E. Ludwig Meritar 2,9/50 und ein anderer Dreilinser …

2008 feiert eine Kamerabauart Weltpremiere, die ab 2022 geschätzt keine fünf Jahre mehr brauchen wird, die konventionelle Spiegelreflexkamera komplett zu verdrängen. Canons EOS 1D X MK III und Nikons D6 werden ziemlich sicher die letzten beiden Profi-DSLRs sein. Gut zu erkennen, wenn man sich die Gebrauchtpreise für aktuelle Canon EOS 1D/X und Nikon D3/4/5 Modelle ansieht. Viele Profis sind auf spiegellos umgestiegen und stoßen die DSLRs ab. Wer möchte, kann sich auf dem Gebraucht-DSLR Markt jetzt vorteilhaft bedienen! Sony hat die Produktion der digitalen Spiegelreflexkamera schon ein paar Jahre eingestellt.

2008 präsentiert Panasonic mit seiner 12 Megapixel 13 x 17 mm microFourThirds Sensor G1 die erste spiegellose Digital-Systemkamera der Welt

Der Spiegel und der dazugehörige Spiegelreflexsucher sind weg. Auf den Bildsensor wird nicht nur belichtet, er dient gleichzeitig als Livesucher, sorgt für exakte Fokussierung und schickt je nach Kameramodell das Bild zusätzlich in einen zweiten E(lektronischen)-Sucher. Prinzipiell nichts Neues, denn den Monitor haben Digitalkameras seit 1996. Und die meisten Videokameras haben von Anfang an elektronische Sucher.

Olympus folgt 2009 mit der 12 Megapixel microFourThirds PEN E-P1. 2012 kommen Fujis X-Pro 1 und X-E1 mit größeren 16 Megapixel 15 x 23 mm APS-C Sensoren. 2013 ist es dann soweit: Mit der Sony Alpha (A) 7 kommt der Sensor von 24 x 36 mm Kleinbildformat-Größe in der Welt der spiegellosen Systemkamera an. Er löst 24 Millionen Bildpunkte auf.

Und was hat diese Kamera-Entwicklung mit dem braven E. Ludwig Meritar 2,9/50 Dreilinser zu tun?

"Preisverderber" ;-)

Durch den Wegfall der voluminösen Spiegeltechnik der DSLR ist Platz. Platz wofür? Für Adapter, die das richtige Auflagemaß herstellen und die Weiterverwendung fast beliebiger Objektive beliebiger Hersteller ermöglichen. Oben abgebildet eine CANON LENS 50mm f:1.8 aus dem Vorstellungsjahr 1956 mit Leica M39 Schraubanschluss, adaptiert auf die Panasonic G1.

Noch vor 20 Jahren hätte kein Mensch alte, vermeintlich "nutzlose" Objektive gekauft. Weil sie von Ausnahmen abgesehen auf den Spiegelreflexkameras nicht mehr verwendbar waren. Die spiegellose Systemkamera hat mit ihren Adaptionsmöglichkeiten eine regelrechte Renaissance alter Objektive eingeläutet.

Mit der nachteiligen Konsequenz, dass die Preise mittlerweile für sämtliches "Altglas" enorm gestiegen sind. Bis hin zur Neuauflage, der  Neukonstruktion bestimmter 60 Jahre alter Objektive, die dann für bis zu knapp 900 Euro offeriert werden. Dabei besonders angepriesen die gestalterischen Möglichkeiten, die ein vom optischen Aufbau eigentlich primitiver Dreilinser bietet.

Gemeint ist das so genannte "Seifenblasen- oder Bubble-Bokeh", die Art der Unschärfe meist hinter dem fokussierten Motiv, die sich je nach Licht, Blickwinkel und Blende in Form leuchtender Kreise oder Scheibchen zeigt. Manche sahen darin wohl Seifenblasen, daher die Bezeichnung.

Problem: Einigen Anwendern der Nachbauten scheint es zu spät bewusst geworden zu sein, dass das teure Objektiv absolut kein Garant für die erhofften Fotos ist. Die passenden Motive müssen schon selbst gesucht, gefunden und regelrecht erarbeitet werden. Wenn das nicht klappt, dann werden diese Objektive zum halben Neupreis angeboten — vergeblich. 400, 300, 200, ja 100 Euro — viel zu teuer. Die oben abgebildeten Dreilinser haben Stückpreis 4, 5, 10 Euro gekostet. O.K., dazu kommen noch die Größenordnung 30 Euro für entsprechende Adapter.

Jetzt aber zur "Hauptperson", dem E. Ludwig Meritar 2,9/50

Fuji X-E1 E. Ludwig Meritar 2,9/50

Objektive von Ernst Ludwig aus Weix bei Dresden — Das preiswerte Meritar für die Exa

"Aus dem optischen Werk Ernst Ludwig, Weixdorf (Ortsteil Lausa) bei Dresden, kamen die preiswertesten Standardobjektive für die Exa. Das 3-linsige Meritar war die günstigste Objektivbestückung, mit der eine Exa zu kaufen war. Trotz des geringen Preises hat das Objektiv seine Qualitäten. Die Bauart des klassischen Cook’schen Dreilinsers hat durchaus Vorzüge, die viele Fotografen in der gegenständlichen oder Landschaftsfotografie gerne nutzten." Das und die komplette Geschichte des Meritars aus: PHOTO but MORE

Wie das Meyer-Optik Görlitz Trioplan 1:2,9/50 ist das Meritar ein einfacher Dreilinser, der (für mich) aber im Schatten des Trioplans steht. Dafür gibt es zwei Gründe:

  • Die Naheinstellung des Meritars von 80 cm. Das Trioplan geht mit 60 cm deutlich dichter ran.
  • Das so genannte "Seifenblasen- oder Bubble-Bokeh" scheint beim Trioplan stärker ausgeprägt.

Das sind aber keine Gründe, das Meritar nicht mal auf die Fuji X-E1 zu adaptieren und eine Runde mitzunehmen.

Beispielfotos 16 MP

Beispielfotos 4 MP

Es "blubbert" nicht so deutlich … (4 MP)

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Abgeblendet auf f/8 oder f/11 liefert auch der simple Meritar Dreilinser. Vorne hatte ich geschrieben: Die passenden Motive fürs "Seifenblasen"-Bokeh müssen schon selbst gesucht, gefunden und regelrecht erarbeitet werden. Was das angeht, bin ich noch lange nicht zufrieden! Dieses Foto hier geht einigermaßen. Es entstand mit dem Meyer-Optik Görlitz Trioplan. Es bleibt nur weiter: Suchen, finden, üben. Der kommende, hoffentlich goldene Herbst sollte genug Motive für die Dreilinser bieten. Ich kann auch schon einen direkten Vergleich Meritar gegen Trioplan ankündigen!

Ralf Jannke, August/September 2022

 

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