Infrarotfotografie mit der Fuji X-E2

Warum die X-E2?

Ich hatte vor fast zwei Jahren einen Bericht veröffentlich, in dem ich meine Arbeitsweise der Infrarotfotografie mit der Nikon D50 beschrieb.

Daß ich damals die Nikon D50 nahm, hat einen recht einfachen Grund: Sie ist ab Werk IR-tauglich. Ein weiterer Vorteil der D50 ist: Die im Prisma eingebaute Matrix-Belichtungsmessung ist auch für IR empfindlich. Darum kann man einfach in Blendenvorwahl mit Zeitautomatik fotografieren, während bei anderen Kameras aufwendig ein Testbild gemacht und mittels des Histogramms bei der Bildwiedergabe beurteilt werden muß.

Fast alle anderen historischen Digitalkameras und alle aktuell (Herbst 2022) verkauften Digitalkameras haben einen IR-Sperrfilter eingebaut und müssen extra auf IR umgebaut werden, in dem der Filter gegen einen anderen getauscht wird. Dafür gibt es Spezialfirmen.

Bei manchen ist der IR-Sperrfilter nicht so konstruiert, daß gar kein IR durchkommt, sondern nur so wenig, daß es bei der normalen Fotografie nicht stört. Bei einem Fototreffen probierte ich meine Nikon Z5 mit einem IR-Sperrfilter und es gab bei Offenblende durchaus erfreuliche Ergebnisse: entgegen meiner Erwartung, nur ein schemenhaftes oder völlig schwarzes Bild zu sehen, zeigten sich nach der Aufnahme auf dem Display Bilder, mit denen ich etwas anfangen zu können glaubte. Aber die praktischen Ergebnisse überzeugten mich nicht völlig, ich mußte ohne Filter fokussieren und die Belichtungsmessung stark korrigieren. Deshalb probierte ich auch meine Fuji X-E2, bei der die Arbeitsweise dank höherer IR-Empfindlichkeit einfacher ist als mit der Z5. Im Folgenden zeige ich, in wie weit die X-E2 für die praktische IR-Fotografie nutzbar ist.

Was ist Infrarot-Fotografie?

Infrarotfotografie ist das Fotografieren in einem Lichtspektrum, daß das menschliche Auge nicht mehr sehen kann. Wir sehen etwa von 380 Nanometer Wellenlänge (Violett) bis etwa 750 Nanometer (Rot). Oberhalb von 750 Nanometer ist unser Auge blind. Tiere hingegen können weit bis in das infrarote Spektrum sehen (Schlangen z. B. haben das Grubenorgan, mit denen sie in absoluter Dunkelheit die Wärmestrahlung der Beutetiere erkennen können).

In der Natur ist viel Infarotstrahlung vorhanden: Die Sonne versorgt uns gratis mit jeder Menge davon, die wir an sonnigen Tagen als Wärme nur spüren, aber nicht sehen können. Das in Blättern enthaltene Chlorophyll (Blattgrün) ist für IR transparent und verschiebt zusätzlich das für uns sichtbares Licht in den IR-Bereich. Beides ist für Pflanzen lebenswichtig, da sie sonst an sonnigen Tagen zu viel Wärme aufnehmen würden. Im IR-Bild leuchten grüne Pflanzen dann schneeweiß, der berühmte Wood-Effekt (nicht nach dem englischen Wort für Holz, sondern nach Mister Wood, der das entdeckt hat.)

Nehmen wir nun eine für IR-Strahlung empfindliche Kamera und sperren mit Hilfe eines geeigneten Filter das gesamte sichtbare Licht, so gelangt nur noch das infrarote Licht auf den Sensor. Dafür gibt es verschiedene Typen, sie sperren ab 720 Nm, 830 Nm oder gar 1000 Nm. Alternativ kann man auch einen evtl. vorhanden Tiefrot-Filter (ca. 600 Nm) nutzen, der läßt aber noch viel sichtbares rotes Licht durch. Je höher die Zahl des Filters, desto weniger läßt er durch, desto länger werden die Belichtungszeiten. Üblicherweise nimmt man einen Filter mit 720 Nm, dieser ist für unser Auge schon schwarz; nur wenn wir den gegen die Sonne halten, können wir schwach ein rotes Sonnenbild erkennen.

