Ein schneller Rundgang mit einem Irrweg in der Objektivkonstruktion

SOLIGOR C/D DUALFOCAL 1:3.5/28mm + 1:3.8/35mm

Im Internet war zu lesen: „Eine etwas skurrile (und am Markt erfolglose) Konstruktion, die zwei Brennweiten (28 mm und 35 mm) in einem Objektiv vereint, über die optische Leistung liegen leider keine Informationen vor.“ Eine Meinung fand sich aber doch: „Cons: Quite soft wide open“ – „Kontra: Bei Offenblende ziemlich weich“

Das lässt sich ja nachkontrollieren – zunächst nur auf dem kleinen 15 x 23 mm APS-C/DX 20 Megapixel Sensor der spiegellosen Nikon Z50. Siehe unten …

Bevor es losgeht noch der Vollständigkeit halber: Das Soligor Dual Focal gab es auch in einer 1:4/85 + 135 mm Tele Version. Hersteller war vermutlich Sun. Soligor ließ also nur labeln und verkaufte diese Zwitter aus Festbrennweite(n) und Zoom dann unter eigenem Namen. Das Dual Focal ist aus solidem Metall gefertigt.

Die zwei Brennweiten werden durch Ziehen/Schieben des Fokusrings in Längsachse in zwei gerasteten Stufen verstellt. Der Frontteil des Objektivs bleibt dabei unverändert, nur der der hintere Teil des Linsensystems inklusive der Blende wird verschoben. Der Bereich dazwischen wird nicht abgedeckt. Das Soligor Dual Focal ist nicht die einzige derartige Konstruktion. Am bekanntesten ist das Leitz TRI-ELMAR-M 1:4/28 - 35 - 50 mm ASPH.

Spezifikation des SOLIGOR C/D DUALFOCAL 1:3.5/28mm + 1:3.8/35mm

  • Abmessungen ca. 65 x 58 mm, Filtergewinde 52 mm
  • Gewicht 260 g. Naheinstellgrenze 0.4 m
  • Blenden: 3.5 - 22 in halben Schritten, 6 Blendenlamellen

Beispielfoto 20 Megapixel

4 Megapixel

Eine vorhandene und problemlos einschraubbare (52 mm Filter) Gegenlichtblende hätte bei der Aufnahme rechts keinen Effekt gehabt!

Wie gut oder eher (?) schlecht diese Konstruktion wirklich ist, werde ich voraussichtlich 2021 ausprobieren, wenn das Dual Focal dann auf eine spiegellose Vollformat Nikon kommt …

Jetzt, auf der spiegellosen Nikon Z50, werden durch den kleinen 15 x 23 mm APS-C-/DX-Sensor schwache Randbereiche gnädig ausgeblendet.

4 Megapixel

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Von der mechanischen Ausführung gibt es nichts zu bemängeln. Bis auf die Abbildungsqualität bei Gegenlicht ist es auch in Ordnung. Das muss aber erwähnt, gezeigt werden, denn andere Objektive gehen da nicht so in die Knie. Ich werde das Dual Focal Soligor auch noch im Vollformat auf der Nikon D4 betreiben. Die ist aber auf Wunsch eines Nikon Service' mit zur Kontrolle eines halbdefekten Zooms in der Werkstatt. Wobei ich der mit der DSLM möglichen Kantenverstärkung (Fokus Peaking) beim manuellen Fokussieren mehr traue, als der "Waage" im DSLR-Sucher. Auch wenn das Dual Focal Soligor eher abgeblendet eingesetzt wird, was genügend Schärfentiefe erzeugt. Was jetzt nicht ist, werde ich nachliefern. Ich habe das Doppelbrennweiten-Objektiv aus Neugier für schon grenzwertige 25 Euro als reines Kuriosum mit in die Sammlung aufgenommen.

Wir sehen uns wieder ;-)

Das Wiedersehen kam schneller als gedacht!

„Das Dual Focal ist aus solidem Metall gefertigt“, war oben zu lesen. Aber auf der D4: Außen hui, innen pfui.

Ich habe den Rundgang mit dem Soligor auf der D4 nach kurzer Zeit abgebrochen, weil die wenigen Fotos reichlich überbelichtet waren. Was nicht an der D4 lag! Des Rätsels Lösung: Ein Defekt in der Blendensteuerung des Soligor Dual Focal. Bei Kontrolle der Schärfentiefe zeigte sich, dass die Blende des Soligor auf der D4 nicht schließt. Die wenigen Beispielbilder sind also bei Offenblende entstanden. Die Überbelichtung ließ sich durch Speichern im Nikon Rohdatenformat NEF bei 14 bit Tiefe pro Farbkanal ausgleichen. Aber das kann es ja nicht sein.

Beispielfotos aus der 16 MP Vollformat DSLR Nikon D4, 4 Megapixel

Die diesmal montierte Gegenlichtblende hatte wie bereits oben bemerkt keinen Effekt, wenn man sich die erste Aufnahme mit der D4 anschaut.

Auf der Z50 und dem simplen Nikon F-/Nikon Z-Adapter schloss die Blende des Dualfocal auf den gewünschten Wert.

