Nikon D1X, die vermutlich meist unterschätzte DSLR der Firmengeschichte – Neuauflage 2023

Ich bin entsetzt ;-) Diese „geheime“ 10 Megapixel Nikon habe ich tatsächlich 8 – ACHT – (viel zu) lange Jahre achtlos liegenlassen :-(

Ganz zu meinem Sammelstart digitaler Kameras gab es 2015 diesen Beitrag:

Alles nach 2015 ohne die D1x benutzt zu haben …

Jetzt, 2023, wird es höchste Zeit, mit der Nikon D1x mal wieder zu fotografieren!

Die D1x hat die Jahre des unbenutzten Liegens unbeschadet überstanden. Akku geladen, eingeschoben, Speicherkarte eingelegt, ausgelöst – läuft!

Größen-/Gewichtsunterschiede

1,34 Kilogramm (D1x) vs. 1,88 Kilogramm (Kodak DCS620x)

Die Kameras der Nikon D1 Serie beendeten Kodaks Vormacht- und Hochpreisvorstellungen. Die unlängst vorgestellte 2 Megapixel Kodak/Nikon F5 DCS620x soll im Bereich 20.000 DM gelegen haben. Die Nikon D1 kostete "nur" 10.000 DM - die Hälfte!

Mit 2,7 Megapixel etwas mehr Auflösung als die Kodak. Dazu viel kompakter, deutlich leichter, mit 4,5 B/s schneller und ebenfalls mit hohen ISOs - 1600. Die in der D1/D1H auf ISO 3200/6400 erweitert werden konnten. Der Fairness halber muss man sagen, dass die Kodak DCS620x mit ihren ISO 4000 vergleichsweise eine Liga höher spielte.

Spezifikation

Die Nikon D1/D1H waren auf Geschwindigkeit ausgelegt und lösten deshalb auch nur 2,7 Megapixel auf. Die D1x war auf Auslösung getrimmt. Offiziell 6 Megapixel, "im Geheimen" aber 10 Megapixel, 2001 eine hohe Auflösung! Mit ISO 800, erweiterbar auf ISO 1600/3200, 3 Bilder pro Sekunde und mit den 6/10 MP damit auf gleichem bzw. höherem Auflösungs-Niveau wie die hochauflösende Schwester der Kodak DCS620x, die 6 Megapixel Kodak/Nikon F5 DCS760. Die aber mit Top-Datenqualität und einem größeren 19 x 27 mm APS-H Sensor und Cropfaktor 1,3 punkten konnte.

Auf die technischen Einzelheiten der D1X möchte ich nicht intensiv eingehen, alles ist in der deutschen Bedienungsanleitung nachzulesen. Alles? Das entscheidende "Geheimnis", wie ich an die 10 Megapixel Auflösung komme, ist im Manual gar nicht zu finden!

High-ISOs? Gut versteckt ;-)

Nachteile der Nikon D1x

Mit dem defekten Hochformat-Auslöser kann (muss) man leben. Sind die Bildfrequenzen mittlerweise im zweistelligen Bereich, erziehen die maximal 3 Bilder pro Sekunde enorm ;-) Maximal ISO 800? Nein. Die ISO-Erweiterung ist im Menü unter "INDIVIDUALFUNKTIONEN" "31 ISO Verst." gut "versteckt". Dort kann zwischen "1 Stufe über 800" oder "2 Stufen üb. 800" gewählt werden. Angezeigt werden dann nach 800 HI-1 für ISO 1600 und HI-2 für ISO 3200. Ich weiß nicht, wann die ersten professionellen Entrauschungs-Tools kamen. Bis dahin musste man sich mit Photoshop-Bordmitteln helfen. Dazu gleich mehr. Ein einfacher Test aufs Bücheregal im halbdunklen Zimmer brachte schnell Aufschluss, dass HI-1 = ISO 1600 noch mehr als brauchbar sind! Die Anzahl Nikon D1x-Auslösungen ist mit vorhandenen Tools nicht feststellbar. Ob es der Nikon-Service könnte, ist müßig. Interessiert hätte es mich schon, denn von Zustand und Aussehen her muss diese D1x einiges erlebt haben.

