Kodak Advantix Preview APS-Kamera mit Bildsensor C. Zahn

Hier zeige ich einen Zwitter zwischen analoger Bildspeicherung auf Film und digitaler Welt vor, die aufgrund ihrer Prinzips ziemlich erfolglose Kodak Advantix Preview. Auch Ralf Jannke hat die Advantix bereits beschrieben und abgekanzelt.

Spezifikationen der Kodak Advantix Preview:

  • Die 2000 vorgestellte Kodak Advantix ist 117 x 73 x 49 mm groß und wiegt 255 g.
  • Der verwendete Film ist die APS-Patrone, alle Aufnahmeformate und alle APS-Features werden unterstützt (Formatwahl, Wechsel teilbelichteter Filme, magnetische Datenspeicherung auf dem Film, Angabe von gewünschter Anzahl der Vergrößerung je Bild usw.)
  • Objektiv 25-45mm, entsprechend etwa 31-81mm bei Kleinbild (bei Formatwahl 16:9) oder 38-98mm (bei Formatwahl 3:2)
  • Das Motiv wird über einen Realbildsucher anvisiert, der aber weniger anzeigt, als auf dem Bild ist. LiveView auf dem Display ist nicht möglich. Zur nachträglichen Motivbetrachtung ist ein 1,8“-Farbdisplay eingebaut
  • Entfernungseinstellung Einzel-Autofokus (AF-S),  AF-Ermittlung durch passiven Phasensensor neben dem Sucher
  • Belichtungssteuerung durch Vollautomatik, vermutlich Matrixmessung. Belichtungszeiten 1/2s bis 1/400 sek., Selbstauslöser mit 10 s Vorlaufzeit
  • manuell ausklappbarer Blitz (dient gleichzeitig als Hauptschalter)
  • Energieversorgung durch zwei Lithium-Batterien CR123A
  • kein Anschluß für Fernauslöser
  • keine Speicherung der digitalen Bilder

Besonderheiten der Advantix Preview

Die Kamera erschien ca. 4 Jahre nach Einführung des erfolglosen APS-Systems (näheres dazu siehe weiter unten), sie stellte einen letzten Versuch dar, dieses Filmformat zu „pushen“, es konnte sich aber niemals gegen den etablierten Kleinbildfilm durchsetzen und wurde von Digitalkameras vom Markt hinweggefegt.

Somit stellt der APS-Film die zweite Formatentwicklung von Kodak vor, die flotte (nach dem ebenfalls erfolglosem Disc-Film, quasi einem Pockenfilm auf einer runden Scheibe statt in einer Kassette). Sowohl Kodak als auch andere Film- und Kamerahersteller haben in das System viel Geld gesteckt, Gewinne abgeworfen hat es vermutlich für keinen der Anbieter.

Geschrieben wird die Typenbezeichnung ADVANTiX preview, wobei „iX“ die Kennung für den APS-Film ist. Das „i“ steht ggf. für „intelligent“ oder „Information“, weil Daten auf einen auf dem Film angebrachtem Magnetstreifen gespeichert werden können, das „X“ ggf. für einen Film für das neue Jahrtausend, weil APS kurz vor dem Jahr 2000 vorgestellt wurde.

Prototypen von Nachfolgern der Advantix Preview wurden 2001 und 2002 auf Messen gezeigt, aber kamen über die Nullserie nicht hinaus.

Die Kamera hat für eine Kompaktkamera viele Bedienelemente: Auslöser, Zoomhebel, Formatwahltaster, 7 Tasten um die beiden rückseitigen Displays und einen Hebel zum Filmauswerfer, der solange gesperrt ist, bis der Film vollständig in die Patrone zurückgespult wurde und einen versenkten Knopf zum Rückspulen teilbelichteter Filme (das zuletzt belichtete Bild wird auf dem Magnetstreifen des Filmes gekennzeichnet und jede APS-Kamera, die das unterstützt, spult beim erneuten Einlegen zum ersten unbelichtetem Bild vor).

Der hinten angebracht Statusdisplay sitzt hinter einer Kratzschutzscheibe. Die SW-Status-LCD-Anzeige zeigt das Datum bzw. die Uhrzeit, die noch verbleibenden Aufnahmen auf dem eingelegtem Film usw. an.

Auf dem Pappkarton ist „Know, You’ve got the Shot“ als Slogan angebracht, übersetzt in Etwa „Du weißt, das sie Aufnahme gelungen ist“. Das weist auf den digitalen Teil der Kamera hin, „Preview“ im Namen ebenfalls. Die jeweils zuletzt angefertigte Aufnahme kann immer wieder angesehen werden, wobei der Formatwähler aktiv ist und je nach klassischem 3:4, neuem APS-16:9 oder Panorama sowohl das Display und der spätere Print des Großlabors entsprechend beschnitten werden. Nur bei 16:9 wird das gesamte Negativ ausgenutzt. Die Formatwahl wird auf dem Film magnetisch codiert.

