Fujian 35mm C-Mount-Objektiv an der Fuji X-E2

In diesem Erfahrungsbericht verwende ich ein etwa 5 Jahre altes manuell zu fokussierendes Objektiv an der Fuji X-E2, einer spiegellosen Systemkamera mit 16 Megapixeln. Es gilt allgemein als unscharfes „Traumobjektiv“ für die künstlerische Fotografie, für dokumentarische Aufnahmen ist es völlig unbrauchbar. Eigentlich wurde es für 16mm-Filmkameras gebaut bzw. für Videokameras mit entsprechender Sensorgröße, der Objektivbildkreis leuchtet jedoch auch APS-C aus.

Ralf Jannke hat hier ein ähnliches Objektiv vom gleichen Hersteller bereits vorgestellt.

Fujian 35mm 1:1,6

Das Objektiv ist eine Video Lens, CCTV-Lens bzw. TV-Lens mit C-Mount-Gewinde, also für Überwachungskameras, Videokameras oder Filmkameras mit Sensoren bzw. Filmformaten von maximal ca. 12,5 x 7,5 mm gerechnet. Somit ist schon ein mFT-Sensor mit 17,3x13 mm größer als das ursprüngliche Bildformat, APS-C-Sensoren mit 25 x 15,5 mm werden vom Objektiv ausgeleuchtet, aber liegen weit außerhalb der ursprünglichen Spezifikation des Objektivs. Das Objektiv soll einen recht einfachen optischen Aufbau haben, der eigentliche Hersteller hat den Linsenschnitt nicht veröffentlicht, schreibt aber, daß 4 Elemente in 4 Gruppen verbaut sind.

Im Gegensatz zu manchem anderem chinesischem „Fast-Prime-Objektiv“ hat es die aufgedruckte Lichtstärke durchaus, im Vergleich zu etlichen meiner 1:1,8 bzw. 1:1,7 Objektive mit 50mm ist es von der Belichtung her fast identisch.

Das Objektiv war in Schwarz und dem gezeigten Silber erhältlich, zum Lieferumfang gehörte neben der einschraubbaren Streulichtblende ein Snap-In-Frontdeckel und ein Rückdeckel, meist wurde sogar ein Adapter C-Mount auf mFT, Sony NEX oder ähnlich mitgeliefert. Und meist lag auch ein C-Mount Adapter C-Mount-auf-CS-Mount bei, damit das Objektiv auch an Kameras mit „Short“-C-Mount-Gewinden verwendet werden kann. Mancher Importeur nannte diesen Ring „Nahadapter“, denn er ermöglicht es, das Auflagemaß an Systemkameras u verlängern und somit in den Nah- bis Makrobereich vorzustoßen.

Der Außendurchmesser des C-Mount-Gewindes beträgt exakt 1 Zoll = 2,54mm, die Steigung 1/32 Zoll. Das Auflagemaß ist in Millimetern und Zoll „krumm“: 0,69 Zoll bzw. 17,526mm. Der amerikanische Hersteller von Filmkameras Bell & Howell erfand diese Oblrktivmontageart in den 1920er Jahren, die erste Kamera mit diesem Anschluß war die Filmo 70 für 16mm-Film.

Das C-Mount-Gewinde ist in Bezug auf die Nulllage der Objektivgravuren nicht genormt, d. h., je nach Objektiv und Kamera-Adapter muß die Position der Unendlich-Einstellung nicht „oben“ sein. Für den Anwendungsfall Video-Überwachung ist das unwesentlich, da man meist sowieso anhand des Monitorbildes scharfstellt. Das Fujian-Objektiv umgeht das Problem elegant, nach Eindrehen des Objektiv-Gewindes in den C-Mount-Adapter läßt sich der C-Mount-Ring des Fujians um etwa 340° drehen, so daß die Objektivgravuren „richtig“ oben auf dem Objektivaußenring liegen.

Die Bildfeldwölbung ist nur für den ursprünglichen Anwendungszweck auskorrigiert worden, bei APS-C z. B. ist deutlich der Schärfenverlauf beim Bewegen des Fokusrings in Sucher bei aktivierter Kantenverstärkung erkennbar, entweder ist die Bildmitte, ein ringförmiger Bereich um die Bildmitte oder die Bildecken scharf, aber auch bei Blende 16 nicht das gesamte Bild.

Weder auf dem Objektiv noch auf der Verpackung ist der Hersteller „Fujian“ aufgedruckt, auf der Verpackung steht „Visionlens“. Und Fujian hat nichts mit dem japanischem Hersteller mit gleichklingendem Namen gemeinsam, sondern bezieht sich auf die gleichnamige chinesische Provinz, deren hierzulande bekannteste Stadt vermutlich Xiamen sein dürfte.