Jetzt von links nach rechts: ISO 800, HI-1 = ISO 1600 und HI-2 = ISO 3200, 10 Megapixel (*), unbehandelt!

10 Megapixel (*) Das "Geheimnis" wird zum Schluss behandelt! Mein Bücherregal ist jetzt nicht das ultimative Motiv für einen ISO-Test. Es war aber schon aufschlussreich genug, sich das Zeigen der ISO 200 und 400 Beispiele zu schenken, um gleich auf ISO 800, 1600 und 3200 zu gehen. Und dabei zu erkennen, dass ISO 1600 getrost genommen werden können!

High ISO 1600/3200 im Vergleich (Screenshots 1:1)

Linker Screenshot ISO 1600, NEF-to-JPEG aus Lightroom, Topaz DeNoise und L*a*b Entrauschung, rechter Screenshot ISO 3200, NEF-to-JPEG aus Lightroom, Topaz DeNoise und L*a*b Entrauschung

ISO 1600, unbehandelt, Topaz DeNoise, L*a*b, 10 Megapixel

ISO 3200, unbehandelt, Topaz DeNoise, L*a*b, 10 Megapixel

Wenn nur ISO 3200 zu einem unverwackelten Foto verhelfen würde, hätte ich keine Hemmungen, die auch einzusetzen! Realistisch ist bei ISO 1600 Schluss.

Entrauschen in der digitalen "Steinzeit", im so genannten L*a*b-Modus

Im Unterschied zur RGB, wo in die Farbkanäle Rot, Grün, Blau aufgesplittet wird, "zerlegt" Lab das Bild in Helligkeit und die Kanäle a und b. Damit lässt sich arbeiten, wobei es zwei Philosophien gibt.

  • Man kann die beiden Kanäle a und b entweder über "Filter/Weichzeichnungsfilter/Gaußscher Weichzeichner" ggf. mit unterschiedlichen, auszuprobierenden Radien weichzeichnen oder in "Filter/Rauschfilter/Rauschen reduzieren" mit den drei Parametern Stärke, Details erhalten, Details scharfzeichnen experimentieren. Bei JPEG-Artefakt entfernen wird das Häkchen gesetzt.
  • Alternativ kann der Helligkeitskanal in der selben Weise behandelt werden. Ggf. noch Sättigung 20, und man kann es so stehen lassen …

Beide Methoden gehen immer auf Kosten von etwas Schärfe! Glaubt man den richtigen Kompromiss aus Rauschentfernung = leichter Weichzeichnung und Schärfe gefunden zu haben, wird das Fotos wieder in den RGB-Modus umgewandelt. So wird heute sicher niemand mehr entrauschen, dafür gibt es viel, viel bessere Tools. Aber ich wollte es mal zeigen und 2001 sah das anders aus! Ich habe schnell meinen Uralt Mc G3 mit dem alten Betriebssystem Mac OS 9 gestartet. Photoshop 1.0 konnte es noch nicht – L*a*b. Aber mein Photoshop 2.5x beherrscht bereits L*a*b und bietet den Gauß'schen Weichzeichner. Das war 1992! Diese Möglichkeiten standen dem Kodak DSLR Fotografen also von Anfang an zur Verfügung!

Ich erinnere mich noch an die Entrauschungs-Software Quantum Mechanics (oder so ähnlich), die auch schon vor 2000 zur Verfügung stand. Genug davon.

Jetzt aber endlich: Die unbekannte 10 Megapixel Nikon von 2001! Aber nur unter Adobe Lightroom Classic!