Manche nehmen auch einen niedrigeren Sperrfilter (550 Nm, dann sind noch andere Farbanteile im Bild vorhanden, die Blätter leuchten weiß, aber durch geschickte Kanaloperationen in der Bildbearbeitung kann man dann einen blauen Himmel dazu erzeugen.

Welche Objektive kann man nehmen?

Prinzipiell eigentlich alle. Jedoch ist es von Vorteil, wenn sich das Objektiv manuell gut fokussieren läßt, sich aber trotzdem nicht von allein verstellt. Idealerweise nimmt man eine Festbrennweite und kein Zoom.

Wichtig ist noch zu wissen, daß die Objektivgläser für die verschiedenen Farben des Spektrums unterschiedliche Brechkraft haben (die verschiedenfarbigen Lichtstrahlen treffen nicht in einem Punkt zusammen, sondern je nach Farbe vor, in oder hinter der Sensorebene). Je „röter“ das Licht, desto mehr wandert die Schärfenebene nach hinten. Alte manuell zu fokussierende Objektive haben darum einen sog. IR-Index, eine Markierung neben dem Schärfeindex für normale Aufnahmen. Frühe AF-Festbrennweiten haben das oft auch noch, bei alten Zooms oder heutigen Objektiven fehlt dieser Index leider fast immer. Aufwendige IR- Schärfe-Testreihen sind dann erforderlich.

Lediglich bei apochromatisch korrigierten Objektiven neuerer Bauart (meist Teleobjektive) ist der IR-Fokusshift nicht erforderlich.

Zusätzlich kann es sein, daß ein Objektiv im IR-Bereich einen IR-Hotspot hat, eine helle Stelle in der Bildmitte, die beim normalen Fotografieren überhaupt nicht sichtbar ist. Je kleiner die eingestellte Blende, desto stärker tritt der Spot auf.

Nicht jedes Objektiv erzeugt einen sichtbaren Spot, unter kolarivision.com/articles/lens-hotspot-list/ gibt es eine ausführliche Liste, welche Objektive nutzbar sind und welche nicht.

Wer es bequem haben will und nicht dauernd den Filter an- und abschrauben möchte, kauft noch einen Magnethaltering mit passendem Gewinde. Der eine Teil wird davon wird ins Objektiv geschraubt, der andere Teil an den Filter. Nun kann der Filter einfach „angeklickt“ bzw. abgezogen werden.

Beim folgenden Test nutzte ich ein manuelles Ai-Nikkor 1,8/50, das eine IR-Fokusshift-Markierung hat.

Motive

Zu den Motiven: Prinzipiell kann man alles im Infrarotlicht fotografieren, aber wie oben beschrieben erzielen lebende Pflanzen den Wood-Effekt am deutlichsten. Unbekannte Orte betrachtet man sicherheitshalber zunächst auf einer Online-Karte, wann die Sonne günstig steht. Gegenlicht ist nicht förderlich, die Sonne sollte möglichst von hinten kommen oder zumindest so weit seitlich, daß sie weder im Bild erscheint noch in die Objektiv-Streulichtblende einstrahlt.

Wie wird fotografiert?

Grundsätzlich aufgrund der langen Belichtungszeiten und dem für das menschliche Auge undurchsichtigem IR-Filter nur mit Stativ fotografieren!

Zur leichteren Bildbearbeitung keine JPEGs in der Kamera erzeugen, sondern im RAW-Format aufnehmen. Die Blende sollte etwa 8-11 betragen aufgrund der Tiefenschärfe und der IR-Fokusdifferenz. Die X-E2 habe in den „A“-Modus geschaltet (Blendenvorwahl mit Zeitautomatik) und auf ISO-Automatik bis 1600 ASA gestellt. Nach meiner Erfahrung ist die Belichtungsmessung durch das Objektiv bei der X-E2 und IR-Sperrfilter nutzbar, die Kamera hat bei meinen Bildbeispielen zwischen 12 und 20 Sekunden korrekt gemessen und belichtet.

Die X-E2 ist recht empfindlich für die IR-Strahlung, darum kann das Filter immer auf dem Objektiv bleiben, das fummelige „Filter-Auf-und-Ab“ entfällt. Nach der  Motivsuche kann das Objektiv auf das Hauptmotiv im Sucher bei Objektiv-Offenblende scharfgestellt werden, am Besten mit der digitalen Sucherlupe und Fokus-Peaking. Da mit Filter fokussiert wird, muß keine IR-Fokuskorrektur vorgenommen werden, die Schärfe „sitzt“ auf dem Punkt. Lediglich eventuelle Fokusverschiebungen durch das Abblenden auf 8 bis 11 müssen bei bestimmten Objektiven berücksichtig werden, beim gezeigten 50mm-Nikkor war das nicht nötig.

