Minolta Weitwinkel-Rokkore an Sony alpha 5000

In diesem Erfahrungsbericht geht es um zwei etwa 40-50 Jahre alte Manuellfokusobjektive adaptiert an eine digitale spiegellose Systemkamera mit 20 Megapixeln, der Sony Alpha 5000.

Prinzipiell gilt für Minolta-Objektive das, was auch für die anderen der „Großen Fünf“ (Canon, Minolta, Nikon, Olympus, Pentax waren die fünf größten Hersteller von Kameras und Objektiven im Japan der 1960 bis 1990er Jahre) gesagt werden kann: die älteren Objektive haben die besseren mechanischen Eigenschaften, die jüngeren die besseren optischen. Bis etwa 1975/1978 sind die Minolta-Objektive fast komplett aus Metall gefertigt, die Schneckengänge laufen seidenweich (aufgrund der idealen Materialpaarung Messing und Aluminium), der Blendenring rastet in Halbblendenstufen.

Mit der „MD“-Serie begann auch bei Minolta der Kostendruck zu wirken, die Objektive mussten billiger hergestellt werden (die Lohnkosten stiegen damals in Japan enorm an), der Schneckengang wurde nur noch als Aluminium hergestellt und die Programmautomatiken der Kameras erlaubten es, den Blendenring in der „A“-Stellung zu fixieren. In der Folge stieg der Einsatz von automatisierter Fertigung an, was sich durch den Einsatz von Kunststoffen als Gehäusewerkstoff auch von außen deutlich zeigt. MD-Objektive wirken billiger, sind aber auch deutlich leichter und meist durch erneute optische Rechnung mit moderner Computertechnik schärfer.

Wichtiger Hinweis:

Beim Kauf des notwendigen Adapters für die Systemkamera ist zu beachten, daß es zwei Minolta-Bajonette gibt: Das AF-Bajonett, das später von Sony für dSLRs übernommen wurde (Minolta MA-Bajonett bzw. Sony-alpha-A-Bajonett) und das dazu inkompatible, ältere MF-Bajonett. Dieses wurde zusammen mit der Minolta SR-1 bereits 1958 (also noch vor dem legendären Nikon F-Bajonett!) eingeführt und somit offiziell als „SR“-Bajonett bezeichnet. Es hat lediglich eine Springblendenübertragung, jedoch keine Offenblendenmessung. Diese wurde mit der SR-T 1966 eingeführt, die entsprechenden neuen Objektive trugen die Kennzeichnung „MC“ eingraviert (das steht nicht, wie oft fälschlich behauptet, für „Multi Coating“ = Mehrfachvergütung, sondern für „Meter Coupled“ = Messwerkskupplung bei Offenblende). Die Bezeichnung „MD“ wurde 1977 zusammen mit der XD-Serie mit den neuen für Programmautomatik geeigneten Objektiven eingeführt, wobei es wohl keine wirkliche Erklärung für die Buchstaben gibt. Eventuell wurde einfach der nächste Buchstabe im Alphabet genommen…

Als „MD“-Adapter werden von allen Importeuren die Minolta-Adapter tituliert, obwohl „SR“-Adapter eigentlich korrekt wäre. Aber da an die Adapter alle Minolta-Objektive von 1958 bis 1985 mechanisch passen, und den spiegellosen System-Kameras die Unterschiede zwischen SR, MC und MD egal sind, kann das hingenommen werden.

Minolta MC W.Rokkor 2,0/28mm

Laut Artaphot.ch ist man sich uneins, ob das MC oder das MD die bessere optische Leistung hat, vermutlich liegen sie so nah beieinander, daß sich Serienstreuungen oder ein kräftiger Objektiv-Anstupser bereits auswirken.

Das gezeigte 2,0/28mm ist ein mehrschichtvergütetes MC-Objektiv und wurde nur von 1975 bis 1977 gebaut, um dann bereits durch eine neugerechnete MD-Version ersetzt zu werden. Es hat Floating Elements für bessere Bildschärfe in den Bildecken im Nahbereich. Damit diese ihre Wirkung auch ausspielen können, muß das Auflagemaß des Adapters stimmen! Billige Adapter haben oft ein zu kurzes Auflagemaß, damit auf jeden Fall auf Unendlich (und sogar etwas darüber hinaus) scharfgestellt werden kann. Für das gezeigte Objektiv muß der Adapter dann durch Unterlegen von dünnen Blechen z. B. aus dem Werkzeugbau auf das exakte Dickenmaß eingestellt werden, ansonsten sind die Bildecken unschärfer als sie eigentlich sein könnten, weil die Floating Elements die Bildfeldwölbung nichtkorrigieren, sondern sogar verfälschen, weil für eine unendliche Motiv-Abbildung das Objektiv auf z. B. 3 Meter eingestellt werden muß.

