Mustek MDC-800 Kurzbericht

Hier stelle ich eine ziemlich frühe Digitalkamera vor. Ralf Jannke hat dieses Modell ebenfalls, auch Boris zeigt eine MDC-800.

Spezifikationen:

  • Die Mustek MDC-800 ist 136 x 72 x 52 mm groß und wiegt 320 g.
  • Der CCD-Sensor (vermutlich 1/3“, 4,7x3,6mm, Pixelpitch 4,3µm??) löst maximal 1012 x 769 Pixel  = 0,8 Megapixel auf. Die Empfindlichkeit ist unbekannt. Bilder werden als JPEGs auf den internen Speicher von ca. 2 MB gespeichert, zusätzlich ist ein CF-Kartenschacht vorhanden (bis 16 MB CF Typ I). Kurzvideos sind möglich (maximal 16 Bilder lang).
  • Das Objektiv ist eine Festbrennweite, die Blende ist 1:4,0, die Brennweite 5,8mm (KB-äquivalent ca. 43 mm).
  • Das Motiv wird über einen Durchsichtsucher angepeilt. Zusätzlich Statusdisplay mit etlichen Angaben und 1,6“-Farbdisplay mit Live-View-Möglichkeit.
  • Entfernungseinstellung entfällt, weil Fixfokus.
  • Belichtungssteuerung durch Zeitautomatik mit fester Blende, Belichtungszeiten 1/10 bis 1/10000s, rein elektronischer Verschluss.
  • eingebauter Blitz mit ca. Leitzahl 8
  • Weißabgleich automatisch
  • ohne Bildstabilisierung
  • Energieversorgung durch 4 Mignonzellen

Besonderheiten

Mustek ist ein 1988 gegründeter taiwanesischer Hersteller, der anfangs nur Scanner baute („Mustek“= „Most Unique Scanner Technology“). Inzwischen wurde die Produktpalette deutlich ausgeweitet, die zwischenzeitlich verkauften Digitalkameras jedoch wieder aus dem Lieferprogramm gestrichen. Die seit 1991 in Neuss beheimatete deutsche Vertriebsorganisation Mustek GmbH ging 2009 in die Insolvenz und wurde 2010 an die niederländische Faveo b.v. verkauft. Im Jahr 2024 finden sich auf der Amazon-Verkaufsplattform keinerlei Mustek-Produkte, auf der noch online einsehbaren deutschen Firmenwebseite „Mustek.de“ sind alle Produkte als „Out of Stock“ gekennzeichnet.

Die MDC-800 hat vermutlich einen Webcam-Sensor, die maximal möglichen 1012x768 Pixel-Bilder werden laut Handbuch hochinterpoliert. Möglicherweise aus 640x480 Pixeln, das entspräche den damals üblichen Auflösungen der Billig-Sensoren. Warum aber statt der allgemein üblichen 1024x768 Pixeln nur 1012x768 Bildpunkte erzeugt werden, bleibt ein Geheimnis der Firmware-Programmierer.

„MDC-800“ bedeutet laut Aufdruck „Multifunktion Digital Camera“, wobei gemeint ist, daß die Mustek im Gegensatz zu den meisten damaligen Kameras auch Videos aufnehmen kann. Allerdings nur extrem kurze, denn nach exakt 16 aufgenommenen Einzelbildern ist der Film zu Ende. Man könnte eher von einem kurzen Wackelbild denn einem Video sprechen. „800“ könnte auf eine „native“ 800 Pixel Bildbreite hindeuten oder auf die fast 800 hochinterpolierten Zeilen der bestmöglichen Fotos.

Die Angabe der KB-äquivalenten Brennweite wird im Handbuch „elegant“ nicht angegeben, statt dessen steht „Bildwinkel 55°“. Mit dieser Angabe dürften nur die wenigsten Käufer etwas anzufangen gewußt haben, umgerechnet kommen etwa 43mm bei Kleinbild heraus.

Das Design wirkt für eine frühe Digitalkamera (vor dem Jahr 2000) erstaunlich altbacken, die MDC-800 sieht aus wie eine etwas groß geratene und ziemlich eckig entworfene KB-Kompaktkamera. Üblicherweise „trauten“ sich die Gehäusedesigner weiter weg von den althergebrachten Bauformen von filmbasierten Kameras.

Das Farb-Display ist durch eine Schutzscheibe vor Beschädigung geschützt, das Statusdisplay jedoch nicht. Die Kamera hat nur die notwendigsten Tasten, sämtliche Einstellungen erfolgen über das Menu, das immerhin in verschiedenen Sprachen verfügbar ist.

