Fuji GA645zi Mittelformat-Negative digitalisieren

Die Fujifilm Holdings K.K. (deren Kameras anfangs unter dem Markennamen Fujica, später Fujifilm vertrieben wurden bzw. werden) ist eigentlich ein Hersteller von fotografischen Filmen, der aber auch (ähnlich Kodak und Agfa) Kameras und Objektive herstellt, damit die Fujifilm-Kunden auch eine Fuji-Kamera nutzen können. Fujica-Spiegelreflexkameras nutzten anfangs das weitverbreitete M42-Gewinde, das 1972 für die ST801 um eine Offenblendmessungsmöglichkeit durch Blendensimulator erweitert wurde (allerdings inkompatibel zu anderen ähnlichen Systemen). 1979 wurde das Fuji-X-Bajonett entwickelt, das für Zeit-, Blenden, und Programmautomatik ausgelegt war. Für die alten M42-Objektive gab es einen Adapter mit Unendlichkeitseinstellung.

„Fuji“ bezieht sich übrigens auf den höchsten Berg Japans, an dessen Ausläufern das Stammwerk von Fujifilm noch heute liegt.

Fuji baut seine Objektive und Gehäuse selbst und ist dabei so erfolgreich, daß viele Hasselbladkameras und-Objektive nur umgelabelte Fujifilm-Produkte waren (z. B. die Panorama-Kleinbild-Meßsucherkamera X-Pan oder die Mittelformatkameras H1 und H2).

Nach dem Auslaufen der Polaroid-Sofortbild-Patente baute Fujifilm eine sehr erfolgreiche Instax-Kameralinie auf, die auch 2020 noch gewinnbringend arbeitet, während die Filmherstellung für KB- und Mittelformatkameras kaum noch kostendeckend ist. Allerdings macht die Imaging-Sparte nur noch einen kleinen Teil des Konzernumsatzes aus, Medizintechnik und Bürotechnik machen den größten Teil aus.

Fujifilm hat sich rechtzeitig intensiv mit der Digitalkameratechnik auseinandergesetzt, 1996 entstand die DS-7, eine 640x480 Pixel-Kompaktkamera, die Apple auch als QuickTake 200 vertrieb. Bis etwa 2001 arbeitete Fuji mit Leica zusammen, deren erste Digilux-Kameras umgelabelte 1,5-Megapixel-Fujis waren.

Fujifilm GA645zi

Die GA645-Serie wurde um 1995 begonnen, die hier gezeigte GA4645zi (ab 1998 gebaut) ist zum einen das Spitzenmodell mit den meisten Features, aber leider auch das letzte Modell, denn danach setzten sich Digitalkameras durch und analoge Mittelformatkameras kann man seitdem nur noch aus zweiter Hand erstehen, kein Hersteller produziert noch neue Gehäuse.

Die GA645-Kameras setzten das Meßsucher-Kamera-Konzept, das Leica und Contax in den 1920/1930er Jahren begründet haben, auf 120er Rollfilm und mit Autofokus sowie automatischer Belichtungsmessung um. Weil das Filmformat um den Faktor 1,6 größer ist als Kleinbild, ist die resultierende Kamera größer und schwerer. 162x109x70mm und ein „Leergewicht“ von 885 Gramm sind respektable Ausmaße, die auf den obigen Aufnahmen kaum „rüberkommen“, weil ein Vergleichsmaßstab fehlt.

Da der Film von rechts nach links durch die Kamera läuft, entstehen bei normaler Kamerahaltung Hochformataufnahmen (ideal für Portraits); für normale Aufnahmen (breiter als hoch) muß die Kamera um 90° gedreht werden.

Verwendet werden kann Rollfilm Typ 120, 16 Aufnahmen mit 6x4,5 cm (56x41,5mm) oder Rollfilm Typ 220, 32 Aufnahmen mit 6x4,5 cm (56x41,5mm). Leider wurde der doppelt so lange Rollfilm 220 schon vor etwa 15 Jahren von allen Filmherstellern eingestellt, die niedrigen Verkaufszahlen rechtfertigten die hohen Kosten für die spezielle Emulsion und das besondere Schutzpapier nicht mehr.