Nach Import zeigt Adobe Lightroom Classic die "heimliche", wahre Dateigröße der Nikon D1x NEF-Rohdateien: 4.011 x 2.613 Bildpunkte = 10,5 Megapixel. Das dadrunter gezeigte Nikon NX-Studio bringt nur die in der Literatur genannten 3.008 x 1.960 = 5,9 Megapixel der 6 Megapixel Nikon D1x. Dazu erkennt die aktuelle Nikon Software die eigene Kamera nicht (mehr) richtig und macht aus der roten Blüte kurzerhand eine blaue. Gleich de-installiert, NX Studio. Solche Software brauche ich nicht, auch wenn sie kostenlos ist …

Wobei es für die angezeigten 10 MP in Lightroom einen kleinen "Trick" braucht, um die 10 MP auch beim Exportieren zu bekommen. Beim Exportieren muss bei "Bildgröße" das Häkchen bei "In Bildschirm einpassen" Breite & Höhe gesetzt und unter B: und H: 4011 eingegeben werden. Im Glauben, dass man das Häkchen bei "in Bildschirm einpassen" einfach weglassen kann, weil Lightroom doch die Pixelmaße erkannt hat und anzeigt,  generiert Lightroom prompt 3.008 x 1.960 6 MP Fotos, egal welches Dateiformat! Ob das bei Lightroom 4.0 genauso war, kann ich nicht mehr sagen. Ich meine, da wurden die 10 MP Dateien automatisch gerechnet. Auch Raw Therapee und Nikons eigene Software Capture NX generierten 2015 10 MP Fotos. Das ist heute nicht mehr der Fall.

Nach so viel Theorie jetzt endlich Fotos, aufgenommen mit der 10 – ZEHN – Megapixel Nikon D1x

Mein einziges Zoom mit Lichtstärke f/2,8

Mit Cropfaktor 1,5 wird das 2.8/35-70 mm zum 2,8/53-105 mm Zoom für die D1x. Mit Wahl "1 Stufe über 800" und Anzeige HI-1 für ISO 1600 sollte die 1/500 s in den meisten Fällen überschritten werden. O.K. nur 3 Bilder pro Sekunde … 1999/2001 nahmen Sport- und Reportage-Profis die 4,5 bzw. 5 Bilder pro Sekunde schnellen 2,7 Megapixel Modelle Nikon D1 und den Nachfolger Nikon D1H.

Beispielfotos

Qualitäts- und sonstiger Eindruck

Dafür war und ist die nicht gemacht!

Dennoch hat sich das alte DSLR-Equipment, bestehend aus der Nikon D1x von 2001 und dem 2,8/35-70 mm Stangen AF-Nikkor von 1987 achtbar geschlagen. An den Nikon NEF-Rohdateien musste natürlich deutlich mehr "gedreht" werden, als an RAW-Files der aktuellen Kamerageneration. Der Weissabgleich wurde Richtung 5000 K Tageslicht korrigiert. Die HI-1 ISO 1600 wurden mit Topaz Sharpen AI  entsprechend aufgehübscht. Eine Belichtungskorrektur um + 0,3 EV zeigte, dass die ISO 1600 eher etwas was um ISO 1000/1250 sind. Ich war aber froh, meinem deutlich besser erhaltenen 3,5-4,5/35-105 widerstanden zu haben. Denn die Belichtungszeiten lagen bei ISO 1600 und f/2,8 bei 1/640 bis 1/750 s. Für ISO 800 der Nikon D1x hätten es Festbrennweiten mit f/1,4 bis f/2 sein müssen. Bis auf die Auflösung hatte die Nikon D1x gegen die Kodak/Nikon F5 DCS620x Vorstellungsjahr aus 1999 keine Chance. Was ISOs und höhere Bildfrequenz (5 B/s) angeht, werde ich gelegentlich einen weiteren Gang in die Basketballhalle machen. Dann mit dem 3,5-4,5/35-105 mm AF Nikkor auf der 2,7 Megapixel Nikon D1H und dort ISO ISO HI-1 = 3200. Auf 35-70 mm reduziert, ist das Zoom dann ein f/3,5-4. Auch die D1x wird nochmal zu ihrem Recht kommen. Dann aber in Richtung Landschaft und maximal ISO 400!

Und der Autofokus?

Sicher etwas subjektiv, aber der der Nikon F5 angelehnte Autofokus der D1x ist schwächer, als der der Kodak/Nikon F5 DCS620x und der Nikon D2H(s) und D2x(s).

Ralf Jannke, Februar 2023

 

Kommentare (1)

  • H.Lenz
    H.Lenz
    am 17.02.2023
    Danke für den 10MP-Tipp!
    Mit LR 5.7.1 funktioniert der Export mit dem beschriebenen Trick.

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