Der korrekte Herstellername dürfte „Fuzhou Focusafe Optoelectronic Technology Co. Ltd“ lauten, auf dessen Webseite wird es mit einem Bildkreis passend für 2/3“-Sensoren entsprechend einem Sensor mit ca. 9x7 mm beschrieben. Die Firma beschreibt sich selbst als „Marktführer für Überwachungskamera-Objektive“.

Die Schriftart der Objektivbeschriftung ist an den Leica-Font „angelehnt“, mit der der Wetzlarer Hersteller seine Objektive seit den 1980er Jahren graviert, allerdings sind die Zahlen des Fujians nur aufgedruckt oder evtl. gelasert, nicht graviert.

Der sehr schmale und leicht geriffelte Entfernungsring läuft recht leicht und macht leise kratzende Geräusche, der Einstellweg ist mit etwa 45° viel zu kurz, außerdem gibt es keinen „Unendlich“-Anschlag, das Objektiv läßt sich recht weit über Unendlich hinaus fokussieren. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,50 Metern für ein Objektiv der 2010er Jahre nicht akzeptabel. Die Blende rastet nicht ein, sondern läßt sich frei drehen (was dem Anwendungszweck Film und Video entspricht), es sind 12 Lamellen eingebaut, die Öffnung ist bei allen Blendenwerten fast kreisrund. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 37mm eingeschraubt, auch die silberne Variante ist innen schwarz mattiert.

Das Objektiv hat einen Durchmesser von 50 mm, eine Baulänge ab C-Mount von 32 mm und wiegt 105 Gramm. Es wirkt in die Hand genommen schwerer als es ist, weil es für sein Gewicht sehr klein ist. Beim Nahfokussieren wird es ca. 3 mm länger.

Das gesamte Objektiv macht einen sehr wertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall gefertigt und recht schwer. An der Entfernungs-Skala sind weder Tiefenschärfemarkierungen noch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden. Das Objektiv verzeichnet für ein „Normalobjektiv“ recht deutlich kissenförmig, bei den meisten Motiven dürfte es jedoch nicht nicht stören, denn Architektur wird mit dem Objektiv eher nicht fotografiert. Der Hersteller beschreibt die Verzeichnung als „unter 5 Prozent“.

Das Objektiv ist am Cropsensor der X-E2 und Offenblende an den Bildrändern erwartungsgemäß unscharf und überstrahlt, Abblenden auf 4-8 steigert die Schärfe etwas, auch bei Blende 16 ist die Schärfe über das gesamte Bild nicht gleichmäßig. Die Bildfeldwölbung des Objektivs ist für den APS-C-Sensor einfach zu groß.

Das Bokeh ist recht interessant, vermutlich durch die Bildfeldwölbung kommt es zu einer Art „Swirl with Bubbles“-Bokeh, also je nach Motiv zu einer Kombination aus dem sich drehenden Hintergrund, bei dem die Unschärfekreise Blasen zu sein scheinen. Vermutlich ist das auch der Grund, warum das Objektiv überhaupt gekauft wurde, denn scharf abbilden kann es wie erwähnt nicht.

Bei meinem Exemplar hat der Vorbesitzer zusätzlich das Fokusgewinde „ausgeleiert“, es hat so viel Spiel, daß die innere Optikbaugruppe um etwa 5° getiltet werden kann, was weitere Unschärfe ins Bild bringt. Ich habe versucht, das Objektiv zu zerlegen und den Schneckengang wieder strammer zu stellen, aber ich fand keine Nachstellmöglichkeit.

Der Neupreis im Jahre 2016 beträgt je nach Einkaufsquelle und Zubehör etwa 20 bis 40 Euro, der Zeitwert dürfte um 1 bis 10 Euro liegen.

Beispielfotos

Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik und Zeitautomatik und bei Blende 1,6 bzw. 8, gespeichert als RAF-Rohdatenformat, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten, chromatische Aberrationen sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In fast alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte wie die Bildparameter einmontiert.

Fazit

DAs Fujian 1,6/35mm ist erwartungsgemäß ein Objektiv für Fotokunst, nicht für dokumentarische Aufnahmen. Eine relativ scharfe Bildmitte wird von weicher und traumhaft sanfter Unschärfe umrandet. Betrachtet man den Preis, dürfte es eines der günstigen Objektive mit einer Offenblende von etwa 1:1,8 sein. Wer aber wirklich scharfe Aufnahmen machen möchte, dürfte mit einem der vielen alten manuell zu fokussierenden Objektive der 1:2/35mm von Canon, Nikon, Olympus, Pentax, Minolta, Fuji oder sogar von einigen Hausmarken-Herstellern wie Tokina oder Tamron besser bedient sein.

Wenn mir ein preiswerter Adapter für C-Mount an mFT begegnet, werde ich das Objektiv noch einmal an einem kleineren Sensor probieren, ansonsten landet es in der Sammlung von für mich unbrauchbarer Objektive.

Christian Zahn

 

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