Yashinon 1,9/50 mm an Nikon Z5, Sony NEX-7, Fuji X-E2 und Olympus Pen F sowie Yashica TL Electro X ITS
In diesem Erfahrungsbericht verwende ich ein etwa 50-55 Jahre altes manuell zu fokussierendes Objektiv vier spiegellosen Systemkameras mit unterschiedlicher Sensorgröße. Das Objektiv gehört zu einer Spiegelreflexkamera, die ein Meilenstein im Kamerabau war. Die Yashica TL Electro X ITS war die erste kommerziell erfolgreiche Spiegelreflexkamera mit elektronisch gesteuertem Verschluss. Sie wurde etwa 6 Jahre gebaut und verkaufte sich ca. 300.000fach. Zwar gab es kurze Zeit vorher bereits eine Praktica von Pentacon bzw. eine Contarex SE von Zeiss Ikon, aber diese beiden Kameras kamen jeweils nur auf circa 3000 Exemplare.
Yashica TL Electro X ITS
Yashica war ein Pionier der Elektronisierung seiner Kameras, bereits 1965 entstand die Yashica Electro Half die erste Kamera des Weltmarktes mit einem elektronisch gesteuertem ZVerschluß, der sogar Zeitautomatik bot. Von 1968 bis 1974 wurde die TL Electro gebaut, sie hat einen ebenfalls elektronisch gesteuerten vertikal ablaufendem Metall-Schlitzverschluß, der von Copal hergestellt wurde. Aus technischen Gründen war keine Zeitautomatik möglich, es wird wie bei fast allen M42-Kameras mit Arbeitsblendenmessung und manueller Zeiteinstellung mittels Lichtwaage gearbeitet.
Der Objektivanschluß ist das damals noch weitverbreitete M42-Gewinde mit Springblendenübertragung.
Die Verschlussteuerung erfolgt stufenlos, das Zeitenrad ist von 1/1000 bis 1/30 Sekunde gerastet, weil bei diesen Zeiten üblicherweise der Belichtungsabgleich über Verstellung der Blende erfolgt. Bei 1/30 bis 2 Sekunden hat Yashica auf die Rüstung verzichtet, dann arbeitet der Fotograf oftmals mit Offenblende auf dem Stativ und kann die Zeit fein einregeln.
Der manuelle Belichtungsabgleich erfolgt mit Hilfe von zwei hinterleuchteten Pfeilen im Sucher, ist kein Pfeil zu sehen, ist die Belichtung korrekt. Auf vielen Webseiten wird behauptet, die Pfeile würden durch kleine LEDs beleuchtet, aber das ist nicht korrekt, es sind winzige Glühlämpchen eingebaut. Auch die Batterieprüftaste läßt bei ausreichender Spannung keine LED aufleuchten, sondern eine dritte Micro-Lampe.
Die Belichtungsmessung erfolgt „TL“ = Thru Lens“, also durch das Objektiv mit Hilfe zweier CdS-Zellen im Prisma. Auf die elektronische Messung und Zeitenbildung weisen zwei Symbole eines Atoms mit darum herumfliegenden Elektronen hin, eines vorn auf dem Sucher, ein weiteres oben auf dem Zeitenrad.
Wie damals üblich gab es die Kamera sowohl in Silber und „Profi“-Schwarz, die silberne Variante gab es nicht als „ITS“-Version, bei ihr ist Deckkappe und Bodenplatte aus silberfarben verchromtem Messing, die schwarze Version ist besteht dort aus schwarz lackiertem Messing, wie die Gebrauchsspuren am gezeigtem Exemplar beweisen.
Sofern die Belichtungsmessung noch „stimmt“, kann mit der Kamera auch heutzutage noch erfolgreich fotografiert werden. Sollten die Metzelten inzwischen durch Alterung eingetrübt sein, so kann entweder mit einem externen Handbelichtungsmesser oder mit Korrektur der an der Kamera eingestellten Filmempfindlichkeit gearbeitet werden, die Verschlussteuerung hingegen arbeitet bei den meisten Exemplaren noch einwandfrei, das Problem mit langsamer ablaufenden mechanischen Verscchlüssen anderer Kameras hat sie nicht. Stimmt eine Belichtungszeit der TL Electro X, so dürften die anderen Zeiten ebenfalls korrekt ablaufen, die Ablaufdauer von 1 Sekunde kann der heutige Anwender gut nachmessen.
Der Verkaufspreis betrug mit Normalobjektiv etwa 600 DM, was um 1970 herum ein durchaus normaler Preis für eine M42-Kamera war. Der heutige Gebrauchtpreis von Kamera und Objektiv liegt bei etwa 20 bis 50 Euro je nach Zustand und Lieferumfang.
Yashica Japan Auto Yashinon-DS 50mm 1:1,9
Die Kamera wurde im Laufe der Bauzeit zusammen mit verschiedenen Objektiven verkauft, die Unterschiede zwischen Yashinon-DX 1,7/50, Yashinon-DS 1,9/50, Yashinon-DS 2/50 usw. dürften vermutlich mehr kosmetischer Natur sein als daß sie große optische Unterschiede aufweisen. Lediglich die späteren Yashinon DS-M haben im Gegensatz zu den früheren nur einfach vergüteten Exemplaren eine Mehrschichtvergütung und sind vor allem bei Offenblende besser. Um etwa 1976 herum endete bei Yashica die M42-Ära, neue Kameras und Objektive hatten das in Kooperation mit Zeiss eingeführte Yashica-Contax-Bajonett, ab 1974 gab es die Contax RTS, ab 1976 die Yashica FR.