Außerdem kann die Zahl der gewünschten Abzüge des Bildes eingestellt werden, „0“ für keinen Abzug (weil Bild mißglückt oder Personen im Bild Augen geschlossen) und „1“ bis „9“ für die gewünschte Zahl (1 ist voreingestellt). Auch diese Zahl wird magnetisch auf dem Film gespeichert, dazu spult die Kamera nach dem Einstellen etwas zurück und schreibt die Informationen als digitale Folge aus Nullen und Einsen auf den Magnetstreifen des Films.

Im Kamerakarton lag ein Stickerbogen mit Aufklebern „Number of Prints Indicated On Film“, diese konnten zur Sicherheit auf die Auftragstasche beim Filmabgaben geklebt werden, damit das Großlabor diese Angaben auch auswertete.

Außerdem ist im APS-Standard das Ausdrucken diverser vordefinierter Texte auf der Rückseite des Fotopapiers vorgesehen, auch das kann im Statusdisplay eingestellt werden, die Speicherung erfolgt genauso wie bei den anderen Bild-Zusatzinformationen. Welcher Text in welcher Sprache abgedruckt wird, steht im Kamerahandbuch, die entsprechende Info lag aber auch als Zettel bei, der in die Fototasche gesteckt werden konnte. Auf dem Kamerastatusdisplay stehen nur kryptische Angaben wie „D-3“, was für „Deutscher Text Nr. 3“ steht.

Ebenso kann Aufnahmedatum bzw. Uhrzeit in das Bild einbelichtet werden, auch diese Informationen werden digital codiert auf dem Magnetstreifen gespeichert und nicht analog direkt in das Negativ „eingebrannt“ (wie es bei KB-Kompaktkameras bei Datumseinbelichtung geschieht).

Das digitale Bild kann jederzeit immer wieder angezeigt werden, solange die Batterien der Kamera Strom haben. Nach Batteriewechsel ist es verschwunden, ebenso wenn ein neues Foto gemacht wird, denn es paßt immer nur genau EIN Foto in den digitalen Bildspeicher. Anstelle einen größeren Speicher einzubauen und alle Bilder des Films als 320x240 Minibildchen in irgendeiner Form aus der Kamera herauszuholen zu können, ist der technische Aufwand für die Bilddigitalisierung quasi „verschenkt“, denn das digitale Foto ist flüchtig und auf die jeweils letzte Aufnahme beschränkt. In einer Bildserie nachgucken, ob die vorletzte Aufnahme gelungen war und ggf. besser als Panorama gedruckt werden soll, ist unmöglich. Ebenso kann die Formatwahl immer nur für das letzte Bild gemacht werden.

Die Kamera zwingt also dazu, sich mit dem gerade gemachten Bild zu beschäftigen. Sollte inzwischen etwas spannendes vor der Kamera passieren, muß man das entweder ignorieren oder die Entstellmöglichkeiten der Vorgängerbilder verlieren.

Aufgrund der aufgezählten Beschränkungen war die Kamera nicht sonderlich erfolgreich und verschwand bald zusammen mit dem APS-System „in der Versenkung“.

Technisch war die Digitalisierung recht aufwendig, das Bild des Suchers wird durch einen Strahlenteiler zum einen ins Okular geleitet, zum anderen zum CCD-Bildwandler geleitet, der somit auch nicht die gesamte Negativfläche aufnimmt, sondern nur einen Teil (auf dem Print des Großlabors wird später mehr zu sehen sein, als im Sucher bzw. auf dem Kameradisplay). Aufgrund der „Größe“ des Farbdisplays und dessen grobpixeliger Auflösung wird der CCD-Sensor auch nur eine geringe Auflösung besitzen, die 320x240 Bildpunkte habe ich geraten, aber viel mehr dürften es nicht sein.

Die UVP der Advantix Preview betrug 265 DM. Ich bekam das gezeigte Exemplar Anfang 2024 vom Editor dieses Textes geschenkt.

Das APS-System

Kodak hat in seiner weit über einhundert Jahre währenden Blütezeit die meisten der bekannten Filmformate entwickelt und genormt. Da Kodak über viele Jahre der Marktführer der Filmproduktion war, übernahmen dann die anderen Hersteller die entsprechenden Formate für ihre Filme und Kameras.

1982 entwickelte Kodak mit dem Disc-Film den ersten teuren Flop seiner Firmengeschichte. Auf einer runden Filmscheibe konnten 15 Negative mit 8x10,5mm aufgenommen, daraus sollten eigentlich noch kleinere Kameras als beim Pocketsystem resultieren. Allerdings verkannte Kodak, daß Kleinbildfilm und Pocket am Markt zu erfolgreich war, zwar investierten auch andere Filmhersteller und viele Großlabore in die Disc-Technik, aber der Anwender (der Hobbyknipser) wechselte nicht, das Ende des Systems kam rasch, die letzten Filme wurden ca. 1998 hergestellt.