Rollfilm 120 hat über seine gesamte Länge ein lichtdichtes Schutzpapier, auf dem für einfache Kameras Bildzahlen aufgedruckt sind (in drei Reihen für 6x4,5; 6x6 und 6x9 cm Negative). Rollfilm 220 hat nur am Anfang und am Ende das Schutzpapier, der eigentliche Film kommt ohne das Papier aus. Deswegen paßt doppelt so viel Film auf die gleichdicke Rolle und somit sind doppelt so viele Aufnahmen ohne Filmwechsel möglich. Weil die Dicke beider Filmtypen unterschiedlich ist, muß die Andruckplatte der Kamera auf das eingelegte Filmmaterial umgestellt werden. Bei der GA645zi erfolgt das elektrisch durch Drücken des roten Knopfs in der Rückwand, kann aber auch nötigenfalls auch nachträglich gemacht werden, wenn der Film geladen ist, dabei geht aber ein Bild verloren. Fotografiert man mit der falschen Einstellung, liegt der Film um die Dicke des Schutzpapiers aus der Schärfenebene verschoben, insbesondere Offenblenden-Fotos sind dann unscharf.

Die GA645zi benötigt bei Fujifilmen keine manuelle Einstellung der Filmempfindlichkeit, der Klebestreifen, mit dem der Film am Schutzpapier befestigt ist, trägt einen Barcode, den Sensoren in der Rückwand ablesen und die Kamera automatisch einstellen. Bei Nicht-Fujifilmen kann die eingelegte ASA-Zahl von Hand durch Drehen des Modusrades auf „ISO“ und Bewegen des Zoomhebels verstellt werden.

Es ist auch nicht nötig, den Film bis auf die Startmarke zu transportieren und dann die Rückwand zu schließen, die GA645 erkennt den Beginn des eigentlichen Films mit Hilfe zweier Sensoren und positioniert dadurch die erste Aufnahme immer korrekt.

Wer wissen möchte, wie viele Aufnahmen mit der GA645 gemacht wurden, muß die Kamera abschalten, die +/-Taste gedrückt halten und die Kamera mit Modusrad auf „ISO“ einschalten. Dann erscheint in der Rückwand die Zahl der Auslösungen, aber auf volle Hundert gerundet, bei einer ladenneuen Kamera steht „000“ im Display, dann erscheinen „100“, „200“, „300“ usw im Display. Der Zähler kann maximal 99.000 Aufnahmen anzeigen und laut der Bedienungsanleitung gibt es Exemplare, die im Werk bereits ausgiebig getestet wurden und mit „200“ in der Anzeige ausgeliefert wurden.

Damit der Fotograf nicht mit leeren Aufnahmen zurückkommt, weil er vergessen hat, den Objektivdeckel abzunehmen (man blickt ja nicht durchs Objektiv, sondern einen getrennten Sucher), sitzt ein Lichtsensor im Ring um das Objektiv, unterscheiden sich die Lichtwerte des Kamera-Meßsensors und des Objektivsensors, blinkt eine Warnung im Sucher. Wer möchte, kann das Blinken in den Custom-Funktions ausschalten.

Filmrand-Dateneinbelichtung

in den Filmrand können durch eine kleine LED-Zeile viele Parameter einbelichtet werden, z. B. Zeit und Datum, Brennweite, Blende, Aufnahmebetriebsrat, Belichtungskorrektur, Blitzeinsatz usw. Da unter einen Negativ viel Platz ist, passen sogar alle diese Angaben gemeinsam unter das Bild. Bei SW-Negativfilmen ist die Einbelichtung schwarz (weiß im Positiv), bei Farbfilmen ist sie vermutlich gelb (passend zur Randbeschriftung der Fujifilme ab Werk).

Ansonsten ist die Kamera mit allem ausgestattet, was man von einer 1998 erschienene Autofokus-Sucherkamera erwartet: Im Sucher Anzeige von Blende und Belichtungszeit, Anzeige der automatisch oder manuell eingestellten Entfernung, Blitzsymbol inkl. Blitzerfolgsrückmeldung, Anzeige von Zeit und Blende zusätzlich auf dem Rückwanddisplay für bequemen Stativeinsatz, Zentralverschluß mit 2-1/700s (alle Zeiten blitzsynchron), ein mehrfachvergütetes Zoom-Objektiv Super EBC Fujinon 1:4,5-6,9/55-90 mm (34 bis 54mm KB-äquivalent), eingebauten Blitz mit Leitzahl 12 (manuell aus- und einklappbar, Leistungsregelung durch Meßzelle neben dem Objektiv), einen Norm-Blitzschuh mit Mittelkontakt, einen Realbild-Sucher mit beim Fokussieren automatisch verstellten Bildfeldmarken, eine Belichtungskorrektur mit Warnanzeige im Rückwand-Display uvm.

