabel und Videokabel verkauft. Auf einer beigelegten CD gab es das Handbuch in mehreren Sprachen und einige Programme.

Im Jahr 2024 findet man über die Kamera im Internet nur wenig Informationen, zum einen bei diversen Anleitungssammel-Seiten die Anleitung zum Herunterladen sowie jede Menge Verkaufsangebote in diversen Verkaufsportalen für gebrauchte Exemplare.

Die UVP der XS 40 ist mir nicht bekannt, es könnten ca. 100 bis 150 Euro gewesen sein. Der realistische aktuelle Zeitwert dürfte um 5-10 Euro liegen. Ich erhielt das recht pfleglich benutzte Exemplar Ende 2023.

Beispielfotos

​​​​​​​Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Alle Beispielaufnahmen entstanden bei 64 bzw. 100 ASA, gespeichert als JPEG, bearbeitet mit Photoshop CS4. Die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. Schärfe, Verzeichnung, Vignettierung, Gradationskurve usw. wurde nicht bearbeitet, es sind also fast unveränderte Bilder „Out of the Cam“. In alle Beispiele sind 100%-Ausschnitte einmontiert. Belichtungszeiten- und Brennweiten-Angaben sind in die Bilder eingefügt.

Das Gehäuse der Traveler XS 40 besteht teilweise aus Metall, teilweise aus Kunststoff, das Stativgewinde ist ein eingeschraubtes Teil aus Plastik. Die Vorderseite ist aus hauchdünnem eloxiertem Aluminium. Neben dem gezeigtem schwarzem Finish gab es auch eine Version in Silber / Weiß.

Die Kamera gehört zur Klasse der einfachen Kompaktkameras. Für den winzigen Sensor ist die Auflösung mit 10 bzw.12 Megapixel eigentlich nicht mehr vertretbar, bei 64 ASA ist bereits leichtes Farbrauschen sichtbar. Der der Kameraprozessor überschärft die Aufnahmen, so daß weiße „Geisterkanten“ entstehen. Insbesondere in den Bildecken sind starke chromatische Aberrationen sichtbar. Die Ecken sind bei Weitwinkelaufnahmen auch nicht besonders scharf, das ist kein Defekt meines Exemplars, Beispielbilder anderer Benutzer im Internet zeigen das Phänomen auch, selbst wenn die Bilder nicht in voller Kameraauflösung online gestellt wurden.

„Dank“ Voreinstellung der Belichtungsmessung auf „Mittenbetont Integral“ statt Matrix sind etliche Aufnahmen mehr oder minder fehlbelichtet, der niedrige Kontrastumfang des Sensors trägt dazu mit ausgefressenen Himmelspartien bei. Nach Umstellung auf die bessere Matrixmessung (in Menu ziemlich unverständlich als „Durchschnitt“ bezeichnet) wird Belichtungsmessung und somit die Bildergebnisse deutlich verbessert.

Bei höheren ASA-Werten (die Kamera geht bis 400 ASA) entstehen Fotos ohne viel Zeichnung und mit weggebügelten Details.

Die Verzeichnung und Vignettierung werden durch den Bildprozessor nicht korrigiert, bei 32 mm ist die Verzeichnung recht deutlich sichtbar.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch uninteressante Kamera (weil Dutzendware), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen nur noch geeignet, sofern die Ansprüche gering sind, vielleicht als erste Kamera für ein Kind, die auch gerne „kaputtgehen“ kann, weil günstig gebraucht gekauft. Wie schon so oft hier geschrieben und auch diesmal wiederholt: aktuelle Smartphones haben diese Kameraklasse zu recht „beerdigt“.

Christian Zahn

 

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