Kodak hat die APS-Patrone 1996 eingeführt, um dem Benutzer das umständliche Filmrückspulen zu ersparen. Da bei den meisten Kleinbild-Kameras die Rückwand jederzeit geöffnet werden kann, ist das Risiko groß, dabei bereits aufgenommene Bilder durch Lichteinfall zu ruinieren.

„APS“ bedeutet „Advanced Photo System“, erstmals wurden Filme, Patrone, Kameras und Laborprozess gemeinsam entwickelt und nicht wie beim Disc-Film nur von Kodak allein. Zum Konsortium gehörte Agfa, Canon, Nikon, Minolta, Fuji, Cewe-Color usw. von Anfang an dazu.

Das APS-System besteht aus mehreren Bausteinen:

  • die APS-Patrone (deren Details sind weiter unten erklärt)
  • der Aufnahmefläche von 30,2x 16,7mm je Bild
  • den drei möglichen Bildformaten 3:2 APS-C (Classic = 25,1x16,7mm), 16:9 APS-H (HD-TV, volle APS-Bildfläche) und 3:1 APS-P (Panorama, 30,2x9,5mm)
  • dem magnetischen Datenstreifen auf der gesamten Filmlänge
  • der individuellen Codierung jeder Patrone mit einer Seriennummer (sowohl als Aufdruck auf der Patrone als auch auf dem Magnetstreifen aufgezeichnet)
  • der Möglichkeit, Aufnahmezeit, Aufnahmedatum oder vordefinierte Texte beim Vergrößern in das Bild einzubelichten (die entsprechenden Daten sind auf dem Magnetstreifen bei der Aufnahme von der Kamera aufgezeichnet worden)
  • der Anfertigung eines Indexprints, anhand dessen der Fotograf weiß, was auf dem Film ist (er kann die Negative nicht ansehen, da in der Patrone aufgewickelt) und einfach Bilder für  Nachbestellungen aussuchen kann.
  • den Verarbeitungsmaschinen für das Großlabor, wobei die Filmentwicklungsmaschine den Filmtyp ausliest und den Film entsprechend behandeln kann (aber nicht muß!) und die Vergrößerungsmaschine erkennt, welches Format der Fotograf für jedes einzelne Bild gewählt hat und ob Datum, Uhrzeit oder ein Text einbelichtet werden soll.
  • den Aufbewahrungsboxen, in denen die Patronen mit den zugehörigen Indexprints gelagert werden können.
  • Filmbetrachter zum Anschluß an den Fernseher, mit Hilfe derer der Fotograf die Bilder auf dem Film ansehen kann
  • für Filmscanner automatische oder manuell zu bedienende Einsätze, die teilweise sogar den gesamten Film „im Batch“ digitalisieren können

Die APS-Patrone ist recht intelligent entworfen:

  • Das Patronenmaul ist kein Samtvorhang wie bei der Kleinbildpatrone, sondern eine lichtdichte Dreh-Klappe, die in der Kamera geöffnet wird und den Film beim Transport nicht berührt.
  • Der Film wird nach der Entwicklung wieder in die Patrone gespult, er verbleibt immer in dieser und ist somit vor Staub und Fingerabdrücken geschützt.
  • Der Film hat über seine gesamte Länge einen Magnetstreifen, auf den die Kamera zum Aufnahmezeitpunkt Informationen schreiben kann, die das Labor nach der Filmentwicklung beim Anfertigen der Abzüge auswerten kann.
  • Auf der Patronenoberseite sind vier Felder, anhand deren der Fotograf erkennen kann, ob der Film unbelichtet, teilbelichtet, vollständig belichtet oder entwickelt ist.
  • Der Film benötigt keine Perforation, der Bildschritt ist auf dem Magnetstreifen bei der Filmproduktion aufgebracht worden.
  • Die Filmempfindlichkeit ist codiert, der Anwender braucht nichts abzulesen und zu übertragen.
  • Die Formatwahl kann entweder auf dem Magnetstreifen codiert werden, wobei die Kamera immer das gesamte Bild aufzeichnet und das gewünschte Bildformat auf den Magnetstreifen schreibt. Oder die Kamera maskiert das Aufnahmefenster entsprechend der Formatwahl, was vor allem bei billigen Kompaktkameras ohne Datenaufzeichnung gemacht wurde.
  • Der Film kann jederzeit zurückgespult werden; sofern die Kamera das unterstützt, schreibt sie die erste freie Bildnummer auf den Anfang des Magnetstreifens. Beim Einlegen prüft dann jede Kamera, die „Midrollchange“ = „Mitten im Film die Rolle tauschen“ unterstützt, ob diese Nummer auf dem Magnetstreifen steht und überspringt damit die bereits aufgenommenen Bilder.

Christian Zahn

 

 

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