„Rokkor“ hießen fast alle Minolta-Objektive, das „W“ davor weist auf ein Weitwinkel-Objektiv hin.

Der geriffelte Entfernungsring geht seidenweich, der Einstellweg ist mit etwa 40° jedoch viel zu kurz. Die Naheinstellgrenze von 0,3 Metern ist erstaunlich kurz (dank der erwähnten Floating Elements ist diese geringe Naheinstellgrenze auch bei Offenblende an den Bildecken noch durchaus nutzbar). Die Blende rastet halbstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Die originale Streulichtblende wird in das Filtergewinde 55 mm geschraubt. Obwohl sich dieses beim Fokussieren nicht mitdreht, ist sie nicht blütenförmig und darum recht kurz gebaut. Das Objektiv hat einen Durchmesser von 66 mm, eine Baulänge ab Bajonett von 61 mm und wiegt 350 Gramm. Beim Fokussieren auf die Naheinstellgrenze wird es ca. 3 mm länger. Der originale Objektivdeckel ist ein Aufstülp-Typ, kein Schnapp-Deckel. An der Cropkamera hat die originale Streulicht-Blende kaum Wirkung, eine Teleobjektivblende aus dem Zubehörhandel erfüllt den Zweck wesentlich besser.

Es sind sowohl Tiefenschärfen-Markierungen als auch ein Fokuspunkt für die Infrarot-Fotografie vorhanden.

Das gesamte Objektiv macht einen sehr hochwertigen Eindruck, es ist vollständig aus Metall hergestellt. Das Rokkor 2/28 ist ein aufwendig gefertigtes Objektiv mit 10 Elemente in 9 Gruppen und relativ schwer. Die Ansatzmarke für das Bajonett ist kein lediglich mit Farbe ausgemalter Punkt, sondern eine eingeklebte rote Halbkugel. Das Objektiv verzeichnet nur gering sichtbar, bei den meisten Motiven dürfte es nicht stören.

Das Objektiv ist seltener als die 2,8/28-Rokkore und heutzutage nicht mehr günstig zu bekommen, je nach Zustand liegt es zwischen 100 und 300 Euro. Die verschiedenen Versionen des 2,5/28 bzw. des 2,8/28 sind erheblich billiger zu bekommen, haben aber keine Floating Elements.

Das Objektiv ist an der alpha 5000 bei Offenblende an den Bildrändern erwartungsgemäß unscharf, Abblenden auf 5,6-8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 5,6-8 leider nicht komplett.

Beispielfotos

​​​​​​​Minolta MD W.Rokkor 35 mm 1:2,8

Laut Artaphot.ch ist das Objektiv im Jahre 1975 neu gerechnet worden und hat 5 Elemente in 5 Gliedern. Der MC-Vorgänger mit 7 Elementen in 6 Gliedern gilt als anfällig für eine verharzte und somit inzwischen meist langsam laufende bis unbewegliche Blende, dieses Problem hat der hier vorgestellte Nachfolger nicht.

Das MD 2,8/35mm ist ein mehrschichtvergütetes MD-Objektiv und wurde nur von 1977 bis 1981 gebaut, um dann durch eine optisch identische, aber mechanisch einfachere MD-III-Version ersetzt zu werden. „Rokkor“ hießen fast alle Minolta-Objektive, das „W“ davor weist auf ein Weitwinkel-Objektiv hin.

Der geriffelte Entfernungsring läuft inzwischen ein wenig stramm und von leisen kratzenden Geräuschen begleitet, der Einstellweg ist mit 220° erfreulich lang. Die Naheinstellgrenze von 0,3 Metern ist erstaunlich kurz. Die Blende rastet halbstufig, es sind 6 Lamellen eingebaut. Die originale Streulichtblende wird in das Filtergewinde (49 mm) geschraubt.Das Objektiv hat einen Durchmesser von 64 mm, eine Baulänge ab Bajonett von ca. 39 mm und wiegt 170 Gramm. Beim Fokussieren auf die Naheinstellgrenze wird es ca. 6mm länger. Der originale Objektivdeckel ist ein Aufstülp-Typ, kein Schnapp-Deckel. Es sind sowohl Tiefenschärfen-Markierungen als auch ein Fokuspunkt für Infrarot vorhanden.