Die XE-2 habe ich in den Selbstauslösermodus gebracht und der Auslöser betätigt. Sollte die im Sucher angezeigte Belichtungszeit von maximal 30 Sekunden nicht ausreichen, muß die Blende etwas geöffnet werden, damit nicht unterbelichtet wird. Das Histogramm der Kamera ist deutlich eingeschränkt, da es stark farbverfälscht ist, aber zur Abschätzung der korrekten Belichtung ist es geeignet.

Wie werden die Bilder bearbeitet?

Ich benutze folgenden Workflow: Mit GraphicConverter (Mac) werden die Aufnahmen gesichtet (die RAW-Engine darin ist sehr schnell, das reicht für die Schärfenbeurteilung in der Diaschau aus) und unbrauchbare gelöscht. Mit Adobe Camera RAW werden die Bilder zu TIFFs entwickelt und an Photoshop CS6 übergeben, worin die weitere Bildbearbeitung erfolgt. Die Wandung der bearbeiteten TIFFs in archivierbare JPEGs erledigt wieder der GraphicConverter, da er meiner Meinung nach bei gleicher Qualität kleinere Dateien bzw. bei gleicher Dateigröße bessere Bilder erzeugt als die JPEG-Engine von PS CS6.

Die Bildbearbeitung in Photoshop umfaßt folgende Arbeitsschritte:

  • Öffnen
  • Gradationskurven bearbeiten (zunächst ein Klick auf Automatisch, danach evtl. Feineinstellung von Hand
  • Daß nicht nur im Rot-Kanal, sondern auch im Blau- und insbesondere im Grünkanal Informationen sind, liegt am speziellen Farb-Pattern des Fuji-X-Trans-Sensors. Diese Interpolation sorgt dafür, das auch den roten Bildpunkten benachbarten Pixeln Helligkeits- und somit Farbinformationen „übergeben“ werden. Und da im Fuji-Pattern Grünpixel öfter vorkommen, ist im Grünkanal des Bildes auch „mehr los“.  
  • Farbton/Sättigung reduzieren, da das Bild fast immer noch zu rotstichig ist. Entweder ganz reduzieren (-100) oder einen leichten roten Ton im Bild belassen, je nach Bildeindruck. Eventuell kann auch die Farbinformation ganz gelöscht werden (durch Bild>Modus>Graustufen)
  • ggf. Tiefen und Lichter nachbearbeiten, um Zeichnung in den Schatten zu erhalten oder überstrahlte helle Stellen abzudämpfen
  • abschließend leicht nachschärfen und abspeichern sowie Schließen.
  • Die Wandlung ins finale JPEG erfolgt (wie oben erklärt) mit dem GraphicConverter
  • Für viele der oben beschriebenen Schritte kann man sich in PS Tastaturkurzbefehle oder gar ganze „Aktionen“ mit aufeinanderfolgenden Schritten anlegen.

Was kommt heraus?

Nachfolgend einige Beispielbilder, teilweise mit verbliebenem Rotkanal, teilweise habe ich mittels dem Farbton/Sättigungs-Befehl von Photoshop den roten Himmel nach Blau verschoben, damit er „natürlicher“ wirkt.

Die XE-2 hat einen recht wirksamen IR-Sperrfilter, darum sind die resultierenden Belichtungszeiten ziemlich lang, bei Blende 8 und 100 ASA hätte ich durchaus 8 Minuten belichten müssen, selbst bei 1600 ASA sind noch 10 bis 30 Sekunden erforderlich. Bei noch höheren Empfindlichkeiten wäre das Sensorrauschen sehr viel stärker gewesen, die Kamera und der Sensor heizen sich in der warmen Sommersonne stark auf, was das Rauschen weiter verstärkt. 1600 ASA war ein gute Kompromiss.

Wie man an einigen Bäumen sieht, kommt der Woodeffekt mit hellen Blättern recht gut heraus. Auch ohne IR-Umbau ist meiner Meinung nach die Fuji X-E2 für Infrarotfotografie durchaus brauchbar, vor allem, weil mit Zeitautomatik belichtet und durch das IR-Filter fokussiert werden kann.

Beispielfotos

Christian Zahn

 

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