New Nintendo 3Ds XL Kurzbericht

Hier stelle ich eine tragbare Videospielkonsole vor, die zwei Kameramodule eingebaut hat. Diese können stereoskopische Bilder anfertigen und eines der beiden Anzeigen des Spieles zeigt stereoskopische Aufnahmen und Spiele an. Dazu ist kein Hilfsmittel wie eine Spezialbrille o.Ä. erforderlich.

    Zur Vervollständigung

    Zu einem Vorgänger, dem Nintendo Gameboy, der mit Hilfe einer aufsteckbaren Kamera auch niedrig aufgelöste SW-Bilder aufnehmen konnte, gibt es zwei Praxisberichte:

    New Nintendo 3Ds XL

    Spezifikationen:

    • Die 2014 vorgestellte New Nintendo 3Ds XL ist zusammengeklappt 158 x 92 x 22 mm groß und wiegt mit Akku, Speicherkarte und Spielmodul 335 g.
    • Die drei CCD-Sensoren unbekannter Größe lösen maximal 640 x 480 Pixel  = 0,3 Megapixel auf. Die Empfindlichkeit ist unbekannt. Videos sind möglich. Bilder werden als JPEGs oder stereoskopische MPO-Dateien auf einer microSD-/microSDHC-Karte (maximal 32 GB) abgelegt.
    • Das Objektiv ist ein Fixfokusobjektiv unbekannter Brennweite
    • Das Motiv wird über das obere stereoskopische LCD-Display angezeigt (400x240 Pixel für jedes Auge)
    • Entfernungseinstellung entfällt, da Fixfokus; feste Blende
    • Belichtungssteuerung durch Zeit- und Empfindlichkeitsautomatik. Belichtungszeiten unbekannt, Selbstauslöser mit 10 sek. Vorlaufzeit
    • kein Blitz
    • Weißabgleich automatisch
    • keine Bildstabilisierung
    • Energieversorgung durch wechselbaren Lithiumakku

    Besonderheiten

    Nintendo ist älter, als die meisten Benutzer ihrer heutigen Spiele wissen; bereits seit 1889 produziert die Nintendo K.K. Hanafuda-Spielkarten (mit Blumenmotiven). Der Namenbestandteil „Nintendo“ ist erst seit etwa 1930 genutzt worden, seit ca. 1950 als Hauptbestandteil. Zwischen 1950 und 1970 orientierte sich Nintendo neu, es wurden Spielkarten mit neuen Motiven (z. B. Disney-Lizenzen) bedruckt und andere Geschäftsfelder probiert, darunter kurzzeitig ein Taxiunternehmen. Dauerhafter erfolgreich war die Produktion von Spielzeug, z. B. die „Ultra Hand“, eine parallelogramartige Scherenhand zum Greifen entfernter Gegenstände.

    Seit etwa Mitte der 1970er Jahre baut Nintendo elektronische Spiele, darunter Geräte für Spielhallen und den Heimmarkt. Letzterer wurde ab 1975 durch amerikanische Firmen dominiert (z. B. Atari 2600, CBS ColecoVision, Mattel Intellivision usw.). Nintendo baute ab 1980 die ersten tragbaren Videospiele, „Game and Watch“, mit jeweils einem einzigem eingebautem Videospiel und einem Wecker (deshalb „Spiel und Uhr“ als Name).

    Nach dem „Video Game Crash“ (das Überangebot führe weltweit zu großen Verlusten der amerikanischen Hersteller und Aufgabe der Herstellung (bis auf Atari zogen sich alle Anbieter vom Markt der Videospiele für zuhause zurück) setzte Nintendo auf die Herstellung einer eigenen Spielkonsole für den heimischen Fernseher mit wechselbaren Spielmodulen, das Nintendo Entertainment System (NES). Dank der sehr erfolgreichen Spielserie um den Helden „Super Mario“ war das NES und seine Nachfolger Super Nintendo Entertainment System (SNES) usw. sehr erfolgreich. Der Gameboy als tragbares Videospiels mit Wechselmodulen war ab 1989 dank „Tetris“ als mitgeliefertem Puzzle ebenfalls äußerst erfolgreich, die Konsolen N64, Gamecube oder Wii waren meist im Heimmarkt Japan erfolgreicher als im Rest der Welt, da es starke Konkurrenz durch die Sony Playstation oder die Microsoft Xbox gab. Die 3D-Konsole „Virtual Boy“ war nicht erfolgreich, sie war zu groß und zu unbequem, die rote Farbe der Bildschirm-Anzeige ermüdend.