Fehlersuche

Christian Zahn schreibt zum „störrischen“ Soligor und anderen widerspenstigen Objektiven

Langsam ablaufende Blenden sind ein häufig anzutreffendes Problem alter Objektive. Ursache können zwei Dinge sein:

Die Blende als solche läuft nicht mehr leichtgängig genug, weil sich Schmierstoffe des Schneckengangs auf den Blendenlamellen absetzten und diese nun verkleben bzw. bremsen. Dann muß das Objektiv zerlegt und die Lamellen gereinigt werden. Google-Stichwort: "Sticky Aperture Blades"

Der Grund: Die Alterung des Fettes zersetzt dieses in seine Komponenten, und eine davon ist ein recht flüssiges Öl, das nun seinen Weg innerhalb des Objektives der Schwerkraft folgend sucht und findet. Entweder setzen sich feinste Öltröpfchen auf einer der Linsen oberhalb oder unterhalb der Blende ab oder auf den Blendenlamellen.

Ölige Lamellen sind bei geschlossener Blende gut zu erkennen: die Lamellen sind unterschiedlich hell/dunkel gefärbt, die Stellen mit Öl unterscheiden sich von den Stellen ohne Öl deutlich erkennbar.

Der zweite Grund, den Objektive in meinem Fundus häufiger aufweisen als den obigen: Die Federn zu Betätigung der Blende ermüden im Lauf der Jahre. Oft ist es so, daß der von der Kamera betätigte Blendenschließer die Blendenlamellen nicht direkt bewegt, sondern diese werden durch einen zweiten Hebel angetrieben, der durch Federkraft gezogen dem ersten nachfolgt. Dieser Mechanismus ist enorm abhängig davon, daß die Federkraft des zweiten Hebels nicht nachgelassen hat, sonst eilt der erste Hebel vor und die Blende kommt zu langsam hinterher. Somit ist zum Aufnahmezeitpunkt die Blende zu wenig geschlossen, dadurch wird die Aufnahme zu hell.

Jetzt kann man fragen: Warum wurde überhaupt so eine Konstruktion mit zwei unabhängigen Hebelsystemem gebaut? Der Grund ist, daß so die Begrenzung auf einen vom Fotografen eingestellten Blendenwert recht einfach und somit preiswert zu realisieren ist. Der von der Kamera betätigte Hebel macht immer seinen Weg bis zur Endstellung, aber der zweite Hebel kann nur soweit nachfolgen, bis er an an einen vom Objektivblendenring verstellten Anschlag stößt.

Ich habe manches SLR-Objektiv mit einer neuen Feder ausstatten können und das Objektiv so wieder an einer Filmkamera nutzen können (berüchtigt sind Yashica-Objektive, aber auch etliche Billigzooms diverser Handelsmarken). Allerdings ist es wichtig, eine passende kleine Feder zu finden, die in Länge, Federkraft und Befestigungsmöglichkeit ziemlich genau stimmt. Ist die neue Feder zu kräftig, schafft es nämlich die am ersten Hebel vorhandene Feder nicht mehr, die Blende nach der Aufnahme wieder zu öffnen!

Bei der unreparierten Federproblematik läßt sich das Objektiv fast immer an spiegellosen Systemkameras benutzen, da die Blendenbetätigung durch den Adapter immer bis zur Endstellung bewegt wird (das ist so, als ob die SLR den Spiegel immer hochgeklappt liesse) und die Verstellung per Hand am Blendenring langsam genug ist, daß die Feder des zweiten Hebels nachkommt.

Bei der ersten Ursache ist auch an spiegellosen Kameras oft nur Offenblende möglich, da die Blende so verklebt ist, daß sie sich überhaupt nicht mehr bewegt (und das tut sie am liebsten bei Offenblende, weil dann die Lamellenflächen sich am meisten überdecken und somit die Klebkraft des Öls am größten ist). Berüchtigt dafür ist z.B. das 1,4/50 FD-Objektiv von Canon in S.S.C.-Vergütung. Aber auch bei etlichen Praktica-Objektiven kommt es häufiger vor.

Der vermutliche Fehler des hier vorgestellten SOLIGOR C/D DUALFOCAL 1:3.5/28mm + 1:3.8/35mm

Das Objektiv ist praktisch in Bestzustand! Innen ist nichts verölt und verklebt. Per Finger betätigt, schließt und öffnet die Blende einwandfrei. Aber: Ich bin mir nicht sicher, dieses Exemplar könnte runtergefallen sein. Genau auf den im roten Kreis markierten Blendenhebel! Weil der seltsam schief steht. Mangels Vergleich kann ich nicht feststellen, ob der gerade, senkrecht stehen müsste. Theoretisch könnte ich den vorsichtig geradebiegen. Bei meinem Sigma 21-35 Zoom machte es beim Geradebiegen trocken "Knack". Hebel aus Guss und sofort gebrochen. Dazu habe ich hier keine Lust. Abgesehen davon ist es egal. Auf die spiegellose Nikon adaptiert, lässt sich jede gewünschte Blende einstellen. 2021 wiederhole ich das Ganze mit einer Vollformat Nikon Z6!

Ralf Jannke, Dezember 2020

 

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