Ob das gezeigte Yashinon-DS 1,9/50 wirklich zusammen mit der Kamera vom Erstbesitzer erworben wurde oder ob im Laufe der Jahrzehnte eine Vertauschung von Kamera und Objektiv bei Besitzer oder dessen Erben erfolgte, kann nicht mehr ermittelt werden, zeitlich passen kann es, denn die gezeigte Kamera wurde laut Seriennummer 1974 hergestellt, aber die letzten Exemplare wurden bis 1976 verkauft.
„Auto“ in der Typenbezeichnung weißt auf die automatische Springblendenübertragung hin.
Der ausreichend breite und mit geriffeltem Gummi ausgelegte Entfernungsring läuft weder zu leicht noch zu stramm, der Einstellweg ist mit etwa 180° recht lang. Bei meinem Exemplar ist das Gummi leider dem Vorbesitzer abgefallen. Die Naheinstellgrenze ist mit 0,50 Metern für ein Objektiv der 1970er Jahre akzeptabel. Die Blende rastet halbstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut, eine Umschaltung zwischen automatischer und manueller Springblende ist nicht vorhanden. Die Streulichtblende wird in das nicht mitdrehende Filtergewinde 52mm eingeschraubt.
Das Objektiv hat einen Durchmesser von 62 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 40 mm und wiegt 185 Gramm. Beim Nahfokussieren wird es ca. 7 mm länger.
Das gesamte Objektiv macht einen sehr wertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall gefertigt und recht schwer. An der Entfernungs-Skala sind sowohl Tiefenschärfemarkierungen als auch ein Index für die Infrarotfotografie vorhanden. Das Objektiv verzeichnet für ein 50er-Normalobjektiv recht deutlich, bei den meisten Motiven dürfte es jedoch noch nicht nicht stören.
Yashinon-DS 50mm 1:1,9 an Fuji X-E2
Das Objektiv ist am Cropsensor der X-E2 und Offenblende an den Bildrändern erwartungsgemäß unscharf und überstrahlt, Abblenden auf 4-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen sehr geringen chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 4 völlig. Die 16 Megapixel werden größtenteils ausgereizt, sie entsprächen ca. 38 Megapixel bei Vollformat.
Yashinon-DS 50mm 1:1,9 an Nikon Z5
Das Objektiv ist am Vollformatsensor der Z5 und Offenblende an den Bildrändern erwartungsgemäß unscharf und überstrahlt, Abblenden auf 4-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen sehr geringen chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 4 völlig. Die 24 Megapixel werden größtenteils ausgereizt.
Yashinon-DS 50mm 1:1,9 an Olympus Pen F
Das Objektiv ist am mFT-Sensor der Pen F und Offenblende an den Bildrändern erwartungsgemäß unscharf und überstrahlt, Abblenden auf 4-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen sehr geringen chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 4 völlig. Die 20 Megapixel werden nicht ganz ausgereizt, sie entsprächen 80 Megapixel bei Vollformat.
Yashinon-DS 50mm 1:1,9 an Sony NEX-7
Das Objektiv ist am Cropsensor der NEX-7 und Offenblende an den Bildrändern erwartungsgemäß unscharf und überstrahlt, Abblenden auf 4-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen sehr geringen chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 4 völlig. Die 24 Megapixel werden nicht ganz ausgereizt, sie entsprächen ca. 58 Megapixel bei Vollformat.
Alle Aufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik und Zeitautomatik, mit eingeschaltetem Bildstabilisator (sofern im Gehäuse eingebaut) und bei Blende 8, gespeichert als RAW-Datenformat, gewandelt mit Adobe Camera RAW bzw. Nikon Capture NX und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, Lichter / Schatten, chromatische Aberrationen sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte einmontiert.
Fazit
Das Objektiv ist erwartungsgemäß bei Offenblende „weich“ und überstrahlt, da seine Einfach-Vergütung später gebauten Normalobjektiven deutlich unterlegen ist, bei Arbeitsblende 5,6-8 ist es wie fast jedes japanische Doppelgauß-Normalobjektiv hingegen ausgezeichnet, auch in den Bildecken der Vollformatsensors. Bei Arbeitsblende 5,6-8 kann mit dem Yashinon auch heute noch gut fotografiert werden.
Die Abbildungsunterschiede zwischen den verschiedenen Sensor-Farbpattern und Kamerasystemen sind vernachlässigbar, jedoch macht sich bei beiden APS-C-Systemkameras das Fehlen eines Bildstabilisator im Gehäuse bemerkbar. Die Z5 und die Pen F haben diesen eingebaut, darum ist die Trefferquote unverwackelter Aufnahmen bei dieser Kamera bei meinem Vergleichstest höher gewesen.
Dank Hervorhebung scharfer Bildkanten und starker Sucherlupe lassen sich die Systemkameras mit manuellen Objektiven hervorragend scharfstellen. Bei der X-E2 wird die Objektivbrennweite in die EXIFs eingetragen, bei der Pen F zusätzlich ein bis zu 31 Zeichen langer Objektivname und eine frei eingebbare Blende. Die Z5 und die NEX-7 tragen keinerlei Objektiv-Daten in die EXIFs ein. Z5 und Pen F aktivieren bei korrekter Eingabe der Objektivbrennweite den im Kameragehäuse eingebauten Bildstabilisator mittels Sensorausgleichsbewegungen.
Christian Zahn
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Autor: | Christian Zahn |
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Erstellt: | 30.01.2023 |
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