    Die 3Ds ist das erste stereoskopische tragbare Spiel überhaupt, das ohne Hilfsmittel wie unhandliche Brillen usw. auskommt. Es wurde im Jahr 2010 vorgestellt und mit einigen verbesserten Modellen bis 2020 produziert. Die Konsole ist aufklappbar, das untere Display ist nicht stereoskopisch, nur das obere. Die Intensität des Stereoeffekts ist durch einen Schieberegler veränderbar, der Effekt kann auch komplett abgeschaltet werden. Wie bei allen 3D-Systemen kann es beim Betrachten über längere Zeit zu Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen kommen, nicht alle Menschen sind gleich empfindlich. Manche können nicht einmal eine Minute „Stereo“ gucken, andere schaffen stundenlanges Ansehen.

    Der medizinische Hintergrund ist, daß das Auge und das Gehirn zwar die virtuelle Entfernung „hinter“ dem Display wahrnehmen, die Scharfstellung des Auges aber trotzdem auf die nahe Entfernung des Displays erfolgen muß. Dieses Mißverhältnis verwirrt das menschliche Gehirn und führt zu den genannten Problemen.

    Nintendo rät in der Bedienungsanleitung des Gerätes, den Stereoeffekt bei Kindern unter 6 Jahren überhaupt nicht einzuschalten und bei älteren Personen regelmäßige Pausen einzulegen. Alle Spiele funktionieren sowohl mit als auch ohne den Stereoeffekt, lediglich die mitgelieferten „Augmented-Reality“-Spiele machen ohne Stereoeffekt nur wenig Sinn.

    Das untere Display ist berührungsempfindlich, es kann mit den Fingern oder mit Hilfe eines im Gerät eingebautem Stiftes bedient werden.

    Technisch ist das oberer Display ein von der Firma Sharp gefertigtes LCD-Farbdisplay mit abschaltbarer Parallaxenbarriere, ist diese eingeschaltet, sieht das linke Auge nur die Bildpunkte für das linke Teilbild, das rechte entsprechend seine „rechten“ Pixel. Bei abgeschalteter Barriere sehen beide Augen alle Pixel, also ein normales zweidimensionales Bild mit doppelter Auflösung. Die Stärke des 3D-Effekt bei eingeschaltete Barriere wird softwareseitig durch mehr oder minder verschobene Anzeige der Teilbilder erzeugt.

    Von etwa 2011 bis 2014 konnten 3D-Videos auf der 3Ds von Nintendoservern gestreamt werden, 2011 und 2012 gab es ein spezielles kostenpflichtiges 3D-Angebot auf Eurosport, ausgewählte Sportereignisse konnten dreidimensional angeschaut werden. Ebenso gab es kurzfristig 3D-Filme bei den Streamingdiensten „Netflix“ bzw. „Hulu“. Vermutlich waren die Anwenderzahlen nicht hoch genug, so daß alle diese Angebote recht bald wieder eingestellt wurden.

    Mit dem Gerät wurden einige „AR“-Karten geliefert. legt man diese in den Raum, blendet das 3Ds dort verschiedene aus dem „Mariouniversum“ her bekannte Figuren ein, bewegt man sich mit dem 3DS um diese Karten herum, sieht man die Figuren von verschiedenen Seiten.

    Im 3DS sind 3 Kameramodule eingebaut, vermutlich handelt es sich um Webcam-Module einfachster Bauart. Eines der Module ist oberhalb des 3D-Bildschirms eingebaut (für „Selfies“), die anderen beiden auf dessen Rückseite. Die Kamera zeigt die Aufnahmen live auf dem oberem Display an, bei eingeschaltetem Stereomodus auch sofort dreidimensional. Jede Aufnahme wird doppelt gespeichert, sowohl als normales JPEG als auch als „MPO“-Datei (Multi Picture Objekt), in der die beiden Stereobilder abgelegt sind.