Der Autofokus arbeitet hybrid, es gibt sowohl einen aktiven Infrarot- und einen passiven Phasenerkennungs-Autofokus, die Kamera kombiniert beide und fokussiert dadurch recht flott und präzise. Gut ist, daß die automatisch ermittelte Entfernung im Sucher durch eine senkrechten Balken angezeigt wird, man kann die wenigen „Fehltreffer“ dann meist erkennen, weil die Sensoren das gewünschte Motiv nicht erfaßt haben und die Anzeige vom geschätzten Entfernungswert deutlich abweicht.

Der interne Blitz wird von der Kamera gesteuert, beim Einsatz eines externen Blitzes muß sich dieser selbst regeln und die Kamera im manuellen Belichtungsmodus benutzt werden. Alternativ kann der externe Blitz mit Vollast betrieben werden und die Blende per Leitzahlrechnung ermittelt und auf die Fuji übertragen werden. Alle Belichtungszeiten sind dank Zentralverschluß blitzsynchron.

Leider gibt es einen dicken Wermutstropfen

Die GA654zi hat einen Konstruktionsfehler, das Kabel zum Display in der Rückwand wird beim Öffnen stark gebogen und bricht irgendwann durch. Dann ist entweder nur die Anzeige mehr oder minder unlesbar oder im schlimmsten Fall erkennt die Kamera das Schließen der Rückwand nicht mehr, weil der Mikroschalter in der Rückwand sitzt und nicht im Kameragehäuse.

Zur Schonung des Kabels sollte beim Einlegen des Films die Rückwand nicht mehr als 90° geöffnet werden. Fuji hat keine Ersatzteile mehr, es gibt aber Nachbauten der Kabel bei unabhängigen Fachwerkstätten. Wer es sich zutraut, kann das gebrochene Flexkabel durchschneiden und dünne isolierte Litzen dazwischenlöten. Das muß aber mit anderen Flexkabeln geübt werden, denn allzuschnell schmilzt nicht nur das Lötzinn, sondern der Kunststoffträger ebenfalls.

Laut Anwenderberichten ist es möglich, die Kamera trotz gebrochenem Kabel zu benutzen, allerdings erfordert die Sache dann Fingerspitzengefühl. Bei geöffneter Rückwand ist die Kamerabelichtungsmessung und der Autofokus durch Drücken des Auslöser zu verwenden und durch Drehen am Einstellrad wird der Film transportiert. Mit Hilfe eines danach „verlorenen“, weil durch Lichteinfall unbrauchbar gewordenen Film muß man die Zahl der Drehrad-Rastungen ermitteln, die von der Startmarkierung bis zur ersten Aufnahme erforderlich sind sowie die Rastungen zwischen den 16 Aufnahmen. Letzteres ändert sich von Bild zu Bild, weil die Spule sich immer gleich weit dreht, der Filmwickel aber immer dicker wird und somit ein längeres Filmstück transportiert. Man sollte sich die „Clickrastungen“ auf einem Zettel notieren und beim Fotografieren abhaken, dann hat man auch gleich einen externen Bildzähler.

Die Verstellung der Brennweite erfolgt mit einer Zoomwippe, die breiter als hoch ist und nach oben bzw. unter gedrückt werden muß, die eigentliche Verstellung des Objektivs erfolgt immer etwas verzögert. Das klingt fummelig und ist es in der Praxis auch, Zwischenwerte sind schwierig präzise einzustellen, eine manuelle Verstellung der Brennweite fände ich besser, diese ließ sich aus Platzgründen vermutlich nicht realisieren.

Die Kamera kostete ca. 1850 US-Doller, als sie neu war (US-Preise enthalten keine Mehrwertsteuer, die diese von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich ist), das entspricht vermutlich einem ungefährem Ladenpreis in Deutschland von 3500 bis 4000 DM. Der heutige Gebrauchtpreis schwankt stark, der Lieferumfang (OVP, Anleitung usw.), der Zustand des Flexkabels (die meisten Kameras haben inzwischen defekte Kabel bzw. bereits ausgetauschte) und die Zahl der Auslösungen sorgen für starke Schwankungen des erzielten Verkaufspreises, die Spanne reicht von 500 bis weit über 1000 Euro. Vor zehn Jahren gab es die Kamera erheblich günstiger, inzwischen hat das „Analog-Film-Revival“ für deutlich angezogene Preise gesorgt.

Das hier gezeigte Exemplar erhielt ich Anfang 2023 mit ca. 350 Aufnahmen „auf der Uhr“, ich werde mit ihm meine durchaus noch umfangreichen Restbestände an Rollfilm-Material belichten, aber tunlichst darauf achten, beim Filmwechseln die Rückwand nicht mehr als 90° zu öffnen.