Das gesamte Objektiv macht einen recht wertigen Eindruck, es ist fast vollständig aus Metall gefertigt, lediglich der Blendenring ist aus Kunststoff. Er hat einen weiteren Mitnehmer, anhand dessen Minoltakameras mit Blenden- bzw. Programmautomatik die kleinste eingestellte Blende erkennen, jedoch läßt sich der Ring nicht in dieser Stellung verriegeln (das wurde erst 1981 mit der MD-III-Fassung eingeführt). Das Objektiv verzeichnet nur gering sichtbar, bei den meisten Motiven dürfte es nicht stören.

Die Gummierung des Entfernungsringes hat sich bei meinem Exemplar etwas gelängt, der Gummiring „schwabbelt“ herum und rutsch etwas durch, ich muß ihn bald durch einen Nachbau aus dem Zubehörhandel ersetzen oder zumindest festkleben, damit die Fokussierung sicher funktioniert.

Das Objektiv ist heutzutage nicht mehr allzu günstig zu bekommen, je nach Zustand liegt es zwischen 50 und 150 Euro. Wie erwähnt, sollten die älteren 2,8/35 MC-Rokkore aufgrund des Blendenproblems gemieden werden bzw. sie sollten bereits vor dem Gebrauchtkauf fachmännisch überholt worden sein.

Das Rokkor ist am Cropsensor der Sony alpha 5000 und Offenblende an den Bildrändern erwartungsgemäß leicht unscharf, Abblenden auf 8 steigert die Schärfe, danach kommt es bereits zu Beugungseffekten. Die bei Offenblende vorhandenen leichten chromatischen Aberrationen verschwinden ab ca. Blende 5,6-8 fast vollständig. Die 20 Megapixel des Sensors werden durchaus ausgereizt, sie entsprechen etwa 48 Megapixeln bei Vollformat, allerdings blendet die Sony aufgrund des Cropfaktors 1,5 die schwächeren Bildränder des Objektivs aus.

Beispielfotos

Alle Beispielaufnahmen entstanden freihand bei ASA-Automatik, Zeitautomatik und bei Blende 8, gespeichert als ARW, gewandelt mit Adobe Camera RAW und bearbeitet mit Photoshop CS6. Bildausschnitt, Helligkeit, Farben, chromatische Aberrationen, Lichter / Schatten sowie Schärfe wurden korrigiert, die Größe wurde auf 1500 Pixel bikubisch verkleinert. In alle Aufnahmen sind 100%-Ausschnitte einmontiert.

Fazit

Die alpha 5000 läßt sich mit manuelle Objektiven gut scharfstellen, sie bietet eine digitale Sucherlupe (Bildausschnittsvergrößerung), die auf dem gesamten Bild frei verschiebbar ist. Sowohl in der Gesamtansicht als auch in der Sucherlupe werden scharfe Bildkanten in einer einstellbaren Farbe hervorgehoben, wie bei allen meinen Kameras wähle ich dazu einen deutlich erkennbaren Rotton. Allerdings macht sich das Fehlen eines Bildstabilisators in der Kamera negativ bemerkbar, das Sucherbild wackelt bei wenig Umgebungslicht stark und hat außerdem einen „Rolling-Shutter“-Effekt.

Weil die Kamera nur ein Display und keinen Videosucher hat, muß die Fokussierung „in Vorhalte“ erfolgen, also Kamera am Gurt um den Hals so weit wie möglich nach vorn gestreckt. Das ergibt eine recht wacklige und recht ungenaue Fokussierung. Am besten nutzt man die Kamera mit manuellen Objektiven auf einem Stativ stehend, dann ist die Fokussierung erheblich einfacher, weil die Kamera nicht wackelt und die Aufnahmen haben ebenfalls weniger Verwacklung.

Beide Minolta-Objektive sind sehr gut digital nutzbar, an der Vollformat-Kamera Z5 ist das 35er MD-Rokkor mein bestes 35er und hat es in meinen Objektiv-Kanon geschafft, das 28er MC-Rokkor steht meinem Referenzobjektiv Zeiss Distagon kaum nach. Allerdings haben beide Rokkore leichte Einschränkungen in der Nutzbarkeit: das MD-Rokkor hat einen ausgeleierten Gummiring an der Entfernungseinstellung, das MC-Rokkor ist aufgrund der hohen Lichtstärke recht schwer und sein Einstellweg ist für präzises Scharfstellen viel zu kurz.

Christian Zahn

 

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