Die EXIFs sind wenig aussagekräftig, weder die üblichen noch spezielle Angaben finden sich in den Bildern, lediglich in einem Kommentarfeld stehen merkwürdige Werte, die auf herstellerspezifische umdokumentierte Werte hindeuten könnten.

Die Kamera kann sowohl in den internen Speicher aufnehmen als auch auf CompactFlash-Karten sichern. Wie groß der eingebaute Speicher ist, steht nicht in der Anleitung, aus Bildgröße je Foto und Zahl der maximalen Bilder kann auch ca. 2MB geschlossen werden. In den CF-Schacht passen nur die dünnen Karten Typ I, und Karten größer als 16 MB werden nicht erkannt. Jedoch passen bei maximal 328 KB Bildgröße (bei maximaler Qualität) ca. 48 Aufnahmen auf eine 16-MB-Karte, also mehr als früher auf einen Kleinbildfilm paßten.

Merkwürdigerweise sind alle Bilder gleichgroß, der Kompressionsalgorhythmus speichert somit mit einem fest vorgegebenem Faktor und erzielt eine vorgegebene Bildgröße. In maximaler Bildqualität sind alle Aufnahmen 328 KB groß.

Die Stromversorgung erfolgt mit 4 Mignonzellen, sowohl Batterien als auch Akkus lassen sich verwenden, jedoch wird bei frisch geladenen 1,2-Volt-Akkus nach wenigen Aufnahmen eine Batteriewarnung ausgegeben, die Kamera kommt mit Alkali-Batterien besser zurecht, die 1,5-Volt Nennspannung haben.

Als Schnittstelle steht USB, seriell (RS232) und Video zur Verfügung. Es ist mit ziemlicher Sicherheit lediglich USB 1.0 implementiert, die Kamera meldet sich nicht als Massenspeicher, sondern erfordert einen speziellen Treiber, um die Bilder auszulesen. Dieser läuft nur auf als „historisch“ zu bezeichnenden Computern und Betriebssystemen. Auch das USB-Kabel ist aus heutiger Sicht exotisch, es handelt sich um die große Buchse, die in Scannern oder Druckern eingebaut wurde, außerdem ist die Buchse sehr tief ins Gehäuse eingelassen, ein überlanger USB-Stecker ist nötig, um die Kontakte zu erreichen.

Der UVP der Mustek betrug 600 DM, der Zeitwert ist schwierig zu ermitteln, es handelt sich um ein reines Sammlerstück. Ich bekam das gezeigte Exemplar 2024 geschenkt.

Beispielfotos

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Alls Beispielaufnahmen sind 1:1 aus der Kamera, es fand keinerlei Bildaufbereitung per EBV statt.

Das Gehäuse der Mustek MDC-800 ist komplett aus Kunststoff, möglicherweise sogar die Linsen des Objektivs. Metallisch erscheinende Teile sind lediglich lackierte oder verchromte Kunststoffteile. Wie bei den meisten Kameras, die Mignonzellen nutzen, sind die Halteklammern des Batteriefachs inzwischen extrem brüchig geworden, weil der Weichmacher nach 25 Jahren aus dem Material herausdiffundiert ist. Nach Einlegen der Batterien und Schließen des Deckels habe ich wie üblich sofort eine Blitzschiene untergeschraubt, um die Bruchgefahr zu vermindern; trotzdem ist mir eine kleine Halterung abgebrochen und auch die Klappe hat einen Riß bekommen.

Die Kamera gehört zur Klasse der frühen Digitalkameras, ob Mustek sie selbst entwickelt und hergestellt hat oder ein taiwanischer OEM-Auftragsfertiger, läßt sich heutzutage nicht mehr ermitteln.

Die Verzeichnung ist für ein „Normalobjektiv“ der 43mm-Klasse deutlich feststellbar und anhand dieses Testbilds ist auch die „Qualität“ bei niedriger Beleuchtung ersichtlich. Bei hellem Tageslicht sind die Aufnahmen noch halbwegs ansehnlich, jedoch überschärft und aufgrund der hochinterpolierten Bildgröße nicht wirklich scharf. Aber der Hersteller konnte und wollte 1999 keine Kamera mit 640x480 Bildpunkten verkaufen, denn auch 1012x768 war damals nur noch über den niedrigen Verkaufspreis abzusetzen. Die UVP von 600 DM dürfte ein unrealistischer Katalogwert gewesen sein, im Handel wird eher 300 DM auf dem Preisschild gestanden haben.

Fazit: eine digitalkamerahistorisch nicht uninteressante Kamera (weil frühe preiswerte Consumerkamera), heutzutage zum ernsthaften Bildermachen vollkommen ungeeignet.

Christian Zahn

 

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