Filmdigitalisierung mit Epson Perfection V750 Pro

Dieser Scanner ist ein Flachbettscanner mit Durchlichteinheit, der für den professionellen Einsatz als Filmscanner entwickelt wurde. Er hat nominelle 6400 dpi, die laut diversen Testberichten aber keine „echte“ Auflösung sind, sondern die Bilddaten nur aufblähen. Realistisch ist es, bei Durchlicht-Flachbettscannern mit der halben maximalen Auflösung zu arbeiten, somit kommt der V750 auf etwa 3200 dpi „wahre“ Auflösung. Der Scanner ist nur noch gebraucht zu kaufen und kostet dann etwa 500 Euro. Der Nachfolger V850 ist 2023 neu erhältlich, er kostet über 800 Euro.

Dem V750 liegen mehrere Filmhalter für 4 Kleinbildstreifen, 2 Rollfilmstreifen, 12 gerahmte Kleinbilddias und zwei Planfilmblätter 4x5 Zoll bei sowie ein Rahmen, mit dem beliebige Filmformate bis maximal 8x10 Zoll gescannt werden können.

Der Rahmen für Rollfilm hält die Negativstreifen nur oben und unten am perforierten Filmrand, ansonsten liegt der Film frei. Gewölbte Negative sind deshalb schwierig in Planlage zu bringen, nach Schließen der Filmklemmung kann vorsichtig auf den gewölbten Film gedrückt werden, um ihn etwas flacher einzuspannen.

Die Epson-Software läuft auf aktuellen Betriebssystemen, jedoch muß die aktuelle Version von der Herstellerseite geladen werden, die mit dem Scanner mitgelieferte Version ist dafür zu alt. Das erwähnte Vuescan kann ebenfalls mit dem Scanner arbeiten, der Mehrfachscan funktioniert damit ebenfalls und bietet sogar die Möglichkeit, die automatisch erkannten Bildrahmen manuell zu korrigieren.

Epson Scan ermöglicht „Batch“-Scannen, die Software erkennt selbsttätig die einzelnen Negative und scannt dann nacheinander bis zu 8 Bilder ein. Wichtig ist, daß das verwende Negativformat in der Software eingestellt wird, damit die Erkennung der einzelnen Bilder auch klappt, möglich sind 6x4,5; 6x6 und 6x9. Klappt die Erkennung nicht, gibt es leider keine Möglichkeit, die Rahmen von Hand zu positionieren. Ein leichtes vVerschieben der Negative im Halter und erneuter Vorschauspan hilft meist, die Erkennung zu verbessern.

Bei 2400 dpi dauert das Scannen von 8 Bildern etwa 15 Minuten, bei 4800 dpi etwa 30 Minuten, somit ein ganzer Film etwa eine Stunde. Je dichter die Negative sind, desto länger dauert der Scan, da weder die Beleuchtung noch die Blende der Optik veränderbar sind und die Belichtung über die Vierfahrgeschwindigkeit der Scannerzeile geregelt wird.

Beispielfotos

An einem recht trüben Tag entstand ein Testfilm in einem neu errichtetem Parkgelände, das noch nicht komplett fertig ist. Die Belichtungszeiten lagen teilweise deutlich über der Freihandgrenze, aber die Kamera ist sehr schwer und liegt ruhig in der Hand, so daß unverwackelte Aufnahmen mit 1/10s durchaus geklappt haben, das Objektiv ist mit Offenblende 1: 4,5-6,9 ziemlich lichtschwach, aber fast so scharf wie entsprechende Festbrennweiten. Der Bildwinkel entspricht einem leichtem Weitwinkel (35mm bei KB) bis Normalobjektiv (55mm @KB), ich habe fast ausschließlich beide Brennweiten-Extreme benutzt und nur einmal eine Brennweite dazwischen.

Die Tiefenschärfe ist um den Faktor 1,6 kleiner als bei KB, 1:4,5/55 entsprechen 2,8/35mm, 1:6,9/90 entsprechen 4,3/55mm.

Fazit

Die Fuji macht gute Aufnahmen, die Belichtung ist ausgewogen (laut Berichten anderer Anwender ist auch Velvia 50 problemlos nutzbar), die Schärfe sitzt meist perfekt, bei den wenigen „Ausrutschern“ ist die Entfernungsanzeige im Sucher hilfreich, nochmals neuzufokussieren und erst dann auszulösen. Das Digitalisieren der Negative ist erheblich zeitaufwendiger als mein Abfotografieren von KB-Negaiven mit einer Digitalkamera, die Ergebnisse sind aber auch besser und detailreicher.

Christian Zahn

 

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