    Die 3DS speichert entweder Aufnahmen mit 640x480 Pixeln oder 320x240 Bildpunkten, außerdem kann teilweise der Bildschirm als Bilddatei gesichert werden.

    Die Stromversorgung erfolgt durch einen eingebauten Lithiumakku. Nach Lösen von zwei Schrauben und Abnehmen der rückseitigen Gehäuseschale ist der Akku erreichbar und kann vom Anwender ausgewechselt werden, ebenso kann dann die microSD-Karte getauscht werden. Nintendo legte kein Ladegerät in den Karton der Konsole bei, es mußte extra dazugekauft werden. Allerdings gab es bald simple USB-Kabel von Drittanbietern, die mit Hilfe eines Handyladegeräts die Konsole preiswert laden konnten. Die Ladebuchse ist Nintendo-eigen, normale USB-Kabel passen nicht. Neben der Ladebuchse sind noch zwei goldene Kontakte vorhanden, die ebenfalls extra zu kaufende Dockingstation lädt über diese Kontakte die 3Ds beim Einlegen auf.

    In den Bilder sind keine EXIF-Daten eingebettet, weder spezielle MakerNotes noch die üblichen Angaben über Empfindlichkeit, Brennweite, Blende, Belichtungszeit usw. Lediglich die Kamera wird als „Nintendo 3DS“ eingetragen.

    Der UVP der New Nintendo 3Ds XXL betrug etwa 250 Euro. Ich erwarb das gezeigte Exemplar 2017 zu einem deutlich reduziertem Preis als Setangebot mit zwei Spielen in einem Verbrauchermarkt.

    Beispielfotos

    In die Aufnahmen sind keinerlei Infos eingebettet, darum zeige ich die Aufnahmen ohne eingeblendete Angaben. Der stereoskopische Effekt fällt in den JPEGs weg, MPOs sind hier jedoch nicht sinnvoll zeigbar, darum gibt es leider keine 3D-Beispiele.

    Qualitäts- und sonstiger Eindruck

    Das Gehäuse der 3Ds ist komplett aus Kunststoff gefertigt. Die Displaypanels sind zusätzlich durch eine Scheibe vor Kratzern geschützt, jedoch sind diese Scheiben nur aus Kunststoff und verkratzen ebenfalls leicht. Der Zubehörhandel bot passgenaue Scheiben aus gehärtetem Glas an, diese sind als Restposten noch erhältlich. Jedoch muß der Scheibensatz zum 3Ds passen, da es verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Größen der Displays gab Die Bezeichnung der einzelnen Modelle ist gewöhnungsbedürftig, so gab es die originale „3Ds“, die hier gezeigte „new Nintendo 3Ds XXL“, die „2Ds“ ohne 3D-Effekt, usw.

    Wie üblich ist der Klappmechanismus die Achillesferse des Systems, intensives Auf- und Zuklappen beschädigt das flexible Kabel aus dem Grundgerät zum oberem Display, daß dann ausfällt.

    Die Kamera gehört zur Klasse der tragbaren Spielkonsolen mit eingebauten Kameramodulen, der Fixfokus ist nicht auf Unendlich ausgelegt, sondern auf den Anwendungszweck „3D Augmented Reality“, unendliche Motive wirken immer leicht unscharf. Die Verzeichnung ist erstaunlich gering, möglicherweise beseitigt der Bildprozessor die Objektivfehler sowohl in der Anzeige als auch bei den aufgenommenen Bilder.

    Die Bilder sind aus heutiger Sicht eine Katastrophe; den 640x480-Pixel-Bildern sieht man deutlich Kompressions- und Interpolationsartefakte an, auch die Schärfe ist nicht gut und man erkennt leichtes Farbrauschen. Aber es sollten sowieso nur „Spaßbilder“ sein und keine ernsthaften Fotos, dafür war 2010 die Auflösung bereits viel zu niedrig. Die meisten Besitzer der 3Ds dürften die Bilder niemals anders angesehen haben als auf dem Display der Konsole selbst.

    Fazit: eine digitalkamerahistorisch eher unwichtige Kamera (lediglich als autostereoskopische Spielkonsole zu Beispielzwecken), bei Vorstellung und heutzutage zum ernsthaften Bildermachen völlig ungeeignet.

    Christian Zahn, Juli 2024

     

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